Nr. 33 Ministerrat, Wien, 8. Dezember 1865 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Meyer; VS.Vorsitz Kaiser; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Belcredi 8. 12.), Mensdorff 9. 12., Esterházy 10. 12., Mailáth 21. 12., Haller 11. 12.; außerdem anw.anwesend Kriegs-Au.
MRZ. 32 – KZ. 4041 –
Protokoll der zu Wien am 8. Dezember 1865 abgehaltenen Konferenz unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
I. Beschluß des siebenbürgischen Landtages in der Unionsfrage
Graf Haller legte das neueste an ihn infolge bestimmt gestellter Fragen eingelangte Telegramm über die Abstimmung des siebenbürgischen Landtages in der Sitzung vom 6. d. M. über die Unionsfrage vor1.
Nachdem die Versammlung von dem Inhalte des Telegramms Kenntnis genommen hatte, sprach sich bei allen Mitgliedern die Überzeugung aus, daß es auch jetzt noch nicht möglich sei, sich ein ganz klares Bild von dem gefaßten Landtagsbeschlusse zu machen, und daß es schwer sei, vor dem Bekanntwerden der Adresse, in welcher dieser Landtagsbeschluß seinen Ausdruck finden wird, einen maßgebenden Beschluß in der Richtung zu fassen, ob derselbe zu sanktionieren oder aber zu verwerfen sei. Man war allgemein einverstanden, daß aus dem Antrage des Abgeordneten Zeyk, welcher von dem Landtage angenommen wurde, die Tendenz hervorleuchte, den Unionsartikel als ein vollkommen zu Recht bestehendes Gesetz zu betrachten, daß durch ein solches Vorgehen allerdings der Landtag seine Kompetenz überschritten hätte, indem ihm durch das Ah. Einberufungsschreiben die Revision des Unionsartikels als Aufgabe gestellt worden war2, daß aber andererseits aus der Art und Weise, wie von dem Vorsitzenden die Abstimmung vorgenommen wurde, das Bestreben hervorleuchte, die Rechte der Krone zu wahren, und daß nach dem eingelangten Telegramme diese Wahrung auch in der Adresse ihren Ausdruck finden dürfte, indem die Vornahme der Revision des Unionsartikels durch den Landtag in der Adresse ihren Ausdruck finden soll. Hiezu trete noch der Umstand, daß die durch zwei Deputierte beantragte Wahrung der Rechte und Privilegien der sächsischen Bevölkerung sowie der sprachlichen Rechte der Rumänen in dem Landtagsbeschlusse ihren Ausdruck gefunden habe, welche Aufnahme eine Revision des Unionsartikels in sich schließe.
Nach längerer Beratung einigte sich die Versammlung über folgende Punkte:
I. Vorderhand von jeder Äußerung der Krone über die bisher bloß mittelst Telegrammes bekannten Beschlüsse des Siebenbürger Landtages in der Unionsfrage abzusehen und das Einlangen der Landtagsadresse abzuwarten3.
II. In dem auf diese Adresse zu erlassenden Ah. Reskripte4 wäre dem Landtage folgendes zu erklären: 1. Se. Majestät gestatte die Beschickung des ungarischen || S. 225 PDF || Landtages durch Siebenbürgen nach der Wahlordnung des Jahres 1848, indem derselbe ein Krönungslandtag sei und sich mit der Regelung der staatsrechtlichen Fragen zu befassen haben werde. 2. An diese Bewilligung knüpfe Se. Majestät die Erklärung, daß hiedurch die Rechtsbeständigkeit der im Jahre 1863 erlassenen Gesetze nicht alteriert werde5. 3. Se. Majestät mache ferner die definitive Verwirklichung der Union beider Länder von der Gewährleistung der Rechte der verschiedenen Nationalitäten Siebenbürgens und der zweckmäßigen Regelung der administrativen Fragen abhängig.
III. Den siebenbürgischen Landtag in dem Ah. Reskripte bis auf weiteres zu vertagen.
Wien, am 8. Dezember 1865. Belcredi.
Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, den 29. Dezember 1865. Franz Joseph.