Nr. 380a Antrag im Herrenhaus des Feldmarschalls Freiherr v. Hess über die höchsten und wichtigsten militärischen Interessen der Monarchie[a] (Beilage zu: MRP-1-5-06-0-18630729-P-0380.xml) - Retrodigitalisat (PDF)
-
Lithographiertes Exemplar als Beilage zum MRProt. II v. 29. 7. 1863; weitere Exemplare befinden sich u. a. in
KA., MKSM., Sep. Fasz. 73/10
;
ebd., B/2, Nr. 127 (= Nl. Beck-Rzikowsky); ebd., B/663, Nr. 31 (= Nl. Hilleprandt)
; HHSTA., PA 1/528 (= Nl. Rechberg) ; im Schriftenverzeichnis erwähnt bei Rauchensteiner , Heinrich Freiherr von Hess 50 .
Hohes Haus!
Im Verlaufe der Sitzungen des hohen Reichsrates im verflossenen Jahre fanden in diesem hohen Haus Erörterungen über das Marinebudget statt, bei welchen sich mir nicht allein die Gelegenheit darbot, mein Votum für den Bestand einer gehörigen Marine und Flotte sowie einer ausgiebigen Entwicklung aller damit verbundenen Marinekräfte abzugeben und selbe als eines der wirksamsten Elemente zur Führung künftiger glücklicher Kriege Österreichs darzustellen und diesem hohen Haus anzuempfehlen, sondern ich erlaubte mir auch, gemäß meiner bald sechzigjährigen Dienstes- und Kriegserfahrung und mit besonderem Bezug auf die entscheidende Epoche der letzten 30 Jahre, die so viele auf Krieg und Frieden mächtig einwirkende Erfindungen mit sich brachten, von den beiden anderen ebenso wichtigen Kriegselementen zu sprechen, nämlich den Befestigungen und den Eisenbahnen der Monarchie, die Aufmerksamkeit des hohen Hauses auch auf selbe zu lenken und bei damals nur oberflächlicher Erwähnung dieser zwei letzteren im Vereine mit der Flotte so wichtigen Kriegsfaktoren mich dabei auf das Zeugnis eines der großen Kriegshelden Österreichs der letzteren Zeit berufen, mit welchem ich in langjähriger Berührung zu sein das Glück hatte, seine Gesinnungen und Ansichten genau kannte und der mit den obigen Wünschen für Österreich und dessen tapfere Armee für die Zukunft von uns schied. Nämlich:
1. einer tapferen und kräftigen Flotte;
2. eines echt militärischen, der gegenwärtigen größeren Kriegsführung entsprechenden Befestigungs- und endlich
3. eines militärisch vollendet entwickelten Eisenbahnsystemes in dem ganzen großen Bereiche der Monarchie.
|| S. 236 PDF || Ich werde aber bei der Erwähnung dessen, was ich soeben im Namen unseres geschiedenen Feldherrn wie in meinem eigenen gesagt habe, noch ganz besonders durch die in mir vorherrschende Betrachtung bestimmt, daß das Kriegsministerium gemäß Ah. Weisung in dem verflossenen wie in dem gegenwärtigen Jahre sich in seinen Budgetforderungen auf das Minimum beschränkte, mithin bloß auf das, was zur augenblicklichen Instandhaltung der Armee und ihrer Kriegsmittel auf das strikteste vonnöten war und ist, und sich selbst darin auf ein Maß reduzierte, welches bei jedem künftigen Kriege gegenüber den Verpflichtungen, die wir vertragsmäßig gegen Deutschland haben und unserer Würde schuldig sind und jenen, welche uns die wachsende Größe der italienischen Streitkräfte zum Schutze unserer südlichen Kronländer auferlegen, kaum ausreichen wird, um den Bedürfnissen jedes Augenblickes entsprechen zu können, daß somit das Kriegsministerium den größeren und ihrer Tragweite nach viel entscheidenderen Armee- und Kriegserfordernissen, deren Bedürfnis es wohl ebenso tief fühlt, für den Moment – notgedrungen – jene Aufmerksamkeit versagen müßte, welche sie an sich gebieten und in einer Zeitepoche um so drängender verdienen, wo denn auch der Zustand von Europa wahrlich nicht jenen dreißig Jahren des Friedens gleicht, während welchen dereinst die edle Kaiserin Maria Theresia oder selbst in unseren Tagen noch Kaiser Franz I. in seinen letzten Jahren zu regieren das Glück hatte.
An uns aber ist es, verehrte Mitglieder dieses Hauses, gleichwie auch an jenen des hohen Abgeordnetenhauses als den sorgsamen Wächtern der Staatssicherheit, die wir der Wache im Feldlager gleichen sollen, die durch das Dunkel der Nacht mit Argusblicken in die Ferne schauend des Heeres Schutz und Schirm ist, an uns ist es, in diese unsere Zukunft zu schauen, und wenn es nur immer in unseren Kräften liegt, gleich jetzt durch die Hilfe, die wir bieten, ihre kommenden Wechselfälle zu beherrschen. Dies ist es nun, verehrtes Haus, was mich, den in Friedens- und Kriegserfahrungen gereiften Soldaten, dazu bewegt, ja es zu seiner Lebensaufgabe macht, Ihnen von dem heutigen Gegenstande zu sprechen, und indem ich im vergangenen Jahre meine Stimme laut für die Entwicklung einer kräftigen Flotte erhob, mögen Sie, hochverehrtes hohes Haus, als Regler unseres Staatshaushaltes aber auch verantwortlicher Schiedsrichter aller größeren Maßregeln für die gesamte Sicherheit des Staates von Außen wie von Innen, mir dagegen heute gewähren, Ihren weiteren staatsmännischen Blick auf die oben erwähnten anderen beiden Kriegselemente, nämlich die Befestigungen und Eisenbahnen (welche letzteren aber auch zugleich mächtige Friedenselemente sind) hinzulenken und zu diesem Zwecke Ihrer geneigten Aufmerksamkeit nachfolgende kurze aber, wie ich glaube, gewichtige Vorbetrachtungen zu unterlegen:
Es gibt allerdings verschiedene Kriege, es gibt große, bedeutende, so wie auch kleinere, weniger ausgedehnte Kriege; allein, wir dürfen uns nicht täuschen, daß besonders für große Staaten, für sogenannte Weltmächte, meistens auch nur große, die || S. 237 PDF || ganze Entwicklung ihrer Kräfte erfordernde Kriege an der Tagesordnung sind. Von diesen letzteren Mächten ist bdaher aucha Österreich als ein in der Mitte unseres Weltteiles gelegenes, als mit sämtlichen anderen Großmächten Europas direkt oder indirekt in nächster geographischer Berührung stehendes Reich nur selten in der Lage, beschränktere Kriege, sondern meistens genötiget, mit seiner ganzen Macht große entscheidende Kriege zu führen. Diese letzteren erfordern aber bei einer gegen 40 Millionen Seelen betragenden Macht und gegenüber der gegenwärtigen Entwicklung aller europäischen Heere die Größe einer Armee von 500.000 bis 600.000 Mann und eine dieser Größe entsprechende Entwicklung ungeheurer, mit der vollsten Sachkenntnis schon im Frieden vorbereiteter Kriegsmittel. Der Krieg solchermaßen aber im Verein mit der früheren Lokalisierung aller Kriegsmittel auf dem Kriegsschauplatz bedarf im ersten Jahre in runder Summe 300 und jedem der folgenden Jahre 200 Millionen, weshalb meistens schon das dritte Jahr, auch selbst für den Glücklichsten der Kämpfer, beinahe unerschwinglich wird und daher gewöhnlich zu einem Frieden führt. Nehmen wir daher als die voraussichtlichste Annahme zur Führung eines großen Krieges den Aufwand von 500 Millionen für einen Staat unserer Ausdehnung als notwendig an, so zeigt sich klar, wie es gerade deshalb von dem dringendsten Staatsbedürfnis geboten wird, alle nur immer erdenklichen Mittel zur Verhütung, oder, ist das nicht möglich, wenigstens zur möglichsten Verminderung solcher Kosten durch eine von unserer Seite gehörig vorbereitete und dadurch dem Feinde sehr erschwerte Kriegsführung schon im Frieden in Anwendung zu bringen. Dazu ist aber nach allen Begriffen der neueren Kriegsführung großer Heere kein Kriegsmittel mehr dazu geschaffen als die vollkommenste Vorausbefestigung eines Reiches nach allen Seiten, um so vor allem jedem Feind die Lust zu benehmen, einen so vollkommen gerüsteten Gegner anzugreifen, also mit ihm lieber gar keinen Krieg anzufangen, sich selbst aber, muß er einmal geführt werden, die Aussicht zu bereiten, ihn auch glücklich und somit kurz zu führen, wozu jedoch heutzutage noch im Verbande mit diesen Befestigungen zur schnellsten Vereinigung aller Gesamtkräfte in jeder beliebigen oder denkbaren Richtung auch noch ein vollkommen ausgebildetes Eisenbahnnetz nötig ist, durch welches allein solche schnelle Vereinigungen ermöglicht und erreicht werden können. Ich erlaube mir daher, die Realisierung des soeben Gesagten, wenn auch voraussichtlich die Ausgaben für Befestigungen und Eisenbahnen bedeutend viele Millionen erfordern werden, nicht nur allein für die Führung künftiger glücklicher Kriege als die unerläßlichste Vorbedingung, sondern auch zugleich, im großen angesehen, als eine ökonomische und finanzielle Maßregel zu bezeichnen, weil diese Summe doch nur der Summe der Ausgaben für ein Jahr allein eines Krieges gleichkommt, dagegen aber in Permanenz sowohl die Gefahr jedes Krieges auf das Mächtigste zu entfernen als auch durch eine gewonnene Basis zur Verkürzung der Dauer sowie zur sicheren und glücklichen Führung derselben auf die wahrscheinlichste, jedem verständlichste Weise zu begründen geeignet ist. Ich erlaube mir hier zugleich, einen großen Staatsgrundsatz zu erwähnen, der einmal und besonders in unseren beiden Häusern ausgesprochen werden muß, wenn Österreich in allen Richtungen vorwärts gehen soll. Gelassen und ruhig muß || S. 238 PDF || wohl dieses große Wort angehört wie ausgesprochen werden, aber klar und bestimmt, wie es sich in großen Staatssachen ziemt, dann aber auch beherziget werden. Wenn ein großer Staat wie Österreich in allen seinen Hauptzweigen aus Mangel an Geldmitteln, wie dies bei uns der Fall war, so weit zurückgeblieben ist, so können nur große Privatgeldkräfte, welchen man aber auch vorteilhafte Verwendung zusichern muß, den Staat schnell auf jene Höhe der Kulturstufe in seinem Innern sowie der Sicherheit gegen Anfälle von außen bringen, durch welche er sich mit anderen großen Staaten in jeder Lage zu messen imstande ist. Dies aber zu bewirken, sind bloß allein Staatsmittel imstande wie: Subventionen, Kapitalsanlagen, Zinsengarantien und Anleihen – alle jedoch nur zu bestimmten, anerkannt großen staatsnützlichen Zwecken (Siehe Anmerkung I, Beilage rückwärts). Die Verwendung dieser Staatsmittel oder vielmehr großen Staatshilfen aber muß zweierlei Arten von Zwekken gewidmet sein:
a) Die erste Art erwirbt sich zu produzierenden Zwecken Privatkapitale, bewirkt deren staatsnützliche Verwendung im großen Maßstabe und macht so nach Jahren und nach vollendetem Prozesse der Regeneration eines zu hebenden Staatszweiges oder auch eines ganzen Landes durch erhöhte Interessen oder Steuerkräfte Kapital und Interessen allmählich zahlbar. Wenn z. B. die Eisenbahnen in Siebenbürgen nur durch Zinsengarantie und deren jahrelange Zahlungen ermöglicht werden können und endlich durch selbe zuletzt verwirklicht werden, so erhält der Staat nach 25 Jahren z. B. durch die sich jährlich erhöhenden Steuerkräfte in diesem Lande allmählich das Kapital der für selbe verausgabten Interessen zurück und nach der ganzen Hereinbringung derselben als einen fortwährend reinen Gewinn die nunmehr für immer gesteigerten Einkünfte des Landes. Es gibt aber
b) noch eine andere, zweite Art der Verwendung von Privatgeldkräften zu Staatsmitteln, welche bezwecken soll, daß mit augenblicklichen geringeren aber verständig verwendeten Summen künftigen bedeutend größeren Staatsauslagen möglichst vorgebeugt und der Staat vor selben gesichert werde. Derlei Auslagen z. B. und vorzugsweise sind jene bisher vernachlässigten aber im höchsten Grade dringend gebotenen für alle jene Kriegsmittel, welche allein künftige glückliche Kriege sichern oder im Mißgeschicke die Monarchie vor größeren Katastrophen schützen können. Unter diese Kategorie nun gehören heutzutage vorzüglich große Befestigungen und ein rationelles militärisches Eisenbahnsystem, die so notwendig wie die Armee selbst sind, ohne noch bei selben jener damit verbundenen und politisch so hochwichtigen Staatsrücksichten zu erwähnen, daß diese großen Kriegshilfen auch zugleich die Monarchie wie mit einem eisernen Reif umgürten und ihr so mit mächtiger Hand das Siegel der Einheit in ehernen Spuren aufdrücken.
Mit diesen wenigen Worten glaube ich daher, genug gesagt zu haben und das hohe Haus auf die bedeutende Wichtigkeit aufmerksam zu machen, welche Befestigungen und Eisenbahnenmaterial auf den Krieg und moralisch für die Einheit des Reiches für tiefer blickende Menschen in jeder Hinsicht haben müssen. Nachdem nun durch diese hier entwickelten Gründe, zuerst vor allem, das hohe Haus die Auflagen und Opfer so bedeutender Art auch von der Stichhältigkeit und dem erprobten Staatsnutzen derselben in höherer Bedeutung die vollste Überzeugung erhalten mußte, erlaube ich mir nun, auf die vielleicht nicht zu hohen jährlichen Forderungen überzugehen, || S. 239 PDF || die zur endlichen Realisierung einer reellen Verteidigungsfähigkeit der gesamten Monarchie mittelst vollendeter Befestigungen und Eisenbahnen in militärischer Hinsicht in nicht gar zu ferner Zeit führen können und selbe hier in mehr detaillierter Weise mit Nachfolgendem zu unterlegen:
I. Befestigung des Reiches.
Ich muß mir hier damit zu beginnen erlauben, daß die neuere Kriegsführung mit großen Heeren zur Genüge dargetan hat, daß es nicht mehr kleineren Plätzen mit geringeren Besatzungen gegeben ist, in den großen Kriegen eingreifend zu wirken, große feindliche Streitkräfte, große feindliche Heere in ihrem Siegeslaufe aufzuhalten sowie in einem Verteidigungskriege die vordersten Provinzen oder die Grenzen eines Staates, wie ehemals, zu schützen, sondern daß dies nur mehr jenen Plätzen eigen ist, die als eine Art verschanzter Lager großartig erbaut sind, und daher sowohl jedesmal die Sammlung unserer Kräfte vor Ausbruch eines Krieges zu schützen als auch während desselben im Falle des Rückzuges der eigenen Armee ein weiteres Vordringen des Feindes dadurch aufzuhalten imstande sind, daß sich eine geschlagene Armee in selbe hineinziehen und durch diese Bewegung dem Gegner in Front oder Flanke stehen, seinen Vormarsch hemmen, selbst aber zur Erneuerung der eigenen Offensive den Erhalt von Verstärkungen in seinen Verschanzungen ruhig erwarten kann. Es war dies im großen der Gang jedes Krieges mit bedeutenden Armeen in der neueren Zeit, freilich nur da, wo solche großartig gebauten Plätze wirklich vorhanden, daher auf selbe von ihren Regierungen schon in Friedenszeiten vorgedacht worden war; und selbst ein Gegner wie der große Napoleon I. wurde von solchen Plätzen, wie z. B. von Mantua oder Danzig, aufgehalten, und was in Österreich das vielberühmte Festungsviereck am Mincio und an der Etsch (das meilenweit den Lauf dieser beiden Flüsse beherrschend wie eine einzige große Festung betrachtet werden kann) bis auf die neuesten Zeiten geleistet hat, oder was im Kriege vom Jahre 1778 und 1779 gegen Preußen die Festungsplätze Böhmens, was Peterwardein in den Türkenkriegen, was Komorn 1809 leisteten, bedarf wohl nicht erst in der Erinnerung erneuert zu werden. Wenn nun einerseits im großen als Axiom angenommen werden kann, daß, Gebirgsländer ausgenommen, wo auch kleinere wie Paßbefestigungen von Nutzen sein können, in großen Kriegen auch nur große Befestigungen entscheidende Wirkungen obiger Art haben können, so handelt es sich nur noch um die Sphäre, in welcher jede solche größere Befestigung noch wirken kann, somit um die Distanz, in welcher ein großer Platz von dem anderen entfernt sein darf, um die Grenzen des Reiches sowie auch das Innere desselben ringsum gehörig zu schützen, wobei sogleich bemerkt werden muß, daß bei der Zeitverkürzung aller Distanzen seit der Erfindung der Eisenbahnen die Zahl großer zu befestigender Plätze im Inneren eines Reiches sich nur auf verhältnismäßig wenige, an großen Terrainabschnitten gelegene, beschränken könne, weil bei der schnelleren Hilfe, welche nun vorderen großen Plätzen zukommen kann, die früher als notwendig anerkannten Intermediärenplätze zwischen der vorderen und der inneren Verteidigungslinie ganz wegfallen können, wie denn z. B. bei uns in Österreich nach gänzlich vollendeten großen Befestigungen in den vorderen Provinzen sich die Verteidigungslinie im Inneren bloß auf großartige, von Distanz zu Distanz erbaute Befestigungen an der Donau || S. 240 PDF || zu beschränken haben wird. Es ist jedoch die wirksame Distanz, in welcher große Befestigungen voneinander liegen sollen, schon in der Vorzeit von unseren Regenten durch die Tat auf die glücklichste Weise und mit einem bewunderungswürdigen Takte entschieden worden. Denn die große Maria Theresia und ihr im Kriegswesen theoretisch viel erfahrener Sohn Joseph II., unterstützt durch ebenso erfahrene Kriegsmänner wie Laudon, Lacy, Pellegrini usw., bestimmten durch die Erhebung zu Festungen der Plätze Theresienstadt–Josefstadt–Olmütz die ungefähre Entfernung einer Festung von der anderen, mit Ausnahme besonderer Terrainhindernisse beiläufig auf 30–45 Meilen oder 10–15 Märsche, und auch unser Allergnädigster Kriegsherr und Kaiser setzte im gleichen Geiste dieses System mit vollem Rechte durch die Erhebung von Krakau zu einem permanent befestigten Platze des Reiches sowie zur Zeit der Armeeaufstellungen gegen Rußland in den Jahren 1854 und 1855 durch die großartigen, wenn auch nur für den Augenblick passageren Befestigungen der Plätze von Przemyśl und Zaleszczyki fort, welch’ letzterer Platz sich dann an die Gebirgsbefestigungen in der Bukowina und die Paßbefestigungen Siebenbürgens bis an die Grenzen der Moldau und Walachei anschloß. So wurde dieses ganze großartige System zu jenem für die Verteidigung der Monarchie gegen Norden permanent zum Grundsatz erhoben, so wie andererseits durch die gleichzeitige passagere Befestigung der Hauptpunkte von Prag im Vereine mit der schon früheren von Linz die Verteidigung der Monarchie auch gegen Westen für künftige Zeiten, wenigstens in demselben Geiste zu begründen begonnen wurde. Zugleich liegen noch im Südosten des Reiches Plätze wie Karlsburg, Arad, Temesvár, Esseg, Brod, Gradiska und Karlstadt, wenn auch von geringerem Werte und Maßstabe, doch gegen schwächere Gegner, wie die Türkei, genügend. Vor allem aber erhebt sich daselbst in der Mitte dieser benannten Festungslinie das imposante und großartige, wenn auch noch unvollkommen befestigte Peterwardein an den Ufern der Donau, als Ersatz für das leider verlorene Belgrad. Im Südwesten des Reiches aber sind Dalmatien und die italienischen Provinzen durch Befestigungen an der See und auf der italienischen Terra ferma am Mincio und der Etsch, dann an der Polinie, sowie endlich auch Südtirol durch die im selben neuerlich erbauten Gebirgsbefestigungen hinlänglich gesichert.
Nach dieser allgemeinen Rundschau der Befestigungen in den ringsum liegenden äußeren Teilen der Monarchie, während im Inneren der Monarchie bloß die einzige Festung Komorn den ganzen langen, die Monarchie durchziehenden Donaustrom sichert, zeigt sich schon klar, daß nebst dem vollendeten Ausbau im permanenten Stile aller Plätze der benannten nördlichen Linie der Monarchie, von Theresienstadt an bis an die Bukowina und die siebenbürgischen Pässe, es nur noch hauptsächlich die Befestigung des Donaustromes als der Pulsader des Reiches, von Linz bis Peterwardein, und zwar durch eine großartige Befestigung der beiden Punkte Wien und Ofen-Pest nebst gänzlicher Vollendung des zwischen ihnen liegenden und bedeutenden Platzes von Komorn das Hauptbedürfnis der Monarchie ist.
Fassen wir somit das ganze bereits über Befestigungen der Monarchie Gesagte in kurzem zusammen, so werden es folgende Hauptpunkte des Reiches sein, welche einer großartigen, teils ganz neuen, teils nur noch zu vollendenden Befestigung bedürfen, um bei einem ausbrechenden Kriege über die Sicherheit des Reiches im großen || S. 241 PDF || beruhigt sein zu können. Diese Punkte sind an der Donau wie im Norden: l. Wien 2. Linz 3. Theresienstadt 4. Olmütz 5. Krakau 6. Przemyśl 7. Zaleszczyki 8. Komorn 9. Ofen-Pest 10. Peterwardein.
Um nun die Gesamtauslage zu bestimmen, welche die genannte großartige und vollendete Befestigung sämtlicher dieser Kriegsplätze dem Staate auferlegen würde, erlaube ich mir, ohne das hohe Haus mit zu großen Details zu ermüden, nur als Richtschnur zur Beurteilung im ganzen folgender Anhaltspunkte zu erwähnen:
1. Man kann annehmen, daß sich mit Einschluß der schon gegenwärtig für die Befestigung bewilligten Dotation von ungefähr drei Millionen jährlich nicht mehr als acht Millionen verbauen lassen; mithin nur eine jährliche Mehrausgabe von fünf Millionen vonnöten sein würde, um in dem Zeitraume von sechs Jahren mit dem Drittel dieser Befestigungen und dem Notwendigsten zur Verteidigung der Hauptpunkte der Monarchie fertig zu sein, in dem Zeitraume von 18 Jahren aber alles vollendet zu haben, was die Verteidigungsfähigkeit der Monarchie im vollsten Maße bedarf.
2. Da die Triebkraft der Geschütze durch die Erfindungen der neueren Zeit bis auf 5.000 Schritte, somit wohl die größtmöglichste Distanz, geht, so erlaubt dies, nicht nur allein jetzt ein festes System für die größte Widerstandskraft der Werke durch die geeignetste Konstruktion derselben für die Dauer von Generationen festzusetzen, sondern auch die Anzahl der Werke durch weitere Abstände als bisher voneinander bis auf 1.000 Klafter und somit dadurch die Unkosten der Befestigungen in dieser Hinsicht im allgemeinen zu verringern.
3. Da jedoch dagegen der innere Raum befestigter Plätze ob der größeren Tragweite der Geschütze und wegen der Befähigung, die große Plätze nach der jetzigen Kriegsführung haben müssen, ganze Armeen aufnehmen zu können, einer bedeutenderen Erweiterung bedarf, um alles, was in ihm ist, gehörig schützen und ungefährdet auch lagern zu können, so muß im allgemeinen ein Durchmesser von 6.000 und ein Umkreis von 18.000 Klafter als Maßstab für große Kriegsplätze angenommen werden; und wenn man ebenso für die Kosten 500.000 Gulden für ein Werk und bei der Distanz von 1.000 Klafter eines Werkes von dem anderen 18 solcher Werke für den Umfang und noch dann ein Dritteil für Reservewerke oder als Noyau im Inneren des Gesamtkreises der Befestigungen annimmt, im ganzen ungefähr 24 Werke und für deren Geschützdotation die Hälfte der Baukosten bedürfen wird, so muß jeder neu zu befestigende Kapitalpunkt der Monarchie, inbegriffen seiner Magazine, Reservedepots und Eisenbahnen im Inneren im ganzen auf 25,000.000 fl. gerechnet werden.
4. Von den ganz neu zu erbauenden, oben bezeichneten großen Reichsbefestigungen würden daher einschließlich der Geschütz- und Munitionsausrüstung nach den genauesten Berechnungen erprobter Gewährsmänner in diesem Fache
die schon teilweise vollendeten oder begonnenen aber noch und zwar
|| S. 242 PDF ||
5. Rechnet man nun außer diesen zehn großartigen Kapitalpunkten zur Verteidigung der Monarchie noch zu ihrer vollständigen Sicherung:
so würden alle in der Monarchie zu bestreitenden Befestigungsbauten und Ausrüstungen höchstens die Summe von 140 Millionen in ihrer ganzen Ausdehnung erfordern und, wie schon oben gesagt, mit einem jährlichen Zuschusse zu Befestigungen von noch fünf Millionen, somit acht Millionen jährlich, in 18 Jahren das Hauptbedürfnis dieses Verteidigungssystems, aber die Hauptbefestigungen der Hauptpunkte der Monarchie schon binnen sechs Jahren vollendet sein.
6. In Hinsicht der Verwendung der vermehrten jährlichen Dotation um fünf Millionen für Befestigungen, wenn selbe von dem hohen Hause bewilligt würde, ginge schließlich mein unmaßgebliches Dafürhalten dahin, daß zuerst alles, was für die Befestigung von Wien nur immer jährlich verwendbar ist und ich auf drei Millionen rechne für diesen Hauptplatz, der Rest mit zwei Millionen aber für die Befestigung von Przemyśl, die übrigen drei Millionen der ordinären Dotation aber nach höherem Ermessen, vielleicht womöglich auf Ofen, Krakau, Olmütz und Komorn, jährlich jedes mit einer halben Million, und später ebenso auf Linz, Theresienstadt, Zaleszczyki und Peterwardein verwendet werde.
Wenn ich also, nochmals gesagt, erwäge, daß diese einmalige Staatsauslage, die, in Jahresraten allmählig geleistet, nicht drückend, vielleicht auch durch eine Anleihe zu sechs Prozent und einer jährlichen Tilgungsquote zu bewerkstelligen wäre, uns wahrscheinlich die meisten künftigen Kriege ersparen und dennoch nicht mehr als den dritten Teil der Unkosten auch nur eines großen Krieges betragen würde, so glaube ich die Bestreitung dieser Auslage zur Sicherung oder gar Vermeidung von || S. 243 PDF || Kriegen nicht nur allein in meiner Verpflichtung als Militär als auch ebenso in finanzieller und volkswirtschaftlicher Hinsicht als eine Ersparung noch größerer Auslagen für alle Zukunft dem hohen Haus empfehlen zu dürfen.
II. Eisenbahnnetz des Reiches.
Das hohe Haus erlaube mir die Bemerkung, daß, als ich vor beinahe 30 Jahren das erste Mal mit der Eisenbahn nur die damals einzige kurze Strecke von Wien bis Wagram fuhr, was wir allein dem Unternehmungsgeiste der Familie Rothschild verdankten, ich den Ausruf tat, daß von nun an das Kriegsglück nur denjenigen begleiten, nur demjenigen nie mehr untreu werden würde, welcher das am besten organisierte, das am besten gezogene, das am besten militärisch zweckmäßig eingerichtete Eisenbahnsystem in seinen Staaten entwickeln würde; und alle bisherigen Kriegserfahrungen haben diese meine damalige Ansicht in hinlänglichem Maße und bis auf die kleinsten Details wie bis auf die neuesten Zeiten bestätiget. Um jedoch auf den mir im Auge liegenden militärischen Hauptzweck in angemessener Weise hinzusteuern, muß ich mir vor allem erlauben, Ihre geneigte Aufmerksamkeit in kurzen Worten auf die Haupterfordernisse, welchen Eisenbahnen in militärischer Hinsicht genügen müssen, hinzuleiten. Wenn überhaupt Eisenbahnen in Rücksicht auf den Krieg und seine Operationen ihren großen Zweck vollständig erfüllen sollen, so müssen sie:
1. in einem mit Hinsicht auf letztere schon früher von Allerhöchsten Orten angeordneten Systeme geführt sein, d. h. es müssen nach allen Hauptrichtungen, in welchen nach den politischen Konstellationen eines Staates Hauptkriege entstehen können, drei bis vier Parallelzüge sich befinden, von welchen jeder durchgehend eine von dem anderen ganz unabhängige Fahrt erlaubt;
2. in jeder dieser Richtungen aber wenigstens auf einer oder zwei dieser drei bis vier einzelnen Parallelbahnen ein doppeltes oder auch dreifaches Geleis vorhanden sein;
3. alle Einrichtungen dieser Bahnen an Waggons und Transportsmittel aller Art für Truppen, Munition und Verpflegung, und bei ersteren für Infanterie, Kavallerie und Artillerie, was die Einbarquierung, das Fahren und die Ausbarquierung betrifft, in hinlänglicher Quantität und Qualität für das Maximum des Truppen-, Munitionsund Viktualienbedarfs stets vorhanden und daher dieses Maximum schon im Frieden für jede der Bahnen konstatiert sein.
Diese drei Hauptbedingungen, in ihrer ganzen Vielseitigkeit aufgefaßt und in allen Details durch einsichtsvolle, in diesem Fache vollkommen bewanderte höhere Offiziere kommissionell mit den Chefs der Eisenbahnen ausgearbeitet, sind die Lebensbedingungen jedes künftigen, glücklich sein sollenden, großen Kriegs und müssen daher schon im Frieden entweder ganz erfüllt oder ihrer gänzlichen Erfüllung nur höchstens bis auf Kleinigkeiten so nahe als möglich gebracht sein. Wo aber dies vernachlässigt oder vielleicht im Frieden nicht beachtet wird, da kann man nicht mehr auf Glück im Kriege rechnen, weil selbes ohne Verschulden der höheren Führer durch unverantwortliche Kurzsichtigkeit der Machthaber schon im Frieden verscherzt und daher bei einem nur halbwegs geschickten Gegner schon von Haus aus unwiederbringlich verloren ist, wie dem so oft seit des großen Eugens Zeiten bis auf die neuesten Tage so vieles auf die jeweiligen Feldherrn geschoben worden, was gerechterweise || S. 244 PDF || nur auf die Schuld der im Frieden vernachlässigten oder nicht gewährten Kriegsmittel kömmt.
A. Hauptrichtungen der Eisenbahnen.
Die Hauptkriegsrichtungen der Eisenbahnen sind folgendeb : a) Richtung von Osten nach Westen; b) Richtung von Norden nach Süden; c) Querrichtung von Nordwest nach Südost; d) Querrichtung von Nordost nach Südwest (welche teilweise in jene von a und b fallen).
a) In der Richtung a. von Osten nach Westen haben wir nun folgende Bahnen:
I. Von Lemberg über Krakau–Pardubitz–Turnau–Karlsbad nach Eger, mit der Verlängerung über Würzburg nach Mainz.
II. Von Suczawa über Tokaj–Ung. Hradisch–Pardubitz–Prag–Pilsen nach Fürth, mit der Verlängerung über Nürnberg–Heilbronn nach Mannheim.
III. Von Kronstadt über Großwardein–Pest–Wien–Budweis nach Fürth mit der Verlängerung über Nürnberg–Bruchsal nach Germersheim.
IV. Von Hermannstadt über Arad–Ofen–Wien–Linz nach Passau mit der Verlängerung über München–Ulm nach Rastatt.
V. Von Weißkirchen über Temesvár–Baja–Kanizsa–Villach–Franzensfeste nach Innsbruck, mit der Verlängerung über München–Stockach–Freiburg, Franzensfeste–Verona oder Innsbruck nach Feldkirch und von da über Friedrichshafen–Stuttgart nach Rastatt.
VI. Von Semlin über Esseg–Laibach–Nabresina nach Peschiera.
b) In der Richtung b. von Norden nach Süden laufen folgende Linien:
1. Von Eger über Budweis–Linz–Salzburg–Innsbruck nach Mantua.
2. Von Bodenbach über Prag–Tabor–Wien–Marburg nach Triest.
3. Von Reichenberg über Pardubitz–Znaim–Wien–Kanizsa nach Zengg.
4. Von Krakau über Trentschin–Komorn–Fünfkirchen nach Semlin.
5. Von Przemyśl über Kaschau–Szolnok–Temesvár nach Weißkirchen.
6. Von Lemberg über Czernowitz nach Suczawa mit einer vielleicht erst später erfolgenden Verlängerung nach Siebenbürgen.
c) In der Richtung c. von Nordwest nach Südost haben wir die Linien:
A. Von Eger über Budweis–Wien–Kanizsa nach Semlin.
B. Von Bodenbach über Prag–Znaim–Wien–Fünfkirchen nach Semlin.
C. Von Reichenberg über Brünn–Pest nach Weißkirchen.
D. Von Oderberg über Neusohl–Großwardein nach Kronstadt.
E. Von Lemberg nach Suczawa mit der Verlängerung durch die Moldau nach Galatz.
d) In der Richtung d. von Nordost nach Südwest die Linien:
a. Von Przemyśl über Kaschau–Pest–Ofen–Kanizsa nach Fiume und Zengg.
b. Von Krakau über Wien–Marburg–Villach nach Udine, von da nach Verona und Mantua.
c. Von Josefstadt über Iglau–Linz–Innsbruck nach Feldkirch.
Alle vorstehend erwähnten Bahnlinien sind bereits im Betriebe, im Baue, konzessioniert oder aus handelspolitischen Rücksichten von Privatgesellschaften angeregt, mit || S. 245 PDF || Ausnahme von vier verhältnismäßig kurzen Strecken, deren Bau aus rein militärischen Gründen wünschenswert bliebe, und zwar jener:
Es würde daher im militärischen wie im allgemeinen Staatsinteresse liegen, den Bau dieser Bahnen durch Privatgesellschaften ins Leben zu rufen, was bei den Linien 1 und 2 wohl nicht auf allzu große Schwierigkeiten stoßen wird, indem die Linie von Villach nach Udine schon vor Jahren in die Konzessionsbedingungen für die Kärntner-Bahn mit aufgenommen war. Der Bau der Linie Arad–Temesvár dermalen am zweckmäßigsten mit den Konzessionserteilungen für die Siebenbürger Bahnen zum Anschluß an die Staatsbahn bei Temesvár zu verbinden wäre, oder auch als notwendige Verlängerung der Theiß-Bahn von dieser erwartet werden dürfte. Der Bau der Linie 3 von Iglau nach Budweis aber könnte bei den vielfachen Konzessionsgesuchen, welche für die böhmisch-mährischen Bahnen vorliegen, wohl leicht als Konzessionsbedingung mit aufgenommen werden, indem durch sie bei dem Zustandekommen der Linie Kolin–Iglau und Budweis–Linz der direkte Handelszug von Reichenberg und der schlesischen Grenze über Linz nach Italien hergestellt würde. Was endlich die Linie 4 von Innsbruck nach Feldkirch betrifft, dürfte bei dem in Aussicht stehenden Bau der Bodensee-Gürtelbahn und dem bereits entwickelten Schienennetz der schweizerischen Zentralbahn die Verbindung mit Innsbruck von Seite dieser Gesellschaften um so eher angestrebt werden, als eben diese Bahnen nur durch den Ausbau der Linie Feldkirch–Innsbruck mittelst den Verlängerungen über den Brenner einerseits und über Salzburg andererseits mit Italien wie mit dem Kerne der österreichischen Monarchie in direkte Verbindung treten können.
Es würde sich also für die Staatsfinanzen voraussichtlich nur darum handeln, diesen oben erwähnten Bahnen durch eine Zinsengarantie unter die Arme zu greifen und auch hier wieder zunächst wohl nur den Linien Villach-Udine und Innsbruck–Feldkirch, welche wegen den größeren Bauschwierigkeiten darauf Anspruch zu machen gerechtere Ursache hätten.
B. Bahnen mit doppelten oder mehrfachen Geleisenc .
Nach der in beiligender Karte eingetragenen Bezeichnung und Beschreibung ist ersichtlich, welche Bahnlinien aus militärischen Rücksichten mit Doppel- oder mehrfachen Geleisen zu versehen wären. Abgesehen von den bis jetzt noch nicht gebauten und konzessionierten Bahnstrecken, welche in diese Kategorie fallen und deren Konzession nur unter der Bedingung der Herstellung eines solchen Doppelgeleises erteilt werden sollte, ist zu bemerken, daß unsere gegenwärtig im Betriebe stehenden Eisenbahnen bei einer Gesamtlängenentwicklung von 800 Meilen nur 80 Meilen, d. i. zirka zehn Perzent, Doppelgeleise besitzen, und wir somit in jeder Beziehung den großartig entwickelten Eisenbahnnetzen anderer Handels- und Militärstaaten weit zurückstehen. Die militärischen Interessen erfordern eigentlich die Anlage von Doppelgeleisen auf den bisher im Betriebe stehenden Linien in der Gesamtlänge von || S. 246 PDF || zirka 400 Meilen, was nach den approximativen Berechnungen einen Aufwand von beinahe 80 Millionen verursachen würde. Nachdem aber der gegenwärtige Handelsverkehr doch eine so bedeutende Auslage noch nicht zu rechtfertigen vermag, so wird man sich für die nächste Zeit begnügen müssen, die Herstellung der Doppelgeleise nur auf denjenigen Linien zu erwirken, wo sich dieselbe als unerläßliches militärisches Bedürfnis darstellt. Selbstverständlich würde es von Seite des Staates sich nur um einen Zuschuß zu dem hierfür erforderlichen Kapitale handeln können. Folgende Linien sind es, welche in dieser Beziehung unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen, als:
Um diese genannten Linien doppelgeleisig herzustellen, würde, eine Meile zu 200.000 Gulden gerechnet, ein Aufwand von zirka 36 Millionen Gulden erforderlich werden, und [es] dürfte von diesem Kapitale wohl die Hälfte von den Bahngesellschaften selbst getragen werden, weil es sich fast durchgehend um Haupthandelslinien handelt, bei welchen die Doppelspurigkeit auch aus allgemeinen Verkehrsrücksichten höchst erwünscht sein muß. Ich erlaube mir hiebei das hohe Haus auf die großen Getreidetransporte, welche im Jahre 1861 stattfanden, und die dabei vorgekommenen Stockungen zu erinnern, welche damals allgemein beklagt wurden. So oft in Zukunft in irgendeinem Gebiete Mitteleuropas eine Mißernte eintritt, während wir so glücklich sind, die Kornkammer Ungarns gefüllt zu sehen, wird sich der Fall erneuern, wo man von den österreichischen Eisenbahnen außergewöhnliche Leistungen erwarten muß, um der erste mit massenhaften Zuzügen am Platze zu sein. Wenn es auch nicht das Doppelgeleise allein ist, das hierbei solche Leistungen ermöglicht, so ist es doch der erste und wichtigste Faktor hierzu, während zugleich die Betriebsmittel, von denen ich unter Punkt C zu sprechen Gelegenheit finden werde, hierzu durch Aushilfe von minder beteiligten Bahnen entlehnt werden können. Endlich erlaube ich mir noch zu bemerken, daß es sehr wünschenswert wäre, sämtliche aus dem Innern der Monarchie an die Westgrenze führenden Transportlinien in ihren Verlängerungen durch Süddeutschland an den Rhein doppel- oder mehrgeleisig zu erhalten und daß dies ganz besonders die Main- Bahn betrifft, weil auf dieser Schienenlinie außer den Transporten österreichischer Truppen, welche auf der Transportlinie I. und A. abgeschoben werden, noch jene preußischen und sächsischen zu gewährtigen sind, welche laut Beschlüssen der Spezialkommission in deutschen || S. 247 PDF || Eisenbahnangelegenheiten auf diese Bahn angewiesen sind. In dieser den Deutschen Bund betreffenden Angelegenheit würde ich das hohe Haus ersuchen, die gütige Mitwirkung des Herrn Ministers des Äußern in Anspruch zu nehmen.
C. Einrichtungen der Bahnen.
Wir haben nun durch das bisher Gesagte die Grundlagen eines rationell eingerichteten Schienensystems der Monarchie im allgemeinen kennengelernt, wir wissen auch, welche von den verschiedenen Verkehrslinien der Doppelspurigkeit bedürfen, und es erübrigt uns daher nur noch über den dritten Punkt, nämlich diejenigen Einrichtungen zu sprechen, welche die Bahnen erhalten müssen, um in jeder Beziehung den zur größten Entwicklung unserer Armeekräfte nötigen Anforderungen großer Militärbewegungen entsprechen zu können. Um hier einen richtigen Maßstab für die Erfordernisse zu gewinnen, scheint es mir am geeignetsten, die grenznachbarlichen Verhältnisse ins Auge zu fassen, denn sollen die Vorbedingungen zu einem glücklichen künftigen Kriege, was die Eisenbahnen betrifft, erfüllt werden, so darf ein Staat wie Österreich, der nach allen Seiten Front zu machen gezwungen werden kann, nicht hinter demjenigen zurückbleiben, was die Mächtigsten der Nachbarn zu leisten imstande sind. Ein Blick auf das Eisenbahnsystem Frankreichs zeigt uns, wie sehr dieser Militärstaat die Wichtigkeit der Eisenbahnen richtig erfaßt hat. Ein streng militärisch angelegtes, mit Doppelgeleisen gebautes und in allen seinen Einrichtungen reich dotiertes Schienennetz gestattet es diesem Staate, mit den Vorbereitungen zu einem großen Kriege bis zum letzten Momente hinzuhalten. Wie groß dieser Vorteil in politischer wie in nationalökonomischer Beziehung sei, bedarf ich wohl nicht erst dem hohen Hause auseinanderzusetzen. Meine Aufgabe hier ist es jedoch, zunächst darauf hinzuweisen, daß Frankreich dadurch allein schon befähigt ist, in künftigen Kriegen durch die Schnelligkeit seines Aufmarsches die militärische Überlegenheit auf seiner Seite zu haben. Frankreich vermag nämlich an seiner Ostgrenze in dem Zeitrauame von 14 Tagen, welche es zur Mobilisierung sowie gleichzeitigem Abrükken seines Heeres bedarf, auf den drei bei Metz–Straßburg und Belfort ausmündenden Eisenbahnen 240.000 Mann, also die Hälfte seiner Armee, aufzustellen, während es uns in dieser dermalen noch am meisten entwickelten Richtung mit Zuhilfenahme aller durch Süddeutschland führenden Schienenwege gegenwärtig kaum möglich wird, in derselben Zeit mehr als 120.000 Mann an den Mittelrhein zu befördern. Aber selbst zum Transporte dieser verhältnismäßig sehr geringen Truppenkraft kann die Einrichtung unserer Eisenbahnen nicht als zureichend erkannt werden. Teils fehlt es:
a) an den für den Truppentransport geeigneten Betriebsmitteln,
b) teils an den Räumlichkeiten der Bahnhöfe behufs gleichzeitiger Aufstellung und Verladung einer größeren Anzahl von Zügen,
c) teils an Verlademitteln selbst, teils endlich
d) an der Ergiebigkeit der Wasserstationen.
ad a) Was die Betriebsmittel betrifft, wäre es bis jetzt nicht leicht möglich, eine größere Anzahl derselben zu erhalten, als für den gegenwärtigen Handelsverkehr selbst schon nötig sind. Es könnte jedoch allerdings mit ziemlicher Beruhigung angenommen werden, daß die Transportmittel sämtlicher österreichischer Bahnen selbst bei der größten Militärbewegung innerhalb der Grenzen der Monarchie, vielleicht mit || S. 248 PDF || Ausnahme des Transportes auf sogenannten Louries, d. h. offenen Güterwagen, ausreichen würden, wenn sie, wie dies in neuerer Zeit geschieht, sämtlich zum Militärtransport geeignet und eingerichtet werden. Es wird sich daher weniger darum handeln, den Fahrfundusinstruktus durch Staatssubvention außergewöhnlich zu erhöhen, als vielmehr darum, durch ein Staatsgesetz sämtliche Bahnen zu verpflichten, bei Neuanschaffungen und eventuell auch bei Umgestaltung ihrer Betriebsmittel solche Konstruktionen zu wählen, welche die verschiedenen Wagenkategorien geeignet machen, nebst ihrer eigentlichen Bestimmung auch den speziell militärischen Interessen zu entsprechen und sich darüber früher kommissionell zu verständigen. Nicht minder würde es ersprießlich sein, in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß sämtliche Bahngesellschaften der Monarchie in dieser wie in mehreren weiter unten noch bezeichneten Rücksichten in einen Verband treten, welcher die gegenseitige Wagenbenützung insbesondere für den Kriegsfall zum Zwecke hat.
ad b) Nur wenige der österreichischen Stationsplätze und darunter hauptsächlich nur jene der jüngeren Bahnen, haben von Haus aus eine solche Einrichtung erhalten, welche sie befähigt, den gesteigerten Bedürfnissen großer Militärbewegungen zu genügen. Es würde sich also einerseits darum handeln, diejenigen Bahnhöfe wichtiger Militärtransportlinien, welche derzeit noch hinter den unablässigen Anforderungen zurückbleiben, entsprechend zu erweitern und mit den nötigen Schienensträngen zu versehen. Andererseits wäre bei Neuanlagen dem militärischen Interesse, welches am Ende immer wieder mit den großen Handelsinteressen zusammenfällt, gebührende Rechnung zu tragen. Insbesondere betrifft dies die Bahnhöfe in der Nähe von Festungen, verschanzten Lagern oder sonst militärischen Orten, wozu selbstverständlich auch jeder Konfluenzpunkt mehrerer Eisenbahnen gezählt werden muß. Was in dieser Beziehung in Frankreich geschehen ist, wird jeder, der die Eisenbahnen dieses Staates mit aufmerksamem Auge durchforscht oder gar bereist hat, zu beobachten Gelegenheit gehabt haben. Ich erlaube mir hierbei, nur auf die abgesonderten, zu rein militärischen Zwecke erbauten und unter normalen Verhältnissen teilweise unbenützten sogenannten „Militärbahnhöfe“, z. B. jener in Metz, zu erinnern.
ad c) Wer von den verehrten Mitgliedern beider Häuser wird sich nicht daran erinnern, mit welchen Kalamitäten man zu kämpfen hat, wenn man auf österreichischen Bahnen Pferde oder Wagen transportieren läßt. Diese Schwierigkeiten, welche sich oft schon bei einzelnen dieser Transportgegenstände besonders in kleineren Stationen herausstellen, zeigen sich natürlich in erhöhtem Grade, wenn es sich um die Beförderung ganzer Truppenkörper, die vorzüglich aus Pferden und Fuhrwerken zusammengesetzt sind, handelt. Soll hier die Verladung rasch vonstatten gehen, was doch eine der Grundbedingungen für das fließende Abschieben der Truppen oder Transporte ist, so müssen Vorrichtungen erbaut werden, mit deren Hilfe es möglich wird, ohne gegenseitige Beirrung eine größere Anzahl von Bahnwagen und, wo möglich, einen ganzen Militärtrain gleichzeitig in Verladung zu bringen. Nur auf diese Art ist es denkbar, größere Truppenkörper ohne lästige Beschränkung hinsichtlich der Reihenfolge, in welcher die einzelnen Waffengattungen zur Beförderung gelangen, von einem Hauptsammelpunkte abzuschieben. Ich komme also zu einer Hauptforderung, d. i. die Herstellung von besonderen Militärrampen, wie solche z. B. dermalen in den größeren Stationsplätzen der Kaiserin-Elisabeth-Bahn und der || S. 249 PDF || Südbahn bestehen, in allen militärischerseits als wichtig bezeichneten Bahnhöfen. Selbstverständlich sind diese Rampen nicht minder ein wesentliches Hilfsmittel für große Bewegungen im Handelsverkehre, wo Verspätungen und Stockungen hauptsächlich aus Mangel an geeigneten derlei Vorrichtungen herrühren.
ad d) Was schließlich die Ergiebigkeit der Wasserstationen anbelangt, so muß ich leider konstatieren, daß es mit den gegenwärtigen Einrichtungen nicht möglich ist, jede beliebige Höhe des Verkehrs zu decken. Hat sich nun schon unter normalen Verkehrsverhältnissen auf einzelnen Bahnhöfen ein fühlbarer Wassermangel herausgestellt, so dürfte dies um so mehr Grund zur Besorgnis für große Truppentransporte geben, weil es bei diesen nur schwer möglich ist, die einzelnen, namentlich kleineren Wasserzwischenstationen durch eine entsprechende Kombination zur Speisung der Maschinen gehörig auszunützen. Soll daher auch in dieser Richtung den Bedürfnissen eines großen Militärverkehrs sicher entsprochen werden können, so muß der Kubikinhalt aller auf Militärhauptstationen befindlichen Reservoirs oder Brunnen so gehalten sein, daß die nach allen übrigen Faktoren der Leistungsfähigkeit einer Bahnlinie, also namentlich nach den Kreuzungsverhältnissen, nach dem Fahrfundusinstruktus und der Geräumigkeit der Bahnhöfe mögliche Anzahl täglicher Militärzüge, welche sich im Durchschnitt auf zirka 16 beziffern läßt, in den hiezu günstig gelegenen Wasserstationen gespeist werden können. Wo dies daher gegenwärtig noch nicht der Fall ist, wäre durch Aufstellung von Pumpwerken zur Benützung von natürlichen Zuflüssen oder in sonst geeigneter Weise Sorge zu tragen.
Ohne das hohe Haus durch weitergehende Details als jene, welche zur Verständlichkeit gesagt werden mußten, ermüden zu wollen, kann ich füglich in eine spezifizierte Kostenberechnung für diesen Teil des Eisenbahnwesens nicht eingehen, beschränke mich vielmehr darauf, in runder Summe die Bewilligung einer Dotation von 20 Millionen von Seite des Staates für Zuschüsse in dieser Richtung zu beantragen. Da aber auch hier bei allen diesen Adaptierungen wegen erhöhter Leistungsfähigkeit auch für den Handelsverkehr wohl wieder der gleiche Betrag von Seite der Bahngesellschaften zu leisten wäre, so würden sonach eigentlich 40 Millionen für Bahneinrichtungen verwendet werden, wozu natürlich die rationellste Art dieser Verwendung kommissionell durch Abgeordnete der beteiligten Zentralstellen, nämlich des Kriegs-, Handels- und Finanzministeriums sowie der betreffenden Bahnverwaltungen geregelt werden sollte. Es würde sich sonach als Resultat des Gesagten ergeben, daß die Staatsfinanzen für die Herstellung und Einrichtung eines den militärischen Bedürfnissen, welche, wie schon oft erwähnt, mit den Verkehrs- und Handelsinteressen Hand in Hand gehen, entsprechenden Eisenbahnsystemes nur bis auf die Höhe von zirka 40 Millionen, nämlich für Herstellung der notwendigsten zweiten Geleise auf
in Anspruch genommen werden müßten. Rechnet man nun zu dieser für Vervollkommnung unseres Eisenbahnnetzes und seiner Benützung für die höchsten militärischen Zwecke nötigen Totalsumme von 40 Millionen die obige 140 Millionen betragende Summe für die vollständige Befestigung der Monarchie gegen alle Seiten || S. 250 PDF || hinzu, so ergibt sich als Totalbedürfnis zur Sicherung des Reiches in künftigen Kriegen die Gesamtsumme von 180 Millionen. Ich erlaube mir daher, nun am Schlusse meines Vortrages das Endresultat des von mir entwickelten Vorschlages mit folgendem im kurzen zusammenfassen:
1. Die Befestigungen des österreichischen Kaiserstaates entstanden in dem Laufe von Jahrhunderten nicht nach einem im voraus gefaßten Systeme, sondern nach dem wechselnden Drange der augenblicklichen Gefahr nur rhapsodisch. Weil uns Rußland noch nie ernstlich bekriegte, blieben unsere ganzen 120 deutsche Meilen langen Grenzen von Krakau bis zur Moldau bis zum heutigen Tage vollständig unbefestigt, während die Russen uns gegenüber sich durch fünf der großartigsten Plätze sicherten. Ebenso, weil uns Preußen seit hundert Jahren nicht bekriegt, blieben die Plätze gegen selbes, mit Ausnahme von Olmütz, seit ihrer Erbauung in dem alten, also in einem für neuere Kriege nicht mehr zureichenden Zustande. Dagegen hat an der Südgrenze des Reiches die über 200 Jahre dauernde Türkengefahr elf feste Plätze kleinerer Art hervorgerufen, sowie die früheren Eroberungen in Italien uns die festen Plätze Venedig, Mantua, Verona und Legnago verschafften. Dagegen hielten wir, während uns Frankreich in Deutschland fortwährend bekriegte, immer das Deutsche Reich als Vorland hinreichend für unseren Schutz und befestigten daher das Donautal, mit Ausnahme des beinahe wieder aufgelassenen Linz, bis auf die Höhe von Komorn gar nicht, weshalb der Feind viermal, nämlich 1797, 1801, 1805 und 1809 stets bis an das Herz des Kaiserstaates eindrang und jedesmal dem Reiche an Geld und Geldeswert weit über 200 Millionen, somit beinahe eine Milliarde in 12 Jahren, nahm, ohne noch zu bedenken, daß, weil der Staat sich bis auf den heutigen Tag ungeschützt, daher mit Recht stets bedroht und gefährdet fühlte, auch später bald mehr, bald weniger großartige, bald kürzere, bald längere Zeit dauernde aber stets sehr kostspielige Heeresrüstungen das ersetzen sollten und mußten, was der Sicherheit des Reiches an Befestigungen abging. Will man daher mit Manneskraft diese Zustände für die Zukunft heben, so bewillige man zum Baue der noch im Norden und an der Donau fehlenden Hauptbefestigungen sowie zu jener einiger oben bezeichneter Nebenpunkte ein für allemal die Gesamtsumme von 140 Millionen, und es wird hierin der Not des Reiches für immer geholfen sein.
2. Seit mehr als dreißig Jahren durchströmen als große Handels- und Kriegsarterien die größten Eisenbahnzüge den Kern von Europa. Österreich aber ist das Herz dieses Weltteils, in ihm vereinigen sich daher die Hauptarterien desselben, in selbes gehen fast alle hinein, aus selben fast alle heraus, somit durch selbes durch in die entferntesten Länder der Welt. Wenn dann aber in selben, wie bisher, das Blut wegen Mangel an Eisenbahnzügen stockt, wenn sie dies große Land nicht in gehöriger Fülle nach allen Richtungen durchströmen, wenn ihr Organismus nicht auch für den Krieg ebenso wie für den Handel durchgebildet und vervollkommnet wird, daher durch selben die Kriegskräfte nicht in der kürzesten Zeit auf die entscheidenden Punkte und mit entscheidendster Kraft und Stärke geworfen und dadurch der Gegner besiegt werden kann, so ist auf keinen glücklichen Krieg zu rechnen, und Österreich fällt durch eigene Schuld. Das oben dem hohen Hause ehrfurchtsvoll Entwikkelte aber zeigt die richtigen Wege, dies größte aller Übel künftig zu vermeiden. Will man selbes nun wieder mit Manneskraft überwinden und dadurch künftig das Glück || S. 251 PDF || an unsere Fahnen fesseln, so bewillige man zur notwendigsten Entwickelung unseres militärischen Eisenbahnnetzes ein für allemal die Gesamtsumme von 40 Millionen, und es wird auch in dieser Hinsicht der Not des Reiches für immer geholfen sein.
3. Zu diesem großen Zwecke nun erachte ich a) daß fünf Millionen jährlich von den Einnahmen des Staates zu verwenden wären, um nach dem hier oben dargelegten Kalkül mit diesem jährlichen Zuflusse zu der Befestigungsquote schon binnen sechs Jahren einen bedeutenden Grad der Verteidigungsfähigkeit der Monarchie erreicht, in dem Laufe von 18 Jahren selbe aber in allen ihren Teilen vollendet zu haben; b) da der Staat einen schnellen Ausbau sowohl der Doppelgeleise der bestehenden Bahnen als auch der vollendetsten Bahneinrichtungen in militärischer Hinsicht bedarf, die als Armeerfordernis unerläßlich sowie auch für den Handel höchst vorteilhaft sind, und für welche sich nach Obigem der Beitrag des Staates auf 40 Millionen und jener von Seite der Bahngesellschaften auf ebenfalls 40 Millionen, die Gesamterfordernis also auf rund 80 Millionen beläuft, so wäre von Seite des Staates und der Bahngesellschaften gemeinschaftlich eine sukzessive Anleihe gemäß der jährlichen Bedarfsraten zu eröffnen, welche die Vervollkommung dieser Bahnen mit zehn Millionen des Jahres in acht Jahren vollkommen bewerkstelligen könnte und dem Staate ein Zukunftd nur das Opfer jährlicher 2½ Millionen kosten würde.
4. Sollten jedoch die Einkünfte des Staates selbst obige Auslage jährlicher fünf Millionen für Befestigungen nicht gestatten, so würde auch noch gleich der obigen Anleihe von 80 Millionen eine in langsamen Raten von jährlichen fünf Millionen zahlbare zweite sukzessive Anleihe von 140 Millionen (jedoch erst ganz in 18 Jahren vollendete ) für Befestigungen benötigt werden, welche als für einen so großen zur Erhaltung und Rettung des Vaterlandes geweihten Zweck bestimmt, gewiß von beiden hohen Häusern des Reichsrates sowie von den so patriotischen Mitbürgern unseres so großen Staates willfährig aufgenommen, als Opfergabe für das Vaterland bewilligt und baldigst dargebracht werden würden, dem Staate aber erst in 18 Jahren die volle Auslage von 5½ Millionen und im Vereine mit den obigen 2½ Millionen für Eisenbahnen von acht Millionen jährlich kosten würde, wozu jedoch bis dahin die doch gewiß in gleichem Grade erhöhten Einnahmen des Staates eine gewünschte Ausgleichung gewähren würde.
Verehrtes hohes Haus! Ich bin nun zum Schlusse meines Antrages gekommen und lege nach vollendeter Erörterung desselben sein Schicksal mit tiefer Beruhigung in die Hände eines in seinen Gesinnungen so edlen Hauses. Denn es entscheidet mit selben über dasjenige, was ihrem Herzen gewiß am teuersten von allem ist. Es entscheidet mit selben über den künftigen stets ungeschmälerten Bestand der Größe des kaiserlichen Thrones und unseres verehrten Kaiserhauses. Es entscheidet mit selben über jenen unseres geliebten Vaterlandes. Es entscheidet endlich mit selben über Schonung von Blut und Leben von Tausenden von edlen Söhnen dieses Vaterlandes, ihrer eigenen Kinder und Enkel, verehrte Mitglieder dieses Hauses, in einem dereinst bevorstehenden heißen Kampfe. Ich erlaube mir daher im Verein mit den Mitgliedern dieses Hauses, welche mich mit ihrer geneigten Unterschrift beehrt haben, || S. 252 PDF || den gehorsamsten Antrag zu stellen: „Das hohe Haus möge bei der militärischen und ebenso politischen Dringlichkeit des Gegenstandes dem hohen Gesamtministerium den durch diesen Antrag motivierten einstimmigen Wunsch zu erkennen geben, noch in dem Laufe der tagenden Session des Reichsrates einen Antrag zu stellen, gemäß welchem für Reichsbefestigungen und Eisenbahnen zum Zwecke der vollendetsten Verteidigung des Reiches und Befähigung zur schnellsten Konzentrierung in Kriegsfällen aller benötigten Armeekräfte auf jedwedem bedrohten Punkte des Reiches eine jährliche Mehrdotation von fünf Millionen für das Kriegsbudget und eine allmähliche Anleihe bis auf den Betrag von 80 Millionen bewilliget werde.“
Wien, den … 1863
Hess, Feldmarschall
Beilage
Anmerkung I: Nach einer approximativen Berechnung wird sich zur Erreichung aller großen staatsnützlichen Zwecke, die sowohl zur Sicherheit wie zum höchsten volkswirtschaftlichen Flor und Wohlstand des Reiches unerläßlich notwendig zu erfüllen sind, die Gesamtsumme jährlicher Beihilfen dieser Art bis auf 20–30 Millionen allmählich steigern, von welchen ungefähr zehn Millionen für Militär-, 15–20 aber für volkswirtschaftliche Zwecke der höchsten Bedeutung, wie z. B. Zinsengarantien für Eisenbahnen, Flußregulierungen, Zuschüsse für große Straßenzüge, für höhere landwirtschaftliche Zwecke als Drainagen, Entwässerungen in einer ganzen Provinz, für Unterstützungen großer Industrieetablissements von außergewöhnlichem Nutzen, endlich auch für Assekuranzen großer, bei ihrem Beginne bedeutender Geldhilfe benötigender außereuropäischer Unternehmungen verwendet würden, welche Staatshilfen aber in der Dauer einer Generation eine ungeheuere Entwickelung aller National- und Steuerkräfte zur Folge haben und dennoch nur allmähliche Kapitalssumme von 500 Millionen, gleich dem Nationalanlehen, bedürfen würde.
Anmerkung II: Jährliche Zinsenleistungen für vermehrte Befestigungs- und Eisenbahnauslagen:
Bei welcher jährlich vermehrten Staatsauslage jedoch als wahrscheinlich anzunehmen ist, daß die durch den Bau der Festungen und die Vermehrung und Vervollkommung der Eisenbahn neugeweckten National- somit Steuerkräfte, wie ebenso die hie und da dadurch verminderten Zahlungen für Zinsengarantien der letzteren nach vollendetem 18ten Jahre zum wenigsten die Hälfte dieser Staatsauslagen gedeckt haben werden. Wenn man ferner bedenkt, daß die Staatseinnahmen bisher im || S. 253 PDF || Durchschnitte jährlich um sieben bis acht Millionen sich vermehrten, so würde die vermehrte Staatseinnahme eines Jahres allein, zu Zinsen für die gesamte bezeichnete Staatsanleihe verwendet, selbe in ihrer ganzen Fülle decken oder ebenso diese Zinsen von Jahr zu Jahr nach ihren Bedarfsquoten von den vermehrten Staatseinnahmen abgezogen des Staatserfordernis zu diesem Zwecke auf die am wenigsten drückende Weise befriedigen.