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Nr. 240a Votum FML. Schmerlings in betreff der Eisenbahnprojekte Glatz—Wildenschwert, Schwadowitz—Waldenburg und Reichenberg—Löbau—Cottbus, o. O., o. D. [Wien, 21. Juni 1862] (Beilage zu: MRP-1-5-04-0-18620621-P-0240.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; Beilage zum Originalprotokoll v. 21. 6. 1862.

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

Der Antrag des Staatsrates berücksichtigt in so hohem Grade die militärischen und strategischen Verhältnisse bei den in Rede stehenden Eisenbahnen, daß ich demselben vollkommen beistimme. Ich erlaube mir daher nur noch in Kürze besonders hervorzuheben, wie die Eisenbahnlinie Wildenschwert—Glatz eine hervorragend strategische Bedeutung hat. Mit dem Zustandekommen derselben würde sich durch die Fortsetzung der Bahn über Brünn für die Offensive Preußens eine sehr günstige und kurze Operationslinie in das Innerste der Monarchie darbieten, welche, auf preußischen Boden auf feste Plätze gestützt, unsererseits durch keine Befestigung gedeckt ist; es würde ferner die Trennung der Festung Olmütz von den böhmischen Festungen sowie die vollständige Unterbrechung unserer wichtigsten || S. 68 PDF || Verbindung, somit auch teilweise Isolierung unserer Armeeteile, die erste und unmittelbare Folge einer Vorrückung Preußens auf der bezeichneten Linie sein.

Es sind dieses so schwerwiegende Nachteile, daß ich unter den gegenwärtigen maßgebenden Verhältnissen vom militärischen Standpunkte aus absolut gegen die Ausführung der Linie Glatz—Wildenschwert zu stimmen mich verpflichtet fühle.

Die Wichtigkeit, welche auf den Punkt Wildenschwert rücksichtlich unserer dort so nahe an der preußischen Grenze und im strategischen Bereich der Festung Glatz geführten Bahn überhaupt gelegt wird, hat sich schon bei der im Jahre 1850 bewirkten Armeeaufstellung deutlich ausgesprochen, indem zur Deckung dieser wichtigen Verbindung eine angemessene Armeeabteilung im Rayon von Wildenschwert gegen die preußische Grenze aufgestellt werden mußte1.

Indes glaube ich, daß die in Rede stehende Eisenbahn auch in nationalökonomischer Beziehung ungünstig wäre, weil durch dieselbe der norddeutschen Verbindungsbahn eine sehr nachteilige Konkurrenz erwachsen würde und weil wir zum großen Vorteile Preußens durch den früheren Übertritt des Transitoverkehrs auf preußisches Gebiet eine erhebliche Beeinträchtigung erfahren müßten. Die Ausführung einer Eisenbahn von Schwadowitz nach Waldenburg unterliegt militärischerseits keinem Anstande, denn hier sind die wechselseitigen Interessen nahezu ebenbürtig gewahrt, indem die Linie einerseits durch die Festung Schweidnitz, andererseits durch die Festung Josephstadt gedeckt erscheint. Gegen die Verbindung von Reichenberg mit Löbau und Cottbus endlich kann militärischerseits gar kein Bedenken geltend gemacht werden. Schmerling FML.