Nr. 11 Ministerrat, Wien, 17. Februar 1861 — Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Ransonnet; VS.Vorsitz Erzherzog Rainer; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Erzherzog Rainer 18. 2.), Rechberg, Mecséry, Schmerling, Plener, Wickenburg, Lasser, Szécsen 22. 2., Pratobevera, FML. Schmerling 23. 2.; abw.abwesend Vay; BdR.Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 28. 2.
MRZ. – KZ. 588 –
Protokoll II der am 17. Februar 1861 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem höchsten Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.
I. Einteilung der Wahlbezirke für den Reichstag
Der Staatsminister brachte in Antrag, daß zur Prüfung der von ihm vorgeschlagenen Einteilung der Wahlbezirke für den Reichstag ein Komitee aus einigen Ministern zusammengesetzt werde, da sich der Gegenstand minder zur Vollberatung eigne. Bei der Verteilung der Abgeordneten auf die Bezirke habe der Staatsminister sich an die Proportion gehalten, in welcher die Zahl der Reichstagsabgeordneten des Kronlandes zu der Zahl der gewählten Landtagsmitglieder steht, und den sich ergebenden Rest auf den großen Grundbesitz und die Handelskammern verteilt.
Se. k. k. Hoheit geruhten zu der mit dem Staatsminister vorzunehmenden Komiteeberatung den Polizei- und den Handelsminister, dann den Minister v. Lasser zu bestimmen.
II. Überweisung der Preßleitung an den Staatsminister
Der Staatsminister setzte die Konferenz in Kenntnis, daß infolge Ah. Bestimmung die Preßleitung an ihn überzugehen hat und somit aus den Agenden des Polizeiministeriums ausgeschieden wird. Bei der Wichtigkeit dieses Gegenstandes für die Verhältnisse Österreichs zum Auslande wies Minister Graf Rechberg auf die Notwendigkeit hin, vorläufig die Grundsätze und Modalitäten der Preßleitung kommissioneil durch Abgeordnete des Staatsministeriums, dann der Ministerien der Polizei und des Äußern beraten zu lassen und erst dann die Sache vor die Ministerkonferenz zu bringen1.
III. Bestellung von zwei Sektionschefs im Staatsministerium
Der Staatsminister stellte die Notwendigkeit dar, sich bei Leitung der ihm zugewiesenen Geschäfte durch zwei höhergestellte Beamte unterstützen zu lassen. Seine Wahl sei auf den gewesenen Statthaltereivizepräsidenten Baron Poche und auf den Oberlandesgerichtsvizepräsidenten v. Lewinsky gefallen, von welchen der letztere mit den Preßangelegenheiten vollkommen vertraut ist. Diese Funktionäre dürften nur als provisorische Sektionschefs zu bestellen sein und Poche || S. 83 PDF || zu seinem dermaligen Gehalt von 5000 f. 2000 f., Lewinsky zu 4000 f. Gehalt 1000 f. Funktionszulage erhalten. Da Lewinskys Posten nicht wieder besetzt wird und auch beim Polizeiministerium ein Hofrat entfällt, würde durch diese Einrichtung nicht nur kein Mehraufwand, sondern selbst eine Ersparung bewirkt.
Der Finanzminister und mit ihm die Konferenz fanden gegen den au. Antrag auf Bestellung von zwei provisorischen Sektionschefs nichts zu erinnern2.
IV. Publikation der Gesetze und Reform des Reichsgesetzblattbüros
Minister Baron Pratobevera referierte über die Notwendigkeit, das seiner Auflösung nahe Redaktionsbüro des Reichsgesetzblattes zu regenerieren und für die Publikation der Gesetze in den Landessprachen gehörig Sorge zu tragen. Der Polizeiminister bestätigte, daß infolge der durch Graf Gołuchowski veranlaßten Umstaltung des Reichsgesetzblattes beklagenswerte Übelstände in der Kundmachung der Gesetze eingetreten seien. Minister Ritter v. Lasser , mit der Notwendigkeit einer eindringlichen Abhilfe einverstanden, deutete darauf hin, daß die Publikation der Gesetze mit dem offiziellen Zeitungswesen in Verbindung zu bringen wäre.
Über Antrag des Finanzministers wurde beschlossen, diesen wichtigen Gegenstand einer kommissionellen Beratung durch Abgeordnete der Ministerien unterziehen zu lassen3.
V. Cabotage unter sardinischer Flagge
Der Minister des Äußern referierte über das Ansinnen Sardiniens, daß den Schiffen aus den annexierten päpstlichen Staaten die Cabotage4 in unseren Häfen unter sardinischer Flagge, wie früher unter der päpstlichen, gestattet werde5. Graf Rechberg gedenkt, nach Turin antworten zu lassen, daß man darauf, unter Vorbehalt der nötigen Vorsichtsmaßregeln gegen Mißbräuche, einzugehen geneigt sei, und der Minister wendet sich daher an die Minister des Krieges, der || S. 84 PDF || Polizei, der Finanzen und an den Staatsminister mit dem Ersuchen, daß jeder in seinen Bereichen durch die unterstehenden Organe die unter sardinischer Flagge stattfindende Cabotage tunlichst überwachen lasse6. Dies wurde sofort zugesichert, wobei jedoch Baron Mecséry bemerkte, daß in den meisten Hafenorten keine anderen als die Lokalpolizeiorgane vorhanden sind.
Wien, am 18. Februar 1861. Erzherzog Rainer.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 27. Februar 1861. Empfangen 28. Februar 1861. Erzherzog Rainer.