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Nr. 50 Ministerkonferenz, Wien, 26. Oktober 1859 – Protokoll II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 26. 10.), Thun 31. 10., Bruck 29. 10., Nádasdy 29. 10., Gołuchowski 31. 10., Thierry 1. 11., Seldern.

MRZ. – KZ. 3783 –

Protokoll II der zu Wien am 26. Oktober 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Eisenbahn nach Fiume und Depots daselbst

Über eine vom tg. gefertigten Minister des Äußern gestellte Anfrage wegen Herstellung einer Eisenbahn nach Fiume und Errichtung von englischen Handelsdepots daselbst gab der Finanzminister die Auskunft, daß, nachdem die Saveregulierung bereits weit vorgeschritten, bis 1861 die Vollendung der Agram-Sisseker Eisenbahn zugesichert ist, jene von Agram nach Karlstadt aber durch den Anschluß der Luisenstraße die Verbindung mit Fiume vermitteln wird, endlich später eine unmittelbare Eisenbahnverbindung von Adelsberg nach Fiume in Aussicht steht, hiermit der gewünschten Verkehrserleichterung entgegengekommen sein wird, gegen die Errichtung von Depots in aTriest unda Fiume als einem Freihafen aber kein Anstand besteht1.

II. Ersetzung des Grafen Colloredo durch Graf Károlyi

Brachte der Minister des Äußern zur Kenntnis der Konferenz, daß der k. k. Bevollmächtigte in Zürich, Graf Colloredo, gestorben und durch den Grafen Károlyi ersetzt worden sei2.

III. Schuldenwesen der venezianischen Provinzen betreffend

Der Finanzminister äußerte sich über einen Antrag des Ministers des Inneren, „wegen Erleichterung der Verzinsungs- und Amortisierungsmodalitäten des lombardisch-venezianischen Zwangsanleihens von 1859 die Zentralkongregation zu vernehmen“ infolge Ah. Befehls vom 7. August d. J. 3 dahin, daß diese Erleichterungen, || S. 187 PDF || welche der Minister des Inneren wegen des auf den venezianischen Provinzen gelasteten Druckes der enormen Kriegsprästationen und anderer Kalamitäten für wünschenswert hielt, nicht zugestanden werden können, nachdem der Kurs der diesfälligen Obligationen sich bereits auf 65, also nahe auf den Emissionspreis gehoben hat, mithin das dem Lande auferlegte Opfer nicht groß sei. Können aber Erleichterungen nicht zugestanden werden, so entfalle die Vernehmung der Zentralkongregation von selbst.

Die Konferenz war hiermit einverstanden4.

IV. Verbot der Zulassung von Nichtvenezianern an den italienischen Gymnasien

Der Unterrichtsminister hat den Beschluß der Konferenz vom 18. d.M. (Konferenzprotokollabsatz VI)5 hinsichtlich der Ausschließung der nicht im Venezianischen domizilierenden Studierenden von der Universität in Padua auf sämtliche venezianischen Gymnasien und auf jenes in Mantuab ausgedehnt. Dagegen erachtet der Unterrichtsminister, daß Lombarden, welche an diesen Gymnasien studieren wollen, wenn gegen ihr Benehmen kein Bedenken obwaltet, solches anstandslos zu bewilligen sei, und ist gesonnen, in diesem Sinne eine vorliegende Anfrage zu erledigenb, womit die Konferenz einverstanden war6.

V. Deputation der Pester Studenten

Der Polizeiminister hat die in Wien als Deputierte der Pester Studenten zur Übergabe der Petition wegen der Unterrichtssprache an Se. Majestät angekommenen Individuen über die Unstatthaftigkeit dieses Vorhabens belehren lassen und wird nun auch, nachdem der Unterrichtsminister erklärt hatte, sie nicht empfangen zu können, deren Heimkehr veranstalten, indem sie von dem betreffenden Dekanate keine Reiselegitimation aufzuweisen haben7.

VI. Wiederherstellung der Militärpatrouillen und Polizeiwachstuben in Wien

Derselbe Minister machte aus Anlaß der durch die Anwesenheit vieler Urlauber, dann durch vermehrte Erwerblosigkeit während der Wintermonate mehr bedrohten öffentlichen Sicherheit in Wien auf die Notwendigkeit der Wiedereinführung der Militärpatrouillen und die Ausmittlung geeigneter Wachstuben für die Polizeiwache aufmerksam.

GM. Graf Seldern sicherte hierwegen die Einleitung einer Verhandlung zwischen dem Armeeober­kommando und den Ministerien des Inneren und der Polizei zu8.

VII. Günstigere Behandlung der ins Zivile übergetretenen Militärbeamten

GM. Graf Seldern referierte auf Ah. Befehl Sr. Majestät über den Antrag des Armeeoberkommandos, den Militärbeamten, welche in den Zivilstaatsdienst übergetreten sind, in Fällen der Dienstuntauglichkeit, wenn sie ohne oder mit einer geringern Pension, als ihnen nach dem Militärnormale gebühren würde, entlassen werden, die günstigere Behandlung nach § 302 des Gebührenreglements zuteil werden zu lassen, sie auch von der Rückerstattung der Quartiergelds­raten zu befreien und ihnen die Übersiedlungskosten zu bewilligen9.

Nachdem es sich hier um eine Gebührenfrage handelt, sprach der Finanzminister den Wunsch aus, daß hierwegen das schriftliche Einvernehmen mit ihm gepflogen werden möge, wonach Generalmajor Graf v. Seldern sich vorbehielt, das weitere hierwegen zu veranlassen10.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 8. November 1859.