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Vorwort - Retrodigitalisat (PDF)

|| S. 7 PDF || Es war eine stürmische Zeit für die Habsburgermonarchie, als der Metternichschüler Graf Rechberg am 17. Mai 1859 zum Minister des kaiserlichen Hauses und des Äußern ernannt und mit dem Vorsitz in der Ministerkonferenz betraut wurde. Rechberg war in den Tagen der Niederlage Österreichs gegen Sardinien-Piemont und Frankreich bei Solferino, die zum Verlust der Lombardei führte, an Kaiser Franz Josephs Seite. Im August wurde er zum Ministerpräsidenten ernannt. Dieses Amt hatte er bis 1861 inne, Außenminister blieb er bis 1865.

Der vorliegende erste Band des Ministeriums Rechberg gliedert sich inhaltlich in zwei Teile, in den Kriegsteil von Mai bis Juli 1859, in dem die Nebenwirkungen des Feldzugs auf die Verwaltung und vor allem auf die Finanzen einen großen Raum einnehmen, und den Friedensteil von August 1859 bis Februar 1860, in dem die Durchführung des sogenannten Ministerprogramms vom 21. August 1859 das zentrale Thema ist. Der Band endet mit der Verabschiedung des Statuts für den verstärkten Reichsrat Ende Februar 1860. Im Anhang werden zum erstenmal zur Gänze die höchst aufschlußreichen Protokolle der außerordentlichen Konferenzen vom Juli und August 1859 publiziert, in denen um das Ministerprogramm gerungen wurde und die Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Daneben finden sich in diesem Band überaus interessante Protokolle zu Ungarn, zu konfessionellen Fragen, zur Sprachenfrage und zu vielen anderen Themen.Nicht zuletzt fiel in diesen Zeitraum auch die epochale Entscheidung zur Wiener Stadterweiterung.

Das Jahr 1859 stand in der österreichischen Historiographie lange im Schatten des „Schicksalsjahres 1866“ mit der Niederlage gegen Preußen und dem Verlust der Vormachtstellung in Deutschland. Friedrich Engel-Janosi, der Begründer dieser Edition, schrieb in der Einleitung zum ersten erschienenen Dokumentenband, dem Band 1 des Ministeriums Belcredi 1865/66, als Rechtfertigung und Erklärung, daß die Edition gerade mit diesem Ministerium beginne: „Offenbar, weil diese Regierung das Schlüsseljahr 1866 umfaßt und Königgrätz-Sadowa längst als ein Ereignis bekannt ist, dem weit mehr als mitteleuropäische [. . .] Bedeutung zukommt. [. . .]“. Freilich schrieb er auch im weiteren Verlauf der Einleitung, daß auf den oberitalienischen Schlachtfeldern von 1859 das absolutistische System der ersten Periode Kaiser Franz Josephs zusammengebrochen war und daß bald darauf der erste Schritt zur konstitutionellen Verfassungsgebung getan wurde. Welch herausragende Bedeutung das Jahr 1859 für die innere Geschichte der Habsburgermonarchie auf dem Weg vom konservativ-absolutistischen Staat zum liberalen Verfassungsstaat hatte, wird durch die detaillierte Arbeit mit den hier publizierten Ministerkonferenzprotokollen dieser Monate voll und ganz bestätigt.

Der Band wurde so wie alle bisherigen Bände vor Drucklegung den ungarischen Partnern der Edition zur Stellungnahme übermittelt. Imre Ress hat ein ausführliches Gutachten verfaßt. Er hebt unter anderem auch die Bedeutung der Protokolle dieses Zeitraumes für die Geschichte Ungarns hervor, auch wenn die Annäherungs- und Versöhnungsversuche zwischen Wien und Budapest und die Bemühungen Hübners, dessen wichtige Denkschrift vom 19. Oktober 1859 im Rahmen der Einleitung publiziert || S. 8 PDF || wird, nicht sofort zum Erfolg geführt haben. Ress begrüßt die Herausgabe des Bandes namens der ungarischen Mitglieder des gemeinsamen wissenschaftlichen Beirates zusammenfassend mit den Worten: „Es darf ohne weiteres festgestellt werden, daß die einleitende Studie einen wichtigen Beitrag zur Problematik der konstitutionellen Entwicklung der Habsburgermonarchie liefert, sowie mit der Edition der Protokolle ein bedeutender Quellenbestand der internationalen Forschung zur Verfügung gestellt wird.“ Für die Hilfestellung und Beratung im Lauf der Arbeit und für die abschließende Begutachtung sei der ungarischen Seite wieder herzlich gedankt.

Am 1. Juli 2001 trat Hofrätin Univ.-Doz. Dr.Waltraud Heindl in den Ruhestand. Sie hat sich um das Editionsunternehmen, dem sie seit 1969 angehörte, größte Verdienste erworben, sowohl als Wissenschaftlerin durch die Mitarbeit am Einleitungsband, durch die Bearbeitung von fünf Bänden und durch die langjährige Betreuung der Gesamtredaktion, als auch in administrativer Hinsicht als Abteilungsleiterin, als Vorstandsmitglied des Instituts und seit 1997 als dessen Direktorin. In diesen Funktionen hat sie die Edition in allen Fährnissen, denen ein solches langfristiges wissenschaftliches Unternehmen auch ausgesetzt ist, erfolgreich geführt. Vor allem hat sie auch wesentlich mitgewirkt, die wissenschaftlichen und menschlichen guten Beziehungen zu den ungarischen Partnern der Edition zu pflegen. Für all das sei ihr an dieser Stelle ein herzlicher Dank ausgesprochen. Der Rat und die Unterstützung von Waltraud Heindl, mittlerweile Univ.-Prof., als Mitglied des gemeinsamen wissenschaftlichen Beirats bleiben der Edition weiterhin erhalten. Die Gesamtredaktion wurde von der Institutsleitung dem Unterzeichneten übertragen.

Auch dieser Band hätte nicht erscheinen können ohne finanzielle Unterstützung des Projekts. Wir danken vor allem wieder dem Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur für die Förderung des Gesamtprojekts und für einen Druckkostenzuschuß. Für weitere finanzielle Unterstützung und für Druckkostenzuschüsse danken wir dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich, der Magistratsabteilung 7 – Kultur, Wissenschafts- und Forschungsförderung sowie der Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien. Allen diesen Institutionen und den dort tätigen Personen sind wir zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Ein herzlicher Dank gilt den MitarbeiterInnen des Österreichischen Staatsarchivs für die Aufgeschlossenheit der Edition gegenüber und für wiederholte Hilfestellung.

Wien, im Februar 2003