Nr. 473 Ministerkonferenz, Wien, 4. November 1858 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 4. 11.), gesehen Bach 6. 11., Thun 7. 11., Toggenburg, Bruck, gesehen Kempen 8. 11., Nádasdy 8. 11., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 8. 11.
MRZ. – KZ. 4620 –
Protokoll der zu Wien am 4. November 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Auflösung der Ministerkonferenzkanzlei
Der tg. gefertigte Vorsitzende teilte der Konferenz den Inhalt des Ah. Kabinettschreibens vom 4. d. M. mit, womit er von der vollendeten Einreihung des Personals der unterm 8. v. M. aufgelösten Ministerkonferenzkanzlei in die reorganisierte Kabinettskanzlei verständiget worden ist. Infolge dieses Ah. Befehls wird die bisherige Wirksamkeit der Ministerkonferenzkanzlei eingestellt1.
II. Anstände in betreff des neuen Geldwesens
Der Minister des Inneren brachte zwei Übelstände zur Sprache, die sich seit Aktivierung der neuen österreichischen Währung2 bemerklich gemacht haben und einer Abhilfe bedürfen, nämlich 1. der Mangel an Scheidemünze für den Kleinverkehr, wo darum der Gulden Konventionsmünze nur mit 102, selbst nur mit 100 Neukreuzer statt, wie vorgeschrieben, mit 105 angenommen wird, 2. den Vorgang der Nationalbank, welche ihre zur Einwechslung gebrachten alten Noten nur zu 102 statt zu 105 in neuer Währung umsetzt.
Zu 1. bemerkte der Chef der Obersten Polizeibehörde , daß abisher in dieser Beziehung den Anständen und Klagen zum Teil abgeholfen worden seia, und der Finanzminister fügte bei, daß vom 5. d. M. an außer der Bank und der Landeshauptkasse noch eine dritte, nämlich die ständische Kasse, mit der Einwechslung von Banknoten zu 105 gegen Scheidemünze beauftragt, somit für die Befriedigung des Publikums in ausreichender Weise gesorgt sein wird. Die diesfällige Kundmachung erscheint im heutigen Abendblatte der Wiener Zeitung3.
Ad 2. bemerkte der Finanzminister, daß die Notenbank zur Umwechslung der alten Banknoten in Silber oder Noten neuer Währung nicht verpflichtet sei, dieselbe also nur aus Gefälligkeit oder als Handelsgeschäft übernommen zu haben scheine. Wenn || S. 142 PDF || sie dabei die alten Noten nur mit 102 berechnet habe, so sei dies eine Taktlosigkeit gewesen; der Finanzminister habe sich daher veranlaßt gesehen, diesen Vorgang sofort einzustellen. Hiermit sei von nun an den unliebsamen weiteren Folgen dieses Vorgangs gesteuert4.
III. Verschmelzung der Franz-Joseph-Orientbahngesellschaft mit jener der südlichen Staatsbahn
Vor kurzem erschien der lf. Kommissär der Kaiser-Franz-Joseph-Orientbahn bei dem Minister des Inneren, um sich auchb von ihm eine Instruktion für sein Verhalten bei der bevorstehenden Generalversammlung der Aktionäre dieser Bahngesellschaft zu erbitten, in welcher die Frage über die Aufgebung einiger der für die genannte Bahn konzessionierten Linien und eventuell die Vereinigung der Gesellschaft mit derjenigen, welche die südliche Staatseisenbahn gekauft hat, zur Verhandlung kommen soll. Da dem Minister des Inneren weder über den Verkauf der südlichen Staatseisenbahn an eine Aktiengesellschaft, noch über das erwähnte Projekt in betreff der Franz-Joseph-Orientbahn offiziell etwas bekannt ist, so war er nicht in der Lage, dem lf. Kommissär die erbetenen Instruktion zu erteilen. Zur Wahrung des Wirkungskreises seines Ministeriums als oberster Vereinsbehörde, deren Wirksamkeit so wichtige Akte von Aktiengesellschaften seines Erachtens nicht hätten entzogen werden sollen, sieht sich der Minister des Inneren verpflichtet, diesen Gegenstand gegenwärtig aus dem oben erwähnten Anlaß zur Sprache zu bringen und um die nähere Aufklärung über den hierbei beobachteten Vorgang zu ersuchen.
Der Finanzminister erteilte diese Aufklärung dahin, daß der Verkauf der südlichen Staatsbahn aufgrund wichtiger Rücksichten über spezielle, von ihm bei Sr. Majestät eingeholte Ah. Ermächtigung im Einvernehmen mit dem zunächst dabei beteiligten Handelsminister eingeleitet worden sei. Der Natur der Sache nach und infolge der besonderen Ah. Ermächtigung habe sich daher diese Verhandlung auf das Einvernehmen zwischen den beiden Ministern allein beschränken müssen.
Belangend das Projekt der Auflassung einiger Linien der Franz-Joseph-Orientbahn und der Vereinigung ihrer Gesellschaft mit derjenigen, welche die südliche Staatseisenbahn gekauft hat, so beruht die diesfällige vorläufige Verhandlung ebenfalls auf einer speziellen Ermächtigung Sr. Majestät. Nachdem jedoch hierüber vorerst die Generalversammlung der Aktionäre der Orientbahn gehört werden muß, so ist diese Verhandlung noch nicht geschlossen, sondern kann erst dann der vollständigen Erledigung zugeführt werden, wenn der Beschluß der Generalversammlung vorliegen wird. Der Finanzminister behält sich für diesen Zeitpunkt, wo es sich um die definitive Erledigung der gedachten Angelegenheit handeln wird, das vorschriftmäßige Einvernehmen mit dem Minister des Inneren vor. Eine Instruktion für den lf. Kommissär zu der Generalversammlung erscheint nicht notwendig, weil es sich einfach um die Aufnahme ihrer diesfälligen Beschlüsse handeln wird.
|| S. 143 PDF || Unter diesen Verhältnissen erübrigte dem Minister des Inneren vorderhand nichts, als von diesen Aufklärungen Kenntnis zu nehmen5.
Wien, am 4. November 1858. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Prag, den 14. November 1858.