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Nr. 382 Ministerkonferenz, Wien, 3. Januar 1857 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 3. 1./31. 3. 1857), Bach (II–VII; 7. 1.), Thun, K.Krauß, Toggenburg, Bruck.

MRZ. – KZ. 104 –

Protokoll der zu Wien am 3. Jänner 1857 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Remuneration für Besorgung der Protokoll- und Registraturgeschäfte beim erzbischöflichen Consistorio in Salzburg

Der Minister für Kultus und Unterricht referierte über die zeuge seines Vortrags vom 11. Dezember 1856, KZ. 4911, MCZ. 4520, zwischen ihm und dem Finanzminister obwaltende Meinungsverschiedenheit über die Bemessung der Remuneration für die Besorgung der Protokoll- und Registraturgeschäfte der Salzburger erzbischöflichen Konsistorialkanzlei und erachtete, seinen Antrag auf Bemessung derselben mit 600 fr., gegen jenen des Finanzministers auf nur 400 fr., durch die nachgewiesene Notwendigkeit der Verwendung von drei Geistlichen bei jenen Geschäften und durch den Umstand rechtfertigen zu können, daß die Auslage bedeutend größer sein würde, wenn statt der Geistlichen auch nur zwei systemisierte Beamte angestellt werden sollten1,a .

II. Gehaltserhöhung für den Professor Ludwig Lange

In der zwischen dem Unterrichtsminister laut seines Vortrags vom 22. Dezember 1856, KZ. 5034, MCZ. 4629, obwaltenden Meinungsdifferenz mit dem Finanzminister über den Betrag der dem Professor Ludwig Lange zu bewilligenden Gehaltserhöhung glaubte der Unterrichtsminister, seinen Antrag (unter ausdrücklicher Beistimmung des Justizministers) gegen jenen des Finanzministers vornehmlich in der Rücksicht der Ah. Genehmigung Sr. Majestät empfehlen zu dürfen, daß nur dann Aussicht vorhanden ist, diesen ausgezeichneten Philologen der Prager Universität zu erhalten, wenn er durch eine freiwillige und namhafte Verbesserung seiner Subsistenz der k. k. Regierung verpflichtet wird2.

III. Gnadengabe für die Bibliotheksdienerswaise Cäcilie Niedrich

Die Differenz zwischen dem Unterrichts- und Finanzminister (Vortrag v. 28. Dezember 1856, KZ. 5058, MCZ. 4656) über die Ziffer der der Bibliotheksdienerswaise Cäcilie Niedrich zu bewilligenden Gnadengabe wurde durch den Beitritt des Finanzministers zu dem günstigeren Antrage des Unterrichtsministers behoben.

IV. Pension für den Eisenbahnadministrator Luigi Martello

Der Handelsminister referierte über die Meinungsverschiedenheit, welche zeuge seines Vortrags vom 18. Dezember 1856, KZ. 4944, MCZ. 4553, zwischen ihm und dem Finanzminister über die Pensionsbehandlung des gewesenen Vizedirektors und Administrators der lombardisch-venezianischen Staatseisenbahnbaudirektion Luigi Martello besteht.

Während der Finanzminister auch heute auf seiner Ansicht beharrte, daß die Verdienste Martellos durch Bewilligung von zwei Drittel seines frühern höhern Gehalts von 3000 f., also durch eine zweifache Begünstigung bei nur 35 Dienstjahren, hinlänglich belohnt erscheinen, glaubte der Handelsminister, seinen Antrag auf Belassung des ganzen letzten Gehalts Martellos per 2500 f., der Bitte desselben gemäß und unter Zustimmung aller übrigen Minister umso mehr der Ah. Gnade Sr. Majestät empfehlen zu dürfen, als dessen ganz außerordentlichen patriotischen Verdienste einer außerordentlichen Behandlung würdig seien, und eine minder günstige Behandlung desselben einen üblen Eindruck im Lande zu machen geeignet sein dürfte.

V. Pensionserhöhung des Banaltafelsekretärs Markus v. Grozdanovič

Gegen die Einsprache des Finanzministers erachtete der Justizminister seinen Antrag vom 29. Dezember 1856, KZ. 5055, MCZ. 4653, wegen Erhöhung der Pension für den Banaltafelsekretär Markus v. Grozdanovič mit Rücksicht auf dessen lange und belobte Dienstleistung der Ah. Gnade Sr. Majestät empfehlen zu dürfen.

VI. Pensionserhöhung des Bezirksrichters Johann Margreiter

In der Differenz, welche zeuge des Vortrags des Justizministers vom 23. Dezember 1856, KZ. 4986, MCZ. 4597, zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der Pensionserhöhung für den Bezirksrichter Johann Margreiter obwaltet, traten die mehreren Stimmen der Konferenz der strengeren Ansicht des Finanzministers bei, weil Margreiter Vermögen und keine Kinder hat, während der Justizminister seinen günstigeren Antrag durch Margreiters mehr als 40-jährige, wenn auch nicht ganz (nur mit 35 Jahren) anrechnungsfähige Dienstleistung rechtfertigen zu können vermeinte3.

VII. Erweiterung des Unterrichts für Ornamentenzeichnung in Mailand

Der Unterricht in der Ornamentenzeichnung (di ornato), welcher dermal an der Akademie in Mailand von einem Professor, einem Adjunkten und drei Assistenten für Architekten und Gewerbsleute erteilt wird, erhielt von Seite der letzteren einen so gesteigerten Zuspruch, daß es für notwendig befunden wurde, denselben zu trennen und für Architekten, dann für Gewerbsleute abgesondert erteilen zu lassen. Zu diesem Ende wurde die Vermehrung der Lehrkräfte auf zwei Professoren, zwei Adjunkten, drei Assistenten beziehungsweise auf Bestellung eines eigenen Professors und Adjunkten für die Architekten sowohl als für die Gewerbsleute in Antrag gebracht und vom Unterrichtsminister unterstützt. Die Mehrauslage würde 1600–1900 f. betragen. Der Finanzminister erklärte sich sowohl bei der schriftlichen Einvernehmung als auch nach dem Vortrage des Gegenstands in der Konferenz gegen die sofortige Bestellung || S. 258 PDF || eines zweiten Professors und Adjunkten, indem er voraussetzte, daß von den 16 Professoren der Akademie einer oder der andere geeignet und geneigt sein dürfte, die erforderliche Aushilfe zu leisten. Allein, der Unterrichtsminister fand diese Aushilfe mit Rücksicht auf die anderweitigen Geschäfte der akademischen Professoren und auf den Andrang der Schüler (über 300 aus dem Gewerbsstande) zu jenem Unterrichte ganz untunlich und glaubte seinen Antrag sowohl durch den letzteren Umstand als auch durch die Wichtigkeit jenes Unterrichts für die Geschmacks- und technische Bildung einer schätzbaren Klasse rechtfertigen zu können.

Der Handelsminister erklärte sich mit dem Antrage des Unterrichtsministers vollkommen einverstanden4.

VIII. Kompetenz zur Dispens vom zweiten und dritten Eheaufgebot in Landeshauptstädten

In der Konferenz vom 13. Dezember 1856 sub I.3 (MCZ. 4446) hatte der Kultusminister die Anfrage zur Sprache gebracht, welche Behörde gemäß §§ 38 und 39 des neuen Ehegesetzes in den Landeshauptstädten, wo das Bezirksamt keine Jurisdiktion hat, die Dispens vom zweiten und dritten Aufgebote zu erteilen kompetent sei5. Es wurde damals im Sinne jener Paragraphen erkannt, daß der Magistrat der Hauptstadt, welcher die Wirksamkeit des Bezirks- und Kreisamts in sich vereiniget, diese Dispensen zu erteilen habe, und der Kultusminister sollte in diesem Sinne die Verhandlung an den Minister des Inneren leiten.

Es hat sich jedoch dem Kultusminister ein Bedenken aufgedrungen. Die Absicht des Gesetzes, welches die Beibringung der weltlichen Dispens vom Aufgebote neben der kirchlichen vorschreibt, kann wohl nur die sein, zu verhindern, daß solche Dispensen zur Regel werden und man sich überhaupt nur mit einem Aufgebote begnüge. Würde nun der Komunalbehörde die diesfällige Ermächtigung eingeräumt, so wäre zu besorgen, daß sie dabei nicht mit der sorgfältigen Erwägung aller öffentlichen Rücksichten vorginge, welche die Pflicht der lf. Behörden ist. Er glaubte daher, daß solche Dispenserteilungen in die Hände der letzteren gelegt werden sollten, und zwar in jene der Landesstelle selbst, weil in den Hauptstädten, wenn auch ein Kreis- oder Bezirksamt dort seinen Sitz hat, demselben doch im Gebiete der Stadt selbst überhaupt keine Jurisdiktion zukommt. Für die Parteien ist es überdies gleichgültig, ob sie die Dispens beim Magistrate oder bei der in loco befindlichen Landesstelle einholen müssen. Endlich würde eine solche Bestimmung nur demjenigen Vorgange gemäß sein, der diesfalls bisher nach §§ 85 und 86 ABGB. beobachtet worden ist. Der Justizminister hielt sowohl nach dem Wortlaute als nach der Absicht der §§ 38 und 39 des Ehegesetzes, derlei Amtshandlungen den unteren Behörden zu überlassen, in den Hauptstädten, wo ein Bezirks- oder ein Kreisamt sich befindet, dieses (Bezirks- oder Kreisamt) zur Erteilung jener Dispensen für kompetent und glaubte, daß eine Beschränkung dieser einmal ausgesprochenen Kompetenz nicht nötig sei, weil die unteren Instanzen bei || S. 259 PDF || ihren Amtshandlungen nach den gleichen Grundsätzen vorgehen müssen wie die höheren.

Der Minister des Inneren fände gegen die Übertragung dieses Dispensationsrechts an die Landesstellen an und für sich zwar kein Bedenken. Allein er nahm Abstand, sich hierüber sogleich auszusprechen, weil diese Angelegenheit sowohl aus dem allgemeinen Gesichtspunkte der Jurisdiktionsverhältnisse überhaupt als auch der etwa hierwegen schon ergangenen besonderen Anordnungen beurteilt werden muß. Er erbat sich daher vom Kultusminister die Verhandlung im ordentlichen Korrespondenzwege, was dieser sofort zusagte6.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 2. April 1857.