Nr. 376 Ministerkonferenz, Wien, 2. Dezember 1856 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 2. 12.), Bach, Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck.
MRZ. – KZ. 4551 –
- I. Zollfreie Einfuhr ausländischen Salzes für technische Zwecke
- II. Verbesserung des Schicksals der Amtsdienersgehilfen
- III. Gnadengabe für den Komitatsveterinär Martin Lang
- IV. Gnadengabe für die Kreiskanzlistenswaise Josepha Lehmann
- V. Gnadengabe für die Bezirkshauptmannswitwe Katharina Marak
- VI. Gnadengabe für die Medizinaldoktorswitwe Maria Gradl
- VII. Pensionserhöhung für den Serdar Matteo Billich
- VIII. Gnadengabe für die Bezirksvorsteherswaise Aloysia Faber
- IX. Personalzulage für die den Urbarialgerichten zugeteilen Statthaltereiräte Joseph v. Zsitvay und Karl v. Szabó
- X. Pensionserhöhung für Professor Johann Fletzer
- XI. Freiplätze im Institute der Figlie della Carità Canossiane in Venedig
Protokoll der zu Wien am 2. Dezember 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Zollfreie Einfuhr ausländischen Salzes für technische Zwecke
Der Finanzminister erhielt die Zustimmung der Konferenz zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Gestattung der zollfreien Einfuhr ausländischen Salzes zu technischen Zwecken, beziehungsweise Überlassung inländischen Salzes um den Gestehungspreis1. Er hat dabei die Emporbringung der so wichtigen Sodafabrikation und diejenigen industriellen Etablissements im Auge, deren große Entfernung von den inländischen Salzlegestätten ihnen den Bezug des Salzes zum Nachteile ihrer Unternehmung wesentlich verteuert.
Der Justizminister , mit dem Antrage zwar auch einverstanden, glaubte nur bemerken zu müssen, daß dann den Fabrikanten des Inneren, welche von der Begünstigung des ausländischen Salzbezugs keinen Gebrauch machen können, der Bezug des inländischen Salzes selbst unter dem Gestehungspreise zugestanden werden müßte, wenn dieser höher wäre als der Preis des ausländischen Salzes, indem sonst die Fabriken an der Landesgrenze vor jenen des Inneren bevorzugt sein würden2.
II. Verbesserung des Schicksals der Amtsdienersgehilfen
Über ein Einschreiten der beiden Ministerien des Inneren und der Justiz um Aufbesserung der Bezüge der bisher mit der ganz unzulänglichen Besoldung von 216 fr. beteilten Dienersgehilfen, erklärte der Finanzminister bei den gegenwärtigen Verhältnissen des Staatsschatzes nicht mehr tun zu können, als sich die Ah. Ermächtigung von Sr. Majestät zu erbitten, daß das Quartiergeld dieser Dienerkategorien dort, wo dieselbe in dessen Genuß systemmäßig steht, von 20 auf 40 fr. erhöht werden dürfe – womit sich die Konferenz einverstanden erklärte3.
III. Gnadengabe für den Komitatsveterinär Martin Lang
Die Differenz zwischen dem Minister des Inneren und dem Finanzminister über die Ziffer der für den Komitatsveterinär Martin Lang unterm 27. November 1856, KZ. 4609, MCZ. 4234, in Antrag gebrachten Gnadengabe, wurde dadurch behoben, daß sich beide Minister in dem Betrage von 200 fr. einigten.
IV. Gnadengabe für die Kreiskanzlistenswaise Josepha Lehmann
Gegen die Einsprache des Finanzministers glaubte der Minister des Inneren seinen Antrag vom 27. November 1856, KZ. 4610, MCZ. 4235, auf Verleihung einer Gnadengabe jährlicher 60 fr. an die Kreiskanzlistenwaise Josepha Lehmann durch den Umstand rechtfertigen zu können, daß die vorausgesetzte Erwerbsfähigkeit der Bittstellerin erhobenermaßen nicht mehr in dem Grade besteht, um sie vor der äußersten Not zu schützen.
V. Gnadengabe für die Bezirkshauptmannswitwe Katharina Marak
Die Differenz, welche zwischen dem Minister des Inneren laut seinem Vortrag vom 2. November 1856, KZ. 4279, MCZ. 3928, und dem Finanzminister über die Ziffer der der Bezirkshauptmannswitwe Katharina Marak zu bewilligenden Gnadenpension obwaltet, wurde durch die Erklärung des Ministers des Inneren behoben, daß er sich dem Antrage des Finanzministers auf 200 fr. für die Mutter und die Waisen konformiere.
VI. Gnadengabe für die Medizinaldoktorswitwe Maria Gradl
Ohne die Richtigkeit der Einwendung zu verkennen, welche der Finanzminister gegen den Antrag des Ministers des Inneren vom 3. November 1856, KZ. 4282, MCZ. 3931, wegen Ag. Verleihung einer Gnadenpension von 130 fr. an die Medizinaldoktorswitwe Maria Gradl, nach der strengen Auslegung der Ah. Entschließungen vom 2. Juli 1832 und 3. Februar 1856 erhoben hat, glaubte der Minister des Inneren doch diesen seinen Antrag aus den im Vortrage dargestellten Billigkeitsrücksichten der Ah. Gnade Sr. Majestät empfehlen zu dürfen.
VII. Pensionserhöhung für den Serdar Matteo Billich
Bei der sehr vorteilhaften Schilderung der Dienstleistung des gewesenen Serdars4 Matteo Billich bei dessen Mittellosigkeit und zahlreicher Familie sowie bei der aus früheren Ah. Entschließungen über ähnliche Fälle ersichtlichen Ah. Geneigtheit Sr. Majestät, verdienten Männern der forza territoriale eine günstigere Behandlung Ag. angedeihen zu lassen, erachtete der Minister des Inneren, seinem Antrag vom 8. November 1856, KZ. 4362, MCZ. 4004, auf Beteilung desselben mit einer Pension von jährlich 480 fr. – gegen die Einsprache des Finanzministers – der Ah. Genehmigung Sr. Majestät fürwortlich vorlegen zu dürfen5.
VIII. Gnadengabe für die Bezirksvorsteherswaise Aloysia Faber
Über die abweichende Ansicht des Finanzministers hinsichtlich der Beteilung der jüngsten Tochter Aloysia des verstorbenen Bezirksvorstehers Faber mit einer jährlichen Gnadengabe von 60 fr. stellte der Minister des Inneren seinen diesfälligen Antrage vom 6. November 1856, KZ. 4327, MCZ. 3976, lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheim6.
IX. Personalzulage für die den Urbarialgerichten zugeteilen Statthaltereiräte Joseph v. Zsitvay und Karl v. Szabó
Über die zwischen dem Finanzminister einer-, dann den Ministern des Inneren und der Justiz andrerseits bestehende Verschiedenheit der Ansichten rücksichtlich der in den Vorträgen der letzteren vom 10. November 1856, KZ. 4416 und 4417, MCZ. 4052 und 4053, vertretenen Ansprüche der den Urbarialgerichten zugeteilten Statthaltereiräte Joseph v. Zsitvay und Karl v. Szabó auf Gehaltserhöhung – traten die mehreren Stimmen der Konferenz dem auf triftigen Billigkeitsrücksichten beruhenden Einraten der vortragenden Minister bei – wobei übrigens noch der Minister des Inneren bemerkte, daß durch die Beschränkung ihres Antrags auf eine in die Pension nicht anrechenbare Zulage von 500 fr. auf Rechnung des Beköstigungsfonds für Urbarialgerichte – der Gegenstand der Verhandlung eigentlich der Einflußnahme des Finanzministeriums entrückt worden sei.
X. Pensionserhöhung für Professor Johann Fletzer
Die Mehrheit der Konferenz schloß sich – gegen die Einsprache des Finanzministers – dem Einraten des Unterrichtsministers wegen Erhöhung der Pension des Professors der italienischen Sprache Johann Fletzer auf jährlich 375 fr. aus den im Vortrage vom 12. November d. J., KZ. 4515, MCZ. 4145, entwickelten Gründen an.
XI. Freiplätze im Institute der Figlie della Carità Canossiane in Venedig
In der zwischen dem Unterrichtsminister zeuge seines Vortrags vom 16. November 1856, KZ. 4506, MCZ. 4135, und dem Finanzminister obwaltenden Meinungsdifferenz betreffend die Gründung von zehn Freiplätzen für taubstumme Mädchen bei dem Institute der Figlie della Carità Canossiane erklärten sich die mehreren Stimmen der Konferenz für den Antrag des Unterrichtsministers, nachdem der Gemeinde Venedig weder mit Rücksicht auf den Zweck der Stiftung, welche nicht bloße Lokalanstalt ist, noch mit Rücksicht auf ihre ökonomische Lage eine Beitragsleistung zuzumuten sein dürfte.
Wien, am 2. Dezember 1856. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Verona, 9. Jänner 1857.