Nr. 377a Rektifizierter Entwurf der Verordnung über die neuen paßpolizeilichen Vorschriften, o. O., o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-05-0-18561206-P-0377.xml) - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; Beilage zum MKProt. v. 6. 12. 1856.
MRZ. – KZ. –
Verordnung der Ministerien des Äußern, des Inneren und des Handels, dann der Obersten Polizeibehörde und des k. k. Armeeoberkommandos vom …. wirksam für alle Kronländer, womit neue paßpolizeiliche Vorschriften erlassen werden.
Se. k. k. apost. Majestät haben, um dem Verkehre im Kaiserreiche die möglichste Erleichterung angedeihen zu lassen, die Einführung eines neuen Paßsystems mit Beseitigung aller Paßrevisionen, jene an der Staatsgrenze ausgenommen, anzuordnen geruht. In Durchführung dieser Ah. Anordnung finden die Ministerien des Äußerna, des Inneren und des Handels, die Oberste Polizeibehörde und das Ah. Armeekommando zufolge Ah. Entschließung vom ….a die nachstehenden Vorschriften zu erlassen, welche mitb in Wirksamkeit zu treten haben.
I. Abschnitt
Vorschriften für Reisen der Inländer im Inlande
§ 1
Inländer bedürfen zu Reisen im Inlande in der Regel (§ 24) eines Passesc nichtd .
Um sich jedoch im erforderlichen Falle über ihre Person legitimieren zu können, haben sie sich mit Legitimationskarten zu versehen, welche die Vorsteher der Bezirksämter (Stuhlrichterämter, Distriktskommissariate) dort aber, wo sich lf. Polizeibehörden befinden, die Vorsteher dieser Behörden für Personen, die in dem Amtsbezirke derselben ihren Wohnsitz haben, auf die Dauer eines Jahres ausfertigen.
Das Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußern stellt zu Reisen im Inlande statt der bisherigen Ministerialpässe gleichfalls Legitimationskarten aus (§ 4)e .
II. Abschnitt
Vorschriften für Reisen der Inländer in das Ausland.
§ 2 [3]
Zu Reisen in das Ausland bedürfen Inländer eines ordnungsmäßig ausgefertigten Reisepasses.
|| S. 232 PDF || Ausgenommen hievon sind die Grenzbewohner, welche, um zu Landwirtschafts-, Gewerbs-, Industrie- oder Handels- oder dergleichen Zwecken des täglichen Verkehrs sowie zu kurzen Lustfahrten in das benachbarte Ausland die österreichische Grenze unbeanständet überschreiten zu können, lediglich eines Zertifikates des Vorstandes der betreffenden politischen Bezirksbehördef benötigen.
Ebenso können die Vorsteher jener lf. Polizeibehörde, deren Amtssitz von der Grenze nicht weit entfernt ist sowie die in Kurorten nächst der Grenze aufgestellten lf. Inspektionskommissäre unbedenklichen Personen Reisezertifikate für kurze Lustfahrten in das benachbarte Ausland erteilen.
§ 3 [4]
Reisepässe in das Ausland dürfen höchstens auf die Dauer von drei Jahren ausgefertigt werden.
§ 4 [5]
Zur Ausstellung von Reisepässen in das Ausland sind ermächtigt:
1. das Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußern nach Maßgabe seines besonderen diesfälligen Wirkungskreises; 2. die Chefs der politischen Landesstellen (g Chef der Statthaltereiabteilungen) an Personen, die im Verwaltungsgebiete ihren Wohnsitz haben; 3. die Vorsteher der Kreisbehörden (Komitatsbehörden, Delegationen) im Namen des vorgesetzten Landeschefs an Personen, die im Kreise ihren Wohnsitz haben, jedoch nur in dringenden Fällen und mit der Verpflichtung zur Anzeige an den Landeschef (Chef der Statthaltereiabteilung).
§ 5 [6]
Ausnahmsweise sind die Chefs der politischen Landesstellen (h Chef der Statthaltereiabteilungen) ermächtigt, Personen, die sich nur zeitlich im Verwaltungsgebiete aufhalten, falls gegen deren Unbedenklichkeit kein Zweifel obwaltet, Reisepässe ins Ausland zu erteilen, wovon jedoch der bezügliche Landeschef sogleich in Kenntnis zu setzen ist.
§ 6 [7]
Die k. k. Missionen sind ermächtigt, den im Auslande befindlichen Österreichern die Pässe zur Rückreise nach Österreich und zur Weiterreise ins Ausland zu vidieren, solche zu verlängern oder auch neue Pässe zu erteilen.
Das Visum oder die neue Paßerteilung für eine andere Richtung oder in andere Länder, als wohin die aus der Heimat mitgebrachte Reiseurkunde lautet, darf nur, wenn gegen den Reisenden keine Bedenken obwalten, geschehen. Hievon sowie überhaupt von jeder Paßverlängerung oder Erteilung eines neuen Passes ist dem bezüglichen Landeschef Nachricht zu geben.
iInwieferne die k. k. Konsularbehörden zur Ausübung einer Amtswirksamkeit in paßpolizeilicher Beziehung ermächtigt sind, bestimmen die ihnen diesfalls erteilten besonderen Instruktionen.i Inwieferne die k. k. Konsularbehörden zur Ausübung einer Amtswirksamkeit in paßpolizeilicher || S. 233 PDF || Beziehung ermächtigt sind, bestimmen die ihnen diesfalls erteilten besonderen Instruktionen.
§ 7 [8]
Wenn die Gesetze des fremden Staates, wohin sich der Inländer begeben will, zum Eintritte dahin die Vidierung des Reisepasses durch die am kaiserlichen Hofe beglaubigte Gesandtschaft derselben verlangen, so wird sich der Inländer, um an dem Eintritt nicht gehindert zu werden, um dieses Visum zu bewerben haben.
III. Abschnitt
Vorschriften für Reisen der Ausländer in das Inland
§ 8 [9]
Jeder Ausländer, welcher sich jin den österreichischen Kaiserstaatj begibt, muß mit einem ordnungsmäßigenk Reisepasse versehen sein.
Von dieser Bestimmung sind souveräne Fürsten und die Glieder jener regierenden Häuser, welche königliche Ehren genießen, nebst den sie begleitenden oder einzeln reisenden Gemahlinnen und Kinder für sich, ihr Gefolge und ihre Dienerschaft ausgenommen. Auch werden durch diese Bestimmungen weder die bezüglich der Legitimation zum täglichen Grenzverkehrl bestehenden besonderen Vorschriften noch die mit fremden Regierungen bezüglich der sogenannten Paßkarten getroffenen Vereinbarungen berührt.
§ 9 [10]
mVon ausländischen Behörden ausgefertigtem Reisepässe können nur dann als ordnungsmäßig anerkannt werden, wenn sie von den berufenen Behörden jenes Landes, dem der Fremde seinen staatsbürgerlichen Verhältnissen nach angehört, für die Reise nach den k. k. österreichischen Staaten ausgestellt und nach Vorschrift des § 19 [20] abgefaßt sind.
§ 10 [11]
nDer von einer ausländischen Behörde ausgefertigten Reisepaß muß, insoweit nicht ein Übereinkommen mit der betreffenden fremden Regierung eine Ausnahme begründet, mit dem Visum einer k. k. österreichischen Mission oder eineso k. k. Konsulates versehen sein.
Die k. k. Grenzaufsichtsbehörden können jedoch selbst bei dem Mangel dieses Visums unbedenklichen Reisenden die Weiterreise in das Inland gestatten.
§ 11 [12]
Wenn ein Ausländer wegen Verlustes seines Reisepasses oder aus anderen Gründen einen neuen Paß zur Fortsetzung seiner Reise in das Ausland oder zur Rückreise in dasselbe || S. 234 PDF || dringend benötigt, so kann der Chef der politischen Landesstelle, jedoch nur in Ermanglung einer Vertretungsbehörde des Staates, dem der Fremde nach seinen staatsbürgerlichen Verhältnissen angehört, einen solchen Reisepaß ausstellen, wovon die Anzeige an das k. k. Ministerium des Äußern im Wege der k. k. Obersten Polizeibehörde zu erstatten ist.
IV. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 12 [13]
Im Inneren pdes österreichischen Kaiserstaatesp unterliegen weder qdie Reisepässe, sie mögen von in- oder ausländischen Behörden ausgefertigt sein, noch die Legitimationskartenq einer Revision oder einer ämtlichen Hinterlegung, wornach auch die bisher bestandene Pflicht zur Lösung von Aufenthaltskarten entfällt.
§ 13 [14]
Nur an den Grenzen rdes österreichischen Kaiserstaatesr unterliegen sdie Reisepässe, sie mögen von in- oder ausländischen Behörden ausgefertigt seins, der Revision durch die k. k. Grenzaufsichtsbehörde, welche, insoferne kein Anstand obwaltet, das Visum zur Weiterreise erteiltt .
§ 14 [15]
Ist der Reisende mit einem ordnungsmäßigen Reisepasse nicht versehen, weiset er sich aber sofort als unverdächtig aus, so kann ihm die k. k. Grenzaufsichtsbehörde ueinen Interimsschein an den Ort der nächsten Polizeibehörde oder nach Umständen an die politische Behörde seines Reisezielesu erteilen, in welchem Falle der abgenommene Reisepaß unter Begründung des Verfahrens an die gedachte Behörde einzusenden ist. Ein derlei ausgestellter Interimsschein hat nur eine beschränkte, entweder ausdrücklich festgesetzte oder sich von selbst verstehende, aber jedenfalls 14 Tage nicht überschreitende Giltigkeit.
§ 15 [16]
Die Ausstellung veinet Legitimationskartev und die Ausfertigung eines Passes zu Reisen in das Ausland darf in der Regel (§ 24) nur solchen Individuen verweigert werden, welche in dem Rechte zu reisen durch polizeiliche Verfügungen beschränkt sind.
|| S. 235 PDF || Es wird den Behörden zur besonderen Pflicht gemacht, die Amtshandlung über das Ansuchen einer Partei um Ausfertigung einer solchen Urkunde möglichst zu beschleunigen.
§ 16 [17]
Die wk. k. Behörden haben die Reisepässe nach einem gleichmäßigen gedruckten Formulare auszufertigenw .
Für die Ausfertigung darf außer der Stempelgebühr weder eine Schreib- noch eine sonstige Taxe eingehoben werden.
Diese Bestimmungen gelten auch für die Legitimationskarten.
§ 17 [18]
Der Reisepaß soll enthalten: 1. Vor- und Zuname, 2. Charakterx, 3. Wohnort, 4. Altery, 5. Religionsbekenntnis. 6. Reiseziel, 7. Unterschrift des Reisenden, 8. Giltigkeitsdauer und 9. z in der Regel das Signalement.
Die Legitimationskarte hat die oben sub 1., 2., 3. und 4. vorgezeichneten Erfordernisse zu enthalten.
§ 18 [19]
Rücksichtlich der Form und des Inhaltes der von dem Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußern ausgefertigten Pässe bleibt es bei der bisherigen Übung.
§ 19 [20]
aaReisepässe, welche von ausländischen Behörden herrührenaa, müssen mit den in den Staaten, von deren Behörden sie ausgestellt wurden, gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten versehen, jedenfalls aber so beschaffen sein, daß daraus die im § 17 sub 1., 2. und 3. vorgeschriebenen Erfordernisse ersichtlich sind.
Mangelt in bbeinem solchen Passeab die Gültigskeitsdauer, so soll dieselbe mit Rücksicht auf den Reisezweck und die sonstigen Verhältnisse des Reisenden und im günstigsten Falle in der Regel nur für den Zeitraum von drei Jahren vom Tage der ordnungsmäßigen Ausstellung oder in gleicher Weise erfolgter Verlängerung an gerechnet als wirksam betrachtet werden.
§ 20 [21]
In der Regel darf derac Reisepaß nur auf eine Person lauten. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der Begleitung des Reisenden, unter welcher aber nur dessen Ehegattin, Kinder, Pflegebefohlene oder minderjährige Anverwandte, Gefolge und Dienerschaft zu verstehen sind.
|| S. 236 PDF || Es genügt, wenn die einzelnen Individuen dieser Begleitung mit ihrem Vor- und Zunamen und unter Angabe ihres bezüglichen Verhältnisses zu dem Reisenden in dessen Passe aufgeführt werden. Jedenfalls haftet der Reisende für die Identität seiner Begleitung mit der im Passe aufgeführten Individuen.
§ 21 [22]
Ebenso bedarf die Schiffsmannschaft, wenn nicht spezielle Verordnungen oder in bezug auf Reisen ins Ausland die Einrichtungen des fremden Staates, wohin sich dieselbe begibt, etwas anderes verlangen, keines eigenen Passes, sondern es genügt, wenn das die Personsbeschreibung enthaltende namentliche Verzeichnis derselben dem Passe des Schiffsführers beigefügt oder in die gehörig beglaubigte Musterrolle eingetragen ist.
Für die bei der Seeschiffahrtad verwendete Schiffsmannschaft bleiben die rücksichtlich ihrer erflossenen speziellen Verordnungen in Wirksamkeit.
§ 22 [23]
Jede Änderung in der Begleitung des Paßinhabers muß der nächsten politischen – oder Polizeibehörde zur geeigneten Vormerkung im Passe angezeigt werden.
Ebendasselbe ist zu beobachten, wenn sich Änderungen in der Schiffsmannschaft ergeben.
eeBei der Seeschiffsmannschaft hat die Anzeige an das zunächst berührte Hafenamt zu geschehenae .
§ 23 [24]
Übertretungen der vorstehenden Vorschrift werden, insoweit nicht Handlungen unterlaufen, die durch die Strafgesetze verpönt sind, nach der kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1854, RGBL. Nr. 96, geahndet.
§ 24 [25]
Durch die gegenwärtigen Vorschriften werden nicht berührtaf : 1. Die Bestimmungen über Wanderbücher und Hausierpässe, deren Inhaber sich rücksichtlich der Meldung auf ihren Wanderungen fortan nach diesen Bestimmungen zu benehmen haben; 2. die Vorschriften für Reisen der im militärpflichtigen Alter stehenden Personen, der Militärurlauber und der Reservemänner und überhaupt die bezüglich der Militärs und der Bewohner der Militärgrenze bestehenden paßpolizeilichen Anordnungen; 3. die Bestimmungen der Ministerialverordnung vom 12. September 1853, RGBL. Nr. 179, über die Paßkontrolle zur Hintanhaltung des Schleichhandels; 4. die Vorschriften wegen des Rastell- und Skellaverkehres am Sanitätskordon längs der türkischen Grenze;ag 5. die in besonderen Verträgen, Friedensschlüssen, Traktaten oder sonstigen Übereinkommen der k. k. österreichischen Regierung mit den Regierungen auswärtiger Staaten gegründeten Bestimmungen rücksichtlich der wechselseitigen Angehörigen und namentlich die speziellen Verordnungen in betreff der an die Militärgrenze anstoßenden türkischen Provinzen.
§ 25 [26]
Alle übrigen paßpolizeilichen Bestimmungen, insoferne sie mit den gegenwärtigen Vorschriften nicht im Einklange stehen, sind mit dem Tage, an welchem die letzteren in Kraft treten, als aufgehoben anzusehen.ah