Nr. 351a Allgemeine Erläuterungen zu den Landesstatuten, o. O., o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-05-0-18560715-P-0351.xml) - Retrodigitalisat (PDF)
- Gedruckte Beilage zum Originalprotokoll v. 24. 6., 1. u. 15. 7. 1856.
MRZ. – KZ. –
Das organische Statut über die Landesvertretungen enthält die für alle Kronländer mit Ausnahme des lombardisch-venezianischen Königreiches und der Militärgrenze übereinstimmend festzustellenden Grundsätze über die organische Bildung und Gliederung der als Landesvertretung fungierenden Versammlungen und der daraus hervorgehenden Ausschüsse, über die zur Teilnahme an der Vertretung berufenen Personen, Korporationen, Stände und Gemeinden, über die Eigenschaften der Mitglieder und ihrer Stellvertreter sowie über die Art und Dauer ihrer Berufung, dann über den Wirkungskreis und die Geschäftsbehandlung der beratenden Körperschaften und Ausschüsse.
Die einzelnen Landesstatute enthalten die für jedes Land nach der Verschiedenheit seiner Verhältnisse und Einrichtungen besonders beantragten Detailbestimmungen bezüglich der Zusammensetzung, Berufung und Benennung der betreffenden Landesvertretung. Obwohl daher die allen Ländern gemeinsamen Normen in das allgemeine organische Statut und die für die einzelnen Länder angemessen erachteten Sonderbestimmungen in die Landesstatute aufgenommen sind, zeigt doch der Überblick dieser Länderstatute, wie dies am einfachsten und schnellsten aus der den Gesetzesentwürfen angeschlossenen tabellarischen Übersicht sich entnehmen läßt, daß auch der Inhalt der Landesstatute auf einer Reihe leitender Grundsätze beruht, die mit den für das einzelne Land entsprechend befundenen Modifikationen und Adaptierungen teils in allen, teils in den meisten Landesstatuten angewendet und durchgeführt worden sind1.
Während die Erläuterungen zu dem organischen Statute zunächst die Motive des Inhaltes eben dieses allgemeinen Gesetzes auseinandergesetzt haben, und die historische und staatsrechtliche Begründung der den Eigentümlichkeiten jedes einzelnen Landes angepaßten Spezialbestimmungen den Erläuterungen zu dem betreffenden Landesstatute vorbehalten wird, ist es die Aufgabe und der Zweck der nachfolgenden Darstellung, die den einzelnen Landesstatuten gemeinsam zugrunde gelegten Maximen in bestimmt formulierten Sätzen (welche auf der linken Spalte zu lesen sind) zusammenzufassen und in den (auf der rechten Seite) daneben gesetzten Bemerkungen dasjenige, was zur Erklärung und Motivierung jedes Satzes anzuführen und nicht bereits in den Erläuterungen zum organischen Statute enthalten ist, unter Andeutung der auch bei dem gemeinschaftlichen Grundsatze teilweise verschiedenen Anwendungen, teilweise notwendig erachteten Ausnahmen, möglichst kurz und einfach ersichtlich zu machen. In der Reihenfolge der Grundsätze und Motivierungen ist sich an die obenerwähnte, den Gesetzesentwürfen angeschlossene tabellarische Zusammenstellung des Inhaltes der Landesstatute gehalten.
Nach diesen formellen Vorbemerkungen folgt nun die Aufzählung der allen oder den meisten Landesstatuten gemeinsamen
Grundsätze und deren Erläuterung
I. In jedem Kronlande und beziehungsweise jedem Verwaltungsgebiete besteht als Landesvertretung || S. 117 PDF || eine beratende, nur zeitweilig sich versammelnde Körperschaft und ein durch dieselbe mit Ah. Genehmigung gewählter permanenter Ausschuß.
Die beratende Körperschaft heißt Landtag (nur für Dalmatien ist die Benennung „Zentralkongregation“ und für Ungarn „Landesvertretung des Verwaltungsgebietes“ beantragt).
Der Ausschuß führt die Benennung: „Landesverordnetenkollegium“ in den deutschösterreichischen Kronländern (ausnahmsweise in Tirol „ständische Aktivität“); „Ständiger Ausschuß“ in Ungarn und Dalmatien; „Landesausschuß“ in allen übrigen Ländern. Daß die eigentliche Landesvertretung aus einer zeitweilig sich versammelnden Körperschaft und aus einem der politischen Landesbehörde bleibend zur Seite stehenden Ausschusse zu bestehen habe, stimmt mit der vormaligen ständischen Einrichtung in den deutsch-slawischen Ländern überein, wurde schon in dem mit dem Ah. Handschreiben vom 3. Juli 1854 herabgelangten Entwurfe festgesetzt und ist auch in den Erläuterungen zu dem organischen Statute umständlicher und mit Beziehung auf die der Landesvertretung zugedachte Wirksamkeit begründet.
Der beratenden Versammlung der Landesvertretung kann nicht wohl der Name „Ausschuß“ beigelegt werden, weil dieser Name etymologisch und sprachgebräuchlich einen aus einer größeren Körperschaft oder Versammlung hervorgegangenen Teil bezeichnet, was bei der ordentlichen Landesvertretung nicht der Fall ist.
Die für die meisten Länder beantrage Benennung „Landtag“ entspricht nach der herkömmlichen Bedeutung dem Begriffe einer ständischen Provinzialvertretung. Sie war auch in der Mehrzahl der Kronländer für früher bestandene analoge Einrichtungen üblich, und es ist in den Erläuterungen zu den einzelnen Landesstatuten nachgewiesen, warum der Name „Landtag“ als der geeignetste für das betreffende Land erkannt wurde. Die für die nordslawischen Provinzen (Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, Bukowina) und für die vormaligen Nebenländer Ungarns (Kroatien und Slawonien, Woiwodschaft und Banat, Siebenbürgen) gewählte Bezeichnung „Landesausschuß“ stimmt mit dem Entwurfe des Ah. Kabinettschreibens vom 3. Juli 1854 überein. Das dort vorkommende Beiwort „engerer“ Ausschuß wird dadurch, daß nicht ein „großer Ausschuß“ sondern ein „Landtag“ beantragt ist, entbehrlich.
Für die in den deutsch-österreichischen Ländern vorgeschlagene Bezeichnung „Verordnetenkollegium“ spricht die in mehreren derselben bisher bestandene Übung. Die nähere Begründung dafür sowie für die in einzelnen Ländern (Ungarn, Tirol, Dalmatien) in Antrag gebrachte abweichende Bezeichnung (ständiger Ausschuß, ständische Aktivität) ist aus den speziellen Erläuterungen zu den Statuten dieser Länder ersichtlich.
II. Das Recht, im Landtage vertreten zu werden (Landtagsberechtigung oder Landstandschaft) steht den nach sozialer Stellung, Lebensberuf, Erwerb- und Besitzverhältnissen gegliederten und die im Staate bedeutendsten Volksklassen und Interessen repräsentierenden vier Ständen:
a) der kirchlichen Würdenträger und Korporationen,
b) des Adels und großen Gutsbesitzes,
c) der Städte und
d) der Landgemeinden zu.
|| S. 118 PDF || Die für Dalmatien beantragte Ausnahme ist in den speziellen Erläuterungen des dalmatinischen Statutes motiviert.
Die Bestimmungen, welche in dem mit Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 herabgelangten Entwurfe bezüglich der allgemeinen Landesversammlung und des großen Landesausschusses enthalten sind, geben die Grundlage an die Hand, um die zur Landesvertretung berufenen Personen, Körperschaften und Bevölkerungsklassen nach Ständen abzuteilen und einzureihen und jeden dieser Stände durch eine bestimmte Anzahl ihm angehöriger Personen im Landtage vertreten zu lassen. Gründe zweifacher Art haben zu dieser die wesentliche Grundlage und den innersten Kern der entworfenen Landesstatute bildenden Maxime geführt. Die Gründe erster Art beruhen auf dem Bestreben, die Bestimmungen des mehrerwähnten Entwurfes vom 3. Juli 1854 zur lebensfähigen und praktischen Durchführung zu bringen; die Gründe der zweiten Art sind aus der sorgfältigsten Erwägung und Kombination der historischen und sozialen Verhältnisse und Einrichtungen und der für die menschliche Gesellschaft und das Staatsleben bedeutsamsten Volksklassen und Interessen abgeleitet.
Ad 1. Der Entwurf vom Jahre 1854 hat die Teilnahme an der „allgemeinen Landesversammlung“ im wesentlichen den auch nach den vorliegenden Statuten zur Landstandschaft berufenen Personen, Körperschaften und Ständen, und zwar vorwaltend mit der Tendenz der Beachtung vormaliger Berechtigungen und Einrichtungen zugedacht. Derselbe Entwurf hat aber zugleich – unverkennbar aus Gründen hoher Staatsklugheit und mit Rücksicht auf die praktische Untunlichkeit der wirklichen Zusammenberufung und Aktivität aller einzelnen in der Landesversammlung mitbegriffenen Personen, Korporationen und Gemeinden – den Grundsatz ausgesprochen, daß der „Landesversammlung“ kein Einfluß auf die Landesangelegenheiten, wozu ausschließend die „Landesausschüsse“ bestimmt seien, zustehen soll.
Die in jenem Entwurf für „besondere Gelegenheiten und Veranlassungen“, keinesfalls aber zum Zwecke der Ingerenz in Landesangelegenheiten vorbehaltene Einberufung der allgemeinen Landesversammlung verliert ihren Wert durch die nähere Betrachtung der praktischen Schwierigkeit einer solchen Einberufung, durch das gewiß auf das seltenste beschränkte Vorkommen „besonderer Gelegenheiten und Anlässe“ und durch die geringe innere Bedeutung einer solchen in Landesangelegenheiten nicht kompetenten und daher das Land nur formell und äußerlich repräsentierenden Versammlung.
Widerstrebt es einerseits dem Sprachgebrauche und dem wahren Sachverhalte, einen Inbegriff von Personen, welche voraussichtlich fast nie zusammentreten, eine „allgemeine Versammlung“ zu nennen, und erwägt man andererseits, daß die Wesenheit des Begriffes einer Landesvertretung doch gewiß nur in der Beratung und Mitwirkung in Angelegenheiten des Landes, wovon aber die im Entwurfe vom Jahre 1854 sogenannte „Landesversammlung“ ganz ausgeschlossen sein soll, beruhe, so sieht man sich dahin gedrängt, der erwähnten Landesversammlung eine sachgemäße Stellung und eine richtigere Benennung zu geben und als eigentliche Landesvertretung nicht diese Landesversammlung, sondern den „großen Landesausschuß“ hinzustellen und zu bezeichnen. Dieser Zweck wird erreicht und die beiden im Entwurfe vom 3. Juli 1854 als „Landesversammlung“ und als „Landesausschuß“ erwähnten Institutionen in einen organischen Zusammenhang und in ein richtiges Wechselverhältnis gebracht, wenn die „Teilnahme an der Landesversammlung“, wie es jener Entwurf nennt, in das „Recht, im Landtage || S. 119 PDF || die Vertretung zu finden“, wie es in den gegenwärtigen Entwürfen beantragt ist, umgestaltet, die praktisch bedeutungslose, kaum je auch nur scheinbar zur Geltung kommende Mitgliedschaft in der Landesversammlung durch die in eigener Person oder durch Standesgenossen geübte Mitwirkung an der eigentlichen Landesvertretung ersetzt, und die Landstandschaft mit den im Landtage vertretenen Ständen und nicht bloß mit den aus der Mitte jedes Standes und unter dessen Einflußnahme berufenen Vertretern desselben verbunden wird.
Wird durch Ah. Genehmigung vorstehender Bestimmungen dem statt der Teilnahme an der Landesversammlung aufgestellten Begriffe, der „Landstandschaft“ eine bleibende und reelle Bedeutung gegeben, dann kann der Vorbehalt der ausnahmsweisen Einberufung bei feierlichen Anlässen, welcher, so lange er nach Inhalt des Entwurfes vom Jahre 1854 das einzige war, was ein Mitglied der Landesversammlung je gewärtigen konnte, so viele Anstände erregte, ganz zweckmäßig ausgesprochen und für mögliche, wenn auch seltene Anlässe und Feierlichkeiten, offen gelassen werden.
Eine vollkommen anwendbare Analogie dazu bietet das die Erneuerung der Stände Tirols betreffende Ah. Patent vom 24. März 1816, worin die jährlich zusammentretende Versammlung, in der jeder der vier Stände durch eine Anzahl seiner Mitglieder vertreten war, als ordentliche Landesvertretung bezeichnet, und die Einberufung des sogenannten offenen Landtages, nämlich aller zur Landstandschaft berechtigten Personen, nur für besondere Gelegenheiten zur feierlichen Repräsentation des Landes vorbehalten worden ist.
Ad 2. Im sozialen Leben überhaupt und im Staate insbesondere ist die Zahl der Bevölkerung und das Maß des Besitzes der einzelnen Bewohner nicht das vorzüglich oder allein geltende und entscheidende Moment. Den Staat in eine Masse einzelner Köpfe zerlegen und den Kopf nach Steuergulden abwägen, heißt einen lebendigen Organismus in ein bloßes Aggregat von Individuen verwandeln und das der menschlichen Gesellschaft in ihrer tausendjährigen Geschichte und durch die weisen Fügungen der göttlichen Vorsehung gewordene Gepräge organischer Gestaltung und lebensvoller Ausbildung verwischen und zerschlagen. Einem solchen Lose verfällt eine Landesverfassung, welche die Staatsangehörigen in eine Reihe beliebig abgerundeter Mengen von Köpfen abteilen und die Bedeutung im Staate und die Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten lediglich und ausschließlich nur von dem Quantum der Steuerzahlung abhängig machen wollte. Es müssen vielmehr die im Staate vorhandenen Organismen (Stände, Korporationen und Gemeinden) als lebendige Bestandteile desselben aufgefaßt und, wenn es sich um die Vertretung handelt, den nach Beruf, Erwerb und Besitz zusammengehörigen Volksklassen die ihren vorwaltenden Interessen und dem Maße ihrer Teilnahme am Staatsleben entsprechende Geltung gewährt werden.
In dieser Auffassung der Verhältnisse und Einrichtungen liegt das Wesen einer landständischen Verfassung oder einer ständisch gegliederten Landesvertretung.
Die meisten Kronländer haben schon früher und seit Jahrhunderten landständische Verfassungen gehabt.
Bekanntlich ist vormals die Landtagsberechtigung, wie dies auch in den Erläuterungen zu jedem einzelnen Statute speziell erörtert wird, fast überall den Ständen der höheren grundbesitzenden Geistlichkeit, des landsässigen höheren und niederen Adels und der städtischen Bürgerschaft zugestanden. Das Verhältnis der Hörigkeit und Untertanschaft || S. 120 PDF || des Bauernstandes brachte es mit sich, daß diese Volksklasse und der in ihren Händen befindliche unfreie Grundbesitz keine eigene Vertretung im Landtage hatte, sondern als durch die den freien Grundbesitz in den übrigen Ständen repräsentierenden Mitglieder mitvertreten betrachtet wurde. Wo jenes Verhältnis nicht bestand (z. B. Tirol), hatte auch der Stand der bäuerlichen Grundbesitzer seine unmittelbaren Vertreter im Landtage. Nachdem die Grundentlastungsgesetze die persönliche Abhängigkeit des Gutsuntertans vom Gutsherrn aufgehoben und den bäuerlichen Besitz frei gemacht haben, würde sich, selbst wenn die Ereignisse und Folgen des Jahres 1848 nicht die Aufhebung der früheren ständischen Verfassungen mit sich gebracht hätten, eine Revision derselben und zwar in der Richtung, dem vormals rustikalen oder untertänigen Besitze eine unmittelbare Teilnahme an der Vertretung einzuräumen, nicht füglich haben beseitigen lassen.
Die sozialen Verhältnisse und die damit verbundenen Einrichtungen der neueren Zeit haben zwar die früher scharf gezogenen Grenzlinien zwischen den Ständen der Geistlichkeit, des Adels, des Bürgertums und der Bauernschaft mehr oder weniger verwischt und in und neben denselben Elemente und Formationen hervorgerufen, die nach Beruf, Erwerb, Bildung und Gesittung eigene Abteilungen der Bevölkerung vorstellen und deren Einreihung unter die altherkömmliche Klassierung der vier Stände nur mit Mühe und einigermaßen erkünstelt sich bewerkstelligen läßt. Nichtsdestoweniger ist, wenn man die Bevölkerung eines Landes in großen Umrissen in das Auge faßt, und die dem Staate im Militär und Zivile dienenden Klassen des Soldaten- und Beamtenstandes, welche in dieser ihrer Eigenschaft bei der Landesvertretung ohnedies nicht in Frage kommen, abrechnet, die Abteilung nach den vier obengenannten Ständen noch immer anwendbar. Diese Andeutungen, deren umständlichere Auseinandersetzung weit über die Schranken erläuternder Bemerkungen hinausgehen würde, dürften doch zu der Nachweisung genügen, daß es sowohl dem geschichtlichen Momente des Rückblickes auf die frühern ständischen Verfassungen in den Ländern des Reiches als auch den bestehenden Verhältnissen der Bevölkerung und ihrer Interessen entspricht, wenn die neuen Landesvertretungen wieder auf Grundlage der vier Stände, versteht sich unter den zeitgemäßen und der Entwickelung der öffentlichen Zustände entsprechenden Modalitäten, errichtet werden.
Darauf aber, daß die Bestimmung der Landesvertretungen, doch nicht in der Wahrnehmung der Sonderinteressen jedes einzelnen Standes, sondern der Wohlfahrt der Gesamtheit des Landes und in der Förderung zunächst der materiellen Interessen im Lande besteht, daß es sich also nach den mit dem Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 festgestellten Bestimmungen um die Zusammensetzung einer „aus ständischer Gliederung hervorgehenden Interessenvertretung“ handle, ist im Entwurfe der Landesstatute, wie dies bei den folgenden Sätzen III bis VI näher entwickelt werden wird, gebührende Rücksicht genommen worden.
Eben daselbst wird auch detailliert erörtert, daß die Grundlage der vier Stände sowohl mit den organischen Normen vom 31. Dezember 1851 als mit dem eben erwähnten Ah. Kabinettschreiben vom Jahre 1854 in Übereinstimmung gebracht ist.
III. Den ersten Stand in der Landesvertretung bilden die kirchlichen Würdenträger, die || S. 121 PDF || geistlichen Korporationen und deren Vorsteher. Angereiht diesem Stande werden die Universitäten beziehungsweise die Rektoren derselben.
Die kirchlichen Würdenträger und geistlichen Korporationen sollen nach dem Entwurfe des Ah. Kabinettschreibens vom 3. Juli 1854 an der allgemeinen Landesversammlung teilnehmen. Nach den vormaligen ständischen Verfassungen der meisten Länder des Kaiserreiches waren in der Regel nur die mit Realbesitz dotierten Bistümer, Kapitel, Probsteien und Stifte zum Landtage berechtiget. Die nunmehr verfaßten Entwürfe der Landesstatute halten sich an den nämlichen Grundsatz.
Nicht die Geistlichkeit als solche wird in den Landtag berufen, ihre eigentlichen Standesinteressen stehen mit den öffentlichen Angelegenheiten des Landes nicht in unmittelbarer Berührung, und könnten auch in einer überwiegend aus Laien gebildeten Versammlung nicht beraten und vertreten werden.
Es soll daher insbesondere weder der niedere Klerus durch Mitglieder desselben noch auch die geistlichen Orden überhaupt die Landstandschaft erhalten, sondern hiezu und zwar vorzugsweise anknüpfend an die vormals bestandenen ständischen Einrichtungen vor allem das Episkopat, als erster Repräsentant des geistlichen Standes, zumal dasselbe größtenteils im Nutzgenusse beträchtlicheren Grundbesitzes steht und auch das Realvermögen der Kirchen und geistlichen Stiftungen zu vertreten hat, und dann die Kapitel, die Abteien, Propsteien und Ordenskommenden berufen werden, die meistens auch früher am Landtage teilnahmen und, weil sie größeren Grundbesitz in Händen haben, eben deshalb bei den Angelegenheiten und Interessen des Landes, in dem sie liegen, mitbeteiliget sind.
Den Universitätswürdenträgern ist durch das Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 die Teilnahme an der Landesvertretung zugedacht. Wo dies schon früher der Fall war, zählte der Rektor in der Regel zur geistlichen Bank. Von der nämlichen Anschauung ausgehend, und in der Erwägung, daß diese Würdenträger, die für sich allein keinen Stand bilden können, dem Stande der kirchlichen Würdenträger und Korporationen doch noch näher stehen als dem Adel, den Städten und Landgemeinden, haben die Entwürfe der Landesstatute die genannten Rektoren dem Stande der Geistlichkeit angereiht.
IV. Den zweiten Stand in der Landesvertretung bildet der begüterte Adel und der sonstige größere Grundbesitz.
Schon die organischen Grundzüge vom 31. Dezember 1851 bezeichnen den ständischen Adel und den größeren Grundbesitz als Teilnehmer der Landesvertretung. Der Entwurf vom 3. Juli 1854 beruft den vormals landtagsberechtigten Adel unter besonders festzusetzenden Erfordernissen zur allgemeinen Landesversammlung und, wenn er mit einem nach Verschiedenheit der Länder zu bestimmenden Grundbesitze ausgestattet ist, zur Teilnahme am großen Landesausschusse, in welchem letzteren auch der große Grundbesitz als solcher den Ah. Anordnungen zufolge vertreten sein soll.
Übereinstimmend mit vorstehenden Maximen soll nach den Landesstatuten der grundbesitzende, vormals ständische (mit der Landstandschaft, dem Inkolat oder Indigenat ausgezeichnete oder ständisch immatrikulierte) Adel seine Vertretung im Landtage und zwar, was keiner Begründung bedarf, im Stande des Adels finden.
Neben der Aufrechthaltung der von den betreffenden Adelsfamilien früher erlangten || S. 122 PDF || Landstandschaft muß schon wegen der notwendigen Ergänzung und Regeneration des landtagsberechtigten Adels die künftige Erwerbung der Landstandschaft, die in der Regel von der Ah. Gnade des Landesfürsten auszugehen hat, offengelassen werden.
Es kann aber der Umstand, daß ein Adeliger einer ständischen Familie angehört, für sich allein ihn nicht zur Teilnahme am Landtage berechtigen. Im Landtage handelt es sich nicht um die Vertretung der eigentlichen Standesinteressen des Adels; dafür muß in und aus dem Adel ein besonderes Organ geschaffen werden, was zu der Aufgabe des in den Grundzügen vom 31. Dezember 1851 in Aussicht gestellten Adelsstatutes gehören wird. In jenen Ländern, wo auch der besitzlose ständische Adel im Landtage zugelassen war, sind darüber leidige Erfahrungen gemacht und begründete Beschwerden hervorgerufen worden.
Alles dies und die Erwägung, daß die künftigen Landtage eine Interessenvertretung zu sein haben, und daß als das vorwaltende materielle Interesse, welches der Adel vertritt, der große Grundbesitz erscheint, beweiset die Notwendigkeit, vom ständischen Adel nebst der früher erworbenen oder künftig zu verleihenden Landstandschaft auch noch den Grundbesitz als ein Erfordernis zur Teilnahme am Landtage zu verlangen. Bei diesem auch im Entwurfe vom 3. Juli 1854 vorgeschriebenen Erfordernisse des Grundbesitzes haben die Entwürfe der Statute jener Länder, wo der vormals herrschaftliche von dem früher untertänigen Grundbesitze geschieden war, noch einen Schritt weiter gemacht, und da die Vertretung des letzteren Besitzes zunächst auf dem Stande der Landgemeinden beruhen wird, für den Adel den Besitz einer vormals herrschaftlichen Realität (landtäfliches Gut, jurisdiktionsberechtigtes Gut und so fort je nach Verschiedenheit der einzelnen Länder) als notwendige Bedingung vorgezeichnet.
Die Einwendung, daß die einer Adelsfamilie erteilte Landstandschaft dadurch, daß auch ein Gutsbesitz als Erfordernis bestimmt wird, ihre Geltung verliere, ist nicht stichhältig. Die landständische Eigenschaft einer Familie begründet für ihre Mitglieder einen bleibenden Anspruch auf die Vertretung im Landtage; sowie aber zur Geltendmachung dieses Anspruches auch noch eine oder die andere sonstige Vorbedingung erfüllt, z. B. die Volljährigkeit erreicht sein muß, ebenso kann, ohne obigen Anspruch aufzuheben, auch der Besitz eines Gutes zur wirklichen Ausübung der Landtagsberechtigung vorgeschrieben werden, wie dies auch den früher bestandenen Einrichtungen in der Regel entspricht. So lange ein ständischer Adeliger nicht volljährig ist oder nicht den erforderlichen Grundbesitz hat, ruht sein Recht der Landstandschaft; sobald aber dieses Erfordernis vorhanden ist, kommt es zur Wirksamkeit.
Welcher Art und Größe der Grundbesitz in der Hand eines ständischen Adeligen zu sein habe, um das persönliche oder Familienrecht der Standschaft ausüben zu können, wird in den einzelnen Landesstatuten beantragt und nachgewiesen.
Nach den Landesstatuten soll mit dem landständischen Adel auch der sonstige große Gutsbesitz im Stande des Adels seine Vertretung finden.
Daß auch der nicht in der Hand des vormals ständischen Adels befindliche, ehedem herrschaftliche große Gutsbesitz in einer zur Wahrnehmung der materiellen Interessen zunächst berufenen Körperschaft vertreten sein muß, bedarf keines Beweises und ist auch in den Ah. Anordnungen vom 31. Dezember 1851 und 3. Juli 1854 vorgeschrieben. Kommt nun in Betracht, daß auch von Seite des ständischen Adels, wie schon erwähnt, nicht das Adelsinteresse, sondern eigentlich und vorwaltend das Interesse des || S. 123 PDF || großen Gutsbesitzes im Landtage vertreten sein soll, so erscheint es gerechtfertiget, auch den nicht in der Hand des ständischen Adels befindlichen Gutsbesitz, der ja für sich allein keinen Stand im sozialen und politischen Sinne des Wortes bilden kann und daher in einer ständischen Verfassung immer bei und mit einem wirklichen Stande repräsentiert werden muß, in dem seinem Interesse zunächststehenden Stande des Adels vertreten zu lassen.
Ein solcher Vorgang unterliegt umsoweniger einem Bedenken, als ohnedies in jedem Lande der größte Teil des vormals herrschaftlichen Besitzes dem Adel gehört, daher bei dem zur Vertretung dieses Besitzes berufenen Stande der Adel immer die weit überwiegende Zahl und Stellung einnimmt.
Daß übrigens bei denjenigen Besitzern, die nicht zum ständischen Adel gehören, wenn sie im Stande des Adels landtagsberechtigt werden sollen, ein größeres Besitztum als bei dem ständischen Adel gefordert wird, gründet sich darauf, daß der Abgang der ständischen Adelsqualifikation durch das Mehr des Besitzes ersetzt werden muß.
V. Den dritten Stand in der Landesvertretung bilden die Städte (teilweise auch Märkte) und die diesem Stande angereihten Handels- und Gewerbekammern.
Nach dem Artikel 35 der organischen Grundzüge vom 31. Dezember 1851 sollen die Landesvertretungen aus dem besitzenden Erbadel, dem großen und kleinen Grundbesitze und der Industrie gebildet werden.
Der Stand der kirchlichen Würdenträger und geistlichen Korporationen und der Stand des Adels sind bestimmt, den vorzugsweise in ihrer Klasse befindlichen großen Grundbesitz zu vertreten. Der kleinere eigentliche Grundbesitz wird zunächst durch den Stand der Landgemeinden repräsentiert. Es bleibt daher zur Erfüllung des im Jahre 1851 Ah. ausgesprochenen Grundsatzes übrig, das zur Vertretung des Hausbesitzes, der Industrie und des Handels geeignete Element zur Landstandschaft zu berufen. Dieses Element ist in den Städten zu finden.
Eine mehr oder weniger ausgedehnte und einflußreiche Städtevertretung war schon in fast allen früheren ständischen Verfassungen begründet. Der mit dem Ah. Kabinettsschreiben vom 3. Juli 1854 herabgelangte Entwurf nimmt auf die Städte und auf die ehemals landtagsberechtigten Märkte ausdrücklichen Bedacht.
Die Städte sind vorwaltend die Mittelpunkte des Handels und der gewerblichen Betriebsamkeit; in ihnen ist der rentable Hausbesitz und die Masse des beweglichen Kapitals zu finden; zu ihren Einwohnern gehört die Bürgerschaft, insoweit der Begriff und das Wesen dieses Standes die durch die neueren Verhältnisse des sozialen Bestandes eingetretenen Änderungen überdauert hat. Dadurch aber, daß nach den Entwürfen der Landesstatute nicht der Stadtbürger, der Gewerbsmann und Fabrikant, der Handelsmann und Rentier als solcher, sondern die Stadtgemeinde die Landstandschaft erhalten soll, wird nicht nur neben der Vertretung des Hausbesitzes, der Industrie und des Handels auch die Vertretung der Städte, die als Gemeinden ihre besonderen Einrichtungen und Interessen haben, erzielt, sondern auch ein wirklich organischer Bestandteil für eine ständisch gegliederte Landesvertretung gewonnen.
Daß dem Stande der Städte die Handels- und Gewerbekammern angereiht werden, begründet sich durch den Beruf dieser Kammern und durch die Erwägung, daß Handel und Industrie nicht mehr mit der früheren Exklusivität sich in den Städten gruppieren, || S. 124 PDF || und daß es wünschenswert und billig erscheint, auch dem außer der Stadt befindlichen gleichen Interesse der Gewerbsamkeit und des Güterverkehrs in der Landesvertretung einen Platz einzuräumen.
VI. Im vierten Stande sind die Landgemeinden vertreten.
Das zu II. und V. Gesagte läßt entnehmen, in welcher Tendenz die Teilnahme der Landgemeinden als eines eigenen Standes an der Landesvertretung beantragt werde. Die organischen Grundzüge vom Jahre 1851 weisen auf den kleinen Grundbesitz, das Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 auf die Landgemeinden ausdrücklich hin; den Entwürfen der Landesstatute zufolge sind es die aus den Gemeinden hervorgehenden Mitglieder, welche den kleinen – namentlich den vormals untertänigen – Besitz im Landtage zu vertreten und zugleich die Gemeinden als solche mit den ihnen eigenen Interessen und Angelegenheiten zu repräsentieren haben.
Eine besondere Beachtung verdient hiebei noch der Umstand, daß durch die über den Vorschlag der Vertreter dieses Standes gestellten Anträge auch dem politischen Bezirke und dem Kreise, den untersten Gliedern in der administrativen Einteilung der Länder, bei dem Zustandekommen der Vertretung ein bestimmter Einfluß eingeräumt und beide öffentlichen Einrichtungen, die administrative Einteilung und die Landesvertretung, durch ihre wechselseitigen Beziehungen in ihrem Bestande befestigt werden.
VII. Die Zahl der Mitglieder der Landesvertretung variiert je nach der Größe des Landes und sonstigen besonderen Rücksichten zwischen 14 und 56.
Bei der Verteilung dieser Zahl unter die einzelnen Stände sind für die zwei ersten Stände (Geistlichkeit und Adel) zusammen in der Regel ebensoviele Vertreter bestimmt wie für die beiden anderen Stände (der Städte und Landgemeinden).
Der Entwurf des Ah. Kabinettschreibens vom 3. Juli 1854 enthält die durch politische Gründe und durch die Erwägung, daß größere Versammlungen zu eindringlichen Beratungen und praktischer Geschäftsbehandlung minder geeignet sind, gerechtfertigte Bestimmung, daß die Zahl der Mitglieder des beratenden großen Landesausschusses (ohne Einrechnung der Mitglieder des engeren Ausschusses) nicht unter 12 und nicht über 48 und rücksichtlich mit Einrechnung der engeren Ausschußglieder nicht über 56 zu betragen habe. Diese Anordnung ist [in] den entworfenen Landesstatuten genau befolgt und bei der Zahlbestimmung für jedes Land vorzugsweise dessen Ausdehnung und Bevölkerung berücksichtigt worden. Daß die Zahl der Mitglieder für jeden einzelnen Stand ganz gleich bemessen werde, ist bei der Verschiedenheit der Verhältnisse, namentlich des Vorhandenseins einer größeren oder geringen Menge der im ersten und dritten Stande landtagsfähigen Elemente, sowie der Verteilung des Realbesitzes unter den Bevölkerungsklassen nicht wohl ausführbar, wenn man nicht auf erkünstelte Zusammensetzungen und auf eine unzweckmäßige Gruppierung der Standesmitglieder hinauskommen will. Doch ist es, teils durch die zu vertretenden Interessen, teils durch die Absicht, dem Mißtrauen und der Beschwerde wegen Zurücksetzung des einen oder des anderen Standes vorzubeugen, motiviert, wenn unter den einzelnen Ständen, so viel möglich, das Gleichgewicht hergestellt und insbesondere für die Stadt- und Landgemeinden zusammen die gleiche Vertreterzahl wie für die beiden anderen Stände zusammen bestimmt wird, wodurch, da die Gemeinden ein weit größeres Maß von Besitz und Steuer repräsentieren, zwischen denselben und den im Staatsleben geschichtlich und || S. 125 PDF || sozial hervorragenderen Ständen der höheren Geistlichkeit und des begüterten Adels ein billiges, das Zusammensein und gemeinsame Wirken in einem Vertretungskörper erleichterndes Verhältnis hergestellt wird.
Was die nähere Begründung der Zahl und der Zusammensetzung der Landesvertretung für jedes Land anbelangt, wird auf die Erläuterungen zu den einzelnen Landesstatuten hingewiesen.
Im allgemeinen beträgt die Gesamtzahl der in den Entwürfen der Landesstatute vorgeschlagenen Landtagsmitglieder 766, davon entfallen auf den Stand
1. der kirchlichen Würdenträger und geistlichen Korporationen 152,
2. des Adels und großen Grundbesitzes 258,
3. der Städte 182 und
4. der Landgemeinden 174; dabei sind die für die Zentralkongregation in Dalmatien beantragten 12 Mitglieder aus den adeligen und unadeligen Besitzern zur Hälfte dem Stande des Adels und zur Hälfte den Landgemeinden zugerechnet. Den zwei ersten Ständen gehören 410, den zwei letzteren Ständen 356 Mitglieder an.
Die beiliegende Zusammenstellung läßt entnehmen, in welchem Verhältnisse die Zahl der Landtagsmitglieder zu dem Flächenmaße und zur Bevölkerung jedes Landes und zu der darin an direkten Steuern überhaupt und an Realsteuern insbesondere bezahlten Summe stehen.
Anmerkung: Die Einwohnerzahl ist nach der Zählung vom Jahre 1851, der Steuerbetrag nach den neuesten Voranschlägen berechnet.
VIII. Die Mitglieder aus dem Stande der kirchlichen Würdenträger und geistlichen Korporationen sowie die Rektoren der Universitäten sind durch den Besitz dieser Würde allein, ohne daß sie sonst besondere Erfordernisse nachzuweisen haben, zum Eintritte in den Landtag qualifiziert.
Die Erzbischöfe und Bischöfe sind jeder für seine Person, die Stifte und Probsteien durch die Äbte und Pröpste, die Kapitel durch ihrer Körperschaft angehörige Mitglieder, die Ordenskommenden durch ihre Inhaber vertreten.
Wo zwei oder mehrere geistliche Korporationen zusammen einen gemeinschaftlichen Vertreter in den Landtag entsenden, ist, soweit tunlich, die Regel beobachtet, daß der Regularklerus vom Säkularklerus gesondert bleibt.
Die Bestimmungen über die zur Teilnahme an der Landesvertretung vorzuschreibenden allgemeinen Erfordernisse und Eigenschaften sind im organischen Statute enthalten und samt den bezüglich der Zusammensetzung und des Vorschlages der Mitglieder der Landesvertretung beantragten Anordnungen in den Erläuterungen zum organischen Statute näher erörtert.
Mit Beziehung hierauf und auf das in den Erläuterungen zu den einzelnen Landesstatuten speziell Gesagte werden in betreff der Erfordernisse der Mitglieder aus jedem Stande und in betreff ihrer Berufung in den Landtag nur noch nachfolgende Bemerkungen beigefügt:
Die Mitglieder des ersten Standes müssen schon, um zu den von ihnen bekleideten Würden und Ämtern zu gelangen, mit solchen persönlichen Eigenschaften versehen sein, daß sie auch zur Teilnahme am Landtage ohne weiteres geeignet erscheinen. Noch andere Erfordernisse, z. B. Grundbesitz oder Steuerzahlung, für dieselben festzusetzen, wäre um so weniger angemessen, als schon bei der Bestimmung, welche geistliche Würden und Korporationen zur Landstandschaft berechtigt sein sollen, auf das Vorhandensein solcher Verhältnisse, welche die Teilnahme an der Landesvertretung begründen, Bedacht genommen worden ist. Das Episkopat nimmt in der Geistlichkeit eine so hervorragende Stellung ein, daß die persönliche Berufung jedes im Lande befindlichen Erzbischofes und Bischofes in die Landesvertretung sich von selbst rechtfertigt.
|| S. 127 PDF || Die geistlichen Stifte wurden durch ihre bleibend bestellten Vorsteher in allen Angelegenheiten repräsentiert, daher sie auch zur Vertretung ihres Stiftes in den Landtag berufen werden. Die erzbischöflichen und bischöflichen Kapitel sind Korporationen; die unter den Kapitularen befindlichen Dignitare sind nicht die selbstverständlichen Vertreter der Kapitel, es haben demnach die Kapitel aus sich das sie im Landtage vertretende Mitglied zu bezeichnen. Wo einzelne Würdenträger unter den Kapitularen für ihre Person zur Landstandschaft berufen sind, fungieren sie nicht als Repräsentanten des Kapitels, sondern als Vertreter der von ihnen bekleideten Würde und geistlichen Pfründe.
IX. Für diejenigen, welche im Stande des begüterten Adels am Landtage teilnehmen sollen, ist nebst der zur Landstandschaft vorgeschriebenen Adelseigenschaft der Besitz eines – vormals herrschaftlichen – Gutes erforderlich. Die dem landständischen Adel sich anschließenden großen Grundbesitzer, sie mögen unadelig sein oder zu dem nicht ständischen Adel gehören, müssen ein vormals herrschaftliches Gut besitzen und außerdem an ordentlicher Realsteuer eine namhafte Summe entrichten.
Die Zahl der Mitglieder dieses Standes ist zwischen dessen beide Bestandteile (ständischer Adel und großer Grundbesitz) in der Art zu verteilen, daß jedenfalls der größere Teil (in der Regel zwei Dritteile) dem landständischen Adel angehören und ein namhafter Teil (in der Regel mindestens die Hälfte) mit den für den großen Grundbesitz vorgeschriebenen Erfordernissen des ausgedehnteren Realeigentumes und der höheren Steuerzahlung versehen sein muß. Die Gründe, warum nebst der adeligen Eigenschaft auch ein Grundbesitz für die Landtagsberechtigung gefordert, und warum vorzugsweise der vormals freie oder herrschaftliche Grundbesitz vorgeschrieben werden soll, sind schon oben zu IV. erörtert worden.
Die Erläuterungen zu den einzelnen Landesstatuten weisen nach, weshalb in den Provinzen, in welchen der Dominikal- und Rustikalbesitz unterschieden und eine ordentliche Landtafel eingerichtet ist, nämlich in Österreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnten und Krain, Galizien und Bukowina bloß allein der Besitz eines landtäflichen Gutes, in Böhmen, Mähren und Schlesien der Besitz eines landtäflichen ehemals jurisdiktionsberechtigten Gutes, in Ungarn und dessen vormaligen Nebenländern sowie in Salzburg, Küstenland und Tirol überhaupt nur der Besitz einer durch eine Steuersumme oder Kapitalswert näher bezeichneten Realität gefordert wird.
Daß diejenigen Personen, welche, ohne dem landständischen Adel anzugehören, vermöge ihres Grundbesitzes im Stande des Adels am Landtage teilnehmen sollen, nicht bloß den für den ständischen Adel erforderlichen, sondern einen bedeutenderen Grundbesitz nachweisen müssen, motiviert sich, wie schon zu IV. bemerkt wurde, dadurch, daß sie den Abgang der ständischen Adelseigenschaft durch das höhere Ausmaß des Besitzes zu ersetzen haben. Weil sie aber dem Adel nur angereiht sind, muß die Möglichkeit, daß etwa die Mehrzahl der Vertreter dieses Standes der Klasse der nicht adeligen großen Grundbesitzer entnommen werden könnte, durch die Festsetzung des Zahlenverhältnisses zwischen den Vertretern der beiden Faktoren dieses Standes beseitigt, andererseits aber auch dafür gesorgt werden, daß nicht vielleicht die in manchen Ländern die Mehrheit bildenden bloß mit kleinerem Besitz dotierten ständischen Adelsfamilien die großen (adeligen oder nicht adeligen) Grundbesitzer vom Landtage tatsächlich ausschließen.
|| S. 128 PDF || Insoferne es sich bei dem für den Stand des Adels erforderlichen Besitz um ein Steuerquantum handelt, ist die Realsteuer (Grund- und Gebäudesteuer) zur Basis genommen, weil eben der vormals herrschaftliche und größere Realbesitz es ist, der in diesem Stande seine Vertretung finden soll. Übrigens ist sowohl hier als bei dem für die Vertreter des Standes der Landgemeinden beantragten Zensus nur die ordentliche Realsteuer, das heißt ohne den als außerordentliche Erhöhung ausgeschriebenen Zuschlag für Staatszwecke und selbstverständlich ohne die für Landes-, Bezirks- oder Gemeindezwecke benötigten Zuschläge zur Anrechnung beantragt und dadurch, weil das ordentliche Steuerperzent ein bleibendes ist und Steuererhöhungen nur als Extraordinarium mittelst Perzentualzuschlägen stattfinden, eine feste stetige Grundlage für die Landtagsberechtigung zu gewinnen.
Die ordentliche Steuer beträgt bekanntlich bei der Grundsteuer dort, wo der stabile Kataster durchgeführt ist, sechzehn Perzent des Reinertrages; auch in Ungarn, Kroatien und Slawonien und der Wojwodschaft mit dem Banate besteht sie in sechzehn Perzent von dem im Wege des Grundsteuerprovisoriums vom Jahre 1850 ermittelnden Reinertrage; in Siebenbürgen sind dermalen nur zehn Perzent an Steuer zu zahlen. In den übrigen Ländern, in welchen die Katastraloperationen zur Durchführung des stabilen Katasters noch nicht beendet sind, ist einstweilen das Ordinarium nach den älteren Steuerprovisorien neben dem als Extraordinarium geltenden Drittelzuschlage als ordentliche Grundsteuer anzurechnen.
In ähnlicher Weise ist auch bei der Gebäudesteuer nach Verschiedenheit der Steuereinrichtungen in den einzelnen Ländern und mit Unterscheidung der Hauszins- und der Hausklassensteuer die ordentliche Steuerquote von den außerordentlichen Zuschlägen zu sondern, und nur erstere als die unveränderliche, nicht von dem Maße des Staatsbedürfnisses oder einer Verwaltungsmaßregel abhängige, sondern einem bestimmten Reale bleibend obliegende Last zur Grundlage für den Landtagszensus angenommen.
X. Dem Stande der Städte sind einverleibt die Landeshauptstädte, die königlichen und bedeutenderen lf. Städte, die Hauptorte der Kreise und Komitate und sonst die durch Bevölkerung, Industrie und Handel hervorragenden Städte. Marktflecken sind darunter nur ausnahmsweise aufgenommen, und zwar in der Regel nur, wenn sie früher landtagsberechtigt waren und wenn besondere Verhältnisse, z. B. der Abgang einer entsprechenden Zahl eigentlicher Städte oder die größere Wichtigkeit einzelner Marktflecken der Aufrechthaltung der vormaligen Landstandschaft das Wort führen.
Die Vertreter der Städte werden von der Repräsentanz der Gemeinden aus den eine angemessene Steuersumme entrichtenden Hausbesitzern vorgeschlagen.
Die Vertreter der Handels- und Gewerbekammern müssen Mitglieder dieser Kammern sein und an direkter Steuer den für die Vertreter der betreffenden Landeshauptstadt vorgeschriebenen Jahresbetrag entrichten.
Die Einrichtung der durch ihre politische Stellung (als Hauptorte des Landes oder eines Kreises, Komitates) oder durch Einwohnerzahl, Opulenz, Verkehr und so fort hervorragenden Städte in diesen Stand bedarf keiner weiteren Begründung.
Die vorzugsweise Berücksichtigung der königlichen und lf. Städte ist in der Tendenz der Wahrung historischer Berechtigung durch die Ah. Grundsätze vom 31. Dezember 1851 und den Entwurf vom 3. Juli 1854 vorgeschrieben.
|| S. 129 PDF || Die Marktflecken haben in der Regel kein eigentlich ständisches Element in sich; wo dies der Fall ist, wie teilweise in den deutschen und ungarischen Ländern, wird ihnen namentlich im Grund der früheren Berechtigung auch die Teilnahme an der ständischen Vertretung gewahrt.
Durch die für den Vorschlag der Vertreter der Städte beantragte Modalität soll der Zweck, sowohl die Gemeinde als solche als auch das Interesse des Hausbesitzes zu vertreten, erreicht werden; damit aber nicht ein ganz unbedeutender Hausbesitz für sich allein genüge, ist auch eine den Lokalverhältnissen angemessene Steuerzahlung gefordert, wobei jedoch, eben weil in dem Stande der Städte nicht bloß der Realbesitz, sondern auch Gewerbe, Handel und Kapital vertreten sein sollen, nicht die Realsteuer allein, sondern auch die Erwerbs- und Einkommenssteuer anzurechnen ist.
Für die in den Landtag zu berufenden Mitglieder der Handelskammern wird eine namhafte Steuerzahlung vorgeschrieben, damit sie in ihrer Person selbst eine angemessene Gewähr einer gedeihlichen Wirksamkeit im Landtage darbieten.
XI. Im vierten Stande sind alle Landgemeinden, die nicht speziell dem Stande der Städte einverleibt sind, vertreten.
Zu diesem Behufe werden die Landgemeinden nach den politischen Bezirken und dann in der Regel nach Kreisen (Komitaten) und ausnahmsweise nach sonstigen geographischen oder altherkömmlichen Landesabteilungen (in Tirol, Salzburg, Krain, Kärnten und so fort) gruppiert.
Für jeden solchen Kreis (beziehungsweise Landesteil) werden ein oder zwei Landtagsmitglieder bestimmt, den Vorschlag dazu machen Wahlmänner, welche von den bezirksweise versammelten Gemeindevertretern benannt werden.
Vertreter dieses Standes im Landtage können nur diejenigen werden, welche eine bestimmte Summe Realsteuer entrichten, und in dem Kreise (Landesteile), den sie vertreten sollen, Grundbesitzer sind.
Die vorgeschlagene Bestimmung, wornach die administrative Landeseinteilung zur Grundlage der Vertretung der Landgemeinden benützt werden soll, hat den Zweck, die Bildung besonderer Vertretungsbezirke zu vermeiden, die politischen Bezirke und Kreise, gleichsam als Kollektivgemeinden oder Gemeinden höherer Ordnung, organisch in die Landesvertretung einzufügen und, wie schon oben zu III. gesagt wurde, durch ihre Wechselbeziehung beide öffentlichen Einrichtungen der Administration und der Landesvertretung zu konsolidieren.
Der ganze Vorgang ist übrigens dem nach der ständischen Verfassung in Tirol bezüglich der Vertretung des Bauernstandes nach Bezirken und Wahlvierteln seit langem eingeführten Verfahren nachgebildet.
In diesem Stande sollen die Gemeinden als solche und der kleinere (vormals rustikale oder bäuerliche) Grundbesitz vertreten werden; dadurch begründet sich die unmittelbare Beteiligung der Gemeinderepräsentanten bei dem Vorschlage der Landtagsmitglieder dieses Standes und die Bestimmung, daß diese Mitglieder nur aus Grundbesitzern genommen werden können. Bezüglich der als Zensus vorgeschriebenen Zahlung ordentlicher Realsteuer wird sich auf das unten Gesagte bezogen.
XII. Der ständige Ausschuß der Landesvertretung besteht aus 4–6 Mitgliedern und in der Regel aus ebensovielen Stellvertretern.
|| S. 130 PDF || Sie werden vorbehaltlich der Ah. Bestätigung durch die Gesamtheit des Landtags in der Art gewählt, daß jeder der vier Stände mit einem Mitgliede am Landesausschusse teilnimmt; in Böhmen und Ostgalizien sind aus dem Stande der Geistlichkeit zwei, und in Böhmen, Ostgalizien, Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen auch zwei Mitglieder aus dem Stande des Adels zu wählen.
Der Bestand und die Aufgabe des ständigen Ausschusses ist in dem mit Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 herabgegebenen Entwurfe bestimmt.
Mit Beziehung auf die Erläuterungen zu dem organischen Statute über die Landesvertretungen und zu den einzelnen Landesstatuten, in welchen letzteren insbesondere die verschiedene Benennung der Ausschußmitglieder und die Zahl derselben speziell begründet ist, werden hier nur noch folgende Bemerkungen beigefügt. Daß nur eine geringe Zahl von Mitgliedern beantragt ist, motiviert sich sowohl durch die diesfalls im Ah. Kabinettschreiben vom 3. Juli 1854 festgestellte Grenze als durch die Betrachtung, daß jede über den Bedarf hinausgehende Erhöhung der Mitgliederzahl die Geschäftsbehandlung verzögern und die Auslagen für das Land vermehren würde. Durch die Bestimmung von Stellvertretern, worauf gleichfalls schon im Entwurfe vom 3. Juli 1854 hingewiesen wird, ist ohnedies das Auskunftsmittel gegeben, in Fällen kürzerer oder längerer Verhinderung einzelner Ausschußmitglieder die unaufgehaltene Besorgung der vorkommenden Angelegenheiten sicherzustellen, zumal dem Ausschusse auch die nötigen Hilfsbeamten beigegeben werden.
Die Ausschußmitglieder sollen vom ganzen Landtage gewählt werden, weil jedes Mitglied nicht als Organ seines Standes, sondern des Landtages zu fungieren berufen ist; dabei wird aber doch durch die Bestimmung, daß der Landtag nicht aus seiner Mitte, sondern aus jedem Stande die Ausschußmitglieder zu benennen hat, den einzelnen Ständen die Beruhigung gewährt, durch Standesgenossen am Landesausschusse teilzunehmen.