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Nr. 278 Ministerkonferenz, Wien, 24. März 1855 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 24. 3.), Bach (27. 3.), Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck.

MRZ. – KZ. 509 –

Protokoll der zu Wien am 24. März 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Herausgabe des allgemeinen Staatshandbuchs

Der Minister des Inneren erbat sich und erhielt die Zustimmung der Konferenz in thesi zur Veranstaltung der Herausgabe des allgemeinen Staatshandbuchs in dem Jahre 18561. Das Bedürfnis darnach hat sich bereits längst fühlbar gemacht, konnte aber wegen der noch nicht vollständig erfolgten Organisierung und Besetzung der Behörden bis jetzt nicht befriedigt werden. Im Laufe dieses Jahres wird dieses Hindernis vollständig beseitigt sein, sohin also zur Abfassung des Schematismus geschritten werden können. Der Plan dazu liegt bereits vor; das Staatshandbuch würde hiernach in zwei Hauptteile zerfallen, deren erster den Hof und die Zentral-, der zweite die Provinzialbehörden, hohe Geistlichkeit, Studienanstalten || S. 51 PDF || und ständische Korporationen umfassen soll. Die Auflage würde von der Staatsdruckerei zu besorgen sein. Durch die Einrichtung, daß zum Gebrauche der Provinzialbehörden dem ersten Teile derjenige Abschnitt des zweiten Teils beigebunden würde, welcher die Autoritäten der betreffenden Provinz enthält, könnten die bisher üblichen Provinzialschematismen wenigstens zum Teil erspart und wo es nötig sein sollte durch einen Anhang, der die im Staatshandbuch nicht erscheinenden Lokalautoritäten und Anstalten enthielte, ersetzt werden.

Der Minister des Inneren behielt sich vor, wegen der weiteren Ausführung der Maßregel, asoweit es sich um die allfälligen Benützung der Staatsdruckerei handelta, mit dem Finanzminister in Rücksprache zu treten2.

II. Quarantäneanstalten in der Walachei und Moldau

Der Minister des Inneren, welchem durch FZM. Freiherr v. Hess eine Vorstellung des serbisch-banatischen Armeekorpskommandanten Graf Coronini gegen die Aufhebung der Quarantäne in den Donaufürstentümern zugekommen ist, hat sich aus diesem Anlasse bestimmt, auf seinen in der Konferenz vom 6. Februar d. J. (Protokollzahl 387 Nr. II.) gemachten Vorschlag wegen Einleitung einer Verhandlung behufs der Vereinigung der österreichischen mit den fürstlichen Kontumazanstalten zurückzukommen. Die Aufhebung der Quarantäneanstalten in der Moldau soll (worüber der Handelsministe r in der nächsten Sitzung die aktenmäßige Aufklärung zu geben sich vorbehält3) auf Verlangen der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft von Seite des Handelsministeriums eingeleitet und ungeachtet einer Gegenvorstellung des Finanzministers als damaliger Internuntius bei der Pforte vom Fürsten Ghika verfügt worden sei. In der Walachei bestehen zwar die Anstalten noch, es werden aber die Kontumazvorschriften tatsächlich nicht gehandhabt. Hiedurch entstünde im Falle eines Ausbruchs der Pest in den Fürstentümern für die daselbst befindlichen k. k. Truppen4 die Verlegenheit, sich für die Dauer der Seuche von dem Übertritte auf k. k. Gebiet ausgeschlossen zu sehen. Es erscheint also dringend nötig, daß hierwegen etwas verfügt werde.

Da der Finanzminister erklärte, daß es gegenwärtig, wo die Friedensunterhand-lungen zwischen den fünf Mächten im Zuge sind5, nicht ratsam sein dürfte, wegen Vereinigung der österreichischen mit den fürstlichen Quarantäneanstalten die Verhandlung anzuknüpfen, andererseits der FML. Graf Coronini mit Rücksicht auf das k. k. Armeekorps in den Fürstentümern vollen Grund hat, auf deren Wiederherstellung in der Moldau und auf die Beobachtung der Kontumazvorschriften in der Walachei bei den betreffenden Regierungen zu dringen, so wurde der Antrag || S. 52 PDF || des Finanzministers angenommen, die Erwirkung der Wiederherstellung bezüglich Aktivierung der Quarantänen in den Fürstentümern vorderhand dem Grafen Coronini zu überlassen und seine diesfällige Forderung durch geeignete Weisungen an die k. k. Agenten in den Fürstentümern zu unterstützen, die weitere Verhandlung wegen Vereinigung der beiderseitigen Anstalten aber einem späteren Zeitpunkte vorzubehalten, jedoch bevor die k. k. Truppen die Fürstentümer würden geräumt haben.

Mit Rücksicht auf diese in Aussicht stehende Verhandlung behielt sich der Minister des Inneren vor, ein ihm mittlerweile zugekommenes Projekt zu neuen Bauführungen an den Tömöscher und Rothenthurmer Pestkontumazen einstweilen auf sich beruhen zu lassen6.

III. Auszeichnung für den Schmelzmeister Emerich Hanrich

Der Finanzminister erhielt die Zustimmung der Konferenz zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Ag. Verleihung des Silbernen Verdienstkreuzes an den Rhonitzer Schmelzmeister Emerich Hanrich, welcher 52 Jahre treu und ersprießlich gedient hat.

IV. Anstellung des Oberlandesgerichtsrates Franz Baron Sommaruga bei der Börsenkammer in Wien

Der Finanzminister referierte über die Bewerbung des Oberlandesgerichtsrates für Brünn Freiherrn v. Sommaruga um die Sekretärsstelle bei der hiesigen Börsekammer.

Nachdem Se. Majestät dem Kompetenten die angesuchte Begünstigung, in Wien beim Landesgerichte verwendet zu werden, laut Ah. Entschließung vom 12. März 1855 (MCZ. 8897, [sic!]) nicht zu erteilen geruht haben, er aber – aus Familienrücksichten an Wien gebunden – entschlossen ist, die in Rede stehende Stelle anzunehmen, so glaubte der Finanzminister vorläufig die Wohlmeinung der Konferenz darüber einholen zu sollen, ob der Übertragung dieser Stelle an Baron Sommaruga in irgendeiner Beziehung ein Bedenken entgegen stehe. Der Finanzminister fände seines Orts keines, denn Baron Sommaruga ist ihm von Frankfurt her als gut österreichisch gesinnt bekannt, auch der Minister des Inneren bestätigte dessen konservatives Verhalten während der Maiereignisse im Jahre 1848. Da nun auch von Seite der übrigen Votanten gegen dessen Benehmen und Gesinnung nichts eingewendet wurde, so behielt sich der Finanzminister vor, ihn für die Börsenkammer­sekretärsstelle bei Sr. Majestät in Antrag zu bringen8.

V. Auszeichnung für den Bauinspektor Johann Vorhauser

Der Handelsminister erhielt die Beistimmung der Konferenz zu seinem Antrage, für den Bauinspektor Johann Vorhauser in Innsbruck, welcher 50 Jahre mit Auszeichnung dient und von dem gesagt wird, daß ihm nie ein Bau mißlungen und daß er nie einen Voranschlag überschritten, von der Ah. Gnade Sr. Majestät die Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens zu erbitten.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 3. April 1855.