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Nr. 330c Entwurf der Ah. Anordnung zu den Übergangsbestimmungen für die Ehe der Katholiken im Kaisertum Österreich, Wien, o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-04-0-18560401-P-0330.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • K. (mit zahlreichen Korrekturen); Beilage D zum Originalprotokoll v. 11., 14., 18. und 21. 3. und 1. 4. 1856, o. U.

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

§ 1. ad 1. Die beschlossene abgeänderte Textierung ist in verschiedener (meritorisch übereinstimmender) Fassung in den Entwürfen B des Kultusministers Eingang, dann Art. I und II, dann in jenem des Justizministers sub C Eingang, dann Art. I und II, enthalten.

I. Die Strafen und Rechtsnachteile, durch welche die Übertretung der in dem nachstehenden Gesetze aufgestellten Eheverbote geahndet wird, haben, jedoch mit Ausnahme des durch § 34 geregelten Falles, auf Ehen, welche vor der Kundmachung dieses Gesetzes geschlossen wurden, keine Anwendung, sondern es ist wegen der Übertretungen, welche bei Schließung derselben etwa begangen wurden, nach den bisherigen Gesetzen vorzugehen.

II. Für die Beurteilung der Rechtswirkungen jener Ehen, welche vor der Kundmachung dieses Gesetzes nichtig erklärt oder durch den Tod getrennt wurden, sind die damals geltenden Gesetze maßgebend. Jedoch darf auf Grundlage eines Urteiles, durch welches das weltliche Gericht aus einem dem Kirchengesetze fremden Grunde eine Ehe für ungiltig erklärt hat, von einem Eheteile, welcher der katholischen Kirche angehört oder doch zur Zeit der Schließung oder bei Bestand der Ehe angehört hat, eine neue Ehe gar nicht, von einem nichtkatholischen aber eine solche nur mit einer nichtkatholischen Person eingegangen werden.

III. Auf jene Verbindungen, welche zwar den Bedingungen der kirchlichen Giltigkeit nicht entsprechen, doch nach den Gesetzen eingegangen wurden, welche früher in einigen Teilen des Kaisertumes über die sogenannte Zivilehe bestanden, findet das nachstehende Gesetz keine Anwendung. Ein Urteil, welches das geistliche Gericht über solche Verbindungen fällt, ist für die bürgerlichen Rechtswirkungen nicht maßgebend. Wenn aber eine in dieser Weise verehelichte Person bei dem kirchlichen Gerichte die Erklärung erwirkt, daß die Verbindung, in welcher sie lebt, nach dem Kirchengesetze keine Ehe sei und ihrerseits nicht daran Schuld trägt, daß die Heiligung dieser Verbindung nicht zustandekommt, so soll auf ihr bei dem weltlichen Gerichte gestelltes Ansuchen die Trennung der bürgerlichen Ehe ausgesprochen werden. In einem solchen Falle wird der Richter einen Vergleich über die beiderseitigen Vermögensansprüche zu vermitteln suchen. Sollte dies nicht gelingen, so wird jenes Vermögen, hinsichtlich dessen Gütergemeinschaft bestand, wie bei erfolgtem Tode geteilt, die Ehepakte und Erbverträge werden aufgelöst, und kein Teil kann das gesetzliche Erbrecht der Ehegatten ansprechen. Dem Ermessen des Richters bleibt es jedoch anheimgestellt, demjenigen Teile, welcher dessen bedarf, den anständigen Unterhalt zuzusprechen. Die Verpflichtung || S. 289 PDF || zur Leistung desselben hört aber auf, wenn der Teil, welchem derselbe zugesprochen wurde, dessen nicht mehr bedarf oder sich wieder verehlicht.

IV. Sollte einer Ehe, welche vor der Kundmachung dieses Gesetzes in Übereinstimmung mit den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches geschlossen wurde, ein nicht zu behebendes Hindernis des Kirchengesetzes im Wege stehen, und dieselbe deshalb von dem geistlichen Gerichte für ungiltig erklärt werden, so hat dies Urteil eine Wirkung auf die bloß bürgerlichen Rechtsansprüche erst dann zu äußern, wenn die Vollstreckung desselben von einem der Ehegatten bei dem zuständigen weltlichen Gerichte nachgesucht wird. Ob die betreffende Ehe in Übereinstimmung mit den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches geschlossen worden sei, hat das bürgerliche Gericht zu entscheiden. In einem solchen Falle sind die bürgerlichen Rechtsverhältnisse des Gatten und ihrer allfälligen Kinder so zu ordnen, als habe eine Trennung dem Bande nach stattgefunden.

Handelt es sich hiebei um Eheleute, welche beide zur Zeit der Eheschließung Katholiken waren oder während derselben katholisch geworden sind, so sind ihre Vermögensverhältnisse in der im vorigen Paragraphen angegebenen Weise zu regeln. Handelt es sich aber um Eheleute, von denen einer zur Zeit der Schließung der Ehe einem nichtkatholischen Glaubensbekenntnisse angehörte und auch noch angehört, so gebührt ihm überdies alles dasjenige, was ihm in den Ehepakten auf den Fall des Überlebens ausbedungen worden ist. Ein etwa bestehender Erbvertrag ist hingegen nur in dem Fall aufrecht zu halten, wenn dessen Eingehung eine Bedingung war, unter welcher der nichtkatholische Teil in die Schließung der Ehe eingewilliget hat.

Die in einer solchen Ehe erzeugten Kinder sind ehelich.

V. Die Giltigkeit einer Ehe, welche vor dem … zwischen katholischen und nichtkatholischen Christen geschlossen wurde, kann auch in jenen Teilen des Reiches, in welchen derzeit die kirchlichen Ehegerichte nicht bestehen, solange ein Eheteil der katholischen Kirche angehört, nach … nur vor dem kirchlichen Ehegerichte bestritten werden. Dem nicht katholischen Gatten wird es jedoch freistehen, wegen der von der Kirche nicht anerkannten Hindernisse des Gesetzes, unter dessen Herrschaft er die Ehe schloß, und unter den Bedingungen, an welche dies Gesetz das Bestreitungsrecht knüpfte, vor dem weltlichen Gerichte die Trennung der Ehe zu verlangen. Wird die Trennung ausgesprochen, so ist derselbe nicht gehindert, sich mit einer nichtkatholischen Person zu verehelichen. Mit einer katholischen darf er aber, solange der katholische Gatte am Leben ist, unter der im § 35 des nachstehenden Gesetzes ausgesprochenen strafrechtlichen Bestimmungen keine Ehe schließen. Die Vermögensfragen sind nach den Grundsätzen zu regeln, welche in §§ 102 und 1265 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches für den Fall der Ungiltigerklärung aufgestellt werden. Die in der Ehe erzeugten Kinder sind als ehliche zu betrachten.

VI. Von der Kundmachung dieses Gesetzes an kann die Giltigkeit einer noch bestehenden Ehe aus Gründen des bisherigen Gesetzes, welche aber dem Kirchengesetze || S. 290 PDF || fremd sind, von Katholiken nicht mehr angefochten werden. Verhandlungen, welche bereits aus Anlaß von Klagen katholischer Parteien bezüglich solcher Fälle anhängig sein sollten, sind nicht weiter fortzuführen, sondern die Klagen sind abzuweisen.

Wenn hingegen von einer nichtkatholischen Partei in jenen Teilen des Reiches, in welchen die kirchlichen Ehegesetze derzeit nicht bestehen, aus einem Grunde der bezeichneten Art die Giltigkeit einer noch bestehenden Ehe, welche von einer katholischen und einer nichtkatholischen Person geschlossen wurde, solange diese nichtkatholisch geblieben, angefochten worden ist oder vor dem … angefochten wird, so finden die in dem vorigen Paragraphen getroffenen Bestimmungen Anwendung.

Eheprozesse, in welchen es sich um ein im bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenes Hindernis handelt, welches auch von der katholischen Kirche anerkannt wird, haben die bisher kompetenten weltlichen Gerichte bis zu … noch fernerhin nach den bisher bestehenden Gesetzen zu behandeln und zu entscheiden, jedoch hat der Oberste Gerichtshof vor dem Spruche das Einvernehmen mit dem katholischen Ordinariate zu pflegen.

Die am … noch anhängigen Prozesse solcher Art sind mit diesem Zeitpunkte den kompetenten geistlichen Ehegerichten abzutreten.

Scheidungsverhandlungen, welche, bevor die kirchlichen Ehegerichte ihre Wirksamkeit beginnen, bei dem weltlichen Gerichte anhängig gemacht werden, sind von diesen nach den bisher geltenden Gesetzen zu erledigen.

Die in einigen Teilen Unseres Reiches durch Unsere aus Anlaß der Kundmachung des ABGB. erlassenen Patente vom … aufrecht erhaltenen nichtkatholischen kirchlichen Ehegerichte sind, bis weitere Bestimmungen erfolgen, durch § 60 des nachstehenden Gesetzes nicht gehindert, nach den für dieselben bestehenden Vorschriften und Rechtsgewohnheiten vorzugehen.

Mit der Durchführung dieses Gesetzes ist Unser Minister des Kultus und Unterrichts im Einverständnisse mit den übrigen beteiligten Ministern und Unserem Armeeoberkommando beauftragt.

Gegeben … Gesehen Bach.