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Nr. 250 Ministerkonferenz, Wien, 28. Oktober 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 28. 10.), Bach 4. 11., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 4178 –

Protokoll der zu Wien am 28. Oktober 1854 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Aufhebung des Belagerungszustandes in Siebenbürgen

Der Minister des Inneren referierte in betreff der Aufhebung des Belagerungszustandes in Siebenbürgen.

Seinem diesfalls unterm 8. Juni 1854 gestellten Antrag geruhten damals Se. Majestät noch keine Folge zu geben1. Seither ist aber die Organisierung der Justiz- und politischen Behörden im Lande erfolgt und die Besetzung der für dieselben systemisierten Dienstposten vorgenommen worden, so daß mit 30. November d. J. die neuen Behörden mit Ah. Genehmigung in volle Wirksamkeit treten werden2. Hiermit wird das letzte Hindernis der Rückkehr zum normalen Verwaltungszustande beseitigt, und es besteht kein Grund mehr — weder ein innerer noch ein äußerer —, den Ausnahmezustand in diesem Kronlande, dem letzten und einzigen, das sich noch darin befindet, über den 30. November l. J. fortdauern zu lassen. Der Minister des Inneren wird daher mit einhelliger Zustimmung der Konferenz den Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes in Siebenbürgen mit 30. November 1854 bei Sr. Majestät erneuern und dabei hinsichtlich der Wirksamkeit der Kriegsgerichte den Vorschlag machen, daß, wie dies bei gleichem Anlasse im lombardisch-venezianischen Königreiche der Fall war, alle bei den Kriegsgerichten anhängigen Untersuchungen, die bis dahin nicht durch Urteil abgetan werden können und sonst zur Kompetenz der Zivilgerichte gehört hätten, an die ordentlichen Gerichte abgegeben werden sollen3.

II. Zulage für den Amtsdiener Franz Morawa

Der Minister des Inneren referierte über die Differenz zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der für den Prager Statthaltereiarchivdiener Franz Morawa laut Vortrag vom 12. d. [M.], KZ. 3975, MCZ. 3213, beantragten Pensionszulage von 60 fr.

Die 50jährige treue Militär- und Zivildienstleistung Morawas schienen dem Minister des Inneren seinen Antrag genugsam zu rechtfertigen. Bei dem Widerspruch des Finanzministers aber, und da ein normalmäßiger Anspruch auf jene Zulage nicht besteht, kann die Genehmigung des Antrags nur der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimgestellt werden4.

III. Gnadenpension für den Komitatsingenieur Leopold Lovas

Der Minister des Inneren referierte über die Meinungsverschiedenheit, welche laut seines Vortrags vom 12. d. [M.], KZ. 3976, MCZ. 3214, über die Beteilung des gewesenen Komitatsingenieurs Leopold Lovas mit einer Gnadenpension von 200 f. jährlich zwischen ihm und dem Finanzminister besteht, welcher sich gegen jede Beteilung dieses Individuums ausgesprochen hatte.

Bei dem Umstande, daß Lovas in ganz gleichem Falle wie der Komitatsingenieur Seidl sich befindet, welchem bei viel kürzerer Dienstzeit mit Ah. Entschließung vom 10. September l. J., KZ. 3575, MCZ. 28835, eine Pension von 150 f. bewilligt wurde, daß ferner die Unterbringung der meisten Beamten dieser Kategorie auf systemisierte Dienstposten gelungen, mithin eine nachteilige Folgerung aus der Beteilung einiger weniger Nichtuntergebrachten nicht zu besorgen ist, glaubte der Minister des Inneren auf seinem Antrage für Lovas in thesi beharren und voraussetzen zu dürfen, daß sonach auch der Finanzminister demselben nicht mehr werde entgegentreten wollen, awomit sich auch der Finanzminister einverstanden erklärtea womit sich auch der Finanzminister einverstanden erklärte.

IV. Gnadengeschenk für die Gemeinde Groß-Mányok

Die Meinungsdifferenz, welche nach Inhalt des Vortrags vom 21. Oktober l. J., KZ. 4068, MCZ. 3301, zwischen dem Minister des Inneren und dem Finanzminister bezüglich des Rückersatzes der von der Gemeinde Groß-Mányok eingehobenen Exekutionskosten per 490 f. Wiener Währung obwaltet, hat sich durch die schließliche Erklärung des Finanzministers behoben, dem Antrage auf Bewilligung eines Gnadengeschenks von 160 f. Konventionsmünze6 gegen das beitreten zu wollen, daß hierbei von jeder Beziehung auf einen etwaigen Anspruch der Gemeinde auf einen Rückersatz Abstand genommen werde.

V. Gnadengabe für die Gerichtsadjunktenwitwe Anna Martin

Der Antrag des Justizministers vom 21. Oktober l. J., KZ. 4073, MCZ. 3304, wegen Verleihung einer Gnadengabe von jährlich 100 f. an die Gerichtsadjunktenwitwe Anna Martin muß bei der prinzipiellen Einsprache des Finanzministers dagegen, von welcher derselbe nicht abgehen zu können erklärte, lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimgestellt bleiben7.

VI. Auszeichnung für den Tilgungsfonds­direktionsadjunkten Carl Hoffmann

Der Finanzminister erhielt die Zustimmung der Konferenz zu seinem Vorhaben, von der Ah. Gnade Sr. Majestät die Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone an den nach 50jähriger belobter Dienstleistung in den Ruhestand tretenden Adjunkten der Tilgungsfonds­direktion Carl Hoffmann zu erbitten8.

VII. Gehaltszulage für den Kassier Johann Mayer

In der Verhandlung wegen einer Gehaltsergänzungszulage für den vormaligen mährischen Landschafts-, gegenwärtigen provisorischen k. k. Steueramtskassier Johann Mayer (KZ. 3265, MCZ. 26249) besteht zwischen den Ministern der Finanzen und des Inneren darin eine Meinungsdifferenz, daß diese Zulage, insofern darauf angetragen würde, nach der Meinung des ersteren aus dem ständischen Domestikalfonds, nach der Ansicht des letzteren aber aus dem Staatsschatze zu bewilligen wäre.

Nachdem jedoch der Schlußantrag des Finanzministers dahin gerichtet ist, dem Gesuch Mayers um eine Gehaltsergänzung keine Folge zu geben, so vereinigte sich der Minister des Inneren, welcher dem Mayer bei dem Übertritt aus dem ständischen in den Staatsdienst einen Anspruch auf die Beibehaltung der mit dem ersteren verbundenen Genusse ebenfalls nicht zugestehen kann, mit diesem Antrag des Finanzministers, wornach eine Differenz nicht mehr besteht.

VIII. Besetzung der zweiten klinischen Lehrkanzel in Prag

Der Unterrichtsminister referierte seinen Vortrag vom 10. Oktober l. J., KZ. 4030, MCZ. 3271, wegen Besetzung der zweiten Lehrkanzel der medizinischen Klinik an der Prager Universität zu dem Ende, um die sofort auch gegebene Zustimmung des Finanzministers zu erhalten, daß diese Lehrkanzel als eine ordentliche mit 1300 f. Gehalt und dem systemmäßigen Vorrückungsrechte Sr. Majestät in Antrag gebracht werde10.

IX. Subvention des Benediktinerinnenklosters in Fiume

Der Kultusminister referierte über die Bitte der Äbtissin der Benediktinerinnen in Fiume um Erhöhung der Klosterdotation.

Bei der hierwegen mit dem Finanzminister gepflogenen Rücksprache haben sich beide Minister dahin geeinigt, dem gedachten Kloster eine Subvention in dem Maximalbetrage von jährlich 2000 f. in dem Maße des rechnungsmäßig nachzuweisenden Bedarfs aus dem Religionsfonds von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erbitten. Doch knüpfte der Finanzminister seinen Antrag an die Bedingung, daß || S. 351 PDF || diese Unterstützung nur als Vorschuß gegen Ersatz aus etwaigen Überschüssen oder aus dem Stammvermögen des Klosters, falls es aufgehoben würde, gewährt und als solche in Evidenz gehalten werde. Nachdem der Kultusminister dargetan hatte, daß diese Klausel, soweit sie den Ersatz aus Überschüssen sichern will, bei den notorischen Verhältnissen des Klosters ganz unpraktisch sei, soweit sie aber auf den Fall der Aufhebung des Klosters hindeutet, dessen Vermögen alsdann ohnehin dem Religionsfonds anheimfiele, einen üblen Eindruck hervorbringen und auf die Leistungen dieses wohltätigen Instituts entmutigend einwirken würde, erklärte sich der Finanzminister [bereit], dem Antrage des Kultusministers auf Beseitigung dieser Klausel nicht entgegentreten zu wollen11.

X. Dotation der Pfarren Sepsi-Szent-György, Orlát und Naszód

Die Differenz, welche laut des Vortrags des Kultusministers vom 21. Oktober 1854, KZ. 4141, MCZ. 3376, zwischen ihm und dem Finanzministerium über die Frage obwaltet, aus welchem Fonds die Dotation der lateinischen Pfarren zu Sepsi-Szent György, Orlát und Naszód zu leisten sei, hat sich infolge der vom Kultusminister heute dem Finanzminister gemachten Auseinandersetzung durch den Beitritt des letzteren zu dem Antrage, die Dotation aus Staatsmitteln zu gewähren, behoben.

XI. Entwurf des Handelsrechts

Fortsetzung der Beratung über das Handelsrecht, worüber das besondere Protokoll vorliegt12.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 10. November 1854.