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Nr. 248 Ministerkonferenz, Wien, 18. Oktober 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. [Thun]; BdE. und anw. (Thun 18. 10.), K. Krauß, Baumgartner; abw. Buol-Schauenstein, Bach.

MRZ. – KZ. 3441 –

Protokoll der zu Wien am 18. Oktober 1854 unter dem Vorsitze [des Ministers für Kultus und Unterricht Grafen Thun] abgehaltenen Ministerkonferenz.

I. Gnadenpensionen für kroatisch-slawonische Gerichtsbeamte

Der Justizminister referierte über die Meinungsdifferenz, welche zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der Bemessung der Gnadenpensionen || S. 343 PDF || für die im Vortrage vom 11. Oktober l. J., KZ. 3987, MCZ. 3226/1854, sub 1 bis 6 benannten Individuen besteht, und zwar: 1. Joseph Prcetic, welchem der Finanzminister nur 400 fr. zugestehen will, während der Justizminister auf 600 fr. jährlich anträgt.

Der Justizminister glaubte, auf dieser Ziffer um so mehr bestehen zu sollen, als es sich nur um wenige Individuen und unbedeutende Beträge handelt und die ungünstige Behandlung der ersteren geeignet sein dürfte, den üblen Eindruck zu erhöhen, den die Übergehung derselben bei der Organisierung im Lande — nach der Versicherung des Banus — hervorgebracht hat. Der Finanzminister erklärte dagegen, bei den von allen Seiten andringenden Forderungen an die Finanzen und beim Abgange jeden normalmäßigen Anspruchs der Beteiligten über die von ihm bereits zugestandene Ziffer nicht hinausgehen zu können. Der Kultusminister trat der Meinung des Finanzministers bei.

Das gleiche Resultat ergab die Abstimmung 2. hinsichtlich des Carl Szalay, für welchen der Justizminister 300, der Finanzminister 200 fr. beantragt hatte.

Dagegen vereinigte sich bei 3. für Johann Somogyi, 4. Anton Mosincky, 5. Anton Peicic und 6. Demeter Mikovic der Kultusminister mit den Anträgen des Justizministers, weil es ihm angemessen schien, die Beteilung, wenn sie schon überhaupt stattfindet, doch wenigstens einigermaßen im Verhältnis zu dem Charakter und der Leistung der zu Beteilenden zu messen1.

II. K. k. Ratstitel für den Finanzwacheoberinspektor Ludwig Edle v. Pflügl.

Der Finanzminister unterstützte den Antrag der tirolischen Finanzlandesdirektion auf Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens oder des k. k. Ratstitels an den nach 41jähriger sehr belobter Dienstleistung in den Ruhestand tretenden Finanzwacheoberinspektor Ludwig Edlen v. Pflügl rücksichtlich der zweiten Alternative, also dahin, daß für denselben die taxfreie Verleihung des k. k. Ratstitels von der Ah. Gnade Sr. Majestät erbeten werde, wogegen die Konferenz nichts einzuwenden fand2.

III. Verzollung nach dem Nettogewicht

Der Finanzminister referierte über seinen der Ah. Genehmigung zu unterziehenden Antrag auf Bewilligung einiger Erleichterungen in der Verzollung nach dem wirklichen Nettogewichte. Dieser Antrag gab der Konferenz keine Veranlassung zu einer Erinnerung3.

IV. Auszeichnung für den Konsularagenten Felix Lagorio

Erhielt der Handelsminister die Zustimmung der Konferenz zu dem im Einvernehmen mit dem Minister des Äußern beabsichtigten Antrage auf Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes an den k. k. Konsularagenten in Feodossia Felix Lagorio, welcher die diesfälligen Funktionen durch 20 Jahre unentgeltlich und zur Zufriedenheit versehen hat und gegenwärtig nur darum davon enthoben werden mußte, weil er ein Untertan einer mit Rußland im Kriege befindlichen Macht ist4.

V. Auszeichnung für den Konsul Franz Lang

Die Konferenz erklärte sich mit dem auch von dem Minister des Äußern gutgeheißenen Vorhaben des Handelsministers einverstanden, daß für den k. k. Konsul in Bahia Franz Lang aus Anlaß der Enthebung desselben von diesem Posten infolge der neuen Organisierung der k. k. Konsulate in Brasilien5 zum Merkmal der Ah. Zufriedenheit mit dessen bisherigen Leistungen die Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone von der Ah. Gnade erbeten werde6.

VI. Auszeichnung für Franz Wertheim

Einen Antrag des Ministers des Inneren auf eine Auszeichnung für den Hoflieferanten, Fabrikanten von Handwerkszeugen und feuerfesten Kassatruhen usw. Franz Wertheim behielt sich der Minister für Handel und Gewerbe vor, bei Gelegenheit der Verhandlung zu würdigen, welche wegen Auszeichnung mehrerer österreichischer Industriellen aus Anlaß ihrer Sendungen zur Münchner Ausstellung im Zuge ist7.

VII. Voruntersuchungsgerichte im lombardisch-venezianischen Königreich

Der Justizminister referierte den Entwurf einer kaiserlichen Verordnung, wodurch bestimmt wird, daß im lombardisch-venezianischen Königreich die im § 10 lit. c der neuen Strafprozeßordnung für die neu organisierten Kronländer8 bestimmten Untersuchungsgerichte nicht einzuführen, sondern in der Regel alle Voruntersuchungen von den Gerichtshöfen erster Instanz zu führen seien. Zur Erhebung des Tatbestandes und Vornahme dringender Amtshandlungen werden die Präturen9 ermächtigt. Das Erkenntnis aber, ob gegen einen Beschuldigten die Spezialuntersuchung einzuleiten sei, steht nur den Gerichtshöfen zu, welche übrigens bei Vergehen und geringeren Verbrechen auch die Voruntersuchung an die Präturen delegieren können.

Die Konferenz fand gegen diese Bestimmungen, als im Justizorganismus des Königreichs begründet, nichts zu erinnern. Ein bei dieser Verhandlung vom venezianischen Oberlandesgerichtspräsidenten gestellter Personalvermehrungsantrag wird abgesondert gewürdigt werden10.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 2. November 1854.