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Nr. 241 Ministerkonferenz, Wien, 8. August 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 10. 8.), Bach 19. 8., Thun, Baumgartner; abw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 2865 –

Protokoll der am 8. August 1854 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Verordnung bezüglich des Spielkartenstempels

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner brachte eine Maßregel in Antrag, welche den bisherigen Stempel der Spielkarten ersetzen, die Modalität der Steuerentrichtung für die Spielkartenerzeuger wesentlich erleichtern und dem Ärar die gegenwärtige Einnahme aus der Spielkarten-stempelung wenn nicht erhöhen, [so] doch vollkommen sicherstellen soll.

Mit dem 1. November 1854 hören wegen Einführung der Stempelmarken die Stempelämter auf, was die Folge hat, daß auch die Stempelung der Spielkarten, von denen bisher jedes einzelne Spiel der Stempelung (der Aufdrückung des Stempels mit der Hand) unterzogen werden mußte, aufhören muß1. Statt des Stempels sollen die Karten leicht, damit sie nicht kenntlich werden, markiert werden, und zwar mit der Jahreszahl der Erzeugung und der fortlaufenden Nummer. Über die Kartenerzeugung soll wie bisher Buch geführt werden, und jedes einzelne Spiel Karten soll in dem Register eine Nummer erhalten, welche Daten, nämlich Jahr und Nummer, auf den Spielkarten ersichtlich gemacht werden. Die Modalität der Steuerentrichtung bei den Karten ist wie bei den Konsumptionsgegenständen, wozu die Karten gehören, jedoch nur in umgekehrter Ordnung in Vorschlag gebracht. Während bei den Konsumptionsgegenständen, z. B. Fleisch, Branntwein, die tarifmäßigen Steuer zunächst entrichtet wird und die Abfindung nur ausnahmsweise und in subsidium stattfindet, soll bei der Entrichtung der Steuer von den Karten die Abfindung das erste Moment sein und die tarifmäßige Gebühr nur dann eintreten, wenn keine Abfindung zustande gekommen ist. Auch kann eine Verpachtung dieser Gebühr eintreten. Der referierende Finanzminister bemerkte, daß seit 20 Jahren der Ertrag der Spielkarten sich nicht wesentlich geändert und sich nach einem zehnjährigen Durchschnitte ungefähr auf 200.000 fr. jährlich belaufen habe. Diese Wahrnehmung soll zum Anhaltspunkte der Ausmittlung der diesfälligen Abfindungsbeträge dienen. Was die Kartenmacher in den letzten zehn Jahren im Durchschnitte für die Kartenstempelung entrichtet haben, sollen sie im ersten Jahre || S. 304 PDF || nach Einführung der neuen Modalität an der Kartensteuer bezahlen. Für das nächstkommende Jahr werden dann die Register und der aus denselben zu entnehmende Umfang der Kartenerzeugung Anhaltspunkte zur Ausmittlung des Abfindungsbetrages für dieses Jahr gewähren. Sollte ein Kartenmacher den so ausgemittelten Betrag nicht zahlen wollen, so würde die Kupferplatte, nach welcher die Karten markiert werden sollen, in ämtliche Verwahrung genommen werden, und der Kartenerzeuger könnte dann die Markierung seiner Karten nur unter Aufsicht vornehmen und müßte sohin von den markierten Karten die tarifmäßige Gebühr entrichten. Diese Modalität soll jedoch, um die Gewerbe so wenig als möglich zu hemmen, nicht zur Regel gemacht werden und nur dann Platz greifen, wenn eine billige Abfindung oder Verpachtung nicht stattgefunden hat.

Der Finanzminister hat hierauf den Entwurf der diesfälligen vom 1. Jänner 1855 in Wirksamkeit treten sollenden Verordnung vorgelesen, bei welcher mit Rücksicht auf die oberwähnten abweichenden Momente die sonst in Ansehung der Verzehrungssteuergegenstände im allgemeinen geltenden Vorschriften die umfassendste Berücksichtigung gefunden haben.

Die Ministerkonferenz fand gegen die Bestimmungen dieses nun der Ah. Schlußfassung Sr. Majestät vorzulegenden Verordnungsentwurfes nichts zu erinnern2.

II. Todesurteil gegen Josef Kuttor

Der Minister des Inneren referierte über die kriegsrechtliche Aburteilung des Josef Kuttor (recte Szanisló) und [des] Andreas Dominik wegen Ermordung eines kaiserlich russischen Soldaten im Jahre 1849. Die beiden Beschuldigten haben im Monate Juli des besagten Jahres, als sie miteinander als damalige Honveds auf kurzen Urlaub in ihre Heimat gingen, auf der Straße einen kaiserlich russischen Soldaten, der Vorspannswägen zu seinem Truppenkörper begleitete, getötet und sich seines Pferdes, seiner Montur und anderer Habseligkeiten bemächtigt. Josef Kuttor ist des Verbrechens geständig, Andreas Dominik aber bloß entfernt beanzeigt.

Das Pester k. k. Kriegsgericht hat unterm 24. Mai d. J. den letzteren ab instantia losgesprochen, welcher daher hier nicht weiter zu berücksichtigen kommt, den Josef Kuttor dagegen nebst Vermögensverfall zum Tode durch den Strang verurteilt, gleichzeitig aber auf Begnadigung von der Todesstrafe und auf zehnjährige Schanzarbeit in schweren Eisen angetragen, weil bei der damaligen || S. 305 PDF || Begriffsverwirrung er das Vaterland von einem vermeintlichen Feinde zu befreien glaubte und Se. Majestät in der neueren Zeit allen ähnlichen Verbrechern die Todesstrafe aus Ah. Gnade nachzusehen geruht haben3. Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Militär- und Zivilgouverneur von Ungarn traten diesem Antrage des Kriegsgerichtes bei.

Der Minister des Inneren und einverständlich mit demselben die Ministerkonferenz schließen sich diesem Antrag gleichfalls an mit dem Beifügen, daß dem Kuttor die bereits ausgestandene Haft in die Strafdauer unter Aufrechthaltung des Vermögensverfalles eingerechnet werde und die Publikation des Urteils unterbleiben möge. Den so gestellten au. Antrag wird der Minister des Inneren der Ah. Schlußfassung Sr. Majestät unterziehen4.

III. Kriegsrechtliches Urteil gegen mehrere Einwohner von Felménes

Der Minister des Inneren brachte weiter die kriegsrechtliche Aburteilung mehrerer Einwohner von Felménes in Ungarn wegen Ermordung eines k. k. österreichischen Artillerieunteroffiziers und eines kaiserlich russischen Soldaten im Jahre 1849 zum Vortrage. Die bei diesem Verbrechen mehr oder weniger Beschuldigten sind: 1. Bartholomäus Bartolos, 2. Stefan Barta, 3. Stefan Eged, 4. Franz Koros, 5. Stefan Kiss, 6. Franz Énekes, 7. Johann Sike, 8. Stefan Takács, 9. Franz Eged, 10. Martin Eged, 11. Julin Koros, 12. Johann Eged, 13. Johann Limprecht, 14. Josef Császár, 15. Anton Krisán und 16. Anton Záhorszky.

Das k. k. Kriegsgericht in Pest hat mit Urteil vom 12. Mai 1854 die ersten acht wegen Hochverrates mit Stimmeneinhelligkeit nebst Vermögensverfall zum Tode durch den Strang; wegen diesfälliger Verhehlung über den ausgestandenen Untersuchungsarrest 9. Franz Eged, 10. Martin Eged, 11. Julin Koros zu sechsmonatigem Stockhausarrest in Eisen, 12. Johann Eged zu einjähriger Schanzarbeit in leichten Eisen, 13. Johann Limprecht zu einjährigem Festungsarrest in Eisen, 14. Josef Császár zu fünfjähriger Schanzarbeit in leichten Eisen, 15. Anton Krisán zu dreimonatigem Stockhausarrest in Eisen und 16. Anton Záhorszky zu fünfzig Stockstreichen verurteilt. Das Kriegsgericht fand sich jedoch gleichzeitig bestimmt, bei den zum Tode verurteilten acht ersten, in Erwägung, daß Se. Majestät bisher stets derlei Individuen die Todesstrafe aus Ah. Gnade nachzusehen geruht haben, auf die Ag. Nachsicht dieser Strafe und mit Rücksicht auf die größere oder mindere Bösartigkeit und Tätigkeit der Schuldigen unter Aufrechthaltung des Vermögensverfalles auf folgende zeitliche Strafen für dieselben anzutragen: bei Bartholomäus Bartolos, Stefan Eged und Franz Koros — als den hervorragendsten unter allen — auf zehnjährige Schanzarbeit in schweren Eisen, bei Stefan Kiss, Franz Énekes und Johann Sike auf sechsjährige Schanzarbeit in schweren Eisen, bei Stefan Barta und Stefan Takács — als den mindestbeteiligten — auf vierjährige Schanzarbeit in leichten Eisen5.

|| S. 306 PDF || Seine kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Militär- und Zivilgouverneur von Ungarn6 stimmen diesen Anträgen des Kriegsgerichtes bei und beabsichtigen, das Urteil hinsichtlich der unter 12., 13. und 14. angeführten Inquisiten, wenn Se. Majestät nicht etwas anderes anzuordnen geruhen, zu bestätigen, dagegen hinsichtlich der sub 9., 10., 11., 15. und 16. erwähnten minder gravierten Individuen unter Bestätigung des Urteils im Wege Rechtens im Gnadenwege eine verhältnismäßige Milderung eintreten zu lassen.

Der Minister des Inneren erklärte sich einverstanden, bei den ersten acht auf die Nachsicht der Todesstrafe im Wege der Ah. Gnade unter Aufrechthaltung der Vermögenskonfiskation au. anzutragen. Was die Bemessung der zeitlichen Strafen anbelangt, so wären diese nach seinem Dafürhalten bei Bartholomäus Bartolos, welcher zur Begehung der obigen Verbrechen aufgemuntert und nach vollbrachter Tat die Täter belobt hat, mit achtjähriger Schanzarbeit in schweren Eisen, bei Stefan Eged und Franz Koros mit sechsjähriger Schanzarbeit in schweren Eisen, bei Stefan Kiss, Franz Énekes und Johann Sike mit vierjähriger Schanzarbeit in schweren Eisen, endlich bei Stefan Barta und Stefan Takács mit zweijähriger Schanzarbeit in leichten Eisen und bei allen mit Einrechnung der Untersuchungshaft in die Strafzeit und Unterlassung der Publikation der Urteile auszusprechen. Bei Josef Czászár wäre die angetragene fünfjährige Schanzarbeit in leichten Eisen auf dreijährige Schanzarbeit in leichten Eisen zu mildern, weil die Verübung seiner Tat in die Zeit fällt, wo die revolutionäre Bewegung in Ungarn noch nicht unterdrückt war und die damals herrschende Begriffsverwirrung einer ruhigeren Überlegung noch nicht Platz gemacht hatte. Rücksichtlich der weiters Verurteilten Franz Eged, Martin Eged, Julin Koros, Johann Eged und Johann Limprecht wäre die weitere Verfügung lediglich Sr. kaiserlichen Hoheit dem Herrn Erzherzoge Generalgouverneur zu überlassen.

Die Ministerkonferenz erklärte sich mit diesen nun der Ah. Schlußfassung Sr. Majestät vorzulegenden Anträgen des Ministers des Inneren einverstanden7.

IV. Auszeichnung für den Physiologen Professor Ernst Brücke

Dem Antrage des Ministers des Kultus und öffentlichen Unterrichtes Grafen v. Thun für den Professor der Physiologie an der hiesigen Universität, einen der größten Physiologen in Europa, Brücke, welcher rastlos bestrebt ist, die Physiologie an der Hochschule in Wien in Aufschwung zu bringen, von der Ah. Gnade Sr. Majestät die Auszeichnung mit dem Ritterkreuze des Franz-Joseph-Ordens au. zu erbitten, hat die Ministerkonferenz vollkommen beigestimmt8.

V. Änderung der theoretischen Staatsprüfungen für Juristen

Derselbe Minister bemerkte, daß in dem Sr. Majestät bereits vorgelegten Elaborate über die Reglung der österreichischen Universitätsstudien auch Anträge über die vorzutragenden Gegenstände und welche und in welcher Ausdehnung || S. 307 PDF || bei den Juristen Gegenstand der theoretischen Staatsprüfung sein sollen, erstattet worden seien9.

Ohne der Ah. Entschließung darüber vorzugreifen, welche übrigens bei dem großen Umfange und [der] Wichtigkeit des Gegenstandes vor dem Anfange des nahe bevorstehenden Studienjahres noch nicht erflossen sein dürfte, und um in Beziehung auf die juridischen Studien den Studierenden schon für das nächste Schuljahr eine bestimmte Richtschnur an die Hand zu geben, beabsichtigt der referierende Minister, Se. Majestät au. zu bitten, Allerhöchstdieselben wollen zu gestatten geruhen, daß schon jetzt im allgemeinen ausgesprochen werden dürfe: a) daß die Rechtsphilosophie aus den Gegenständen der theoretischen Staatsprüfung ausgeschieden werde; aund das kundgemacht werde;a b) bdas römische Recht werde für jene, die sich dem Staatsdienste widmen wollen, von 1856/57 an Prüfungsgegenstand sein;b c) cebenso werde die deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte unter die Prüfungsgegenständec aufgenommen werden, und d) ddas kanonische Recht werde in seiner historischen und juristischen Bedeutung geprüft werdend . Die kaiserlichen Verordnungen in publico ecclesiasticis aber sollen mit den administrativen Gesetzen zugleich Gegenstand der Prüfung sein10. Die Ministerkonferenz fand gegen diese Anträge nichts zu erinnern.

A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Josephe .