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Nr. 217 Ministerkonferenz, Wien, 1., 8., 11. und 18. April 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sammelprotokoll; RS.; P. Marherr (1. und 8. 4.), Wacek (11. und 18. 4.); VS. Buol-Schauenstein; BdE. Bach 3. 5., Thun, K. Krauß, Baumgartner.

MRZ. – KZ. 1490 –

[Tagesordnungspunkte]

Protokoll der zu Wien am 1., 8., 11. und 18. April 1854 abgehaltenen Ministerkonferenzen unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein. [1. April 1854][anw. Buol, Bach, Thun, K. Krauß, Baumgartner]

I. Notariatsordnung

Gegenstand der Beratung war der vom Minister der Justiz in Befolgung der Ah. Entschließung vom 2. November auf dessen Vortrag vom 28. April 1852, KZ. 18131, ausgearbeitete Entwurf einer Notariatsordnung, wovon ein Exemplar hier angeschlossen ist2.

|| S. 225 PDF || Nach einigen einleitenden Bemerkungen des Justizministers wurde in die Prüfung der einzelnen Paragraphe eingegangen und haben sich hierbei folgende Bemerkungen und Anträge ergeben:

Zum § 7, lit. a, bezweifelte der Minister des Inneren die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der hier gestellten Forderung, nämlich, daß der Kandidat „der“, das heißt aller im Sprengel des Gerichtshofs üblichen Sprachen kundig sei, weil deren in nicht wenigen Bezirken Ungerns und Siebenbürgens mehr als zwei sind, die Kenntnis aller derselben wohl nicht vielen Individuen eigen ist, mithin manche sonst vollkommen geeignete Kandidaten bloß darum abgewiesen werden müßten, weil sie nicht alle diese Sprachen verstehen. Da es weiters andererseits wohl nicht anzunehmen ist, daß sich jemand dort um eine Notarstelle bewerben werde, wo er aus Mangel der notwendigen Sprachkenntnisse in seinem Erwerbe gehindert wäre, so beantragte der Minister des Inneren die Weglassung der lit. a des § 7. Der Justizminister glaubte jedoch auf deren Beibehaltung bestehen zu müssen, weil es die Natur des Notariatsgeschäfts fordert, die Sprachen der Parteien, zu deren Bestimmung der Notar in seinem Sprengel bestellt ist, zu verstehen, weil auch bei den Gerichten in der den Parteien geläufigen Sprache verhandelt werden muß und weil auch in der früheren Notariatsordnung vom 29. September 1850 3 die gleiche Bestimmung wie hier sub lit. a enthalten war. Vorzüglich aus dem letzteren Grunde erklärte sich auch der Finanzminister für die Beibehaltung der lit. a4.

Im § 9, zweiten Absatze, bei den Worten: „alle Nebenbeschäftigungen, welche mit der Würde und dem Berufe der Notare unvereinbar“ schlug der Finanzminister die Hinweglassung der Worte „der Würde und“ vor, weil die Bezeichnung der Unvereinbarkeit mit dem „Berufe“ oder der Stellung des Notars genügen dürfte. Hiermit erklärte sich die Konferenz unter Beitritt des Justizministers einverstanden.

Gegen die folgenden in der heutigen Sitzung behandelten Paragraphe bis inklusive § 22 ergab sich keine Erinnerung.

Fortsetzung am 8. April 1854.

Vorsitz und Praesentes wie am 1. d. M. mit Ausnahme des Ministers des Inneren.

Heute wurden die §§ 23 bis inklusive 58 beraten und mit nachstehenden textuellen Modifikationen approbiert:

§ 26. Da die Vinkulierung5 und Erlegung der Kautionsobligationen zwei verschiedene Akte sind, so wünschte der Finanzminister, daß dieselben in der Anordnung des § 26 auch getrennt ausgesprochen werden. Man nahm demgemäß nachfolgende Textierung an: „Die als Kaution erlegten Staatsschuldverschreibungen sind zu vinkulieren, und ebenso wie die als Kaution übergebene Barschaft und Hypothekarurkunden an die zur unmittelbaren usw.“ wie im Entwurfe.

|| S. 226 PDF || Im § 38 wurde anstatt „versagen“ und „Versagung“ beliebt zu setzen: „verweigern“ und „Verweigerung“.

Dem Schlusse des § 45 muß nach den Worten „der Zeugen“ eingeschaltet werden: „oder des zweiten Notars“.

Der Text des Schlußsatzes im § 47: „Alles bei Verlust usw.“, welcher von der gewöhnlichen Ausdrucksweise in Gesetzen abweicht, wurde so abgeändert: „Die Übertretung, wenn auch nur eine dieser Förmlichkeiten, hat den Verlust der ämtlichen Glaubwürdigkeit des Aktes zur Folge.“

Bei § 49, lit. c, wurde nach den Worten: „sowohl über den Akt selbst als“ die Hinweisung auf § 46 mittels folgender Einschaltung für notwendig erkannt: „mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 46“. Dann muß es, lit. f, nach den Worten „im Falle die Zeugen“ heißen: „oder der zweite Notar“.

Im § 50, vorletzte Zeile, wurde das „Hindernis“ näher bezeichnet durch den Ausdruck: „dieses Hindernis“.

Dem ersten Satze des § 52 muß nach den Worten „dürfen die Zeugen“ angefügte werden: „oder der zweite Notar“.

Der Eingang des § 53 wurde im Hinblick auf die deutlichere Textierung des einen ähnlichen Fall behandelnden § 54 also modifiziert: „Ein Tauber, welcher lesen kann, muß die Urkunde selbst lesen und ausdrücklich bestätigen, daß er sie gelesen und seinem Willen entsprechend befunden habe.“

Fortsetzung am 11. April 1854.

Vorsitz der gewöhnliche; gegenwärtig alle Minister mit Ausnahme des Ministers des Inneren Dr. Alexander Bach.

In der heutigen Sitzung wurde mit der Beratung über den Entwurf der Notariatsordnung, und zwar vom § 59 angefangen bis zum elften Hauptstücke (von der Notariatskammer, § 130) fortgefahren, wobei sich nur nachstehende wenige, textuelle Änderungen und Berichtigungen ergaben:

Im § 60, siebente Zeile, ist nach dem Worte „bestehend“ das ausgebliebene Wort „abgegeben“ hinzuzufügen.

In den §§ 61 und 62 sind die Ausdrücke „zugezogen worden sein sollte“ und „zugezogen worden wären“ in die kürzeren, gleich viel sagenden „zugezogen wäre“ und „zugezogen sind“ zu verändern.

Der Eingang des § 69 ist durch die ausgebliebenen Worte „einer beglaubigten Ausfertigung“ zu ergänzen und im § 71, dritte Zeile, zwischen die Worte „ohne Zwischenräume“ das Wort „leere“ einzuschalten.

Der Text des Schlußsatzes im § 72: „Alles bei Verlust usw.“ ist wie im § 47 in folgenden abzuändern: „Die Außerachtlassung einer dieser Förmlichkeiten zieht den Verlust der ämtlichen Glaubwürdigkeit nach sich.“

Der Eingang des § 47 hat der größeren Deutlichkeit und Bestimmtheit wegen folgende modifizierte Textierung zu erhalten: „Auszüge aus einem Notariatsakte, das ist Ausfertigungen des Textes bestimmter Stellen desselben usw.“

|| S. 227 PDF || Im § 77, achte Zeile, ist statt „findet“ „gefunden hat“ und am Schlusse des § 84 statt „eine kunstverständige Beurteilung“ „die Beurteilung eines Kunstverständigen“ zu setzen, weil nur eine solche Beurteilung — und sollte sie auch nicht immer eine kunstverständige sein — durch die bestehenden Gesetze gefordert wird.

Im § 86, letzter Absatz, ist der Ausdruck „eine schreibunkundige Partei“ in jenen „eine des Schreibens unkundige Partei“ abzuändern und im § 100, Zeile 14, das Wort „und“ in das Wort „oder“ umzuwandeln.

Fortsetzung am 18. April 1854.

Vorsitz und Gegenwärtige wie in der Sitzung am 11. April 1854.

Der Justizminister hat in der heutigen Sitzung den Entwurf der Notariatsordnung vom § 130 angefangen bis zum Schlusse (§ 193), ferner den Tarif der Notariatsgebühren und der Gebühren der Notare als Gerichtskommissäre, dann die Entwürfe: a) einer kaiserlichen Verordnung über das Verfahren zur Einbringung derjenigen Forderungen, welche durch Notariatsakte bewiesen sind, und b) des Kundmachungspatentes der revidierten Notariatsordnung vorgetragen.

Hierüber ergaben sich nur folgende wenige Bemerkungen:

Im § 142, achte Zeile und die folgenden, sind die Bestimmungen: „Zur Erteilung eines Urlaubs in der Dauer von sechs Wochen ist der Gerichtshof erster Instanz und von drei Monaten das Oberlandesgericht ermächtigt“ in nachstehende zu verändern: „Zur Erteilung eines Urlaubes bis zu der Dauer von sechs Wochen ist der Gerichtshof erster Instanz und bis zu drei Monaten das Oberlandesgericht ermächtigt“, um, was sonst leicht geschehen könnte, der Deutung zu begegnen, daß der Gerichtshof erster Instanz nur einen Urlaub von sechs Wochen und nicht auch einen von drei, vier oder fünf Wochen und das Oberlandesgericht nur einen Urlaub von drei Monaten und nicht einen von sieben, acht und mehreren Wochen erteilen könnte.

Im § 143, 13. Zeile, ist statt „Notarspraktikanten“ „Notariatspraktikanten“ oder „Praktikanten des Notariats“ zu setzen, weil sie nicht Praktikanten des Notars, sondern des Notariatsinstitutes sind.

Im § 27 des Tarifs, zweiter Absatz, sechste Zeile, ist statt des hier unrichtig gebrauchten Wortes „Wagens“ das Wort „Weges“ zu setzen.

A[h]. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 21. Mai 1855 7.