Nr. 194 Ministerkonferenz, Wien, 26. und 29. November, 3., 6., 13., 17. und 24. Dezember 1853, 7., 10., 14., 17., 21. und 24. Jänner 1854 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- Sammelprotokoll; RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr (26. 11., 3., 17. und 24. 12. 1853, 7., 14. und 21. 1. 1854), Wacek (29. 11., 6. und 13. 12. 1853, 10., 17. und 24. 1. 1854); VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht (Buol 25. 1. 1854), Bach 29. 1., Thun, K. Krauß, Baumgartner.
MRZ. – KZ. 1053 –
Protokoll der zu Wien am 26. und 29. November, 3., 6., 13., 17. und 24. Dezember 1853, 7., 10., 14., 17., 21. und 24. Jänner 1854 abgehaltenen Ministerkonferenzen unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein. [26. November 1853] [anw. Buol, Bach, Thun, Baumgartner; abw. K. Krauß]
I. Universitätsreform
Gegenstand der Beratschlagung war die auf Ah. Befehl vom Unterrichtsminister vorgelegte gedruckte Nachweisung über die Erfolge des bisherigen neuen Universitätsstudiums und über die hierwegen noch zu treffenden Maßregeln1.
Die Einleitung gab den Ministern der Finanzen und des Inneren Anlaß zu einigen Bemerkungen darüber, daß darin Stellen vorkommen, welche wie jene Seite 16: „nicht einmal selbständige wissenschaftliche Leistungen waren als Bedingung zur Erlangung einer Lehrkanzel erfordert“ oder: „später — um 1840 — wurde … für die philosophischen und theologischen Professoren die Aneignung des Doktorats ihrer Fakultät innerhalb dreier Jahre zur Pflicht gemacht“ oder Seite 17: „die österreichischen Universitäten waren … im Auslande verachtet“ teils auf nicht ganz genauen Angaben, teils auf zu greller Auffassung der früheren Zustände beruhen. Da indessen die Hauptaufgabe der Konferenz darin besteht, die Ah. gestellten Fragen über das gegenwärtige Universitätswesen in ihrer praktischen Bedeutung zu erörtern, so schien diesen Stimmführern das weitere Eingehen in die historische Einleitung dieser Abhandlung überflüssig, und man beschränkte sich darauf, die Richtigkeit des im 4. Abschnitt der Einleitung, Seite 22 und 23 (Zweck der Universitäten in Österreich), aufgestellten Satzes anzuerkennen, daß „der Zweck der österreichischen Universitäten in der Pflege der Wissenschaft im Einklange mit dem Geiste der Kirche und mit|| S. 100 PDF || besonderer Beachtung der Interessen des Staates“ bestehe2. Die Beratschlagung über den meritorischen Teil der Abhandlung wurde wegen Abwesenheit des Justizministers, dessen Ansichten man in einer so wichtigen Materie nicht missen zu können erachtete, der nächsten Sitzung vorbehalten.
Fortsetzung am 29. November 1853. Vorsitz, Gegenwärtige und Abwesende wie in der Sitzung am 26. November 1853:
Bezüglich des am Schluß der Einleitung angegebenen Zweckes der österreichischen Universitäten und zur näheren Begründung desselben wurde bemerkt, daß man vor dem März 1848 an den österreichischen Universitäten etwas anderes gesucht hat als die Pflege der Wissenschaften. Man glaubte, sie seien dafür da, um dem Staate Beamte, der Kirche Geistliche usw. zuzuführen. Zweige, wo die Wissenschaft als solche gelehrt wurde, wie die Astronomie, fanden keine besondere Beachtung. Man glaubte, die Astronomie sei wegen der Geographie und diese für die Vermessungen da. Daß diese Ansicht eine einseitige sei, bedürfe keines Beweises. Es sei ein wesentlicher Unterschied zwischen Anstalten, welche Wissenschaften lehren, die im Staate gebraucht werden (wie polytechnische Institute), und den Universitäten, die vorzüglich zur Pflege der Wissenschaften bestimmt sein sollen. Auf den Universitäten soll daher nicht das bürgerlich Brauchbare allein gelehrt, sondern vorzüglich die Wissenschaft gepflegt werden, allerdings mit besonderer Beachtung des Bedarfs und der Interessen des Staates3.
Bezüglich des Beisatzes: „daß die Pflege der Wissenschaft im Einklange mit dem Geiste der Kirche geschehen soll“ bemerkte der Kultusminister, es sei damit zunächsta gemeint, daß von den österreichischen Universitäten alles ausgeschlossen sein soll, was der katholischen Kirche entgegen ist, und daß katholisch gesinnte Männer auf denselben angestellt werden sollen. Dieses hindere aber keineswegs, daß bzumal für Fächer, welche zu ihr in minder naher Beziehung stehen, wie Mathematik, Naturwissenschaften etc., unter näher zu bezeichnenden Umständen auch Männer, die nicht der katholischen Kirche angehören, angestellt werden können. Über das Verhältnis der Universitäten zu der Kirche werde sich übrigens in den „Schlußbemerkungen“, Seite 89 etc., des Elaborates umständlicher ausgesprochenb zumal für Fächer, welche zu ihr in minder naher Beziehung stehen, wie Mathematik, Naturwissenschaften etc., unter näher zu bezeichnenden || S. 101 PDF || Umständen auch Männer, die nicht der katholischen Kirche angehören, angestellt werden können. Über das Verhältnis der Universitäten zu der Kirche werde sich übrigens in den „Schlußbemerkungen“, Seite 89 etc., des Elaborates umständlicher ausgesprochen, 4.
Hierauf ist man zu den einzelnen an den Minister des Kultus Allerhöchstenorts gestellten und von ihm in der vorliegenden gedruckten beantworteten Fragen übergegangen.
Lehr- und Lernfreiheit.
Was das in der ersten Frage behandelte Prinzip der Lehr- und Lernfreiheit anbelangt, bemerkte der Finanz- und Handelsminister , daß die mit diesen Worten verbundenen Begriffe sehr vage, vieldeutig und sehr oft schon mißbraucht worden sind. Unter der Lehrfreiheit verstehen viele eine gänzliche Ungebundenheit, während frei sein noch nicht ganz ungebunden sein bedeuten kann. Unter der Lernfreiheit wird gewöhnlich verstanden, man könne etwas lernen, könne es aber auch bleiben lassen usw. Nach der Ansicht des Finanz- und Handelsministers wären die beiden Ausdrücke Lehr- und Lernfreiheit aus den Anträgen an Se. Majestät zur Neugestaltung der österreichischen Universitäten ganz wegzulassen, und die darin enthaltenen Begriffe wären durch eine Exposition im Verlaufe des Textes aufzulösen. Der Kultusminister und die übrigen Stimmen der Konferenz erklärten sich damit vollkommen einverstanden. Das Wesentlichste, bemerkte der Finanz- und Handelsminister weiter, liege darin, die Bedingungen festzusetzen, welche erfüllt werden müssen, damit jemand zu dem Lehrfache an den österreichischen Universitäten zugelassen werde. Die die Lehrfreiheit beschränkenden Bestimmungen (Seite 25 ff.) betreffen a) die Person des Lehrenden, b) den Lehrgegenstand und c) die Behandlung des Lehrgegenstandes5.
Privatdozenten.
Die Ministerkonferenz glaubte sich vor allem für die Beibehaltung des mit den neuen Einrichtungen auf den österreichischen Universitäten eingeführten Instituts der Privatdozenten — die früher bestandenen Assistenten kommen ihnen nicht gleich und können sie nicht ersetzen — aussprechen zu sollen, weil dieses Institut die Pflanzschule künftiger Professoren ist, aus demselben die tüchtigsten Lehrer gewonnen werden und dieses Institut gegen die früheren Einrichtungen als wahrer Fortschritt angesehen werden muß. Gegen die diesfällige in dem RGBL. Nr. 37/1849 enthaltene provisorische Anordnung des Unterrichtsministeriums vom 19. Dezember 1848 bezüglich der Habilitierung der Privatdozenten für das || S. 102 PDF || Lehrfach, welche sich als zweckmäßig und durch die bisherige Erfahrung bewährt darstellt, fand die Ministerkonferenz nichts zu erinnern6.
Besetzung erledigter Lehrkanzeln.
Ebensowenig dürfte nach der Ansicht der Ministerkonferenz bei Besetzung erledigter Lehrkanzeln zu dem früheren System der Konkurse als Regel zurückgekehrt werden. Die Professorenstellen sollen demnach auch künftig wie bisher ohne Konkurs besetzt werden und Konkurse nur dort abgehalten werden, wo es das Ministerium oder der Lehrkörper für notwendig erkennen. Überhaupt fand die Ministerkonferenz für den ferneren Bestand der provisorischen Bestimmungen des Unterrichtsministeriums vom 11. Dezember 1848 (RGBL. Nr. 20 ex 18497) bezüglich des Verfahrens bei Wiederbesetzung erledigter Lehrkanzeln, welche sich gleichfalls als zweckmäßig erwiesen haben, sich auszusprechen.
Lehrbücher.
Die Produzierung des Lehrbuches, nach welchem gelehrt werden soll, fand die Konferenz ebenfalls nicht nötig, weil es genügt, die Verantwortung für die dem Zwecke entsprechende Lehre dem Professor, dem Lehrkörper und den weiteren Autoritäten der Universität zu überlassen, weil bei dem steten Fortschreiten der Wissenschaft, z. B. der Naturwissenschaften, es nicht wohl möglich ist, ein bestimmtes Buch als Lehrbuch vorzuschreiben, und weil dort, wo der Unterrichtsminister es für notwendig erkennt, die Vorlage des Unterrichtsbuches immerhin abgefordert werden kann. Es erscheine allerdings wünschenswert, daß die Studenten wissen, an welches Buch sie sich zu halten haben; allein dazu ist die Vorschrift eines bestimmten Buches nicht notwendig; die Professoren werden ihnen diesfalls mit Rat an die Hand gehen und ihnen andeuten, welche Bücher sie nachzulesen haben. Hiernach ist die Konferenz darin übereingekommen, daß kein Lehrbuch den Professoren vorzuschreiben wäre, weil, wie der Minister des Inneren bemerkte, selbst bei positiven Disziplinen sich kein unbedingter Abschluß, kein Stillstand denken lasse, auch diese vorschreiten und sich von Jahr zu Jahr vervollständigen, weil die Anordnung der Vorlage des Vorlesebuches ein Mißtrauen gegen den Professor an den Tag lege und weil, wie die Erfahrung gelehrt, sich auch früher an die vorgeschriebenen Lehrbücher nicht streng gehalten wurde und nicht gehalten werden konnte8.
Fortsetzung am 3. Dezember 1853. Vorsitz und Gegenwärtige wie früher [am 26. und 29. 11. 1853] und der Justizminister.
|| S. 103 PDF || Adjunkten und Assistenten.
Der Justizminister fand den Antrag zu stellen, daß die nach dem früheren Studiensystem bestandenen Adjunkten oder Assistenten wieder eingeführt werden möchten. Ihre Bestimmung war einst und würde künftig eine zweifache sein: 1. Die eigene Ausbildung zum und im Lehramte, 2. Die Supplierung der Professoren in deren Abgang oder Verhinderung cdurch Krankheitc und die Haltung von Repetitorien mit den Schülern. Der Unterrichtsminister bemerkte, daß hier die verschiedenen Zwecke, die mit dem Institut der Adjunkten erreicht werden wollen, gesondert erwogen werden müssen. Was die den Adjunkten zugedachte Supplierung der Professoren betrifft, so liegt dieselbe durchaus nicht im gegenwärtigen Unterrichtssystem, welches den Vortrag der Wissenschaft nicht an bestimmte Lehrbücher oder Kompendien bindet, sondern der Forschung und dem freien Vortrag des Professors überläßt. Da beruht alles auf der Individualität des Lehrers, und diese kann nicht von einem anderen ersetzt werden. Ist der Professor auf kurze Zeit verhindert, so ist wohl eine besondere Verfügung nicht nötig. Dauert aber die Verhinderung längere Zeit, dann können die bei ihm eingeschriebenen Schüler einem Professor oder Dozenten des gleichen Lehrfachs, wenn einer vorhanden ist, zugewiesen oder es muß eine Aushilfe durch Berufung eines anderen Professors oder Dozenten verschafft werden. Eine eigentliche Supplierung oder Ergänzung der unterbrochenen Vorlesungen des verhinderten Professors aber findet nicht statt, weil niemand die Individualität des Professors vertreten kann, auf welcher das gegenwärtige Unterrichtssystem beruht. Was die Anstellung von Repetitorien oder Kolloquien mit den Schülern betrifft, so kann sich der Professor wohl allerdings durch einen anderen dabei vertreten lassen. Von diesen disziplinären Maßregeln wird aber später zur Frage II füglicher gehandelt werden können.
Belangend endlich die Ausbildung für das Lehrfach, welche als letzter Zweck für die Adjunkten bezeichnet wird, so besteht für diesen Zweck speziell und ganz eigentlich das Institut der Privatdozenten. Es scheint also für diesen Zweck eine weitere Fürsorge nicht mehr erforderlich zu sein. Indessen hindert dies nicht, strebsamen jungen Männern auch in dem vom Justizminister angedeuteten Weg Gelegenheit zur Ausbildung zu verschaffen, und in dieser Beziehung würde der Unterrichtsminister einer Bestellung von Adjunkten mit einem angemessenen Stipendium auf eine bestimmte Reihe von Jahren nicht entgegen sein. Der Justizminister fand sich durch diese Bemerkungen des Unterrichtsministers in seiner Meinung nur bestärkt. Es wird nämlich die Zulässigkeit der Bestellung von Adjunkten behufs der Ausbildung im Lehrfache zugestanden und dieselbe bezüglich der Repetitorien und Kolloquien wenigstens nicht ausgeschlossen. Ebenso kann nicht geleugnet werden, daß, wer vorher ein braver Adjunkt gewesen, einen um so tüchtigeren Dozenten abgeben wird. Was aber die Supplierung des Professors anbelangt, so muß zugestandenermaßen gegen eine Unterbrechung des Unterrichts Vorsorge getroffen werden. Geht es an, dieselbe durch || S. 104 PDF || Zuweisung an einen anderen Professor oder Dozenten zu geben, dwas nicht immer leicht ausführbar sein dürfte, weil Professoren und Dozenten mit ihren eigenen Vorlesungen beschäftigt sind,d so sollte es doch auch möglich sein, den Professor durch einen eigens dafür bestimmten Adjunkten supplieren zu lassen, besonders wenn jener — wie doch fast immer der Fall ist — nach geschriebenen Heften vorträgt oder der Adjunkt sich, wie es seine Bestimmung erfordert, mit dem Geiste der Vorträge des Professors vertraut gemacht hat. eÜbrigens sind bekanntlich aus dem Institut der Adjunkten ausgezeichnete Professoren hervorgegangen.e Der Minister des Inneren teilte die Ansicht des Justizministers. Auch er erkennt das Institut der Adjunkten und Supplenten als eine wünschenswerte Ergänzung des Dozententums und findet nicht, daß dessen Bestand dem gegenwärtigen Unterrichtssystem, wenigstens was die exakten und positiven Fächer betrifft, irgendeinen Eintrag zu tun vermöchte oder mit demselben im Widerspruch stände. Das Studium der Fachdisziplinen, namentlich der obligaten Lehrgegenstände, erfordert auch nach diesem System die Kontinuität des Vortrags und das Abschließen des Gegenstands mit Ende des Schuljahres. Tritt eine Unterbrechung desselben wegen Erkrankung oder sonstiger Verhinderung des Professors ein, so muß, wie allseitig zugegeben wird, eine Stellvertretung beschafft werden, und für diese ist wohl am sichersten durch eine eigens dafür bestimmte Einrichtung gesorgt als durch die Zuweisung an einen anderen Professor oder Dozenten, der nicht immer vorhanden ist. Die aus der Originalität des Professors hergenommene Einwendung erscheint nicht von so großem Gewichte, denn die Schüler entbehren jene ja auch dann, wenn sie einem anderen Professor oder Dozenten zugewiesen werden. Dann ist — rein philosophische Doktrinen ausgenommen — das Gebiet der meisten Wissenschaften ein bestimmt abgegrenztes. Der Professor kann nicht alle Jahre etwas anderes, ganz Neues darin aufstellen und tradieren. Um so leichter wird es also den Adjunkten sein, sich in das System des Professors einzuarbeiten und dann in Fällen seiner Verhinderung seine Vorlesungen zu supplieren. Und da, wie schon bemerkt, die Adjunkten auch zur Aushilfe der Professoren in disziplinären Verrichtungen sich ebenso eignen als zur Erreichung eines tüchtigen Nachwuchses für das Lehramt, so dürfte die Wiedereinführung dieses Instituts um so minder einem Bedenken unterliegen, als dazu auch Dozenten berufen werden könnten. Der Finanz- und Handelsminister bemerkte: Wenn es sich um die Frage handelt, ob das Institut der Adjunkten mit dem Prinzip des Universitätsunterrichtssystems vereinbarlich sei oder nicht, so muß man sich vor allem die Bestimmung des Adjunkten klarmachen. Sie soll im wesentlichen in der Ausbildung für die Professur und in der Supplierung der Professoren bestehen. Besitzt er die ausreichende Bildung, um das letztere zu vermögen, so kann er Dozent sein, d. h., es kann einer der Dozenten das verrichten, wozu die Anstellung eines eigenen Funktionärs verlangt wird. Dieser wird um so entbehrlicher sein, wenn bei der Supplierung — wie vorausgesetzt werden will — es nur auf das Ablesen der Hefte des Professors || S. 105 PDF || ankommt, wozu wohl bald einer geeignet ist. Zur Ausbildung für das Lehramt ist ebenfalls die Anstellung eines eigenen Funktionärs nicht notwendig. Der junge Mann, der sich den Professor auserwählt, um sich nach seinen Vorträgen zu bilden, ist an der Seite des Professors nichts als dessen Eleve. Er hat keine Funktion, keine ämtliche Verrichtung, sondern nur die Bestimmung, sich selbst im Lehrfache zu bilden und ist darum kein Adjunkt in dem Sinne, wie sie früher bestanden und gegenwärtig, wie schon gezeigt, durch den Dozenten ersetzt werden. Weder zur Supplierung noch zur Ausbildung im Lehramte scheint eine eigene organische Einrichtung durch Aufstellung solcher Adjunkten notwendig zu sein, da beide Zwecke in anderen Wegen ebenso vollkommen und ohne besondere Auslagen erreicht werden können. Der vorsitzende Minister des Äußern teilte ebenfalls die Meinung des Finanzministers, daß eine besondere organische Einrichtung für die bemerkten Zwecke nicht erforderlich, sondern das Institut der Dozenten dafür ausreichend sei.
Gegen die sub B des I. Abschnitts aufgeführte historische Darstellung ergab sich keine Erinnerung, nachdem die Erörterung der am Schlusse angedeuteten Maßregeln bei Frage II, 1 ad B, b und II, 2, dann II, 2, B vorbehalten wird9.
Fortsetzung am 6. Dezember 1853. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 3. Dezember 1853.
Kontrolle des Besuchs der Vorlesungen.
Bei der Besprechung des II. Abschnittes sub B lit. b, wo als zweite Bedingung der Aneignung der erforderlichen Kenntnisse der fleißige Besuch der Vorlesungen angegeben wird, bemerkte der Minister des Inneren , daß von Seite der Denkschrift selbst anerkannt werde, daß es eine wesentliche Aufgabe der Studienleitung sei, die Frequenz der Studierenden fortschreitend zu kontrollieren. Jetzt sei man in dieser Beziehung zu lax, und ausgiebigere Maßregeln zur Überwachung der Frequenz seien im hohen Grade wünschenswert. In der Denkschrift selbst werden Mängel der gegenwärtigen diesfälligen Übung angebegen und Mittel der Abhilfe in Antrag gebracht. Die Jugend bedürfe der Ordnung und Aufmerksamkeit, welche sich nicht bloß auf die Gymnasial-, sondern auch auf die Fakultätsstudierenden zu erstrecken hätte. Die Ordnung sei die Seele alles guten Verhaltens, in den Studienjahren sowohl als in dem ganzen nachfolgenden Leben. Ein gezwungenes Lernen sei allerdings nicht viel wert. Allein die Gestattung einer größeren Freiheit diesfalls schließe eine strenge Ordnung und Aufsicht über die Studierenden nicht aus. Überhaupt sei eine nützliche Verwendung der ganzen Zeit von Seite der Studierenden im hohen Grade wünschenswert. || S. 106 PDF || Zur Erzielung einer ausgiebigeren Kontrolle über den Fleiß und die Frequentation der Studierenden würde der Minister des Inneren nebst den in der Denkschrift angegebenen Mitteln auch die den Professoren und Privatdozenten aufzutragende Abhaltung zeitweiliger Prüfungen, und bei nicht demonstrativen Fächern die zeitweilige Vornahme von Kolloquien [für günstig] halten, weil die Studierenden dadurch schon im Laufe des Vortrages zur Aufmerksamkeit und zum Fleiße veranlaßt werden. Der Kultus- und Unterrichtsminister Graf v. Thun fand hier zu erinnern, daß durch das neue System den Professoren und Dozenten das Recht, Kolloquien zu veranstalten und, wenn sie es für dienlich oder notwendig finden, auch den Katalog zu lesen, keineswegs benommen, sondern ihrem Ermessen überlassen sei. Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner hält das Ablesen des Kataloges für ein sehr mißliches und unausgiebiges Mittel, den Fleiß und die Frequentation der Studierenden zu überwachen und zu befördern. Der fdie Universität besuchendef Jüngling könne diese kindische Behandlung nicht wohl vertragen. Wenn man es vermeiden kann, den Katalog zu lesen, so sollte es geschehen. Nach seiner Erfahrung gebe es ein sehr einfaches und sicheres Mittel, die Frequenz der Studierenden zu beaufsichtigen. Dieses besteht darin, daß, nachdem die Studierenden in der ersten Vorlesung sich beliebig gesetzt haben, später ein Bankkatalog verfaßt wird und allenfalls die Bänke alle Wochen in der Art wechseln, daß die in der ersten Woche in der ersten Bank Sitzenden in die zweite Bank, die aus der zweiten Bank in die dritte usw. und die aus der letzten Bank in die erste zu sitzen kommen. Dieses werde hier nur angedeutet, da in der Wesenheit alles auf die Qualität der Professoren selbst ankomme. Sind diese Männer von Ruf und ausgezeichneter Wissenschaft, so werden ihre Kollegien immer gefüllt sein und sie die volle Überzeugung von der Frequenz der eingeschriebenen Studierenden haben. Für solche Männer wären keine besonderen Vorschriften notwendig, und ihnen könnte und sollte die nötige Latitüde in der Überwachung des Fleißes und der Frequentation ihrer Schüler eingeräumt werden. Der Justizminister Freiherr v. Krauß würde weder das Numerieren der Plätze noch eine bestimmte Bankordnung für zweckmäßig erkennen, weil leicht ein Dritter auf den ihm nicht gebührenden Platz sich setzen und so den Professor oder Privatdonzenten täuschen gund zur Störung der Ordnung Anlaß gebeng könnte. Nach dem Dafürhalten dieses Ministers ist das Erziehen der Studierenden auch auf der Universität fortzusetzen und mit dem Gymnasium und der Maturitätsprüfung nicht abzuschließen. Auch auf der Universität sollen die Studierenden streng bei der Ordnung und Erfüllung ihrer Pflichten erhalten werden. Als ein ausgiebiges Mittel zu diesem Ende würde der Justizminister das zeitweilige Ablesen des Kataloges und das Aufrufen einzelner in Verbindung mit Fragestellungen über den bereits vorgetragenen Gegenstand erkennen. Der Unterrichtsminister fand hier zu erinnern, daß dieses wohl in einzelnen Fällen zulässig erscheine, bei größeren Kollegien (von 200 und mehreren) aber nicht ausführbar sei. Überhaupt schiene ihm nicht notwendig, mit neuen || S. 107 PDF || Vorschriften vorzugehen, da die in der Denkschrift erwähnten Maßregeln für die Überwachung des Fleißes und der Frequentation der Studierenden hinlängliche Gewähr zu leisten geeignet sein dürften hund die Gefahr sehr nahe liege, durch allgemeine Vorschriften den vor allem heilsamen individuellen Einfluß ausgezeichneter Lehrer zu beeinträchtigen und dadurch weit mehr zu schaden als zu nützenh .
Fortsetzung am 13. Dezember 1853. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 3. Dezember 1853.
Fach- und Annualprüfungen.
Bei der Erörterung der Seite 38, Punkt 2, vorkommenden Frage, inwieweit die Abstellung der Schulprüfungen10 nach den bisherigen Wahrnehmungen sich als zweckmäßig bewährt habe und, wenn das nicht der Fall wäre, in welcher allenfalls verbesserten Weise dieselben wieder einzuführen wären, fand die Konferenz vor allem die unter der Marginale b vorkommende Schilderung der Nachteile der Prüfungen mit zu grellen Farben aufgetragen.
Der Finanz- und Handelsminister bemerkte, daß man zwischen dem, was als Plan nach dem alten Systeme vorgeschrieben war, und zwischen dem, was die Professoren wirklich getan haben, unterscheiden müsse. Hätten die Professoren sich streng an den vorgeschriebenen Plan gehalten, so wären allerdings alle die Nachteile eingetreten, wie sie in dem Absatze a dargestellt werden. Allein die Professoren, wenigstens viele, haben ihrer durch die Erfahrung gewonnenen besseren Einsicht folgend sich manche Abweichungen von dem Plane erlaubt, wodurch es geschah, daß die Nachteile der Prüfungen keineswegs so groß waren, wie sie hier geschildert werden. Es haben auch unter dem früheren Systeme Lebendigkeit und Wetteifer sowohl unter den Lehrern als unter den Studenten geherrscht, und es könne nicht in Abrede gestellt werden, daß auch unter dem früheren Systeme ganz tüchtige Männer aus den österreichischen Lehranstalten hervorgegangen sind. Die größte Gelehrsamkeit nütze nichts, wenn man sich nicht verständlich machen kann, und daß man dies lerne und könne, dazu haben die Prüfungen gedient. Auf Universitäten der kleinen Staaten, wie die meisten in Deutschland sind, könne die Pflege der Wissenschaft mit dem Unterrichte für die bestimmten Zwecke des Staates vereinigt werden. In großen Staaten dagegen müsse die iPflege der Wissenschaft um ihrer selbst willeni von der Abrichtung zu gewissen Staatszwecken, z. B. für den Beamten- und den geistlichen Stand, getrennt werden, und für diese besonderen Zwecke erscheinen Prüfungen aus jedem einzelnen Fache und nicht aus mehreren oder allen Fächern zusammen angedeutet. Die Prüfungen, bemerkte der Finanzminister weiter, wurden in den || S. 108 PDF || Hörsälen öffentlich abgehalten, jeder konnte dazugehen, und der dabei befindliche lf. Kommissär hat diese Prüfungen überwacht und zugleich die Lehrfähigkeit des Lehrers beurteilt und darüber an die Behörde berichtet. Die Professoren haben darauf gesehen, daß die Schüler etwas lernen, und sie selbst waren die Kontrollanten ihrer betreffenden Klassifikation. Auch der Minister des Inneren bemerkte, daß die Prüfungen immer als eine ernste Maßregel betrachtet und als solche gehandhabt worden sind, und bedauert, daß sie abgestellt wurden, da sie ein wichtiger Teil des organischen Entwicklungsganges der Studien waren. Jedes Jahr hatte nämlich seine Aufgabe, und am Schlusse desselben hatten die Studenten Rechenschaft darüber abzulegen vor sich, ihren Kollegen und dem Lehrer. Jetzt ist der Student ein freier Mann und durch Jahre keiner Kontrolle unterworfen. Nach der Ansicht des Ministers des Inneren könnten doppelte Prüfungen statthaben, nämlich Prüfungen aus jedem Gegenstande, nach dessen Vollendung für sich oder im Zusammenhange aus der Gesamtwissenschaft, wenn man sich eine klare Übersicht über den ganzen Gegenstand erworben hatj . Jeder Student wäre berechtigt, die Annualprüfung zu machen und sich darüber Zeugnis von dem Professor geben zu lassen, und wer solche Zeugnisse über alle Gegenstände der theoretischen Staatsprüfung aufzuweisen hätte, wäre von dieser letzteren Prüfung freizulassen. Der Justizminister fand die Behauptung, daß die Studenten nur für die Prüfung lernen, in ihrer Allgemeinheit nicht für gegründet. Bei einzelnen mochte dies allerdings der Fall sein, aber dieser Fall werde bei einzelnen auch in der Vorbereitung für die Staatsprüfungen eintreten. Die Gruppierung der Gegenstände zu den Schlußprüfungen gewähre nur einen problematischen Vorteil, und eine ganz homogene und sachgemäße Gruppierung sei oft nicht möglich, wie das Zusammengeben z. B. der Rechtsphilosophie und der österreichischen Geschichte zu einer und derselben Staatsprüfung zeigt. Der Justizminister fand sich daher für Fach- und Annualprüfungen aus den einzelnen Gegenständen nach ihrer Vollendung auszusprechen. Der große Nutzen der Prüfungen bestehe darin, daß die Studierenden dadurch immer im Eifer und in reger Emulation erhalten werden, daß sie dadurch aufmerksam auf sich werden und, wie die Erfahrung lehrte, oft durch einen bei der Annualprüfung erhaltenen schlechten Kalkül sich aufrafften und sehr fleißige Studenten wurden, während sie jetzt durch Jahre keiner Kontrolle unterworfen sind. Für jene, die sich den Wissenschaften als solchen widmen wollen, kohne auf einen Staatsdienst Anspruch zu machen,k mögen keine Prüfungen bestehen, wohl aber für jene, die sich dem Staatsdienste zu widmen gesonnen sind, l nd diese bilden die große Mehrzahl der Studierenden. In den Annualprüfungen werden die Schüler aus jedem betreffenden Gegenstande wirklich mund gründlicherm geprüft. Bei den Staatsprüfungen bleiben || S. 109 PDF || aber mehrere Gegenstände wegen der Menge des Prüfungsstoffes ganz aus, nwas den Nachteil mit sich bringt, daß in der Regel die Lehrgegenstände, welche in die Reihe der Staatsprüfungen nicht aufgenommen werden, wie z. B. itzt das römische Recht, von den Studierenden ganz vernachlässigt werden, weil von ihnen in Rücksicht auf diese Gegenstände nur ein Frequentationszeugnis gefordert wird. Bei Annualprüfungen wird es wohl leichter sein, ein tieferes Eindringen in den Gegenstand zu fordern, als dies bei den mehrere Fächer umfassenden Staatsprüfungen der Fall ist, indem nach den §§ 38—42 des Prüfungsgesetzes von dem Geprüften nur Übersichtliches gefordert werden soll und das „Minimum von Wissen“ zur Approbierung hinreicht. Demungeachtet hat sich die Zahl der für den Staatsdienst erforderlichen Praktikanten und Auskultanten so vermindert, daß die Ministerien genötigt sind, die Bewerber zur Praxis von einer oder zwei Staatsprüfungen zu dispensieren und die jungen Leute bloß auf die Frequentationszeugnisse [hin] in die Praxis aufzunehmen. Dieser Umstand scheint hinreichend zu beweisen, daß das Staatsprüfungssystem für unsere Zustände und Bedürfnisse nicht paßtn was den Nachteil mit sich bringt, daß in der Regel die Lehrgegenstände, welche in die Reihe der Staatsprüfungen nicht aufgenommen werden, wie z. B. itzt das römische Recht, von den Studierenden ganz vernachlässigt werden, weil von ihnen in Rücksicht auf diese Gegenstände nur ein Frequentationszeugnis gefordert wird. Bei Annualprüfungen wird es wohl leichter sein, ein tieferes Eindringen in den Gegenstand zu fordern, als dies bei den mehrere Fächer umfassenden Staatsprüfungen der Fall ist, indem nach den §§ 38—42 des Prüfungsgesetzes von dem Geprüften nur Übersichtliches gefordert werden soll und das „Minimum von Wissen“ zur Approbierung hinreicht. Demungeachtet hat sich die Zahl der für den Staatsdienst erforderlichen Praktikanten und Auskultanten so vermindert, daß die Ministerien genötigt sind, die Bewerber zur Praxis von einer oder zwei Staatsprüfungen zu dispensieren und die jungen Leute bloß auf die Frequentationszeugnisse [hin] in die Praxis aufzunehmen11. Dieser Umstand scheint hinreichend zu beweisen, daß das Staatsprüfungssystem für unsere Zustände und Bedürfnisse nicht paßt. Dem Justizminister leuchtet es auch nicht ein, warum der Vortrag der Professoren wegen der Staatsprüfungen umfassender sein sollte, als wenn keine Prüfungen abzuhalten sind. Jetzt mag man wohl die Gegenstände mit größerer Ausdehnung behandeln, die Folge davon sei aber nicht selten, daß der Vortrag am Schlusse des Jahres abgebrochen wird, wenn auch der Gegenstand nicht beendet wurde.
Hinsichtlich der unter b dieses Absatzes vorkommenden Behauptung, bemerkte der Finanz- und Handelsminister , daß es sich im Laufe der Studienjahre wohl nicht darum handeln könne, daß die Studierenden, auf so viele Gegenstände angewiesen, in das Gebiet derselben tief eindringen. Es genüge im allgemeinen, daß sie den Gegenstand so weit erlernen, als sie ihn brauchen, z. B. wenn sie aus der Physik nur das auffassen, was sie für das Leben benötigen. Es gebe ferner Gegenstände, die, um durchdrungen zu werden, einen guten Teil der Lebenszeit in Anspruch nehmen, und es sei z. B. unmöglich, die Physiologie (Gesetze der organischen Tätigkeit) schon im Laufe des Studienjahres von einem höheren Standpunkte und als ein Ganzes aufzufassen, und gegenwärtig sollten die Studierenden bei allen Gegenständen so verfahren, was eine durchaus unmögliche Forderung ist. Es komme vorzüglich darauf an, eine Einrichtung zu treffen, wie man am besten die Kultur der Wissenschaft mit der Abrichtung für gewisse Staatszwecke vereinigen könnte, was allerdings eine schwere und heikliche Aufgabe sei. Man dürfte sich der Lösung derselben am meisten nähern, wenn man die Gebrechen der früheren Einrichtungen, z. B. das starke Vorwalten der Prüfungen, soviel tunlich beschränken würde, ohne deshalb auch das Gute des früheren Systems fahrenzulassen. So könnten z. B. die Fachprüfungen für Theologen und Juristen, die sich dem Staatsdienste widmen wollen, beibehalten werden unbeschadet der vorzunehmenden Prüfungen nach gewonnener Übersichtlichkeit, || S. 110 PDF || wie der Staatsprüfungen, des Doktorats etc. Kurz, es wäre das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Vom größten Wert hierbei sei die gegenwärtige bessere Einrichtung der Gymnasien, welche es möglich machen wird, daß in den Fakultätsstudien wird mehr geleistet werden können. Der vorsitzende Minister der auswärtigen Angelegenheiten teilte die oben ausgesprochenen Ansichten. Nach seinem Dafürhalten wären jene, die nicht in den Staatsdienst treten oder die nicht Gelehrte werden wollen, zu keiner Prüfung zu verhalten. Dagegen hätten jene, die sich dem Staatsdienste widmen wollen, künftig Prüfungen zu machen und, insoferne sie solche aus gewissen Gegenständen der theoretischen Staatsprüfung bereits abgelegt haben, hätten ihnen diese abgelegten Prüfungen als Erleichterung bei dieser Staatsprüfung zu gelten.
Der Minister des Kultus und Unterrichtes Graf Thun glaubte schließlich, nur bemerken zu sollen, daß die unter b vorkommende Darstellung der Nachteile der Prüfungen nicht als ausnahmslose Wirkung des früheren Systems aufgefaßt werden dürfte. Es gab allerdings auch früher ausgezeichnete Professoren und Studenten, bei welchen die geschilderten Nachteile nicht eingetreten sind, wie in seinem Elaborate auch ausdrücklich bemerkt werde. Als Regel aber müsse behauptet werden, daß die Nachteile wirklich die geschilderten waren. Die Klassenprüfungen, gegen deren Wiedereinführung er sich wiederholt aussprechen müsse, würden auf die ganze Methode des Lehrens und Lernens den nachteiligsten Einfluß äußern. oEs werde eben hinsichtlich des Lehrens sowohl als des Studierens jetzt eine andere Methode angestrebt als früher. Die Lehrer und die Studenten haben mehr zu leisten. In dieser Beziehung fange auch in der Tat zum großen Vorteile der Sache ein wesentlicher Umschwung an, sich geltend zu machen. Bibliotheken und wissenschaftliche Anstalten werden von Studierenden mit mehr Fleiß und ungleich mehr wissenschaftlichem Streben besucht als ehemals, und in allen Fächern, für welche tüchtige Professoren vorhanden sind, werde mit viel mehr Selbständigkeit nach gründlicher Bildung gestrebt,o was aber alles durch die Annualklassenprüfungen wieder gestört würde.
Fortsetzung am 17. Dezember 1853. Vorsitzender und Gegenwärtige wie am 13. n[ämlichen] M[onats].
Zu dem Abschnitte B der Frage 2, Seite 41—47, ergaben sich folgende Bemerkungen :
Höhere Bildungsanstalt für den Zivildienst.
Bezüglich der Errichtung von Konvikten äußerte der Minister des Inneren , daß es wünschenswert sei, wenn von Staats wegen zur Heranbildung ausgezeichneter || S. 111 PDF || junger Leute für den höheren Staatsdienst neben den gewöhnlichen Konvikten eine eigene höhere Bildungsanstalt nach Art der höheren Militärschulen errichtet und mit den ausgezeichnetsten Schülern der Gymnasien nach deren Absolvierung besetzt würde. Das Theresianum verfolgt wohl diesen Zweck, erreicht ihn aber nicht, weil es Kinder aufnimmt, welche von den untersten Schulen bis zur Vollendung der juridischen Studien durchgeführt werden, wobei es vermöge der Bestimmung, daß, wer auch bloß genügenden Fortgang ausweist, nicht entlassen werden kann, natürlicherweise geschieht, daß in der Mehrzahl Mittelmäßige durchkommen und dann in [den] Staatsdienst eintreten. Mit solchen Leuten aber ist dem höheren Staatsdienste nicht geholfen. Wird dagegen eine Anstalt gegründet, in welche nur Schüler aufgenommen werden, welche die Gymnasialstudien mit Auszeichnung zurückgelegt haben, und wird diese Anstalt mit Rücksicht auf die Ausbildung für den höheren Staatsdienst eingerichtet und geleitet, so ist zu erwarten, daß die Zöglinge auch in den juridisch-politischen Wissenschaften einen ausgezeichneten Fortgang machen und dem im Eingange bemerkten Zwecke vollkommen zu entsprechen imstande sein werden.
Semestral- und Annualprüfungen [werden] nur eventuell und bedingungsweise zugelassen (Seite 46).
Fach- und Annualprüfungen.
Der Justizminister trug darauf an, die Prüfungen püber jeden Lehrgegenstand (sogenannte Annualprüfungen) aus den schon früher angeführten Gründenp unbedingt wiederherzustellen. Daß die Prüfungen das einfachste Mittel seien, sich von den gesammelten Kenntnissen die Überzeugung zu verschaffen, ist anerkannt; denn es wird nach absolvierten Studien (Gymnasial- und juridischen) eben auch nichts anderes als eine (Maturitäts-, Staats-)Prüfung verlangt. Die Studien laufen also für denjenigen, der ihrer zu seiner Berufspraxis bedarf, in keinem Falle ohne Prüfung ab. Es fragt sich also, ob die am Ende der Studienlaufbahn zusammengedrängten Prüfungen den periodischen Semestral- und Annualprüfungen vorzuziehen seien. Bei den theologischen Studien werden die letzteren vorgezogen; auch im lombardisch-venezianischen Königreiche bestehen sie gegenwärtig in allen Studien noch (freilich, wie der Unterrichtsminister entgegnete, qmit ganz unentsprechendem Erfolge, so daß von dem Generalgouvernement bereits die Notwendigkeit einer den Staatsprüfungen ähnlichen Einrichtung nachdrücklich hervorgehoben worden seiq ), und sie werden selbst in der vorliegenden Abhandlung für gewisse Klassen von Studierenden ganz, für andere in der minder vollkommenen Weise von Kolloquien und Disputationen (Seite 43) vorgeschrieben oder wenigstens zugelassen. Was nun bei diesen zulässig ist, warum sollte es nicht bei allen sein können? Vielleicht, weil es den Professoren lästig ist, alle Semester oder Schuljahre soundso viele Schüler zu examinieren? Allein auf die Bequemlichkeit der Professoren ist keine Rücksicht zu nehmen, || S. 112 PDF || und die andere Haupteinwendung, welche gegen die Semestral- und Annualprüfung erhoben wurde, — das mechanische Abfragen und Aufsagen des Gelernten — trifft nicht den Bestand, sondern nur die Art und Weise der Prüfungen. Werden sie in zweckmäßiger Weise mit der gehörigen Strenge und Umsicht veranstaltet, so geben sie ein ebenso einfaches als zuverlässiges Mittel ab, sich periodisch von dem Fortgange und den Kenntnissen des Studierenden die Überzeugung zu verschaffen. Durch sie gibt der Studierende sich selbst, seinen Eltern und Lehrern Rechenschaft von dem Erlernten ab, und sie haben vor den bloß am Schlusse der Gesamtstudien abgelegten Prüfungen oder Rigorosen, abgesehen von der doppelten Gewähr, die sie mit diesen geben, noch den Vorteil voraus, daß Minderbefähigte durch den zweifelhaften oder unglücklichen Ausschlag einer Jahresprüfung noch beizeiten auf den rechten Weg gelenkt und vor dem Unglück bewahrt werden, nach mehrjährigen Studien und Fehlschlagen der Staatsprüfungen etc. eine andere Laufbahn beginnen zu müssen.
Der Minister des Inneren verkannte zwar ebenfalls nicht die Zweckmäßigkeit gehörig angestellter Semestral- und Annualprüfungen, hält aber deren Anwendung vornehmlich durch die Art des Studiums bedingt. Beim philosophischen Studium, welches in der Regel bloß aus Vorliebe ohne unmittelbarenr praktischen Zweck oder behufs der Ausbildung zum Lehramte betrieben wird, scheinen Semestral- und Annualprüfungen nicht notwendig zu sein, weil, wer bloß aus Liebe zur Wissenschaft ohne einen eigentlichen Berufszweck studiert, niemandem Rechenschaft über seinen Fortgang zu geben schuldig ist, Lehramtskandidaten aber werden ohnehin der strengen Schlußprüfung oder den Rigorosen pro laurea unterzogen. Die theologische Fakultät entfällt hier ganz12. Es erübrigen sonach nur Juristen und Mediziner. Wovon die Erprobung der Kenntnisse derselben für den Antritt ihrer Praxis abhängig zu machen sei, wird füglich später, nach Erörterung der Obligatlehrgegenstände, besprochen werden. Hier, wo es sich nur um eine mittlerweilige Kontrolle des Fleißes und Fortgangs handelt, dürfte es genügen, dem Studierenden die Freiheit zu lassen, ob er periodisch geprüft werden will oder nicht. Läßt er sich prüfen, so ist ihm ein Zeugnis darüber auszustellen, welches dann, wenn es sich um die Staatsprüfung handelt, als gültig die Dispens von der theoretischen Staatsprüfung rücksichtlich aller Fächer, worüber er die Studienprüfung abgelegt hat, zur Folge haben würde. Läßt er sich nicht prüfen, so muß er dann jedenfalls sich der Staatsprüfung unterziehen. Unbillig aber erschiene es, nur einen Teil der Studierenden, wie im Elaborate auf Seite 46 angetragen, zur Ablegung von Semestral- und Annualprüfungen zu verhalten. Entweder müßten alle dazu gezwungen werden, oder es soll allen freibleiben, sich solchen Prüfungen zu unterziehen.
Der Finanzminister war ebenfalls für die bloß fakultative Zulassung der Semestral- und Annualprüfungen. Er hielt es für genügend, denjenigen, welche es um ihrer selbst oder ihrer Angehörigen willen wünschen, Proben ihres Fleißes || S. 113 PDF || und ihrer Kenntnisse abzulegen, die Gelegenheit dazu durch Anstellung solcher Prüfungen zu verschaffen. Welche Gültigkeit und Wirkung den hierüber ausgestellten Zeugnissen zuzugestehen seien, wird Gegenstand einer besonderen Erwägung sein. Zwei Dinge aber sind es vornehmlich, welche gegen die Annual- und Semestralprüfungen als Regel sprechen, nämlich der damit verbundene Zeitaufwand, welcher alsdann den Vorlesungen selbst und somit dem wissenschaftlichen Fortschritte der Studenten entgeht, dann, daß bei einer größeren Anzahl von Studierenden nicht jeder erschöpfend und mit neuen Fragen geprüft werden kann, wodurch dann eben das mechanische Abfragen und Aufsagen veranlaßt wird. Der vorsitzende Minister des Äußern erklärte sich mit der Ansicht des Justizministers einverstanden. Es geht mit den Prüfungen wie mit den Pferdewettrennen. Wohl läuft manchmal ein schlechtes Pferd mit und gewinnt den Preis, aber es gibt kein anderes Mittel, um die sFortschritte in der Pferdezuchts zu erproben. So ist auch beim Studenten die Prüfung als Mittel, um zu erkennen, was er gelernt hat, unumgänglich notwendig ebenso wie zur Kontrolle des Fleißes, weil nur wenige Genie und Willenskraft genug besitzen, ohne äußeren Anlaß, bloß um der Wissenschaft selbst willen, ununterbrochen zu studieren und die Materialien zur Endprüfung zu sammeln. Wer bloß Gelehrter sein will, der studiert freilich ohne äußern Antrieb, der bedarf keiner Semestral- und Annualprüfungen —, wer aber aus der Wissenschaft den praktischen Nutzen ziehen, sie insbesondere im Staatsdienste anwenden will, soll, abgesehen und unabhängig von den Staatsprüfungen, gehalten sein, periodisch Rechenschaft von seinem Wissen abzulegen. Welche Modalitäten dabei einzutreten haben und welche Erleichterungen den Professoren dabei gewährt werden könnten, ist eine andere Frage. Übrigens kann über den Wert der Semestral- und Annualprüfungen als Mittel zur Erprobung der Qualifikation für den Staatsdienst auch noch beim VI. Abschnitt ein Wort gesprochen werden.
Fortsetzung am 24. Dezember 1853. Praeses und Praesentes wie am 17. n[ämlichen] M[onats].
Obligate und nichtobligate Lehrgegenstände.
Beim III. Abschnitte, Frage 3, über die obligaten und nichtobligaten Studien (Seite 47—51) erklärte der Finanzminister sich im allgemeinen mit dem System einverstanden, daß die Obligatstudien bloß gruppenweise und nicht nach einzelnen Lehrfächern determiniert worden seien. So z. B. ist es vollkommen ausreichend, für den Mediziner Seite 49 vorzuschreiben, daß, bevor er die Klinik besuchen könne, er früher die theoretische Medizin studiert haben müsse und zu dieser selbst nicht eher zugelassen werde, bis er nicht die vorbereitenden naturwissenschaftlichen Studien (Mineralogie, Botanik, Zoologie und Chemie) gemacht hat. Nur vermißte der Finanzminister unter diesen letzteren die Physik, welche || S. 114 PDF || seines Erachtens dem Mediziner ebenso unentbehrlich ist wie die anderen Naturwissenschaften13. Der Unterrichtsminister rechtfertigte die Weglassung der Physik mit dem Bemerken, daß sich bei diesen Bestimmungen an das dermalen Bestehende gehalten worden sei, wornach nur die zum medizinischen Studium gerechneten Naturwissenschaften hier ihren Platz finden, während die Physik als ein Gegenstand der ehemals für alle vorgeschriebenen philosophischen Studien bereits im Gymnasium vorgetragen wird. Allein die Physik, wie sie im Gymnasium gelehrt wird, schien dem Finanzminister nicht ausreichend für den Mediziner, welcher bei den vielfachen Beziehungen dieser Wissenschaft zur Medizin, bei den stets fortschreitenden Entdeckungen in den Materien von der Elektrizität, Galvanismus und Magnetismus etc. und deren Anwendung im Heilverfahren unstreitig eines gründlicheren und umfassenderen physikalischen Unterrichts bedarf, als er in dem Gymnasium erteilt werden kann.
Der Minister des Inneren trat dieser Ansicht bei, und der Justizminister ging noch weiter, indem er den Medizinern wenigstens einen ganzen philosophischen Jahrgang als Vorbereitungsstudium vorgeschrieben wissen will, damit sie außer der Physik auch noch in der Logik, Metaphysik, Ethik und vornehmlich in der für den Arzt so wichtigen Psychologie gehörig unterrichtet werden. Nicht minder hält dieser Stimmführer ein solches Vorbereitungsjahr auch für die Juristen für notwendig, um sie mit den zum Studium der Rechte so notwendigen Vorkenntnissen auszurüsten, welche sie im Gymnasium bei dem nur höchst dürftigen Vortrage der Logik, Metaphysik etc., dann der allgemeinen und österreichischen Staatengeschichte nicht erlangen. Um übrigens hierdurch das juridische und medizinische Studium nicht über die bisher übliche Anzahl von Jahrgängen zu verlängern, würde er die Verwendung der achten Klasse des Gymnasiums für dieses Vorbereitungsstudium in Vorschlag bringen, nachdem in der genannten Klasse fast ausschließend (11 Stunden wöchentlich) lateinische und griechische Philologie tradiert wird, welche doch — man sollte meinen — in den vorhergegangenen Jahren hinlängliche Pflege und Ausbildung erlangt haben dürfte. tDie itzt bestehende Einrichtung, daß der Kandidat der Staatsprüfungen während der vier juridischen Universitätsjahre wenigstens vier Kollegien über Philosophie und Geschichte gehört haben müsse, kann, abgesehen davon, daß diese vier Kollegien nur zum Abbruche für das Studium der juridischen Fächer in den vierjährigen juridischen Kursus eingeschoben wurden, das vom Votanten vorgeschlagene philosophische Vorbereitungsjahr nicht ersetzen, weil auch in der Philosophie keine Staatsprüfung abgelegt wird, daher von der Mehrzahl der Schüler kein gründliches Studium der philosophischen Disziplinen zu erwarten ist.t Gegen ein solches Eingreifen in den Gymnasialstudienplan an diesem Orte glaubte der Unterrichtsminister Verwahrung einlegen zu müssen, umso mehr, als es ja nicht einmal so ausgemacht ist, ob es in wissenschaftlicher Beziehung zweckmäßiger sei, die oben gedachten Disziplinen schlechterdings vor den juridischen oder medizinischen Studien tiefer, als es im Gymnasium geschieht, || S. 115 PDF || durchmachen zu lassen oder während oder nach diesen. Da jedoch auch der Minister des Inneren für die Juristen ein Vorbereitungsjahr wünschte, weil ihnen sonst die Zeit zu kurz wird, alles mit der gehörigen Gründlichkeit aufzufassen, so erachtete man, diese Frage nach seinem Antrage einstweilen offenzulassen, bis man zur Beratung des VII. Abschnitts „Reform des juridischen Studiums“ wird gekommen sein.
Ordnung, in welcher die obligaten Fächer zu studieren sind.
Ein weiterer Antrag des Justizministers , das Studium für Mediziner und Juristen nicht bloß gruppenweise einzuteilen, sondern im einzelnen die obligaten Lehrfächer und die Ordnung, in welcher sie zu hören seien, festzusetzen, fand von Seite der Konferenz keine Unterstützung.
Der Justizminister führte zwar aus, wie eine solche Maßregel für den jungen Menschen, der aus dem Gymnasium, wo diese Ordnung bestand, nun in das Brotstudium übertritt, dessen Umfang und System er nicht zu übersehen vermag, eine wahre Wohltat sein würde, indem sie ihm die schwierige Wahl unter den verschiedenen Disziplinen erspart und ihn so vor Mißgriffen sichert. Es wird zwar angeführt, daß der Kandidat sich in der Regel an den Rat der Professoren oder erfahrener älterer Studenten halten und darnach seine Einteilung treffen möge. Allein dieses beweist eben, daß er einer solchen Führung bedarf, und es ist gewiß besser, ihm die Ordnung gleich vorzuschreiben, um so mehr als darnach auch die Stundeneinteilung geregelt werden kann, welche wohl sonst bei der freien Wahl den Ausschlag zu geben pflegt. Die Majorität fand aber durch die Bestimmung der Hauptgruppen und der Ordnung, in welcher sie erlernt werden müssen, für die wissenschaftlichen Zwecke hinlänglich gesorgt und glaubte eine Beschränkung in der Wahl der einzelnen Gegenstände und ihrer Reihenfolge innerhalb der vorgezeichneten Gruppen weiters nicht beantragen zu sollen, weil einerseits in wissenschaftlicher Hinsicht oft wirklich gleichgültig ist, ob dieses oder jenes Fach vor oder nach einem anderen gehört wird, und weil andererseits dem Studierenden ohne Not kein Zwang auferlegt werden soll, sich einer Ordnung zu unterwerfen, welche, ohne durch höhere wissenschaftliche Forderungen bedingt zu sein, seinen Neigungen oder sonstigen Verhältnissen nicht entspräche.
Fortsetzung am 7. Jänner 1854. Praesidium und Praesentes wie am 24. Dezember 1853.
Nachdem die Lösung der im vorstehenden Kapitel erörterten Fragen wesentlich mit demjenigen in Verbindung steht, was im VI. und VII. Abschnitte über die Staatsprüfungen und über die Reform des juridischen Studii gesagt wird, so wurde — mit einstweiliger Übergehung des IV. und V. Abschnitts — unmittelbar zur Beratung der obengedachten Abschnitte VI und VII übergegangen und der historische Teil derselben von Seite 63 bis 77 durchgegangen, wo wegen vorgerückter Stunde abgebrochen und vorbehalten wurde, die allfälligen Erinnerungen || S. 116 PDF || und Anträge am Schlusse der beiden Kapitel zur Sprache und Deliberation zu bringen14.
Fortsetzung am 10. Jänner 1854. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 7. Jänner 1854.
Zur Ausfüllung der in dieser Sitzung von anderen vorgetragenen Gegenständen (worüber ein besonderes Protokoll verfaßt wurde15) erübrigten Zeit wurde mit der Lesung der vorliegenden gedruckten Nachweisung über die Neugestaltung der österreichischen Universitäten, und zwar von Seite 77 bis Seite 83, zu den eigentlichen Anträgen für die Reform der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien in Österreich fortgefahren.
Über diesen heute gelesenen historischen Teil der Nachweisung fand sich die Konferenz zu der Bemerkung im allgemeinen veranlaßt, daß diese Darstellung neben manchen guten und treffenden Ansichten wieder manche andere enthalten, die entweder zuviel aussagen oder nicht vollkommen gegründet sind oder von Voraussetzungen ausgehen, die jetzt nicht mehr bestehen. Als Beispiele hievon werden hier nur angeführt: die Behauptung Seite 78, daß der von dem Hofrate Zeiller ausgearbeitete, bis zum Jahre 1848 im wesentlichen bestandene Plan der juridischen Studien in Österreich eine Anleitung gewesen sei, wie man die juridischen Studien nicht einrichten soll. Die Seite 81 so sehr angefochtene Aufnahme der aus dem Naturrechte entlehnten Sätze (§§ 16 und 17) in das ABGB. und die Behauptung, daß die österreichische Jurisprudenz von der Annahme des fabelhaften, niemals dagewesenen Naturzustandes etc. ausgehe16.
Die meritorische Begutachtung wurde vorbehalten, bis die eigentlichen Anträge für die Reform zum Vortrage kommen.
|| S. 117 PDF || Fortsetzung am 14. Jänner 1854. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 10. des n[ämlichen] M[onats].
In dieser Sitzung wurde mit der Lesung des VII. Abschnitts fortgefahren und bis zum Punkt 2 der Anträge zur Reform der juridischen Studien vorgeschritten. Es wurde von dem Justizminister dabei die Frage erörtert, ob für die Kandidaten der drei Hauptbranchen des Staatsdienstes: Justiz, Politikum und Kamerale, drei verschiedene Studienpläne vorgeschrieben, gewissermaßen drei getrennte Fakultäten eingerichtet werden sollen. Nachdem der Staatsdienst in der untersten Instanz vermöge der neuen Organisierung das Politikum und die Justiz vereinigt17, so würde gegen die Vereinigung der beiden diesfälligen Studienzweige auch nichts einzuwenden und nur die Frage zu stellen sein, ob eine getrennte staatswirtschaftliche und Finanzfakultät zu kreieren sei, wogegen aber wieder zu erwägen kommt, daß der Student beim Eintritt in das Rechtsstudium wohl noch nicht zu beurteilen vermag, welches Fach seinen Fähigkeiten oder Neigungen mehr entspreche, mithin eine scharfe Trennung in dieser Beziehung dem jungen Menschen den Weg versperrt, und daß andererseits zu wünschen ist, daß die jungen Leute möglichst vielseitig gebildet in den Staatsdienst eintreten. In diese Frage wird aber erst dann näher eingegangen werden, wenn es sich um die Prüfung des unter Seite 86 vorkommenden Schemas handeln wird.
Fortsetzung am 17. Jänner 1854. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 14. Jänner 1854 mit Ausnahme des Ministers des Inneren Dr. Alexander Bach.
Zu dem Punkte 2 (Seite 8418) fand der Finanz- und Handelsminister zu bemerken, daß das in diesem Punkte angeführte vollkommen wahr sei und daß das allzu kleinliche Detailstudium von wandelbaren Gegenständen eines jener Hauptgebrechen war, an welchen unsere Studieneinrichtungen bisher gelitten haben. An einer Universität soll nur die Wissenschaft gelehrt und der wissenschaftliche Geist gepflegt werden; die Abrichtung für bestimmte Zwecke folgt dann später, und die Anwendung erlernen die theoretisch Gebildeten in kurzer Zeit selber. Als Beispiel einer in dieser Richtung gegründeten Anstalt führte der Finanzminister die von Napoleon in Paris errichtete polytechnische Schule19 an. In dieser Schule sollten alle für den praktischen Staatsdienst erforderlichen jungen Leute (für den Bergbau, das Bauwesen, die Artillerie, die Geniebranche usw.) || S. 118 PDF || gebildet werden, und doch wurde während des ganzen Kurses nur die reine Wissenschaft, nicht die Anwendung derselben in bezug auf gewisse Gegenstände gelehrt, und es sind aus dieser Anstalt die tüchtigsten Männer für alle praktischen Zweige hervorgegangen. Der Justizminister bemerkte, daß allerdings die wissenschaftliche Bildung, das wissenschaftliche Verständnis vorausgehen und die Hauptsache an den Universitäten sein müsse, daß aber das Detail, besonders bei positiven Fächern, nicht ganz werde weggelassen werden können. Das nähere Eingehen in die Details trage auch dazu bei, eine gründliche wissenschaftliche Kenntnis von einer Sache zu erlangen. Nach seiner Ansicht wäre daher keineswegs apodiktisch hinzustellen, daß sich auf den Universitäten in keine Details eingelassen werden solle. Zum Punkte 3 wurde bemerkt, daß darin von uder österreichischen Rechtsgeschichteu keine Rede sei und nur immer von dem deutschen oder germanischen Rechte gesprochen werde, daß doch das österreichische Recht auch seine Rechtsgeschichte habe: Es gebe nämlich einen Codex Austriacus, Städteordnungen, Privilegien der Städte, einen Tractatus de juribus incorporalibus20 usw. So wichtig nun die deutsche Rechtsgeschichte für einen österreichischen Juristen sei, ebenso wichtig müsse auch die österreichische Rechtsgeschichte für denselben erkannt werden. Der Kultus- und Unterrichtsminister fand, ohne die Wichtigkeit der österreichischen Rechtsgeschichte im mindesten zu verkennen, der Aufklärung halber nur zu erinnern, daß hier von der österreichischen, einem späteren Zeitpunkt gegenüber der deutschen angehörenden Rechtsgeschichte deshalb keine Rede gewesen sei, weil in der Aufzählung nur Rechtsinstitute erwähnt wurden, die einen allgemeinen Charakter haben.
Bezüglich des (Seite 86) vorkommenden Schemas I21 fand der Justizminister seine Ansicht dahin auszusprechen, daß dasselbe nicht als maßgebend anzusehen sein dürfte, weil erstens mehrere wichtige Gegenstände darin gar nicht repräsentiert sind und weil zweitens auch die Ordnung, in welcher die Gegenstände vorgetragen werden sollen, ihm nicht ganz zweckmäßig erscheint. So wurde z. B. die Rechtsphilosophie nach dem Schema erst in dem vierten, d. i. letzten || S. 119 PDF || Jahr der juridischen Studien gelehrt, während sie nach seiner Ansicht, wenn die juridischen Studien wissenschaftlich behandelt werden sollen, in das erste juridische Studienjahr zu verweisen wäre, weil sie die ersten Begriffe von Recht, vom Rechtsgesetze, von der Vereinigung des Rechtsgesetzes mit dem Sittengesetze usw. gibt, daher den übrigen Rechtsdoktrinen vorausgehen muß. Der Finanz- und Handelsminister bemerkte, daß sowohl für das Vorgehen der Rechtsphilosophie den übrigen juridischen Doktrinen als für das Nachfolgen derselben erst im vierten Jahrgang Gründe geltend gemacht werden können. Wird sie nämlich zuerst gelehrt, so habe sie die erwähnten Vorteile, und wird sie erst am Schluß vorgetragen, so werde sie offenbar besser und gründlicher verstanden. Der Justizminister bemerkte weiter, daß gegenwärtig nicht genügend für die philosophische Vorbildung für die angehenden Juristen gesorgt sei. Die gegenwärtige Propädeutik reiche für diesen Zweck nicht hin. Nach seiner Ansicht wäre, vwie er schon oben angedeutet hat,v dem juridischen Studium ein vorbereitender philosophischer Jahrgang statt des achten Gymnasialjahres vorauszuschicken, und es wären darin die Logik, die Psychologie, die Metaphysik und die Ethik zu lehren und damit die allgemeine und die österreichische Geschichte zu verbinden. Nach dem oberwähnten Schema werde dieses letztere Studium unter die juridischen Studien aufgenommen, wohin es offenbar nicht gehört. Durch die Verweisung dieses Studiums in den vorbereitenden philosophischen Jahrgang würde auch Zeit für andere juridische Gegenstände, deren es so viele und wichtige gibt, gewonnen werden. In dem neuen Schema sollte nach dem Dafürhalten des Justizministers auch die innere Politik (die Kultur-, Sicherheits-, Finanzpolitik, die Volkswirtschaftslehre usw.) vertreten sein und neben dem österreichischen Zivilprozeß auch das Verfahren außer Streitsachen (Verlassenschaftsabhandlungen, Grundbücher, Vormundschaften etc.), dann die Finanzgesetzkunde darin Platz finden.
Für die vier Jahrgänge des juridischen Universitätsstudiums würde der Finanzminister folgendes Schema in Vorschlag bringen: 1. Jahrgang: Juristische Enzyklopädie und Methodologie, Rechtsphilosophie, Völkerrecht, Römisches Recht, Deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte. 2. Jahrgang: Kirchenrecht, Strafrecht und Strafprozeß, Innere Politik, österreichische Rechtsgeschichte. 3. Jahrgang: Österreichisches Zivilrecht, Lehens-, Handels- und Wechselrecht, Politische Gesetzeskunde. 4. Jahrgang: Österreichischer Zivilprozeß und Verfahren außer Streitsachen, Allgemeine und Österreichische Statistik, Finanzgesetzkunde. Als freie Gegenstände wären zu lehren: Pandektenkursus, Ungarisches wund Siebenbürgischesw Recht (besonders in Wien, wegen der hier zahlreich studierenden Ungarn), Bergrecht, Vergleichende Jurisprudenz, Gerichtliche Medizin, Deutsches Bundesrecht und Diplomatie. Die bisher an der Universität gelehrte Staatsrechnungswissenschaft (eigentlich Staatsrechnungskunde) wäre zweckmäßiger in die kommerzielle Abteilung des Polytechnischen Institutes zu verweisen. || S. 120 PDF || xIn eine Erörterung dieser vom Justizminister selbst nur als Andeutungen erklärten Anträge wurde von Seite der Ministerkonferenz nicht eingegangen.x
Bezüglich des weiter vorkommenden Schemas II über die Staatsprüfungen bemerkte der Justizminister, daß er die Fach- und Annualprüfungen den Staatsprüfungen aus den bereits weiter oben in diesem Protokolle entwickelten Gründen vorziehen würde. Staatsprüfungen anderer Art seien bei uns bereits vorhanden, wie die Richteramtsprüfung, die Prüfung aus der Finanzgesetzkunde und die politische Prüfung. Wenn Jahres- und Fachprüfungen wieder zugelassen werden, so kann auch bei diesen der wissenschaftliche Geist mehr berücksichtigt werden, als es bei den früheren Prüfungen in der Regel der Fall war. Eine geeignete Prüfungskommission für diese Prüfungen zusammenzusetzen dürfte nicht schwerfallen. Durch solche Prüfungen würde auch die Schwierigkeit entfallen, in einer der angetragenen Staatsprüfungen mehrere ganz heterogene Gegenstände, von welchen jeder einzelne, wie z. B. das Römische Recht, die Deutsche Reichsund Rechtsgeschichte, ein großes Gebiet für sich ausmacht, zusammenfassen zu müssen. Dadurch, daß die Prüfungen erst am Schluß eines vorgetragenen Gegenstandes als Ganzes zu machen wären, würde sich die Anzahl der Prüfungen wesentlich vermindern und auf eine oder zwei Endprüfungen in jedem Semester beschränken. Der vorsitzende Minister des Äußern fügte hier die Bemerkung bei, daß zur Erleichterung der hier besprochenen Prüfungen einige derselben, wie z. B. die aus der Deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte etc., unter gehöriger Aufsicht schriftlich, andere zum Teil schriftlich, zum Teil mündlich abgehalten werden könnten, wodurch das konsumierende Geschäft des langen mündlichen Prüfens eine wesentliche Verminderung und Erleichterung erfahren würde. Der Justizminister, dann der Finanz- und Handelsminister fanden dagegen nichts zu erinnern.
Was schließlich die in der vorliegenden gedruckten Nachweisung (Seite 87) vorkommenden Andeutungen, daß künftig zur Erlangung der Advokatenbefugnis die theoretischen Staatsprüfungen und nicht das Doktorat, welches hierdurch die ursprüngliche Bedeutung wiedererlangen würde, zu verlangen wäre und daß das Universitätsstudium nicht der einzige Weg sein soll, in den Staatsdienst zu gelangen, betrifft, wurde von Seite des Justizministers bemerkt, daß er es nicht angemessen fände, die Erlangung des Doktorgrades, welcher auch für die Professuren, für die Fiskaladjunktenstellen etc. gefordert wird und es schwer ist, lange zuvor den unabänderlichen Entschluß zu fassen, welchen Weg man einschlagen wolle, so sehr zu beschränken. Übrigens gehören die erwähnten Bestimmungen, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, um Advokat zu werden, und welche Studien notwendig sind, um in den Staatsdienst aufgenommen zu werden, nicht in den Studienplan, und es dürfte sich hier lediglich auf die Andeutung beschränkt werden, daß Reformen in den gedachten Beziehungen bevorstehen und daß die diesfälligen Verhandlungen von den betreffenden Behörden werden vorgenommen werden.
|| S. 121 PDF || Fortsetzung am 21. Jänner 1954. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 17. n[ämlichen] M[onats] u[nd] J[ahres].
Anheute wurde der Abschnitt IV über die Kontrolle der Studien beraten (Seite 52—57).
In dem Antrage, die früheren Studiendirektoren aus der Klasse der Beamten nicht wiedereinzuführen, haben sich sämtliche Stimmen vereinigt. Dagegen erkannten der Finanz - und der Justizminister einhellig die Kontrolle durch die Fakultätsdekane allein für bedenklich und unzureichend, weil die Dekane — alle Jahre wechselnd — kaum in die Leitungsgeschäfte eingearbeitet, wieder austreten, mithin nicht wirksam werden, durchgreifen können, überdies auch nicht durchgreifen werden wollen, weil derjenige, gegen den sie heuer einschreiten sollen, im nächsten Jahre ihr Kollega oder gar ihr Vorgesetzter (selbst Dekan) sein wird. Beide Stimmführer fänden daher ein konstantes Organ zur Leitung und Überwachung der Studien notwendig, welches aus den Notabilitäten der Wissenschaft gewählt, durch die in dieser begründete Autorität und eine angemessene äußere Stellung in der Staatshierarchie dem Lehrkörper imponiert. Dieser letztere selbst muß ein solches Organ, das über ihm steht und nicht, wie der Dekan, immer wieder in seine Reihen zurücktritt, lebhaft wünschen, damit die unter den Professoren selbst häufig vorkommenden Kollisionen parteilos geschlichtet und die Verbindung mit dem Ministerium vermittelt werde. Der Unterrichtsminister , obwohl er die völlige Unwirksamkeit der Dekane in der angedeuteten Beziehung nicht unbedingt zugeben könnte, da ihm Beispiele vom Gegenteil vorliegen, übrigens es auch möglich sein dürfte, durch Verlängerung der Dekansjahre dem Haupteinwand ihrer Bestellung zu begegnen, verkannte gleichwohl nicht, daß die Überwachung und Leitung der Studien durch einen ausgezeichneten Mann der Wissenschaft von dem besten Erfolg sein würden. Die Schwierigkeit ist aber, einen solchen zu finden. Sie sind außer den Professoren sehr selten, und einen renommierten Professor selbst dazu zu bestimmen benachteiligt wieder die Wissenschaft, weil man ihr einen Mann entzieht, der in der Hauptsache im Lehramte Ausgezeichnetes leistet. Auch dürften unter den ausgezeichneten Professoren wenige geneigt sein, ihre Professur, die ihnen bei großer Frequenz mit den Kollegiengeldern22 ein bedeutendes Einkommen abwirft, aufzugeben und mit dem Direktorate, Kuratel oder Protektorate der Universität oder Fakultät zu vertauschen, wenn nicht diese Stelle besser [als] oder doch wenigstens ebenso ansehnlich dotiert wird wie ihre Lehrkanzel. Sollte es aber dahin kommen, daß ein solches Organ um jeden Preis auf die Gefahr hin, auch einen Minderbefähigten zu wählen, bestellt werden müßte, so würde man in die Fehler der alten Einrichtung verfallen und der Wissenschaft mehr Nachteil zufügen, als wenn man von einer solchen besonderen Kontrolle abstrahierte. Der Unterrichtsminister war demnach mit der Ansicht der Minister der Finanzen und der Justiz nur unter der || S. 122 PDF || Bedingung einverstanden, daß, wenn außerhalb der aktiven Professoren kein zu dem beabsichtigten Zwecke vollkommen geeigneter Mann der Wissenschaft gefunden würde, von der Bestellung eines Direktors oder Kurators abgesehen und sich mit demjenigen befriedigt werde, was im Memoire Seite 56 für die Kontrolle in Antrag gebracht worden ist. Der Finanzminister erkannte die Schwierigkeit, den rechten Mann für dieses Geschäft zu finden, an, und stimmte somit der Bedingung bei, welche vom Unterrichtsminister gesetzt worden war. Der Justizminister glaubte sich jedoch bei der bloßen Kontrolle der Studien durch das Ministerium nicht beruhigen zu können, sondern wünschte in jedem Falle die Aufstellung eines eigenen Vorstands und Leiters, auch als Vermittler zwischen Professorenkollegium und Ministerium, indem es ihm nicht wahrscheinlich vorkommt, daß Österreich so arm an Gelehrten, insbesondere an emeritierten Professoren sein sollte, welche bei ungeschwächter Geisteskraft, nur der physischen Anstrengung auf dem Katheder nicht mehr gewachsen, die Obliegenheiten eines Studiendirektors oder Leiters mit Erfolg zu versehen imstande sein würden.
Fortsetzung am 24. Jänner 1854. Vorsitz und Gegenwärtige wie am 17. Jänner 1854.
In der heutigen Sitzung wurden a) der V. Abschnitt: „Grundsätze für die Anstellung der Professoren überhaupt, insbesondere aber für die Berufungen aus dem Auslande (Seite 58—62), dann b) die Schlußbemerkungen über die Beziehungen der Universitäten zur Kirche“ (Seite 89—91) besprochen.
a) Bezüglich der in dem V. Abschnitte für die Anstellung der Professoren und deren Berufung aus dem Auslande als geltend angeführten Grundsätze23 erklärte sich die Konferenz damit einverstanden, der Justizminister mit der Beschränkung, daß neben den erwähnten Grundsätzen für positive juridische Fächer, wie z. B. für die Gerichtsordnung, das ABGB. etc., wenn Lehrkanzeln solcher Fächer zu besetzen kommen, jederzeit die Ausschreibung des Konkurses dafür angeordnet werden sollte, damit auch yProfessoren oder Dozenten an anderen österreichischen Lehranstalten odery praktischen Beamten die Gelegenheit geboten werde, sich um solche Professuren zu bewerben, die ohne Ausschreibung eines Konkurses gar nicht wissen würden, daß solche Stellen, zu deren Versehung sie vielleicht die vorzüglichste Eignung besitzen, erledigt sind. Für philosophische und allgemeine juridische Fächer findet auch der Justizminister die Ausschreibung eines Konkurses nicht notwendig. Bei positiven juridischen Fächern dagegen sei, um für die Erlangung der ausgezeichnetsten Kräfte dafür die volle Bürgschaft zu haben, die Ausschreibung des Konkurses, die in keinem Falle etwas schaden || S. 123 PDF || könne, ohne Nachteil nicht wohl zu umgehen. Die übrigen Stimmführer beharrten jedoch dabei, daß auch bei den erwähnten Fächern die Konkursprüfungen nur subsidiarisch, wenn nicht auf eine andere Weise ein vollkommen qualifiziertes Individuum für die erledigte Professur ermittelt werden sollte, in Anwendung zu kommen hätten. Für höhere Posten, z. B. Hofratsstellen, werden keine Konkurse ausgeschrieben, weil die dazu geeigneten Männer bekannt sind, und die Posten von Universitätsprofessoren können wegen ihrer großen Wichtigkeit und wegen ihres Einflusses auf die heranwachsende Generation diesen Ratsstellen an die Seite gestellt werden. Ist eine Professur an der Universität erledigt, so wird man kaum in eine Verlegenheit kommen, einen dazu ganz geeigneten Mann entweder unter den Dozenten oder unter den sonst bekannten literarischen Notabilitäten zu finden. Die Konkurse haben den Nachteil, daß sich gerade die Geeignetsten eben des Konkurses wegen um den erledigten Posten nicht bewerben, und wenn sie sonst keinen Nachteil hätten, so wäre der mit der Abhaltung der Konkurse verbundene Zeitverlust einer, der schon Beachtung verdiente.
Wenn übrigens nach gepflogener Umschau nach ganz geeigneten Männern, die, wie erwähnt, meistens schon bekannt sind, solche dennoch nicht gefunden werden sollten, so bleiben die Ausschreibung und Abhaltung des Konkurses als subsidiarisches Mittel noch immer vorhanden. Daß bei Anstellung von Professoren in Österreich, einem katholischen Staate, bei einem vorzüglichen Charakter des Anzustellenden als conditio sine qua non, dann bei übrigens gleichen Umständen den Katholiken der Vorzug einzuräumen sei, bedürfe keiner weiteren Auseinandersetzung. Der vorsitzende Minister des Äußern glaubte hier nur bemerken zu sollen, daß bei Anstellung von Professoren auch besondere Rücksicht auf den Gegenstand, für welchen die Anstellung geschieht, genommen werden sollte. So sei es z. B. gleichgiltig, ob für die Mathematik ein übrigens dafür ganz geeigneter Katholik oder Protestant aufgenommen werde, während für die Geschichte und andere ähnliche Fächer auch der geschickteste und ausgezeichnetste Protestant nicht zugelassen werden sollte.
Bei Besprechung der (Seite 89 vorkommenden) Schlußbemerkungen über die Beziehungen der Universitäten zur Kirche24, bezüglich welcher die Konferenz die in der vorliegenden Darstellung entwickelten Ansichten teilte, wurde nur im allgemeinen bemerkt, daß man diesfalls in Ungarn und Siebenbürgen, wo viele Protestanten vorhanden sind, wohl um einen Schritt weiter werde gehen müssen || S. 124 PDF || als in den übrigen Kronländern. Die Pester Universität sei ein kirchliche Stiftung, zderen Charakter die Regierung anerkennen müsse, weshalb die Anstellung von Nichtkatholiken an derselben besonderen Bedenken unterliegez . Ob nun daselbst noch eine andere Universität werde gegründet werden müssen oder ob man den Protestanten, welche viele eigene mindere Schulen besitzen, wird gestatten wollen, daß sie eine eigene protestantische Universität errichten, hänge, wie der Minister des Kultus und Unterrichts bemerkte, zum Teil von der Entscheidung ab, welche über die Stellung der Protestanten in Ungarn und Siebenbürgen erwartet wird. Was daher diese Protestanten anbelangt, müsse sich eine weitere Verhandlung über den hier erwähnten Gegenstand vorbehalten werden.
Bezüglich der Wiedereinführung des regelmäßigen akademischen Gottesdienstes, in Ansehung dessen keineswegs imperativ vorzugehen wäre, weil der Zwang in dieser Sphäre nur zur Heuchelei, zum Betruge und zur Entweihung der heiligen Handlungen führt, wurde der Wunsch ausgesprochen, daß vor allem für gute Predigten zu sorgen und diese nicht von einem und demselben Prediger, sondern abwechselnd von mehreren abzuhalten wären. Allenfalls könnten alle an der Universität angestellten Geistlichen abwechselnd die akademischen Predigten halten, wodurch noch ein weiteres Interesse mit der heiligen Handlung angemessen verbunden und die Jugend auch ohne Zwang vermocht würde, den akademischen Gottesdienst gern und aus eigenem Antriebe zu besuchen.
Mit diesem wurden die Beratungen über die Neugestaltung der österreichischen Universitäten geschlossen25.
|| S. 125 PDF || Wien, am 25. Jänner 1854. Graf Buol.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 24. Februar 1855.