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Nr. 263d Motivenbericht Thuns zu den Grundzügen der statutarischen Verfassung der Wiener Universität, o. O., o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-03-0-18541219-P-0263.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; der mit Korrekturen versehene Entwurf ist dem Originalprotokoll vom 5., 12., 16. und 19. 12. 1854, 13. 1. und 24. 4. 1855 (= Sammelprotokoll Nr. 263) als Beilage angeschlossen; Konzept in der Handschrift des Ministerialkonzipisten Rudolf Kink mit Korrekturen Thuns in AVA., CUM., Allgemeine Reihe, Nr 1414/1856 .

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

Diese Paragraphe haben zunächst die Bestimmung, die dermalen bestehenden Anordnungen über die Einrichtung der akademischen Behörden zu ersetzen, nachdem die vierjährige Periode, für welche diese Anordnungen ursprünglich erlassen waren, sowie das fernere Jahr, auf welches ihre Wirksamkeit erstreckt wurde, abgelaufen sind1.

Zugleich sollen jedoch die während des Provisoriums rege gewordenen Streitfragen, sie mögen sich nun auf jene Anordnung oder auf Gegenstände beziehen, die darin nicht berührt wurden, ihre Lösung finden. Hieher gehört die Frage von dem katholischen Charakter der Universität2. In diesem Sinne sollen die neuen Bestimmungen ein Definitivum sein, während andererseits nicht beabsichtigt wird, durch dieselben der Entscheidung anderer Fragen, welche bisher noch nicht nur Diskussion gelangt sind, vorzugreifen.

Zu § 1. Dieser Paragraph soll nicht nur, wie es zunächst den Anschein hat, den späteren zur notwendigen Grundlage dienen, sondern zugleich die Einbeziehung der protestantisch-theologischen Fakultät in die Universität ablehnen und in dieser Beziehung den stiftungsmäßigen katholischen Charakter festhalten.

Zu § 2. In diesem Paragraphe wird zuvörderst ausgesprochen, daß die seit 1849 eingeführte Trennung der Fakultäten in je zwei Kollegien aufzuhören und daß die Professoren und Doktoren fortan nur mehr ein Kollegium, und zwar in dieser Gestalt, ad. h. sofern es sich um alle ernannten Professoren und um alle inkorporierten Doktoren handelt,a das Plenum der Fakultät, zu bilden haben3.

Daß der gegenwärtig bestehende Dualismus keinen Nutzen schaffe, einen Zustand stets wiederkehrender Reibungen und Streitigkeiten begründe und daher beseitigt werden müsse, hat die Erfahrung der letzten Jahre zweifellos gemacht. Um dies zu bewirken, gibt es drei Mittel. Es können nämlich die bisher bestandenen Doktorenkollegien A. ganz kassiert respektive außer Bezug zur Universität gesetzt, || S. 401 PDF || B. teilweise kassiert oder endlich C. ganz beibehalten und mit den Professoren zu einem Körper verschmolzen werden.

Dem unter A angeführten Auswege stellen sich jedoch folgende Hindernisse entgegen:

a) Die gänzliche Aufhebung der Doktorenkollegien und ihrer Zugehörigkeit zur Fakultät wäre gegen mehrhundertjährige geschichtliche Antezedentien. Es ist wahr, daß der Stiftbrief Albrechts III. vom Jahre 1384 nur wirklich vortragende Doktoren als Mitglieder der Universität und folglich auch irgendeiner Fakultät anerkannt wissen wollte. Es geschah dies aber nur, um bei der damals noch geringen Zahl von Graduierten die Gefahr von Ausfällen in den Vorträgen zu beseitigen. Denn im Jahre 1429, als bei dem blühenden Stande der Universität eine solche Gefahr nicht mehr da war, gestattete Albrecht V., daß alle einverleibten Doktoren indistincte, ob sie nun vortrügen oder nicht, Mitglieder der Fakultät sein sollten. Seit dieser Zeit, seit 1429, hat jede Fakultät stets aus den vortragenden und aus den nicht vortragenden Doktoren bestanden, und zwar anfangs, als die Lizenz allein das Recht zum Vortrage gewährte, vorwiegend aus ersteren, später, seit 1554, als Ferdinand I. fixe Professuren einführte und das Recht zum Vortrage von einer Ernennung abhängig machte, vorwiegend aus letzteren4.

b) Die Fakultäten haben eben nur unter Voraussetzung dieses ihres Bestandes das Recht auf mehrere Stiftungen erworben. Rücksichtlich mancher aus ihnen, insbesondere rücksichtlich der reichen Ertlschen Stiftung5, würde eine so wesentliche Umgestaltung der Fakultäten das Recht auf den Fortbezug zweifelhaft machen, vielleicht auch die Gefahr von Rechtsprozessen heraufbeschwören.

c) Es läßt sich auch nicht leugnen, daß die Fortdauer der Zugehörigkeit zu einer Fakultät, bei der man promoviert hat, an sich nichts Ungehöriges ist. Es erhöht überdies ihren Glanz, ihre Würde, ihr Ansehen und veranlaßt die Bereitwilligkeit zur Errichtung von Stiftungen, die außerdem ausbleiben dürften. Die Geschichte wenigstens zeigt, daß die meisten der bestehenden Stiftungen nicht von Professoren, sondern von den der Fakultät einverleibten und ihr zugehörig gebliebenen Doktoren herrühren.

d) Daran läßt sich noch die Betrachtung reihen, daß in dem zu einer Korporation vereinigten Kollegium von Doktoren ein erhaltendes Moment liegt, das nur so lange seine Natur verleugnet, als es durch anomale, interimistische Zustände in eine widernatürliche Richtung gedrängt wird. Wäre einmal eine definitive || S. 402 PDF || Einrichtung getroffen, auf deren Haltbarkeit und Dauer man rechnen könnte, so könnte man sich auch mit Sicherheit auf die Giltigkeit des obigen Satzes verlassen. Die Professoren, welche bald da [hin], bald dorthin versetzt werden, vielleicht auch an anderen Orten und unter andersgearteten Einrichtungen aufgewachsen sind, stellen an sich schon den mehr wechselnden Bestandteil der Fakultät vor. Die promovierten und einverleibten Doktoren aber sind das heimische, an die bestehenden Verhältnisse gewöhnte, konstante Element; und hat man sie einmal zu einer Korporation mit gewisser Würde und mit Attributen, welche ihr einige Genugtuung verschaffen, vereinigt, so kann man sicher sein, daß sie an alles eher denken werden als ans Verändern. Jede Korporation hat von Hause aus eine Tendenz zur Erhaltung, weil sie bei jedweder Neuerung zuerst die Aufrechthaltung ihrer Rechte und ihres ungeschmälerten Bestandes und dann erst das Meritum der Sache in das Auge faßt. Die Geschichte zeigt zur Genüge, daß in Kollisionsfällen eine festgegründete Korporation lieber einen neuen Vorteil als ein altes Recht fahrenläßt. Daher kommt es, daß auch in Sachen der Wiener Universität die Doktorenkollegien es waren, welche für das Hergebrachte, was stiftbrieflichen Bestand, kirchliche Beziehungen und dergleichen betrifft, in die Schranken getreten sind6. Man könnte es sogar für notwendig halten, den Einwurf, ob nicht die Regierung im Falle einzuführender Reformen an der Zähigkeit der Doktorenkorporation sich selbst ein Hemmnis schaffen würde, zu widerlegen, wenn man nicht bedenken müßte, daß die Zeiten im Vergleiche zu früheren Jahrhunderten sich wesentlich verändert haben. Die Regierung wird nämlich nicht mehr wie einst die Reformen von den Fakultäten erwarten, sondern sie wird sie ihnen auftragen. Namentlich gilt dies vom lehrämtlichen Berufe, hinsichtlich dessen die Universität den Charakter einer Staatsanstalt erhalten hat und voraussichtlich nicht mehr verlieren wird.

Ad B. Ein anderer Vorschlag, den bisher erlittenen Übelständen zu begegnen, könnte vielleicht darin gesucht werden, daß man die Doktorenkollegien zwar nicht ganz kassierte, jedoch sich begnügte, einen Teil derselben, z. B. eine korrelative Anzahl wissenschaftlich hervorragender Doktoren, dem betreffenden Professorenkollegium beizugeben, bdie übrigen aber aus der Fakultät gänzlich ausschiedeb . Dieses Auskunftsmittel stellt sich jedoch, insofern es nicht bloß indirekt durch Steigerung der wissenschaftlichen Anforderungen an die Kandidaten des Doktorates angestrebt, sondern sogleich und durch direkte Maßregeln bewerkstelligt cund insofern damit das volle Äquivalent für die von den Doktoren bisher ausgeübten Rechte gegebenc werden sollte, lediglich als eine begütigende Transaktion dar und würde dals Lösung der prinzipiellen Fraged nur geringen Nutzen schaffen. Vor allem wäre es schon sehr schwer, ohne bleibende Mißstimmung sich einen solchen Ausschuß zu verschaffen, geschehe dies nun || S. 403 PDF || durch Wahl oder durch Ernennung. Geschieht es durch Wahl, so kann man sicher sein, daß, solange noch ein Rest von Animosität vorhanden ist, die Hartnäckigsten und eder Regierunge Unliebsamsten gewählt werden, geschieht es durch Ernennung, so ist erstens die Unzufriedenheit zweifellos, und zweitens müßte die Regierung doch darauf gefaßt sein, daß eben die Ernannten, um fsich als wirkliche Träger der Rechte der Doktoren zu erweisenf, über kurz oder lang umschlügen und gerade so hartnäckig würden wie diejenigen, die vermieden werden wollten. Doch auch abgesehen von der Schwierigkeit in dem Modus der Konstituierung würde dieser Vorschlag das Übel nicht heben. Er würde nicht die Sache, er würde nur die Ziffern ändern. Der Dualismus, der früher zwischen den zwei Kollegien bestand, würde nun im Inneren des einen Körpers fortleben und ihn in die permanenten zwei feindlichen Lager der Professoren und der beigezogenen Doktoren spalten. Es würde ganz der gleiche Fall sein wie gegenwärtig mit dem Universitätskonsistorium. Letzteres besteht jetzt aus acht konkludierenden Stimmen der Professoren und vier der Doktoren7. Die Folge davon war, daß dieses Kollegium es schließlich vorgezogen hat, über Kontroversgegenstände, welche die Parteistellung der Professoren und Doktoren berührten, gar nicht mehr abstimmen zu lassen, weil man im vorhinein weiß, daß das Stimmenverhältnis sich regelmäßig herausstellen wird wie 8 : 4. Endlich würde dieser Vorschlag auch über die oben sub a, b, c angeführten Hindernisse gar nicht oder nur schwer hinauskommen. gWer aber glauben wollte, durch eine solche Abschlagszahlung allein allen Reklamationen und Umtrieben zuvorgekommen zu sein, sollte sichg gegenwärtig halten, daß etwas, was wie eine Konzession aussieht, keine Befriedigung schaffen wird und daß diejenigen, die es angeht, gewiß alle oppositionellen Kräfte bei dem Hintertürchen konzentrieren werden, welches man ihnen offengelassen hat.

Ad C. Soll man nun die Doktorenkollegien weder ganz noch teilweise aufheben, so folgt daraus, daß man sie ganz beibehalten soll, jedoch, wie gesagt, nicht in ihrer gesonderten Gestalt, sondern indem man sie mit den Professoren zu einem Körper, der Fakultät in pleno, vereinigt. In Wahrheit ist dies auch der einzig befriedigende, geschichtlich korrekte und vollkommen ehrliche Ausweg. Die vereinigten Professoren und Doktoren haben eben seit den ältesten Zeiten die „Fakultät“ vorgestellt, und in dieser Gestalt und Eigenschaft haben sie jene Rechte erlangt, um deren Aufrechthaltung es sich noch handeln mag. Der Gefahr, || S. 404 PDF || daß die an Zahl gegen die Professoren unverhältnismäßig überwiegenden Doktoren in der Fakultät die Herren spielen könnte, wird durch die im § 3 enthaltenen Bestimmungen vorgebeugt. Was aber andererseits den Umstand betrifft, daß die von Sr. Majestät ernannten Professoren ipso facto als Mitglieder der Fakultät zu betrachten sind, so bedarf derselbe nur einer ganz kurzen Erörterung. Daß nämlich diejenigen, welchen die Regierung eine Lehrkanzel anvertraut, auch die wissenschaftlichen Bedingungen, welche man von einem Fakultätsdoktor verlangt, besitzen, ist eine billige Voraussetzung. Nicht minder billig ist es, daß die Professoren, welche ihrem Lebensberufe nach par excellence für die geistigen Interessen der Fakultät wirken, an ihren Rechten und an ihrer Repräsentanz teilnehmen. Der Kaiser übt das Recht, Doktoren zu kreieren — wie dies noch Friedrich III. und Maximilian I. getan —, faktisch nicht mehr aus; dafür ist es ganz ordnungsgemäß, daß die betreffende Fakultät die Professoren, welche der Kaiser ernennt, als ihre Mitglieder ansähe und aufnähme. Zwischen ordentlichen und außerordentlichen Professoren wird hiebei kein Unterschied zu machen sein. Zu §§ 3, 4, 5. Indem das provisorische Gesetz vom 30. September 1849 die getrennten Kollegien der Doktoren und Professoren einführte, war die hauptsächliche Quelle der Reibungen unter denselben in dem Umstande gelegen, daß der Zweck und die Kompetenz der Doktorenkollegien aller näheren Angabe entbehrten. Das Gesetz gab nur Bestimmungen über die Funktionen der „Lehrkörper“, den Doktorenkollegien räumte es in unbestimmter Weise, d. i. ohne Begrenzung, dasjenige ein, was sich irgendwie von alter Zeit her an Rechten, Besitztümern, Gebräuchen vorfinden mochte. Die Attribute der Professoren erschienen durch das Gesetz aufs strengste zugemessen, ihr Vorhandensein wurde in dubio aufs strengste interpretiert; die Attribute der Doktoren hingegen erschienen außerordentlich dehnsam, denn das erwähnte Gesetz gab ihnen sozusagen einen Freibrief auf alles, was es nicht ausdrücklich für die Professoren vorbehalten hatte. Die Doktorenkollegien wurden die Träger aller historischen Überlieferungen, und was immer auf dem bis dahin nur wenig untersuchten Felde der Geschichte neu zutage gebracht werden mochte, war ein Gewinn, der für sie allein ausfiel. Dazu kam, daß das Gesetz ihnen ausdrücklich und im Gegensatz zu den Professorenkollegien den Namen und den Wirkungskreis der „Fakultät“ zuwies. Es war daher nicht zu wundern, daß die Doktoren sich als die eigentlichen Herren des Hauses ansahen und in dem Professorenkollegium nur eine Art Komitee erblickten, welches von der Regierung für die Abhaltung der Vorträge niedergesetzt und bezahlt war. Noch mehr, es kamen in praxi Fälle vor, daß die Doktoren unter Berufung auf den Umstand, daß sie die Fakultät vorstellten, die Giltigkeit mancher Attribute, welche das Gesetz vom 30. September 1849 den Professoren zuwies, bestritten und namentlich die Promotionen als eine Angelegenheit, die zu ihrer Kompetenz gehöre, bezeichneten. Hiebei befanden sie sich allerdings in einem fehlerhaften Kreise, denn sie übersahen, daß es nicht angehe, Bestimmungen eines Gesetzes auf Grund eines Titels anzufechten, den ihnen eben nur dieses Gesetz verlieh8. Die Anomalie dieses Verhältnisses zwischen || S. 405 PDF || den Professoren und Doktoren ist für jeden, der nicht für die bisherigen Wiener Universitätszustände voreingenommen ist, so auffallend, daß er sich gedrungen fühlt zu fragen, woher es komme, daß die Professoren, das sind gerade diejenigen, welche durch ihre Stellung und Tätigkeit als die Berufenen erscheinen, nicht die Träger der Interessen der Fakultät sein sollen; warum auf sie allein das Onus und auf die Doktoren allein der Honor falle, und warum nur in Wien im Gegensatz zu fast allen übrigen Universitäten der Gebrauch bestehe, daß die einfache Bezahlung einer Aufnahmetaxe höher gilt als Fachkenntnis, wissenschaftliche Tätigkeit und kaiserliche Bestallung. Auf diese Frage muß man nun antworten: „Die eben geschilderte Stellung der Doktoren und Professoren ist nicht nur nach natürlichen Begriffen abnorm, sondern auch historisch ganz falsch.“

Der Stiftbrief 1384 wollte nicht etwa bloß eine Korporation von Doktoren, an denen die Zünftigkeit das Hauptmerkmal und die gleichzeitige Erfüllung des lehrämtlichen Berufs nur eine zufällige Nebensache sei, sondern in recta linea eine Lehranstalt gründen. Diesem Willen des Stiftbriefes entsprachen auch die alten Statuten von 1389 und die darauffolgende Praxis. Denn die alten Statuten aller Fakultäten setzten fest, daß nur ein Professor das Dekanatsamt bekleiden, daß nur die Professoren zu Examinatoren für die strengen Prüfungen gewählt werden, daß zur Beurteilung des Erfolges derselben nur die Professoren versammelt werden sollen9. Die Doktoren waren für die Zeit, als sie nicht vortrugen, nur die Tolerierten, die Professoren stellten in jeder Hinsicht die Elite der Fakultät vor.

Von da an bis zu Ende des 16. Jahrhunderts wird man keinen Dekan aufweisen können, der nicht Professor gewesen wäre. Erst als die Universität und der lehrämtliche Beruf infolge der Religionsstürme und der Türkenkriege gänzlich in Verfall kam und das Amt eines Advokaten und eines Arztes nicht nur mehr Gewinn, sondern auch mehr Ansehen bot als das eines Professors, traten in der juridischen und medizinischen Fakultät die Doktoren in den Vordergrund, und es wurde faktisch gegen alle Statuten der Dekan aus ihrer Mitte gewählt. Das Gesetz vom 13. Jänner 1818, welches sagt, daß in den ebengenannten zwei Fakultäten die Wahl des Dekans nie auf einen Professor fallen dürfe, hat allerdings in letzter Hand diesen Gebrauch sanktioniert10, aber von einer geschichtlichen oder gar stiftbrieflichen Berechtigung hiezu kann keine Rede sein. Um den Anforderungen der Billigkeit und den Zwecken der Stiftung gerecht zu werden, ist es unbedingt notwendig, für die Professoren eine Restitutio in integrum eintreten zu lassen, d. h. es muß in ihnen der vorzugsweise Ausdruck und die Vertretung der Fakultät gesucht werden. Insofern die Fakultäten im Laufe der Zeiten manche Funktionen und Prärogativen erlangt haben, welche nicht aus dem Begriffe „Fakultät“ in dem Sinne, den sonst allerwärts der Sprachgebrauch damit verbindet, fließen, sondern ihre speziellen Anlässe hatten und rein korporativer Natur sind, ist es genug getan, wenn man für diese speziellen Fälle den || S. 406 PDF || Doktoren die Mitberechtigung und die Mitentscheidung wahrt und daß man dieses Ingrediens auch in die Versammlung, welche die ganze Universität vertritt, d. i. in das Konsistorium, in der Weise eintreten läßt, wie dieses der §14 et sequentes andeutet. Das aber muß unverrückt im Auge behalten werden, daß, wie schon die Verordnung vom 3. April 1790 sich ausdrückte, die Professoren, weil sie den lehrämtlichen Beruf der Universität und der Fakultäten erfüllen, auch den eigentlichen Kern und Mittelpunkt derselben vorstellen11. Es handelt sich hiebei nicht etwa darum, aus Gründen der Zweckmäßigkeit den Professoren zur Suprematie zu verhelfen oder etwa zur Vermeidung einer unliebsamen Opposition solche Kautelen ausfindig zu machen, durch welche indirecte der Einfluß der Doktoren eingedämmt würde: es handelt sich vielmehr darum, eine unberechtigte, nur im faktischen Wege eingeschlichene und eingewöhnte, stiftbrieflich und historisch unrichtige Anschauungsweise im Prinzip und völlig zu beseitigen. Solange man solche Einrichtungen trifft, welche durchschimmern lassen, daß man das bisher geltend gemachte falsche Prinzip im Grunde nicht anfechten, sondern nur aus Nebengründen unschädlich machen wolle, solange wird man auch über alle die Folgen, welche sich an die Verschrobenheit der prinzipiellen Auffassung knüpfen, nicht hinausgekommen. Nicht um die Beeinträchtigung des Rechtes aus administrativen Gründen, sondern um die Wiederherstellung des Rechtes dreht sich zuerst die Frage.

Allen diesen Rücksichten soll nun durch die §§ 3 und 5 des Entwurfes genügt werden. Der § 3 erklärt den engeren Ausschuß der Fakultät, welcher wesentlich aus den Professoren unter dem Vorsitze des Dekans besteht, als diejenige Versammlung, welche im allgemeinen und ohne nähere Spezifizierung für die Fakultätsgeschäfte kompetent ist, und zwar cum auctoritate pleni; damit will gesagt sein, daß dieser Ausschuß nicht als bloßes Lehrerkollegium im bisherigen Sinne und im Gegensatze zu der die eigentliche Fakultät etwa allein vorstellenden größeren Versammlung, sondern selbst als Fakultät anzusehen sei. Nur für besondere taxative angegebenen Fälle behält der § 5 die Einberufung und Kompetenz der Plenarversammlung, bestehend aus allen Professoren und Doktoren, vor. h Ist in solcher Weise einerseits die Durchführung des richtigen Prinzips gesichert und andererseits durch die Plenarversammlung der Anteil der sämtlichen inkorporierten Doktoren an den korporativen Rechten der Fakultät gewahrt, so können unbedenklich einige aus ihnen der engeren Fakultätsversammlung zugezogen werden. Es kann dies sodann nicht so verstanden werden, als ob damit eine Wiederaufnahme des in den Motiven des § 2 ad B widerlegten Vorschlages ausgesprochen wäre, sondern es ist hiebei Nachstehendes in das Auge zu fassen. Es ist im Prinzip ausgesprochen und auf Grund eines langjährigen geschichtlichen Besitzstandes anerkannt, daß die Professoren und die Doktoren die Fakultät ausmachen, allerdings mit der Beschränkung, daß dadurch das Lehramt nicht beeinträchtigt || S. 407 PDF || noch an Ansehen geschwächt werde. Daher die Einrichtung der Plenarversammlung der Fakultäten und der Beizug der Senioren zum Konsistorium (§ 14). Da nun, wie oben erwähnt, der „engere Ausschuß“ nicht bloß ein Lehrerkomitee, sondern die Fakultät selbst ist und durchgängig — wenige namentliche Fälle ausgenommen — das Alter ego der Plenarversammlung vorstellt, so ist es eine Konsequenz der Logik, daß in irgendeiner Weise auch die Doktoren darin Zutritt haben sollen. In welcher Weise dies zu geschehen habe, dafür sind die Bestimmung und der Zweck des engeren Ausschusses maßgebend. Der Hauptzweck desselben ist die Leitung des Studienwesens, und es ist gar keine Frage, daß der weit überwiegenden Mehrzahl nach Studiengeschäfte den Gegenstand ihrer Beratung bilden werden. Daraus folgt, a) daß die Professoren immerhin den Hauptkern des engeren Ausschusses bilden und die Doktoren nur in geringerer Anzahl beitreten können, b) daß die Doktoren, die beitreten, durch Kenntnisse, Sinn für Wissenschaftlichkeit, am besten sogar durch Erfahrungen im Lehramtsberufe ausgezeichnet sein müssen, widrigenfalls sie nicht einmal das hinreichende Interesse für die Teilnahme an den Beratungen des engeren Ausschusses mitbringen würden.

Sollte es dereinst möglich sein, die Inkorporation der Doktoren an solche Bedingungen zu knüpfen, daß damit wirklich der wissenschaftliche Standpunkt und nicht bloß die praktische Verwendbarkeit des Titels im Auge behalten wäre, so würde der Beizug der Doktoren zum engeren Ausschuß nicht nur erleichtert, sondern auch bedeutender gemacht. Bis dahin wird dabei allerdings mit Vorsicht vorzugehen und eine sorgfältige Auswahl zu treffen sein, weshalb die Ernennung vorerst der Regierung vorbehalten wird und auch keine Zahl, die vongemacht werden müßte, bestimmt werden kann, sondern daran festgehalten werden muß, daß nur in dem Maße Doktoren in den engeren Ausschuß aufgenommen werden können, als hervorragende wissenschaftliche Männer unter ihnen eben vorhanden sind, in einer Fakultät vielleicht mehr, in der anderen weniger. Unter dieser Bedingung läßt sich hoffen, daß dadurch dem Ausschusse ein nützliches Element beigegeben würde, welches auch dazu beitragen kann, die Professoren in ihrer Pflichterfüllung wachzuerhalten und die Gefahr eines wechselseitigen Sichgehenlassens aus übertriebener Kollegialität fernezuhalten. Durch diese Einrichtung dürften alle Bedenken gegen die Aufrechthaltung der dauernden Verbindung der Doktoren mit der Fakultät gründlich behoben sein. Die im § 4 angesetzte Art der Beiziehung der außerordentlichen Professoren und der Privatdozenten gründet sich auf die Erfahrung der letzten fünf Jahre und auf praktische Bedürfnisse des Lehramtes.

Die im § 5 namhaft gemachten Fälle der Kompetenz der Plenarversammlung sind, wie gesagt, taxativ zu verstehen. Der Absatz d wahrt jedoch im allgemeinen ihren Einfluß für alle Angelegenheiten korporativer Natur, unter welche er auch die Aufnahme neuer Mitglieder zählt, damit ist aber zugleich gesagt, daß die Rigorosen und Promotionen nicht zu ihrem Wirkungskreise gehören. Die im Absatze c enthaltene Exzeption der Stipendien hat ihren naheliegenden Grund darin, daß wohl die Professoren, nicht aber die Doktoren mit voller Verläßlichkeit über die Würdigkeit der Kompetenten urteilen können und daß die ihnen gestellte Aufgabe, || S. 408 PDF || sich mit dieser Beurteilung zu befassen, ein vorzügliches Mittel ist, Lehrer des Unterrichtes wesentlich bedingt ist.

Der Schlußsatz des § 5 spricht mittelbar aus, daß auch Akatholiken Mitglieder einer Fakultät werden können. Ursprünglich konnten nur Katholiken Mitglieder der Fakultäten der Wiener Universität werden. Jeder Doktor war gehalten, das römisch-katholische Glaubensbekenntnis und den Eid auf die Unbefleckte Empfängnis Mariä vorher abzulegen (Verordnungen vom 2. Juli 1581 und 17. Mai 1649, Geschichte der Wiener Universität II, Seite 414 und 472). Beide Verordnungen wurden aber durch die Erlässe vom 3. Juni 1782, 3. Februar 1785 und 30. März 1787 (ebenda, Seite 590, 596, 602) aufgehoben. Überdies gestattete bereits Maria Theresia durch die Verordnungen vom 22. August und 11. September 1778 (ebenda, Seite 586), daß Akatholiken zum juridischen, medizinischen und philosophischen Doktorsgrade in Wien zuzulassen seien, und der Absatz VII des Toleranzpatentes vom 13. Oktober 1781 sicherte den Augsburgischen und Helvetischen Konfessionsverwandten und den nichtunierten Griechen dieselben Rechte in den Fakultäten wie den Katholiken. Die Verordnungen vom 18. Jänner 1782 und 25. Oktober 1790 (ebenda, Seite 589 und 610) sicherten den Israeliten dieselben Rechte in der juridischen und medizinischen Fakultät12. Diese lf. Konzessionen rückgängig zu machen, davon kann wohl nicht die Rede sein. Soll aber der stiftungsmäßige Zusammenhang der Universität mit der katholischen Kirche nicht gänzlich aufgehoben und sollen die Spuren kirchlichen Lebens in den Fakultäten nicht verwischt werden, so muß ausgesprochen werden, was ohnehin in der Natur der Sache begründet ist, daß auf solche Angelegenheiten den nichtkatholischen Fakultätsgliedern kein Einfluß gebührt.

Zu §§ 6 und 7. Mit Rücksicht auf das, was weiter unten zu § 8 über die Wahl des Dekans und über die Bedeutung seiner Stellung gesagt wird, sind die §§ 6 und 7 in folgerichtiger Konsequenz bestrebt, ihn nicht bloß auf dem Papiere, sondern in Wirklichkeit als das Haupt der Fakultät — sei diese nun in pleno oder im Ausschusse versammelt — hinzustellen und daher auch mit dem nötigen Ansehen hiefür auszustatten. Es liegt daher in der Natur der Sache, daß ihm zustehe, Differenzen, welche in der Plenarversammlung über die ihrer Kompetenz gesetzten Grenzen angeregt werden können, in instante wenigstens vorläufig zu entscheiden, und daß er Macht habe, Ordnung, Anstand und gesetzmäßiges Verfahren in den Versammlungen aufrechtzuerhalten. Es ist dies eine Prärogative, welche jeder Präsident besitzen muß, wenn er für seine Amtsführung verantwortlich sein soll. Jede weiter greifende disziplinäre Gewalt ist dem Rektor vorbehalten (siehe § 16).

Zu § 8. Die Hauptrücksicht bei der Wahl des Dekans ist die, den Wahlmodus in einer Weise einzurichten, daß mit möglichster Sicherheit darauf gerechnet werden könne, der Gewählte werde seinem Amte mit Eifer, Hingebung und Sachkenntnis vorstehen und nicht etwa seine Stellung als Hebel für Parteizwecke oder als leeren Titel ansehen. Es liegt in der Natur der Sache, daß in Beziehung auf Befähigung || S. 409 PDF || für das Amt eines Dekans, dessen wichtigste Funktionen sich auf das Studienwesen beziehen, ein Fakultätsmitglied, welches zugleich Professor ist, vor den Nichtprofessoren vieles voraus hat. Die bereits vorangegangene Beteiligung an den Beratungen des engeren Ausschusses, die durch den Lehramtsberuf gebotene genauere Kenntnis seiner Bedürfnisse sowie Studiengesetze und der Persönlichkeiten sowohl der übrigen Lehrer als auch eines Teiles der Studierenden u. dgl. sind die natürlichen Ursachen hievon. Dennoch kann der Fall vorkommen und die Erfahrung hat dies gezeigt — an der Prager Universität wird seit dem Jahre 1849 der gewesene Studiendirektor Protomedicus Nadherny Jahr für Jahr zum medizinischen Professorendekan gewählt —, daß auch Nichtprofessoren die Dekanatsgeschäfte zur vollen Zufriedenheit führen können, iund die Möglichkeit dieses Falles wird insbesondere durch die im § 3 vorgeschlagene Beiziehung einiger Doktoren zu dem engeren Ausschusse geförderti . Der § 5 verzichtet daher darauf, auf die volle Strenge der alten Statuten von 1389 zurückzukommen, denen gemäß nur ein Professor zum Dekan gewählt werden konnte. Damit aber ein Mann gewählt werde, wie man ihn im Interesse der Universität selbst wünschen muß, ist es unerläßlich, das Wahlrecht nur denjenigen zu gewähren, denen daran gelegen sein muß, daß sie zweckmäßig ausfalle, und die über die Bedingungen des Erfolges zu urteilen in der Lage sind. In die Hände der Plenarversammlung kann deshalb die Wahl des Dekans unmöglich gelegt werden. Sie würde dadurch, schon wegen der großen Zahl der Mitglieder dieser Versammlung zufälligen Einflüssen preisgegeben sein, und es wären Parteiungen und Intrigen aller Art Tür und Tor geöffnet.

Um die Plenarversammlung doch nicht ganz zu umgehen, ist von manchen Seiten vorgeschlagen worden, den Dekan von ihr jedoch aus einer vom engeren Ausschusse vorzuschlagenden Terna wählen zu lassen. Allein diese leidige Konzession, welcher nur der Wunsch zugrunde liegen kann, diejenigen, die von der falschen Ansicht ausgehen, die nicht lehrenden Doktoren seien die Herren der Fakultät, zu befriedigen, kann diesen Zweck nicht erfüllen, denn die Anhänger jener Ansicht wollen, daß ihrer Partei mit Ausschluß der Professoren das Dekanat gesichert sei. Die Bedenken hingegen, welche überhaupt gegen die Wahl durch die Plenarversammlung sprechen, wären durch jene halbe Maßregel zwar auf ein schmäleres Gebiet eingeengt, aber behoben wären sie nicht. Nichts berechtigt zu der Erwartung, daß die Plenarversammlung aus der Terna den tüchtigsten herausfinden und wählen würde. Die Wahl des Dekans ist aber eine zu wichtige Sache, als daß man ihr nicht positiv die allergünstigste Chance verschaffen sollte; es ist nicht genug, ihr bloß eine weniger ungünstige zu verschaffen.

Die Wahl ist — sowie die später erwähnten Wahlen der Syndici und Senioren — der Genehmigung des Ministeriums vorbehalten, um dadurch eine Kontrolle des ordnungsmäßigen Vorganges und des zweckmäßigen Erfolges herzustellen. Weiter zu gehen, etwa dem Ministerium die Wahl des Dekans aus einer vorzuschlagenden Zahl von Kandidaten vorzubehalten, scheint nicht rätlich. Eine solche Einrichtung würde die Verantwortung für den Erfolg auf das Ministerium || S. 410 PDF || übertragen, ohne ihm doch jene volle Freiheit der Bewegung zu gewähren, ohne welche keine Verantwortung übernommen werden kann. Es ist aber auch keine Ursache vorhanden, das jahrhundertealte Recht der Fakultäten, ihre Dekane zu wählen, zu vernichten, indem bei dieser Wahl, wenn sie in die Hände der Lehrkörper gelegt wird, das Interesse der Wählenden mit dem der Regierung zusammenfällt und auch die Erfahrung es als ganz zweckmäßig erweist.

Zu §§ 9 und 10. Die Aufstellung eines Prodekans ist durch die Notwendigkeit, den Dekan in Verhinderungsfällen vertreten zu lassen, begründet.

Zu § 11. Die Angelegenheiten der juridischen und medizinischen Fakultät, welche sich nicht auf das Studienwesen, sondern auf eigenes Vermögen, Stiftungen, Aufnahme neuer Mitglieder, wegen der damit verbundenen Vorteile und dergleichen korporativer Interessen beziehen, sind von bedeutendem Umfange. Wollte man sie dem Dekane aufbürden, so müßte dadurch seine Tätigkeit für die Leitung des Studienwesens beeinträchtigt [werden], und kein Professor könnte das Dekanat übernehmen, ohne seinem wissenschaftlichen und lehrämtlichen Berufe für die Dauer desselben zu entsagen. Die Fakultät bedarf daher eines besonderen Geschäftsführers, den, da er die Geschäfte der Plenarversammlung führt, eben diese letztere auch wählt, und zwar, da es sich dabei auch um Geschäftsroutine handelt, auf die Dauer von vier Jahren. Die Anordnung, daß die regelmäßige Wahl des Syndikus — und ebenso des Rektors, § 15, und der Senioren, § 17 — ein Jahr voraus stattfinden soll, hat den Zweck, daß der Gewählte sich im vorhinein mit seiner Aufgabe vertraut mache und daß es andererseits möglich werde, etwa notwendig gewordene Wiederwahlen einzuleiten. Auf die Wahl des Dekans findet sie jedoch keine Anwendung, weil, abgesehen von der geringeren Veranlassung dazu, eine oft wünschenswerte Wiederwählung dadurch gehindert würde. Die Bestimmung, daß in einzelnen Fällen auch andere Mitglieder der Plenarversammlung zu Referenten ad actum vom Dekane aufgestellt werden können, hat mehrfältige Zwecke. Zunächst gehört dahin der Fall, wo der Syndikus selbst oder sein Amt bei dem Referate beteiligt wäre, z. B. bei der Frage über seine Honorierung. Ferner kann die ausnahmsweise Wahl eines anderen Referenten durch Gründe der Zweckmäßigkeit, spezielle Erfahrung oder Fachkenntnisse bedingt sein.

Zu § 12. Findet seine Rechtfertigung in der bisherigen Übung.

§ 13 bedarf keiner Begründung.

Zu a und b. Diese beiden Absätze gehören nicht in das Statut, sondern teilweise in eine Kundmachungsverordnung oder gleichzeitig zu erlassende Vorschriften und werden hier nur zur Orientierung angedeutet.

Zu § 14. Neu ist in den Bestimmungen dieses Paragraphes der Beizug der Senioren in das Konsistorium mit konkludierender Stimme und muß daher im Zusammenhange mit § 17 betrachtet werden. Werden die nicht lehrenden Doktoren in Verbindung mit den Fakultäten und sonach mit der Universität erhalten, so erscheint es angezeigt, daß einige von ihnen auch in dem Konsistorium neben den Dekanen und Prodekanen, welche in der Regel Professoren sein werden, Platz nehmen, damit die Verhandlungen des Konsistoriums nicht als bloße Angelegenheit der Professoren erscheinen, damit auch jeder möglichen Ausartung in kameradschaftlicher || S. 411 PDF || Konvenienz von vorneherein vorgebeugt und damit auch bei Verhandlung korporativer Angelegenheiten dem korporativen Interesse eine entsprechende Vertretung, und zwar durch stabilere Elemente, als es die jährlich wechselnden Dekane sind, gesichert sei. jJedoch haben hierauf offenbar nur Männer Anspruch, die nicht nur einstens das Doktorat erlangt haben, sondern auch der Pflege der Wissenschaft treu geblieben sind; und da eben diese Männer dem engeren Ausschusse der Fakultät zugezogen werden und dadurch auch in innigerer Verbindung mit der Universität erhalten werden, so sind sie es, die geeignet erscheinen, auch an ihrer Leitung im Konsistorium Anteil zu nehmen.j Zudem waren auch schon in früherer Zeit, nämlich seit der von Ferdinand I. am 1. Jänner 1554 erlassenen „neuen Reformation13“, die Senioren der vier Fakultäten Mitglieder des Konsistoriums.

Zu § 15. In den ältesten Zeiten, wo die Universitäten ein für sich abgeschlossenes Leben führten, wo in deren Einrichtung sehr vieles teils aus dem Leben der Klöster, teils aus den Munizipalverfassungen der Städte übertragen war, wo keine weitere Verantwortlichkeit als die gegenüber der eigenen Korporation, deren Beruf jedem einzelnen genau bekannt war, existierte, wechselten die akademischen Funktionäre ihr Amt durchgängig in sehr kurzen Zwischenräumen, so z. B. in Paris von sechs zu sechs Wochen. In dem Maße aber, als das korporative Leben mehr in den Hintergrund trat, wurde diese Dauer verlängert, zuerst auf ein Vierteljahr, dann auf ein halbes, dann auf ein ganzes Jahr. Auch in Wien war die Dauer des Rektoramtes zuerst halbjährig, seit 1629 ganzjährig14. Gegenwärtig, wo die oberste Leitung des Unterrichtswesens in den Händen der Regierung, das korporative Leben der Universitäten von geringem Belange ist, sprechen gewichtige Gründe für die abermalige Verlängerung der Amtsdauer des Rektors. Die Hauptrücksicht hiebei ist folgende: Mit der unter Van Swieten durchgeführten Aufstellung von vier Studiendirektoren war das Ansehen des Rektors, welches bis dahin außerordentlich groß gewesen war, gänzlich gebrochen, und zwar geschah dies teils absichtlich, weil der korporative Einfluß der Universität und ihres obersten Repräsentanten in Studiensachen beseitigt werden mußte, um der neuen Richtung Bahn zu brechen, teils war es eine natürliche Folge des Umstandes, daß die Direktoren, welche als die Träger der Absichten und der Befehle des Landesfürsten erschienen und eine stabile Stellung hatten, die auf ein Jahr gewählten Rektoren weit an Macht überwogen15. Als wenige Jahrzehnte nachher die Universität auch ihre Jurisdiktion und Vermögensverwaltung verlor16, sank der || S. 412 PDF || Einfluß des Rektors auf Null und jedermann weiß, daß seither das Amt des Rektors nur eine Ehrencharge war, entweder um verdiente Männer mit diesem Titel zu schmücken oder durch die Wahl angesehener Staatsmänner der Universität einigen Glanz zu verleihen. Dieses Verhältnis hat sich, und zwar in sehr greller Weise, bis auf die neueste Zeit erhalten. Unleugbar ist man auf diesem Wege nach und nach auf ein Extrem hinausgekommen, dessen Wirkungen nur in dem Maße gemildert oder aufgehoben werden können, als man die Ursachen mildert oder aufhebt. Das Leben der Universität — als Lehranstalt wie als Korporation betrachtet — wird gelähmt, wenn man ihr Oberhaupt zu einem einflußlosen Figuranten macht. Nichts ist natürlicher und zugleich geschichtlich richtiger, als daß der Rektor tatsächlich und nicht bloß pro forma das Haupt der Universität sei und daß er sie nicht bloß bei feierlichen äußeren Anlässen, sondern auch in ihren Berufsangelegenheiten repräsentierte. Dazu gehört zuvörderst, daß er es sei, an den die Regierung in allen Aufträgen, die sie der Universität erteilt, in allen Auskünften, die sie über ihren Zustand verlangt, sich halte.

Die Regierung bedarf eines verläßlichen und einflußreichen Organs an der Universität, und im Interesse der Universität wie der Regierung wird es kaum jemand besser sein können als der Rektor, wenn er mit der nötigen Macht und dem nötigen Ansehen ausgerüstet wird. Dazu muß aber sein Amt mehr Stabilität haben als bisher, damit einerseits den Wählenden einleuchte, daß sie mit mehr Bedacht und nicht um eines bloßen Titels willen den Wahlakt vornehmen, und damit andererseits dem Gewählten die übergroßen Rücksichten der Kollegialität und das lähmende „hodie mihi, cras tibi“ fernebleiben. Es muß ihm soviel Zeit gegeben werden, daß er wenigstens die Aussicht habe, durchführen zu können, was er unternimmt. Auch wird in ihm das Interesse für seine Stellung erst dann erwachen, wenn er erwägt, daß sein Name nicht mehr bloß eine Zeile in dem Namensregister der Rektoren auszufüllen haben, sondern daß man seine dreijährige Amtsdauer sodann auch inhältlich würdigen wird. Dem Vorschlage, daß die Bestätigung des gewählten Rektors durch den Kaiser geschehe, liegt die Absicht zugrunde, seine Stellung und sein Ansehen zu heben.

Bedenkt man, daß der Rektor vorzeiten sehr auszeichnende Privilegien genossen hatte, als: 1. die Ausübung der Zivil- und Kriminaljurisdiktion über alle Mitglieder der Universität, 2. den Vorrang vor dem Bürgermeister, 3. einen ausgezeichneten Platz bei der Fronleichnamsprozession rechts neben dem Dompropste und, wenn der Landesfürst nicht persönlich dabei war, dessen Stellvertretung unmittelbar hinter dem Sanctissimum und vor allen Würdenträgern des Reiches, 4. jederzeit offenen Zutritt beim Landesfürsten, 5. eine auszeichnende Amtstracht, 6. das Recht, daß ohne seine Zustimmung keine andere Lehranstalt gegründet werde, 7. das Recht der Zustimmung oder Verweigerung jeder Promotion, 8. die niederösterreichische Landstandschaft, so erscheint es nur ganz ordnungsgemäß, daß man auch in jetziger Zeit wenigstens einigen Ersatz ihm hiefür gebe.

Zu § 16. Um dem neu zu hebenden Ansehen des Rektors eine reale Unterlage zu verschaffen, ist nötig, daß sein Einfluß ebensogut nach unten wie nach oben Anerkennung finde. Für letzteres hat der § 15 die Conditio sine qua non geschaffen, || S. 413 PDF || und es wird Sache der Regierung sein, die Ausführung je nach den Umständen einzurichten. Damit der Rektor aber auch innerhalb des Körpers, dessen Haupt er ist, sein Ansehen wahren könne, muß ihm eine disziplinäre Gewalt über alle Mitglieder in die Hand gelegt werden. Sie wird in seiner Hand sicherer ruhen und erfolgreicher sein als in der Hand der jährlich wechselnden Dekane. Vorzeiten konnte der Rektor im Disziplinarwege selbst den Verlust der Lizenz (gleichbedeutend mit dem jetzigen Doktordiplome) und der Mitgliedschaft der Universität verhängen. In unserer Zeit habe die Würde und der Titel eines Doktors nicht mehr bloß einen Wert innerhalb der Lehrerkorporation, sondern dessen Besitz greift in sehr wichtige bürgerliche und dienstliche Verhältnisse ein. Die Entziehung desselben kann daher wohl vom Rektor moviert, jedoch nicht von ihm allein ausgesprochen werden.

Zu §§ 17, 18. Vergleiche das im § 14 Gesagte in Verbindung zu der bei § 2 gegebenen Auseinandersetzung.

§ 19 bedarf keiner Erläuterung.

Zu c. Es sind Stimmen laut geworden, welche für die Wiederherstellung der akademischen Nationen in der früheren Bedeutung das Wort führten, d. h., daß ihnen wieder das Recht zustehen soll, sich unter je einem Prokurator zu konstituieren, daß diese vier Prokuratoren den Rang akademischer Würdenträger haben und nebst einem Sitze im Konsistorium die Befugnis ausüben sollen, den Rektor zu wählen17. Gegen die historische Richtigkeit des einstmaligen Besitzes aller dieser Rechte läßt sich nichts einwenden. Dagegen drängen sich aber andere Bedenken vor. Die akademischen Nationen, welche bei der ursprünglichen Errichtung der Universität ihren wohlbemessenen Wirkungskreis hatten, haben dennoch sehr bald diese ihre primitive Bedeutung verloren. Schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts tauchte der Vorschlag auf, sie aufzulösen. Sie wurden zwar beibehalten, blieben aber ohne allen Einfluß. Nichts beweist dieses mehr, als der Umstand, daß am 20. November 1748 die Vorschrift erlassen werden konnte, es stehe in dem Belieben des Rektors, jeden einzelnen Kandidaten eines akademischen Grades vor der Zulassung der Promotion irgendeiner der vier Nationen nach Gutdünken und ohne Rücksicht auf Abstammung zuzuteilen18. So erhielten sich also die österreichische, rheinische, ungarische und sächsische Nation, welche in älteren Zeiten ihre volle Berechtigung gehabt hatten, nur dem Namen und der äußern Form nach. Ihr Vermögen war äußerst gering. Ihre älteren Papiere und Briefschaften kamen durch Verschleppung abhanden, so daß manches über ihre ersten Einrichtungen, Zwecke und Stiftungen unaufgehellt bleibt. Im Jahre 1838 wurden die Namen dieser vier Nationen teilweise umgetauscht und mit Rücksichtnahme auf ausschließlich österreichisches Staatsgebiet in eine österreichische, slawische, ungarische und italienisch-illyrische verwandelt19. Sollte daher eine || S. 414 PDF || Restitutio stattfinden, so könnte hiefür wohl nur die seit 1838 eingeführte Zusammensetzung maßgebend sein. Hiebei kann man von einem zweifachen Grundsatz ausgehen. Entweder man verleiht den vier Nationen wirklich die volle Bedeutung, die in ihrem Namen liegt, oder man behält sie wie ehedem als bloße Form, als Nomenklatur ohne Gehalt, bei. Im ersteren Falle leistet man der zentrifugalen Kraft der vier österreichischen Hauptnationalitäten direkten Vorschub und leitet sozusagen die Jugend an, diese Namensverschiedenheiten recht lebendig und wach zu erhalten. Im zweiten Falle tut man nichts anderes, als daß man die Geschichte mißbraucht, um eine totgeborene Einrichtung, einen leeren Schall, zu schaffen, und wenn es schon schwer zu begreifen ist, warum man sich überhaupt zu so etwas herbeiläßt, so läßt sich noch viel weniger absehen, warum man den Vertretern einer Körperschaft, die entweder gefährlich oder bedeutungslos ist, einen Sitz im Konsistorium und das Recht zur Rektorswahl zugestehen soll. Da es nicht möglich sein wird, die zwei Spitzen dieser Alternative zu umgehen, so wird nichts anderes erübrigen, als daß man die Nationen aufhebt, daß sodann eine spezielle Vorkehrung über ihr Vermögen und über die Einhaltung der bei ihnen bestehenden Stiftungen notwendig sein wird, versteht sich von selbst.

Unabhängig von dem Begriffe und Einteilungsgrund der Nationen bestanden in alten Zeiten andere Vereinigungen (Bursen) von Studierenden unter der Leitung eines Professors oder Baccalaureus20. So bildeten die Wiener und insbesondere die Stipendisten des Wiener Magistrates die Rosenburse; in der schlesischen Burse befanden sich ausschließlich Juristen, in dem vom Bischof Johann Fabri gestifteten Nikolaikollegium Kandidaten für philosophische und philologische Lehrämter; im sogenannten Goldberg waren ohne anderweitige Klassifizierung die ganz armen Studierenden vereinigt. Ebenso bildeten die Teilnehmer an einer größeren Stiftung, welche zunächst nur durch den Zweck und die Pflichten dieser Stiftung zusammengehörten, eine Burse für sich. Alle diese Bursen wurden im Jahre 1623 von den Jesuiten in ein Kollegium, das sogenannte Collegium academicum, verschmolzen21. Es steht aber nicht nur nichts im Wege, sondern ist sogar sehr wünschenswert, daß sich je nach den Bedürfnissen, nach gestifteten Zwecken oder praktischen Anlässen, die im vorhinein nicht wohl aufgezählt werden können, Gruppen von Studierenden bilden, bei welchen nur die Anwendung gehöriger Vorsichtsmaßregeln notwendig ist, damit sie nicht ausarten. Zu diesen Vorsichtsmaßregeln gehört wesentlich, daß sie in eine disziplinäre Verbindung mit der Universität gebracht werden.

§§ 20 und 21 bedürfen keiner näheren Begründung.

Zu § 22. Die Wiener Universität ist stiftungsgemäß eine katholische Anstalt. Zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts sind allerdings einzelne Maßregeln getroffen worden, welche ein absichtliches Ignorieren dieses Merkmals bekundeten22; || S. 415 PDF || ausdrücklich aufgehoben worden aber ist es niemals. Es ist vielmehr unleugbar, daß zuvörderst die Universität als Ganzes und jede Fakultät als Korporation den Charakter der Katholizität per eminentiam an sich zu tragen hat: daher die Bestimmung, daß der Rektor, die Senioren und die Fakultätssyndiker nur Katholiken sein dürfen. In betreff der Syndiker insbesondere ist zu beachten, daß das Referat, das sie in der Plenarversammlung zu führen haben, häufig mit Stiftungen zu tun haben wird, mit welchen die stiftungsgemäße Erfüllung kirchlicher Verrichtungen verbunden ist. Strenge Konsequenz würde erfordern, daß Akatholiken auch von dem Dekanate ausgeschlossen werden. Eine solche Anordnung ist aber wohl nur dann zulässig, wenn man glaubt, Akatholiken auch von dem Lehramte unbedingt ausschließen zu sollen. Denn es ist wahrlich sehr unbillig, Männer, die man für würdig hält, als Lehrer angestellt zu werden, nur die Last des Lehramtes tragen zu lassen, von der Würde aber auszuschließen, auf die jeder Professor im Verlaufe einiger Jahre gegründeten Anspruch hat. Es ist nicht nur unbillig, sondern auch so beleidigend, daß eine solche Anordnung in ihren Wirkungen der Ausschließung von dem Lehramte ziemlich gleichkommen dürfte.

Das infolge Ah. Entschließung erlassene Studienhofkommissionsdekret vom 15. Februar 1834 hat allerdings die gänzliche Unzulässigkeit der Wahl protestantischer Fakultätsglieder zu Dekanen ausgesprochen23. Allein damals hatten die Dekane nur eine korporative Bedeutung in der Fakultät. Jenes Verbot entsprach also im Grund nur den Vorsichten, welche der Schluß des § 21 enthält. Da überdies zu jener Zeit das Dekanat überhaupt nicht für Professoren erreichbar war, so hatte die Ausschließung von Protestanten auch nicht die angeführte Beziehung auf das Lehramt.