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Nr. 147 Ministerkonferenz, Wien, 2. August 1853 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 3. 8.), Bach, Thun, Baumgartner, Bamberg; abw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 3092 – (Prot. Nr. 66/1853) –

Protokoll der am 2. August 1853 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Organisierung der Gerichtshöfe erster Instanz in Krain

Der Minister des Inneren referierte in Vertretung des mit Urlaub abwesenden Justizministers über die Organisierung der Gerichtshöfe erster Instanz im Herzogtume Krain.

Nach den von den Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vereinbarten Anträgen sollen im Herzogtume Krain zwei Gerichtshöfe, und zwar in Laibach ein Landesgericht und in Neustadtl ein Kreisgericht, errichtet werden1.

Diese Gerichtshöfe sollen zugleich als Handelsgerichte in dem Umfange ihrer Sprengel und das Landesgericht in Laibach insbesondere das Berggericht für das ganze Kronland Krain sein. Für das Landesgericht zu Laibach werden ein Präsident, ein Oberlandesgerichtsrat (als Vizepräsident), zehn Landesgerichtsräte, zwei Ratssekretäre, acht Gerichtsadjunkten, für das Kreisgericht Neustadtl ein Kreisgerichtspräses, sechs Kreisgerichtsräte, ein Ratssekretär und drei Gerichtsadjunkten und für beide das nötige Hilfsämter-, Landtafel- und Grundbuchs-, Kerkeraufsichts- und Dienerschafts­personale angetragen. Der Kostenaufwand für diese Behörden soll an ständigen Gebühren 65.698 fr. betragen und ist gegen den Antrag der Organisierungskommission um 20.666 fr. und gegen die Auslagen für die gegenwärtig bestehenden Gerichte um 2812 fr. geringer.

Die Ministerkonferenz fand gegen diese Anträge nichts zu erinnern2.

II. Verurteilung des amerikanischen Untertans J. B. Hawel

Der Minister des Äußern teilte hierauf der Konferenz mit, daß der amerikanische Konsul in Wien bei ihm eine Angelegenheit des amerikanischen Untertans J. B. Hawela zur Sprache gebracht habe.

|| S. 251 PDF || J. B. Hawel wurde nämlich zu Königinhof in Böhmen in einen Zivilprozeß verwickelt und zu vier Monaten Arrest verurteilt, weil er geständig war, als Mitglied des Lesevereins in einer Randglosse sich beleidigende Bemerkungen über Österreich erlaubt zu haben. Er hat die in einer Glosse sich gestellte Frage: Was ist das Gräßlichste, was man sich auf dieser Welt denken kann, dahin beantwortet: Ein österreichischer Untertan zu sein. bDer amerikanische Konsul setzte den Minister des Äußern hievon in einer sehr taktvoll verfaßten Note mit dem Bemerken in Kenntnis, daß hier keine Absicht, die kaiserliche Regierung zu beleidigen, sondern nur ein allerdings sehr unangemessener Scherz unterlaufen sein dürfte, der übrigens nur in dem sehr engen Kreise des Lesevereins bekannt wurdeb .3 Über die vom Konsul weiters gemachte Andeutung, ob bei der Aburteilung Rücksicht darauf genommen worden sei, daß Hawel ein amerikanischer Bürger ist, bemerkte ihm der Minister Graf v. Buol-Schauenstein, daß die Ausländer in Österreich den österreichischen Gesetzen wie die Inländer unterworfen seien und daß die Eigenschaft eines Ausländers bei der Aburteilung keinen Unterschied begründe. Die von dem Konsul weiter gestellte Frage, ob das Gericht diesen Umstand gewußt habe, wurde von dem referierenden Minister bejaht4. Graf v. Buol beabsichtiget, die auf diesen Gegenstand bezügliche Eingabe des Konsuls an den Justizminister zu dem Ende zu leiten, um sich über den Vorgang in dieser Angelegenheit zu erkundigen, indem es ihm wünschenswert zu sein scheine, mit Rücksicht auf die leidige Verwicklung von Smyrna ceine minder strenge Behandlung dieses verurteilten amerikanischen Bürgers eintreten zu lassenc .5

Die Ministerkonferenz erklärte sich damit einverstanden.

III. Verzehrungssteuererhöhung von Branntwein und Weingeist

Der Finanz- und Handelsminister Ritter v. Baumgartner bemerkte, daß das in der letzten Zeit mit Preußen getroffene Übereinkommen bezüglich der Zölle es im hohen Grade wünschenswert mache, daß Gegenstände, welche einer Konsumtionssteuer unterliegen, in beiden Gebieten – den Zollvereinsstaaten und Österreich - in der Besteuerung möglichst gleichgestellt werden6 Diese Rücksicht sei es gewesen, welche den Finanzminister bestimmte, eine Erhöhung der Abgabe auf Runkelrübenzuckererzeugung (von 5 auf 8 Kreuzer) unlängst in Antrag zu bringen7.

Heute bringt derselbe Minister zu demselben Zwecke eine mäßige Erhöhung der Verzehrungssteuer von Weingeist und Branntwein in Antrag. Der referierende Minister bemerkt, daß die Konsumtionssteuer von Branntwein und Weingeist, welche nach dem Begriffe dieser Steuer eigentlich bei der Konsumtion, also im Branntweinschanke, abgenommen werden sollte, in Österreich bei der Erzeugung (obgleich sie keine Erzeugungs-, sondern eine Konsumtionssteuer ist) abgenommen wird. Bei dieser Besteuerung werde auf zweifache \Veise verfahren. Wo der Weingeist aus Stoffen gezogen wird, bezüglich deren man weiß, wieviel Geist aus einer gewissen Quantität dieser Stoffe gewonnen werden kann, da wird die Maische besteuert. Dort hingegen, wo man dieses nicht weiß, z. B. bei der Erzeugung aus Abfällen der Zuckerraffinerien, wird die Menge des gewonnenen Weingeistes selbst besteuert. Bei der Besteuerung der Maische sei man bis jetzt von der Voraussetzung ausgegangen, daß von einem Eimer Maische drei Maß Geist gewonnen werden, welche Voraussetzung aber nicht richtig sei, da von einem Eimer Maische bis sechs Maß Geist gewonnen werden können. Der Eimer Maische wird bei uns mit einer Steuer von 10 Kreuzer belegt. In Preußen und den Zollvereinsländern wird die nämliche Quantität mit 14,4 Kreuzer besteuert. Der Finanzminister beabsichtiget, zur Erreichung des oberwähnten Zweckes bei Sr. Majestät den au. Antrag zu stellen, daß das letztere Ausmaß von 14,4 Kreuzer für einen Eimer Maische aus mehlichten Stoffen auch bei uns eingeführt und gleichzeitig die Steuer für Branntweinerzeugung von Steinobst und Abfällen der Zuckerraffinerien entsprechend erhöht werde. Dies würde bei einem Eimer Weingeist 3 fr. 36 Kreuzer ausmachen und dem Staate jährlich eine Mehreinnahme von 1,800.000 fr. verschaffen. Das erwähnte Ausmaß kann mit Rücksicht auf den Umstand, daß von einem Eimer Maische nicht drei, sondern sechs Maß Geist gewonnen werden können, wodurch es also auf die Hälfte herabsinkt, keineswegs als drückend erkannt werden.

Die Konferenz erklärte sich mit diesem als eine notwendige Konsequenz der Zollvereinbarungen mit Preußen erscheinenden Antrage des Finanzministers vollkommen einverstanden8.

IV. Anwendung der Stempelmarken auf Kalender und Spielkarten

Der Finanzminister brachte weiter mit Beziehung auf den Sr. Majestät zu erstattenden au. Vortrag wegen Einführung der Stempelmarken statt der bisherigen Stemplung die Anwendung der Stempelmarken auf Kalendern und Spielkarten zur Sprache9.

Er bemerkte, daß der Gebrauch der Stempelmarken bei Kalendern durchaus keinem Anstande unterliege, indem diese leicht mit Marken versehen werden können. Anders verhalte es sich bei Spielkarten. Diese können, ohne dfür die Spielendend kenntlich zu werden, nicht mit Marken versehen oder mit Maschinen gestempelt werden. Man hat die Spielkarten bisher mit Handstempeln markiert; diese Markierung mußte, um die Karten nicht kenntlich zu machen, nur leicht geschehen, der Abdruck war daher meistens schlecht und hat die Verfälschung der Spielkartenstemplung sehr erleichtert. Um diese Unzukömmlichkeiten (bei der Einführung der Markenstemplung) zu beseitigen, beabsichtiget der Finanzminister, den au. Antrag an Se. Majestät zu richten, den Kartenstempel ganz aufzuheben und dafür Pauschalien einzuführen. Der Ertrag des Kartenstempels war durch zehn Jahre fast konstant; würde etwas mehr als dieser Ertrag als jährliches Pauschale angenommen, so würde das Gefäll keinen Schaden und die Kartenmaler würden den Vorteil haben, daß sie, ohne alle Belästigung, nicht viel mehr als früher zahlen. Die Kartenmaler, deren Geschäft ein kontrollpflichtiges ist, müßten aber über ihre Erzeugnisse Buch führen, und jedes Spiel Karten müßte eine Nummer derart bekommen, daß mit dem Beginne des Jahres mit „1“ angefangen und bis zum Schlusse des Jahres mit der Numerierung in arithmetischer Reihenfolge fortgefahren werde; falsche Numerierung müßte mit bedeutenden Strafen belegt werden. Gegenwärtig handelt es sich jedoch nur um die Einführung des Pauschales, und die im ersten Jahre hierin gemachten Erfahrungen werden dann Anhaltspunkte zum weiteren Vorgange in dieser Angelegenheit gewähren.

Die Ministerkonferenz erklärte sich mit diesem Antrage vollkommen einverstanden10.

V. Entwurf eines Berggesetzes (= Sammelprotokoll Nr. 153)

Der Finanzminister setzte hierauf den in der Konferenzsitzung vom 30. Juli 1853 begonnenen Vortrag über den von ihm vorgelegten Entwurf eines allgemeinen Berggesetzes fort, worüber das Nähere in dem darüber angelegten besonderen Protokolle aufgenommen erscheint11.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 11. August 1853.