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Nr. 134a Motivenbericht zum Entwurf eines kaiserlichen Patents über die Regelung der zwischen den ehemaligen Grundherren und den gewesenen Untertanen und Grundholden zufolge des Urbarialverbandes und der ihm verwandten Rechtsbestände obwaltenden Beziehungen, dann zur Durchführung der Urbarialentschädigung und der Grundentlastung für das Großfürstentum Siebenbürgen, Wien, o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-02-0-18530528-P-0134.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

  • Konzept in der Handschrift von zwei Kanzleischreibern; als Beilage zum Vortragskonzept Bachs v. 20. 7. 1853 über die Grundentlastung in Siebenbürgen, AVA., IM., Präs. 10/1, Nr. 2619/1853 ; vidiert von Bach am 12. 7. 1853. Das Original und die Abschriften, die nach einer Randbemerkung Bachs seinem Vortrag ehemals in 20 Exemplaren angeschlossen waren, fehlen. Der Motivenbericht nimmt auf einige Beilagen Bezug, die ursprünglich wohl dem Originalmotivenbericht angeschlossen waren, die jedoch heute in den Wiener Archiven mit Ausnahme jener Akten, die in, Kommentar zum MKProt. v. 28. und 31. 5., 4. und 7. 6. 1853 bereits zitiert wurden, fehlen. Der sonst im Rahmen der Kommentierung übliche Nachweis dieser Bezugsakten ist daher im vorliegenden Fall unterblieben. Hier nur Druck des allgemeinen Teils; die Begründung für die einzelnen Paragraphen wurde nicht gedruckt.

MRZ. – KZ. –

[Tagesordnungspunkte]

Die zwischen den ehemaligen Grundherren und ihren gewesenen Untertanen obwaltenden Rechtsverhältnisse waren im Großfürstenturne Siebenbürgen bis zu der im Jahre 1541 erfolgten Trennung von dem Königreiche Ungarn im wesentlichen durch dieselben Gesetze geregelt1. Insbesondere fanden die dem Stande der Untertanen so nachteiligen Bestimmungen des VII. Dekretes König Wladislaws 11. auch auf Siebenbürgen ihre volle Anwendung und die unter den siebenbürgischen Nationalfürsten zustande gekommenen Gesetze haben an dieser Strenge nichts gemildert, wenn man etwa einen Artikel des Landtages 1675 ausnimmt, der die Grundherren verpflichtet, auf der Gemeinweide – commune pascuum – den Untertanen die Viehweide zu gestatten.

Erst als Siebenbürgen unter das Szepter des erlauchten Kaiserhauses trat, seit 1691, begann eine günstigere Periode für den siebenbürgischen Bauernstand, indem die wohlwollenden Absichten der erlauchten Herrscher dieses Hauses dem Widerstande der fast durchgängig aus Grundherren zusammengesetzten Landstände vielfach Gesetze abrangen, durch welche die Lage dieser so zahlreichen, bis dahin fast rechtlosen Klasse von Landesbewohnern verbessert oder doch die Verpflichtungen derselben genauer bestimmt und gegen schrankenlose Willkür gesichert wurde. Schon 1714 kam ein Landtagsbeschluß zustande, dem zufolge jeder seßhafte Untertan – perpetuae obligationis subditus – zu nicht mehr als zu vier, jeder Inquiline aber zu nicht mehr als zu drei Tagen wöchentlicher Fronarbeit nach dem Ermessen des Grundherrn mit dem Zuge oder mit der Hand verhalten werden kann, eine Bestimmung, welche die hochselige Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1747 mit Reskript vom 25. Feber dahin milderte, daß ein Colon aintegrae sessionisa nur vier Tage Handrobot oder drei Tage Zugrobot || S. 166 PDF || und nur, falls er nicht die hinlängliche Bespannung hätte, mit einem gleich bestifteten Colonen zusammen vier Tage Spanndienst zu leisten hatte2. Günstiger wurden in diesem Reskripte die Inquilinen bedacht3. Dieses Reskript wurde jedoch von den Grundherren nicht befolgt. Zahllose bBeschwerden, massenhafteb Auswanderungen der Untertanen zeugten von der Unerträglichkeit des auf ihnen lastenden Druckes und lenkten die volle Aufmerksamkeit der erhabenen Monarchin auf diese traurigen Agrarzustände. 1ehrjährige Verhandlungen zwischen dem siebenbürgischen Gubernium und den einzelnen Jurisdiktionen und die von dem ersteren erstatteten Anträge hatten endlich zufolge, daß Ihre Majestät weiland die Kaiserin Maria Theresia mittelst Hofreskriptes vom 12. November 1769 ohne Vereinbarung mit den Ständen die unter dem Namen der „gewissen Punkte“ („bizonyos punctumok“) bekannten Urbarialnormen zu erlassen befanden. Diese Normen wurden von den Ständen in dem XXVII. Gesetzesartikel des Jahres 1791 als provisorische Verfügung bis zur Zustandebringung einer Urbarialregulation angenommen. Sie bildeten mit Inbegriff der Bestimmungen des XXVI. Artikels desselben Jahres (de sublata colonorum perpetua obligatione personali et indulta illis sub certis conditionibus libera migratione) bis zum Jahre 1848 den einzigen unbestritten gültigen gesetzlichen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Rechtsverhältnisse zwischen Grundherren und Untertanen. Denn die bereits in dem Hofreskripte vom Jahre 1769 dem siebenbürgischen Gubernium aufgetragene Ausarbeitung eines Urbarialregulationsgesetzes führte sowenig als die wiederholten späteren Ah. Aufträge, ja selbst mehrfache Operate ständischer Deputationen und die im Jahre 1819/20 auf Ah. Befehl zustande gebrachte Konskription und Klassifikation aller Untertansgründe und Dörfer zu dem von der Regierung so sehr gewünschten und erstrebten Resultate, nämlich zur Zustandebringung eines vollständigen, alle Beziehungen regelnden Urbarialgesetzes, in welchem insbesondere die in den gewissen Punkten ganz unberührte Frage über die Bestiftung des Untertans ihre Lösung gefunden hätte.

Erst auf dem Landtage des Jahres 1846/47 kam endlich ein Urbarialgesetz zustande, welches am 31. Oktober 1847 die Ah. Genehmigung Sr. Majestät Kaiser Ferdinands erhielt. Dieses Urbarialgesetz stieß sowohl auf dem Landtage selbst als, wie die hierüber bei den höchsten Behörden verhandelten Akten nachweisen, im Schoße dieser höchsten Behörden auf den allerentschiedensten Widerspruch. Eine mit den Zeitverhältnissen unvereinbarliehe Härte wurde den Bestimmungen dieses Urbars auf dem Landtage vorgeworfen: es wurde vielfach bewiesen, daß dieselben in mancher Beziehung den Zustand des Bauern eher verschlimmern, fast in keiner Hinsicht seinen Erwartungen nur einige Rechnung tragen. || S. 167 PDF || Die Vergleichung der Bestimmungen dieses Gesetzes mit denen auf dem Landtage 1832/36 für Ungarn erflossenen Urbarialgesetzen stellt es zweifellos dar, daß das siebenbürgische Gesetz für den Untertanen weit drückender sei als das ungrische4. Dieses Gesetz ist übrigens nie in Kraft getreten, da bereits mit Ah. Reskripte vom 7. November 1847 c angeordnet ward, daß bis zur Ausarbeitung eines im Sinne der sanktionierten Gesetzesartikel anwendbaren Urbariums die Urbarialverhältnisse in statu quo zu verbleiben haben.

In diesem Zustande der Agrargesetzgebung wurde Siebenbürgen von den Ereignissen des Jahres 1848 ereilt, dwelche wie allenthalben auch dortlandes vor allem die schwebende Agrarfrage zu einer Lösung brachtend. Infolge der in dem Ah. Reskripte vom 3. Mai 1848, womit ein Landtag auf den 29. Mai 1848 nach Klausenburg berufen wurde, enthaltenen Aufforderung, das Los der Urbarialisten auf alle Weise zu erleichtern, hat dieser Landtag zwei Gesetzesartikel angenommen, welche am 22. Juni 1848 die Ah. Bestätigung erhielten, jedoch bereits vor der Ah. Bestätigung durch das siebenbürgische Gubernium eam 7. Juni 1848, GZ. 7273/U. 243d, allgemein kundgemacht worden waren. Diese beiden Gesetzesartikel, der IV. und V. der von diesem Landtage beschlossenen, lauten, u. zw. der IV.:

Der IV. Gesetzesartikel über die Expropriation der auf den Colonikaturen ruhenden Roboten, Zehenten und Geldleistungen lautet: Die auf den Colonikaturen ruhenden Roboten, Zehenten und Geldleistungen werden aufgehoben. § 1. Die Gesetzgebung stellt die Entschädigung der Privatgrund­besitzer unter den Schutz der Nationalgewährleistung. § 2. Se. Majestät werden über die dargestellte Entschädigung der Grundbesitzer, als ihnen der sie betreffende Kapitalswert der bisherigen Urbarialleistungen von dem Staate ohne Abzug ausbezahlt werde, dem künftigen Reichstage einen von demselben detailliert zu behandelnden GesetzesvorschJag durch das ungarische Ministerium vorlegen lassen. § 3. Da die bisher von dem Grundherrn abgenommene Zehententrichtung aufgehört [hat], so hat in dieser Gemäßheit auch die den Grundherren bisher abgelegene Pflicht, den diesfälligen Zehentarend5 zu entrichten, ebenfalls aufzuhören. § 4. Die Ortsbürger – die bisherigen Untertanen und Zselleren6 – können in der Benützung der Sessionen und Gründe, welche sich in ihren Händen befinden, welcher Natur selbe immer sein mögen, ohne richterliche Dazwischenkunft nicht gestört noch in der ordentlichen und fortwährenden Benützung der Weide, Holzung und des Röhrichts, wie selbe dermal besteht, beschränkt werden. Wenn jedoch eine Session oder [ein] Grund, dessen Natur in Frage gestellt wird, || S. 168 PDF || nach dem Urteile des im folgenden Paragraphe bestimmten Gerichtes als reines Allodium7 befunden wird, so ist der betreffende Urbarialist verpflichtet, den entgangenen Nutzen zu ersetzen. Die Abgabe des zu den Gebäuden erforderlichen Holzes wird aufgehoben. Außerdem wird auch den Jurisdiktionen die Aufrechthaltung der Waldungen im guten Stande zur strengen Pflicht gemacht. § 5. Das ungarische Ministerium wird ohne Aufschub ein über- und Untergericht zu dem Zwecke aufstellen und in Wirksamkeit setzen, um jene Streitsachen, welche sich zwischen den Grundherren und ihren gewesenen Untertanen über die Natur eines Grundes ergeben, nach den siebenbürgischen Gesetzen und den Prinzipien des Privatrechtes summarisch zu entscheiden. Auf diesem Wege kann vor Erfluß des Urteils kein Urbarialist weder aus dem Besitze des in seinen Händen befindlichen Grundes gesetzt noch außer den im folgenden § 6 enthaltenen Ausnahmsfällen – zu einer wie immer Namen habenden Prästation verhalten werden. § 6. Auf Székler Boden wird unter dem reinen Allodium auch das Székler Erbe (siculica hereditas) verstanden. Da nun die Güter der Steuer tragenden und Waffen tragenden Székler im allgemeinen größtenteils Székler Erbe sind, so kann den auf demselben wohnenden CoIonen diejenige Befreiung, welche für die übrigen Colonen nach dem gegenwärtigen Gesetze sogleich ins Leben tritt, nur in dem Falle zustatten kommen, wenn die erwähnten Steuer und Waffen tragenden Székler Eigentümer vor dem im vorigen Paragraphe angedeuteten Gerichte werden beweisen können, daß die in Frage stehenden Sessionen und Gründe, welche sich im Besitze der Colonen befinden, Allodium oder Székler Erbe seien. § 7. Die Bewirkung von Kommassationen und Weideabforderungen auf gesetzlichem Wege wird offengelassen. Hierwegen die detaillierte Verfügung zu treffen wird eine Aufgabe der künftigen gemeinschaftlichen Gesetzgebung sein. § 8. Die Weingärten, soweit selbe an nicht zu den Urbarialbeständen gehörigen Orten sich befinden, werden nicht zu den von der Zehententrichtung befreiten ürten gerechnet. Das Schankrecht und die übrigen kleineren Regalien bleiben in der Benützung der dermaligen Eigentümer. § 9. Die Herren- und Tridualstühle8 werden aufgehoben und die Ortsbürger sowohl in Zivil- als auch in persönlichen Prozessen an die Gerichte der betreffenden Ortsgerichtsbarkeit gewiesen. § 10. Gegen solche Grundbesitzer, mit deren Besitz vor Verkündigung dieses Gesetzes Colonikaturen verbunden waren, können über ihre vor Verkündigung dieses Gesetzes gemachten Schulden – mit Ausnahme der unverzinslichen Kaufmanns- und Handwerksconti – bis auf weitere gesetzliche Anordnung keine Klagen erhoben werden. Nur die Klagen über die nicht bezahlten gesetzlichen Zinsen können gegen dieselben im Gerichtswege erhoben werden, für das Schuldkapital dient die vom Staate zu erwartende Entschädigung als Hypothek.

V. Gesetzesartikel. Über die Umänderung der exproprüerten grundherrlichen Urbarialeinkünfte in eine Staatsschuld. § 1. Der gesetzgebende Körper Siebenbürgens || S. 169 PDF || nimmt den ungarischen Gesetzesartikel XII vom Jahre 18489 seiner ganzen Ausdehnung nach an. Dem zufolge § 2 werden zur Entschädigung der Grundherren für ihren Anteil an den expropriierten Leistungen der gewesenen Urbarialisten mit Ag. Zustimmung Sr. Majestät im allgemeinen die Kameral- und Landeseinkünfte Siebenbürgens, insbesondere aber die Einkünfte der Salzwerke, soweit selbe hierzu hinreichen, zur Hypothek verpflichtet. Zur Hypothek dienen gleichfalls die zur zweckmäßigeren Bewirkung der Entschädigung vielleicht aufzunehmenden Landesanleihen. Hierüber wird das ungarische Ministerium, unter dessen Direktion die Behandlung der Entschädigung jedenfalls zu geschehen hat, nach dem Sinne des im vorigen Paragraphe angenommenen ungarischen Gesetzesartikels dem nächsten Reichstage einen Gesetzesvorschlag vorlegen. § 3. In Anwendung des § 4 des angenommenen ungarischen Gesetzesartikels XII ex 1848 auf Siebenbürgen wird das Ministerium der Justiz zur summarischen Entscheidung der von den Grundbesitzern gegen die Giltigkeit der Schätzung des Nutzens der expropriierten Leistungen erhobenen Exzeptionen für Siebenbürgen, welches in dieser Hinsicht als der sechste Distrikt10 zu betrachten ist, eine aus fünf Mitgliedern bestehende und vom Staat zu besoldende Deputation ohne Aufschub ernennene .

|| S. 170 PDF || Derselbe Landtag hat zwar in der Richtung der Agrarfrage noch weitere Beschlüsse, insbesondere im VI. Artikel über die Folgen des Aufhörens der Urbarialverhältnisse in bezug auf Körperschaften und über die Aufhebung der Zehente, welche nicht im IV. Artikel begriffen sind, gefaßt. Diese Beschlüsse haben jedoch die Ah. Bestätigung nie erhalten. gDie Hauptbestimmungen dieser Gesetzesartikel wurden von dem bestandenen königlichen Gubernium zur Beschwichtigung der aufgeregten bäuerlichen Bevölkerung noch vor Einlangen der Ah. Bestätigung mittelst einer Kundmachung vom 17. Juni 1848 bekannt gemacht.g Weitere Gesetze sind in dieser Richtung überhaupt nicht erflossen, sowenig als weder von dem ungrischen Ministerium noch von den Organen der späteren Rebellengewalt irgendwelche auf die Durchführung der Grundentlastung selbst bezügliche Vorkehrung eingeleitet wurde. hNur muß bemerkt werden, daß Se. Majestät Kaiser Ferdinand in den Proklamationen vom 20. Oktober und 7. Novernber 1848, der kaiserliche Bevollmächtigte Feldmarschall Fürst Windisch-Grätz in der an das Landvolk in Ungern und Siebenbürgen erlassenen Proklamation vom 14. Dezember 1848, endlich Se. jetzt regierende Majestät unser Ag. Herr und Kaiser in dem Patente de dato Schönbrunn 7. Juli 1849 die Aufhebung sämtlicher Urbarial­schuldigkeiten gegen billige Entschädigung der Berechtigten ausdrücklich aufrechtzuerhalten geruhten (in mehreren dieser Manifeste werden auch die Zehentleistungen ganz allgemein als aufgehoben bezeichnet).f Sr. k. k. apost. Majestät Regierung fand diese wichtige Angelegenheit nach Herstellung der Ruhe und Wiedereroberung Siebenbürgens gesetzlich in demselben Zustande, in welchen sie durch die Beschlüsse vom Juni 1848 versetzt worden war: Faktisch hatten sich die Verhältnisse allerdings noch mehr zuungunsten der ehemaligen Herrschaften verschlimmert, indem den Landtagsbeschlüssen vom Jahre 1848 eine übermäßige g Ausdehnung rücksichtlich des Begriffes der Urbarialleistung gegeben und hierdurch das grundherrliehe Einkommen noch mehr geschmälert wurde, überhaupt aber die Verzögerung der Lösung der Entschädigungsfrage, verbunden mit den bei der Mehrzahl der siebenbürgischen Grundbesitzer freilich nicht unverschuldeten Unfällen der Jahre 1848 und 1849, den Stand der Grundherren an den Rand des Verderbens gebracht hatte. jDer Minister des Inneren hielt sich daher verpflichteth, einerseits den gesetzwidrigen Übergriffen der ehemaligen Untertanen in der Besitzfrage mit Nachdruck entgegenzutreten, andererseits kEinleitungen zu treffen, damit der großen Geldnot der ehemaligen Grundherren einigermaßen abgeholfen werdei . In ersterer Beziehung erflossen von Seite des Militär- und || S. 171 PDF || Zivilgouvernements nicht nur strenge Vorschriften gegen alle Arten von Besitzstörungen, sondern es wurden auch am 10. Jänner und 24. März 1850, dann am 19. Juli 1851 Verordnungen erlassen, nach denen die zahllos auftauchenden Streitigkeiten zwischen den ehemaligen Grundherrschaften und ihren gewesenen Untertanen lüber die Natur der Besitztümer und der hiervon gebührenden Leistungenj von den politischen Behörden im Provisorialwege entschieden werden sollen. Um der drückenden Geldnot der ehemaligen Grundherrschaften einigermaßen aufzuhelfen, geruhten Se. kaiserliche Majestät über Antrag des bestandenen IV[inisterrates mit Ah. Entschließung de dato Bilin 12. September 1850 die Beteilung der urbarialberechtigten Besitzer mit Vorschüssen auf Abschlag der Entschädigung zu bewilligen und gleiche Gnadenakte mit den Ah. Entschließungen vom 17. September 1851 und vom 3. September 1852 zu verfügen. Der sächsischen Geistlichkeit Augsburger Konfession msowie allen Zehentholden nicht evangelisch-lutherischen Glaubensbekenntnissesk, welche durch den Entgang des geistlichen Zehents teilweise in große Not geraten war, geruhten Se. Majestät ebenfalls wiederholte Vorschüsse aus dem Staatsschatze zukommen zu lassen.

Inzwischen wurde die Hauptfrage, die Verhandlung über die Ausmittlung der Entschädigung und über die vollständige Regelung der durch die Landtagsbeschlüsse vom Jahre 1848 nicht gelösten Verhältnisse, nicht aus dem Auge verloren.

Bereits am 8. Mai 1850 wurde der damalige Militär- und Zivilgouverneur von Siebenbürgen nFML. Freiherr v. Wohlgemuthl eingeladen, in Hermannstadt ein beratendes Komitee aus Vertretern der Berechtigten und Verpflichteten aller im Lande ansässigen Nationen zusammenzuberufen, um einerseits eine vollständige Darstellung aller im Lande bestehenden Urbarialverhältnisse zu gewinnen, andererseits Anträge über die Anordnungen zu vernehmen, welche die veränderte Lage der Verhältnisse zu erheischen schien. Um den Beratungen dieses Komitees eine bestimmte Richtung zu geben und die möglichste Vollständigkeit oderselben zu erzielenm, wurden dem damaligen Gouverneur bestimmte Fragen mitgeteilt, worüber das Komitee seine Ansichten auszusprechen hatte. Infolge dieser Aufforderung berief Freiherr v. Wohlgemuth den ehemaligen Ständepräsidenten Franz Freiherrn v. Kemeny, den quieszierten Gubernialrat Ludwig v. Szabó, den gewesenen Assessor der königlichen Tafel Johann v. Gál, den Professor Zimmermann, den Mediascher11 Senator Kräger, den Paul Dunka, Alexander Boheczel, Johann Bran, Demeter Moga und Ministerialsekretärn als Vertrauensmänner in dieses beratende Komitee, bei welchem der damalige Gubernialsekretär Chomiński das Referat und der damalige kaiserliche Zivilkommissär Eduard Bach den Vorsitz führte. || S. 172 PDF || Mit dem au. angeschlossenen Berichte legte Freiherr v. Wohlgemuth die Elaborate dieses Komitees dem Minister des Inneren vor und qverband damit zugleich die Darstellung seiner eigenen Anträgeo sowohl rücksichtlich der Durchführung der Grundentlastung als rücksichtlich der Regelung der Besitzverhältnisse in Siebenbürgen12. Da die von diesem Komitee gelieferten Elaborate bei der Parteistellung, welche die verschiedenen Klassen und Nationen in demselben gegeneinander eingenommen und konsequent bei allen Gegenständen der Beratung behauptet hatten, eine unbefangene Würdigung des Gegenstandes nicht gestatteten, auch vielfache Zweifel noch aufzuklären waren, so fand sich der Minister des Inneren in Übereinstimmung mit dem damals bei Durchführung der Grundentlastung für alle übrigen Kronländer beobachteten Vorgange veranlaßt, ein eigenes Komitee in Wien zusammenzuberufen, zu welchem die von Freiherrn v. Wohlgemuth vorgeschlagenen Mitglieder des ersten Komitees Franz v. Kemény, Johann v. Gal, Paul Dunka und Johann Haan, dann der gegenwärtige Rat des k. k. Obersten Gerichts- und Kassationshofes Daniel v. Kabos und der gegenwärtige Referent des siebenbürgischen Gerichtshofes Dionys v. Kozma, der k. k. Kämmerer Joseph Graf v. Kemény, der damalige Justizministerialreferent Simon Schreiber, die damaligen Kronstädter Senatoren A. Roth und Wilhelm Schmidt, der Ministerialsekretär im Handelsministerium Johann Haan, Peter Mann und Johann Aldulián, insgesamt geborne und mit den Urbarialverhältnissen vertraute Siebenbürger, beigezogen wurden. Den Beratungen dieses Komitees wohnten auch der damalige kaiserliche Zivilkommissär Eduard Bach, der Gubernialsekretär Chomiński und die mit den Referaten der siebenbürgischen Urbarial- und der allgemeinen Landesangelegenheiten betrauten Beamten des Ministeriums des Inneren bei.

Auf Grundlage dieser Beratungen und vielfacher auf einzelne Gegenstände der Grundentlastungs­frage bezugnehmender Eingaben wurde ein neuer Entwurf verfaßt, welcher dem gegenwärtigen Militär- und Zivilgouverneur Carl Fürsten zu Schwarzenberg samt allen einschlägigen Akten neuerlich zur eindringlichen Würdigung und Begutachtung mitgeteilt wurde. Der in dieser Beziehung an den genannten Fürsten ergangene Erlaß des Ministers des Inneren ist samt allen Allegaten diesem Motivenbericht in Copia ordinata, Erlaß Nr. IM. 3890, au. angeschlossenp . Fürst Schwarzenberg erstattete hierüber am 24. Feber d. J. seinen Bericht, welcher dem Motivenberichte in Nr. IM. 970/1853 mit 5 Beilagen au. beiliegt. Auf Grundlage der Wohlmeinung des Fürsten hat der Minister des Inneren den Gegenstand neuerlich einer genauen Selbstprüfung, insbesondere mit besonderer Bezugnahme auf die in der Zwischenzeit in den Ah. Patenten vom 2. März d. J. für die gleichen Verhältnisse in den Königreichen Ungarn, Kroatien, Slawonien, dann dem Verwaltungsgebiete der serbischen Woiwodschaft und des Temescher Banates ausgesprochenen Grundsätze, unterzogen, || S. 173 PDF || endlich auch auf die in dem früheren Entwurfe nicht berührte Frage der Besitzregulierung sein Augenmerk gerichtet, da die Notwendigkeit, diese Frage zu lösen, immer dringender hervortrat und in den erwähnten Ah. Patenten sich viele Anhaltspunkte fanden, die derzeit eine vollständige Lösung dieser Frage im Wege der Gesetzgebung ermöglichen. Infolge dieser Prüfung kam ein neuer Entwurf zustande, welcher mit dem zu diesem Ende eigens nach Wien gekommenen Militär- und Zivilgouverneur von Siebenbürgen Fürsten zu Schwarzenberg laut des in 4) au. angeschlossenen Protokolls neuerlich genauestens beraten und in welchem auch die Bestimmungen über die Regelung der Besitzverhältnisse umso mehr aufgenommen wurden, als eine Trennung der Bestimmungen hierüber weder notwendig noch zweckdienlich schien. Aus diesen Finalberatungen ging nunmehr jener Patentsentwurf hervor, welcher nach erfolgter Beistimmung der Ministerkonferenz nunmehr der Ah. Genehmigung unterbreitet wird. Bei den hierin 8beantragten Bestimmungen wurden sich zugleich, soweit es die Verschiedenheit der Verhältnisse gestattete, die von Sr. Majestät für das Königreich Ungarn in den Patenten vom 2. März d. J. bereits Ah. genehmigten Bestimmungen gegenwärtig gehalten13.

Die siebenbürgischen Urbarialverhältnisse weichen zwar vielfach von den ungrisehen ab, allein diese Abweichungen betreffen doch meist nur den Mangel bestimmter Gesetze. Die wesentlichen Abweichungen – der Mangel praktisch gesetzlich durchgeführter Bestimmungen über die Größe des bäuerlichen Besitztumes – ist derzeit bloß von Einfluß auf die Höhe des Entschädigungsbetrages und veranlaßt in dieser Richtung allerdings abweichende Anträge von den für Ungern erlassenen Ah. Normen. Andererseits aber stammen die siebenbürgisehen Urbarialverhältnisse aus der ungrischen Gesetzgebung her; dieselben entwickelten sich bis zu einer gewissen Periode und bis zu einem gewissen Grade gleichmäßig mit den ungrischen Verhältnissen; tdie im Jahre 1819 den zur Urbarialkonskription nach Siebenbürgen ausgesendeten Hofkommissären erteilten Instruktionen stimmen vielfach wörtlich mit jenen überein, welche die höchstselige Kaiserin Maria Theresia den zur Durchführung der Urbarialregulation ausgesendeten commissarüs regüs und exequentibus magistratibus erteilt hat;q die im Jahre 1819 den zur Urbarialkonskription nach Siebenbürgen ausgesendeten Hofkommissären erteilten Instruktionen stimmen vielfach wörtlich mit jenen überein, welche die höchstselige Kaiserin Maria Theresia den zur Durchführung der Urbarialregulation ausgesendeten commissarüs regüs und exequentibus magistratibus erteilt hat14; selbst das Urbarialgesetz vom Jahre 1847 zeigt vielfach die Nachwirkungen der ungrischen Urbarialgesetze vom Jahre 1836, die Landtagsartikel vom Jahre 1848 berufen sich ausdrücklich auf die ungrischen Landtagsgesetze vom Jahre 1848.

Wären die Ereignisse des Jahres 1848 nicht eingetreten, so hätte sich die siebenbürgisehe Urbarialgesetzgebung im regelmäßigen Entwicklungsgange allmählig vollständig der ungrischen Urbarialgesetzgebung anschließen müssen. || S. 174 PDF || Dahin zielten die Absichten der Regierung, seitdem Se. Majestät Kaiser Franz I. in dem Ah. Handschreiben vom 5. Jänner 1811 auszusprechen geruhten, „daß die Urbarialverhandlungen der siebenbürgischen Stände dahin zu leiten seien, damit das Ergebnis derselben mit den für das ungrische Urbarium vorgestreckten Prinzipien im wesentlichsten übereinstimmen“. Hierzu kommt noch, daß mit wenigen Ausnahmen – die famuli conventionati15, teilweise das Zehentverhältnis, dann die communia terrena – die faktischen zwischen Herrschaften und Untertanen, dann Grundholden bestehenden Verhältnisse sich wirklich auch in Ungern vorfinden und dortselbst nur durch bestimmte oder den Untertanen günstigere Gesetze geregelt waren, während sie in Siebenbürgen mehr durch die Willkür der Grundherren ihre Entscheidung fanden oder die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen dem Untertansstande abträglicher waren. Wenn derzeit die für Ungern Ah. genehmigten Gesetze auf die gleichen oder doch ähnlichen Verhältnisse Siebenbürgens angewendet werden, so kann sich der siebenbürgische Grundherr weder über eine Härte noch der Bauer über die Vernachlässigung seiner Interessen beklagen. Von der Anwendung dieses Grundsatzes wurde nur in jenen Fällen abgewichen, wo abweichende Verhältnisse oder bestimmte abweichende Gesetze für Siebenbürgen bestehen, in welcher letzteren Beziehung jedoch das Gesetz vom Jahre 1847 keineswegs als ein bestehendes vollgültiges Gesetz betrachtet werden konnte.

Die Durchführung dieses Gesetzes ist bereits vor dem Jahre 1848 Ah. sistiert worden, weil dieselbe bereits damals als eine Unmöglichkeit anerkannt wurde. Seither ist dieses Gesetz niemals als eine bestehende Rechtsquelle anerkannt worden. Jede Berufung auf dasselbe würde dem ganzen Lande die Stürme ins Gedächtnis rufen, welche das Zustandekommen dieses Gesetzes begleiteten und sicherlich den peinlichsten Eindruck bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung, und zwar gerade bei jenem Teile derselben, hervorrufen, der in bedenklichen Zeiten seine Treue gegen das Ah. Herrscherhaus tatkräftig bewiesen hat. Die Beziehung auf dieses Gesetz, welches eigentlich republiziert werden müßte, erscheint übrigens gar nicht notwendig, da gerade jene Bestimmungen, welche den meisten Widerspruch hervorgerufen haben – die Bestimmungen über das Constitutiv, die Verfügung mit den Reservatanzgründen16, die Lasten der Bauern –, derzeit keine praktische Anwendung mehr finden können. Wenn dieses Gesetz aber auch nicht als Gesetzesquelle dienen kann, so wurden doch vielfach Bestimmungen desselben in jenen Fällen als neue gesetzliche Anordnungen in Antrag gebracht, wo sie dem unparteiischen Rechte entsprechen und den gegenwärtigen Verhältnissen angemessen erscheinen, daher dieses Gesetz diesem Berichte in 5) au. angeschlossen wird.

Den bisherigen Gang der Verhandlung und den obersten leitenden Grundsatz vorausgeschickt, erlaubt man sich nun zur näheren Begründung der einzelnen Bestimmungen desselben überzugehen.