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Nr. 48 Ministerkonferenz, Wien, 2. Oktober 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 3. 10.), Thinnfeld, Thun, Csorich, Baumgartner; abw. Bach, K. Krauß, Stadion.

MRZ. – KZ. 3691 – (Prot. Nr. 45/1852) –

Protokoll der am 2. Oktober 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Verzehrungssteuerfreiheit für Branntwein in den Militärgrenzen

Durch den § 6 des Ah. Patentes vom 29. September 1850, wodurch in Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien, der serbischen Woiwodschaft, dem Temescher Banate und den Militärgrenzgebieten eine Verzehrungssteuer von gebrannten geistigen Flüssigkeiten eingeführt worden ist1, wird bestimmt, daß von der Entrichtung der Verzehrungssteuer diejenigen, welche, ohne Handel mit geistigen Flüssigkeiten Kleinverschleiß oder Ausschank derselben zu betreiben, aus den von ihnen selbst erzeugten Stoffen zum eigenen Verbrauche oder zu jenem der bei ihnen in Kost und Wohnung befindlichen Angehörigen und Dienstboten gebrannte geistige Flüssigkeiten erzeugen, insofern befreit sind, als dieses ihr Erzeugnis im Laufe eines Verwaltungsjahres nicht mehr als zwei niederösterreichische Eimer Branntwein ausmacht und nicht an jemanden anderen veräußert wird. Der Kriegsminister Freiherr v. Csorich beabsichtigt einverständlich mit den beiden Landesmilitär­kommanden der Militärgrenze, den au. Antrag zu stellen, es von der erwähnten letzteren Beschränkung auf zwei niederösterreichische Eimer hinsichtlich der Militärgrenzen abkommen zu lassen und zu gestatten, daß dieselben von der Entrichtung der Verzehrungssteuer für den selbsterzeugten Branntwein zum eigenen und ihrer Angehörigen Gebrauche überhaupt frei sein sollen, weil die Hauswirtschaften und Grenzfamilien so vielfach verschieden sind, oft bis 60 Personen zählen und für diese und selbst eine bedeutend geringere Anzahl von Familiengliedern mit Rücksicht auf den beschwerlichen Dienst der Grenzer, auf welchen sie in der Regel eine Provision von Branntwein mitnehmen, das Limito von zwei Eimern unzureichend sein dürfte. Der für die allgemeine Konsumption erzeugte sowie der über die Grenze in das Provinziale überführte Branntwein würden auch ferner der Verzehrungssteuer sowie allen Kontrollrnaßregeln unterliegen, damit die erwähnte Konzession die Konsumptionssteuer in den benachbarten Kronländern nicht illusorisch mache. Unter dieser letzteren, streng einzuhaltenden Voraussetzung fanden sowohl der Finanzminister als die übrigen Mitglieder der Konferenz gegen diesen Antrag nichts zu erinnern2.

II. Übertritt ausgedienter Militärs in die Finanzwache

Der Feldwebel Emerich Matyasowsky hat seine auf sechs Jahre eingegangene Kapitulation ausgedient, wird mit Ende Oktober d. J. entlassen, unterliegt der Reservepflicht nicht, wünscht aber zur Finanzwache überzutreten. Rücksichtlich dieses Mannes unterliegt es, wie der Kriegsminister bemerkt, keinem Anstande, demselben mit Ende Oktober d. J., da er der Reservepflicht entledigt ist, den Übertritt zur Finanzwache zu gestatten. \'V'as die aus diesem Anlasse von dem Landesmilitärkommando in Ungarn gestellte Anfrage anbelangt, wie sich überhaupt in Ansehung jener Mannschaft zu benehmen sei, welche ihre Kapitulationszeit ausgedient und nach derselben nun in die Reserve einzutreten hat, aber zur Finanzwache überzutreten wünscht, beabsichtigt der Kriegsminister den au. Antrag bei Sr. Majestät zu stellen, daß solcher Mannschaft die Bewilligung zum Übertritte in die Finanzwache gewährt werden dürfe. Jedem Manne ist es nämlich gestattet, nach ausgedienter Kapitulation während der Reserve seinem Erwerbe nachzugehen. Nicht alle Reservemänner können sich aber einen Erwerb verschaffen. Durch den Übertritt in die dem Militärdienst ohnehin homogene Finanzwache würde sich mancher sein Unterkommen und seinen Erwerb verschaffen, und beide Teile, das Militär sowohl als die Finanzwachanstalt, würden daraus einen dienstlichen Gewinn ziehen.

Mit diesem Sr. Majestät vorzulegenden Antrage erklärte sich die Ministerkonferenz ganz einverstanden3.

III. Auszeichnung für den Kuraten zu Branzoll Anton v. Ferrari

Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Leo Thun referierte hierauf über die von den Landesbehörden angetragene öffentliche Auszeichnung an den Kuraten zu Branzoll in Tirol Anton v. Ferrari. Ferrari ist 58 Jahre alt, seit 6. September 1818 Priester und seit dem Jahre 1823, somit bald 30 Jahre, Kurat von Branzoll. Bei dieser durch die Kriegsjahre und die Überschwemmungen der Etsch tief herabgekommenen und ganz verarmten Gemeinde fand er ein weites Feld seines regen Eifers für Seelsorge, Schule und die Wohltätigkeit überhaupt. Alle öffentlichen Gebäude der Gemeinde Branzoll befanden sich bei seinem Eintritte in einem elenden, völlig baufälligen Zustande. Er restaurierte die Kirche und versah sie mit kostspieligen Paramenten, versetzte den Friedhof außer das Dorf, stellte den Pfarrhof her, baute ein ganz neues Schulhaus, verbesserte das Einkommen des Schullehrers, sorgte für die Anlegung von drei öffentlichen Brunnen, schaffte drei kostspielige Feuerspritzen an, erbaute für sie eine eigene Remise, und als nach Jahren das von ihm erbaute Schulhaus für die zugenommene Bevölkerung zu klein wurde, erweiterte er dasselbe durch ein eigenes Lokale für Mädchen, wozu er den Grund und Boden geschenkt hat. Während der Cholerazeit im Jahre 1836 wurde durch seine Einwirkung in Branzoll ein Spital, größtenteils auf seine Kosten, eingerichtet und die Pflege und Heilung der Kranken besorgt. Seine wohltätige Wirksamkeit erstreckte sich auch auf die Nachbargemeinden, für welche und für die oberwähnten vielfältigen Bauten und Anschaffungen er viele tausend Gulden aus eigenen Mittein aufgewendet hat. || S. 247 PDF || Er ist ein einfacher, schlichter Mann, tut das Gute nicht wegen des Weltlohns und hat sich von seiner schlechtdotierten Pfründe niemals um eine bessere beworben. In Anerkennung der großen Verdienste des v. Ferrari haben der Bezirkshauptmann in Botzen, der Kreispräsident in Brixen, der Statthalter von Tirol und der Fürstbischof von Brixen auf die Verleihung des goldenen Verdienst­kreuzes mit der Krone für denselben angetragen4. Der Minister Graf Thun erkennt den v. Ferrari gleichfalls einer öffentlichen Auszeichnung vollkommen würdig, glaubt aber, daß dieselbe bei den so vielfältigen, seltenen und ausgezeichneten Verdiensten dieses seit so vielen Jahren bereits selbständigen Seelsorgers in dem Ritterkreuze des Franz-Joseph-Verdienstordens zu bestehen hätte, womit sich die Ministerkonferenz einstimmig einverstanden erklärte5.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. [Fiume, 12. 10. 1852 a .]