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Nr. 30 Ministerkonferenz, Wien, 24. Juli 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (BuoI 24. 7.), Bach 31. 7., Thun, Csorich, K. Krauß; abw. Thinnfeld, Baumgartner, Stadion.

MRZ. – KZ. 2563 – (Prot. Nr. 29/1852) –

Protokoll der zu Wien am 24. Juli 1852 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Ordensverleihung an Se. k. k. Hoheit Erzherzog Albrecht

Der Kriegsminister brachte zur Kenntnis der Konferenz den Inhalt eines Ah. Kabinettsschreibens vom 13. d. M., wornach Se. Majestät Sr. k. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog Albrecht das Großkreuz des Sankt-Stephans-Ordens zu verleihen geruht haben1.

II. Deserteurstagliabewilligung für Zivilpolizeidiener

Derselbe Minister referierte über die Frage, ob die für Einbringung eines Deserteurs gesetzlich bestimmte Taglia2 den Amtsdienern und Mitgliedern der Zivilpolizeiwache (Kommissariats- oder Polizeidiener) sämtlicher k. k. Stadthauptmannschaften, Polizeidirektionen und Kommissariate als systemmäßiger Bezug zuerkannt werden soll. Dafür haben sich über gepflogenes schriftliches Einvernehmen die Minister des Inneren und der Finanzen, dann die Oberste Polizeibehörde ausgesprochen, und zwar auch für den Fall, wenn die obbemerkten Zivilpolizeidiener den Deserteur binnen 24 Stunden nach Erlaß des Arretierungsbefehls einbringen. Der Kriegsminister hätte zwar auch nichts dagegen, glaubte jedoch diesen Gegenstand in der Konferenz darum vortragen zu sollen, weil frühere, ähnliche Anforderungen im Jahre 1824 und 1827 vom Hofkriegsrate und von der Polizeihofstelle einstimmig dahin entschieden worden sind, daß das Einbringen der Deserteure zu den Berufspflichten der Polizeidiener und der Behörden gehöre3, und um zu zeigen, wie solche Einrichtungen durch den damit verbundenen Aufwand - er betrug in den Jahren 1831-1833 bei 14jähriger Kapitulation 104.067 f., in den Jahren 1846-1848 bei achtjähriger 91.746 f., also durchschnittlich jährlich 30.000 f. – , ohne daß derselbe besonders präliminiert erschiene, die Armeeauslagen und Bedürfnisse erhöhen.

Die Konferenz erklärte sich mit dem Antrage auf die Zugestehung der fraglichen Taglien an die in Rede stehenden Zivildiener vornehmlich aus dem vom Kriegsminister hervorgehobenen Grunde einverstanden, weil die Taglia auch der Gensdarmerie, der Militärpolizeiwache, Guardia di Sicurezza und Finanzwache bewilligt wurde, || S. 183 PDF || obwohl bei ihnen dasselbe Motiv, daß das Einbringen von Deserteuren zu ihren Berufspflichten gehöre, gegen die Bewilligung hätte geltend gemacht werden können. Hiernach wird also der Kriegsminister das Weitere veranlassen4

III. Dotationserhöhung für die Tyrnauer Invalidenanstalt

Ebendieser Minister brachte den von Sr. k. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog Albrecht unterm 8. Juni 1852 bei Sr. Majestät gestellten Antrag auf Erhöhung des Patentalinvalidengehalts für die Invaliden, die zum Stande des Tyrnauer Invalidenhauses gehören, von der bisherigen Gebühr per 3 und 4 Kreuzer auf die für die deutschen Erbländer bestimmte Gebühr von 4 und 5 Kreuzer für Gemeine und Korporals in Vortrag5. Mit Ah. Entschließung vom 18. November 1849 6 wurde zwar der in Ungern und Galizien bestandene mindere Verpflegsfuß für die Truppen der aktiven Armee aufgehoben und mit Ah. Entschließung vom 6. August 1851 7 der Mannschaft sowie den in der Locoversorgung des Tyrnauer Invalidenhauses befindlichen Invaliden die höhere Gebühr nach dem deutschen Verpflegsfuße bewilligt. Auf die zum Stande desselben gehörigen, jedoch außerhalb lebenden Patentalinvaliden in Ungern und Galizien wurde dieses Zugeständnis nicht ausgedehnt, weil sie auswärts einen Beitrag zu ihrem Unterhalt finden und bei eintretender Hilfsbedürftigkeit in die Locoversorgung einrücken können. Eben diese Rücksichten sprachen auch gegen einen gleichen früheren Antrag des IV. Armeekommandos, den galizischen Patentalinvaliden die gedachte Aufbesserung zu gewähren, welche dem Manne nur eine sehr geringe Zubuße verschafft, dem Ärar aber 136.710 f. gekostet haben würde8. Es wurde daher auf Abweisung dieses Antrags eingeraten, und dieses Einraten erhielt auch unterm 12. November 1851 die Ah. Genehmigung9.

Unter diesen Umständen, und da überdies durch Ah. Entschließung vom 12. Dezember 1851 10 der Bau eines eigenen Invalidenhauses für Galizien angeordnet worden ist, worin ein Teil der zum Tyrnauer Stande gehörigen Invaliden seine Verpflegung finden wird, erachtete der Kriegsminister konsequent mit dem früheren Einraten auch dermalen auf die Ablehnung des Einschreitens Sr. k. k. Hoheit bei Sr. Majestät antragen zu sollen, womit sich die Konferenz einstimmig vereinigte11.

IV. Personalzulage für den griechisch-katholischen Domscholasten Michael Kuziemski in Lemberg

Der Kultus- und Unterrichtsminister referierte über die in dem au. Vortrage vom 4. Juli 1851, KZ. 2704, MCZ. 2214, wegen Verleihung einer Personalzulage || S. 184 PDF || an den griechisch-katholischen Domscholaster in Lemberg Michael Kuziemski bemerkte Meinungsdifferenz zwischen dem Kultus- und Unterrichts-, dann dem Finanzministerium, indem ersteres auf 300 f., letzteres nur auf 200 f. Personalzulage angetragen hat.

Der Kultus- und Unterrichtsminister beharrte auf der Ansicht seines Ministeriums, und die übrigen Mitglieder der Konferenz traten derselben bei, weil, da das Finanzministerium in thesi mit einer Zulage einverstanden ist, es sich nur um die unbedeutende Differenz von 100 f. handelt, welche einem Manne zukommen würden, der nicht nur durch seine Leistungen im geistlichen und [im] Unterrichtswesen, sondern auch durch seine loyale politische Haltung sich so verdient gemacht hat, daß er von Sr. Majestät mit dem Komturkreuze des Franz-JosephOrdens ausgezeichnet worden ist.

V. Begnadigungsgesuch für Koloman Sebessy und Demeter Lacky

Der Justizminister referierte über die Begnadigungsgesuche, welche zugunsten der beiden wegen Teilnahme an der ungrischen Revolution zu achtjährigem Festungsarreste verurteilten, seit 14. Oktober 1849 in der Strafe befindlichen Prämonstratenser Stiftspriester und Gymnasialprofessoren Koloman Sebessy und Demeter Lacky eingebracht worden sind12. Beide haben sich im Jahre 1848 in die Nationalgarde eingereiht und den Zug gegen den Ban mitgemacht, im Jahre 1849 aber das Volk zum Landsturm aufgefordert und mit den zusammengebrachten Leuten einen freilich ganz erfolglosen, an der Freiheit des Haufens gescheiterten Zug mitgemacht. Auf Sebessy ruht insbesondere der Verdacht, an der Aufbringung eines k. k. Militärtransportes teilgenommen zu haben.

Der Justizminister würde mit Rücksicht auf die geringe Wirksamkeit ihrer Unternehmungen und mit Rücksicht auf die seither eingetretenen Begnadigungen und Milderungen zugunsten anderer, schwerer gravierter Revolutionäre, die Herabsetzung ihrer Strafe auf drei Jahre beantragen. Dem Kultusminister erschien jedoch eine solche Milderung, ohne vorher bestimmte Auskünfte über den Charakter und die frühere Haltung dieser Verurteilten eingeholt zu haben, um so bedenklicher, als nicht nur kein mildernder Umstand für sie spricht, vielmehr ihr Stand als Geistliche und Jugendlehrer und das hierdurch gegebene Beispiel die strengste Rücksicht fordert, sondern auch der Orden, dem sie angehören, aus sehr bedenklichen Elementen besteht. Nach Ansicht des Ministers des Inneren würden diese beiden Individuen infolge der mit Ah. Sanktion vorgenommenen Sichtung der wegen Teilnahme an der ungrischen Revolution in der ersten Zeit Verurteilten13 ihrem Stande und ihrer Beteiligung nach in die Kategorie derjenigen fallen, deren Strafe mit sechsjährigem Kerker bestimmt worden ist. Sonach würde seines Erachtens die Strafe für Sebessy und Lacky auf dieses Maß zu reduzieren sein, womit sich auch der Kultus- und der Kriegsminister einverstanden erklärten.

|| S. 185 PDF || Auf die Bemerkung des vorsitzenden Ministers des Äußern jedoch, daß – unbeschadet dieser vorläufigen Bestimmung - doch jedenfalls behufs etwaiger weiterer Beschlußnahmen die vom Kultusminister angedeutete Erhebung über den Charakter und die frühere Conduite dieser Sträflinge eingeleitet werden könnte, wurde unter Beistimmung des Justizministers beschlossen, hierüber die erforderlichen Auskünfte einzuholen, zu welchem Ende der Justizminister sich an den Kultus- und Unterrichtsminister wenden wird14.

VI. Begnadigungsgesuch für Franz Római

Ein anderes, für Franz Római (früher Romer), Benediktiner Stiftspriester und Professor der Naturwissenschaften in Preßburg, eingebrachtes Gnadengesuch hielt der Justizminister nicht zur Berücksichtigung für geeignet. R6mai hat sich nämlich am 9. November 1848 freiwillig beim Pionierkorps der Revolutionsarmee engagiert, seine Schüler in einem Zeitungsartikel aufgefordert, seinem Beispiele zu folgen, in elf Schlachten bis zur Waffenstreckung bei Vilagos mitgefochten und war bis dahin zum Oberleutnant avanciert. Sein Urteil lautet auf achtjährigen Festungsarrest in Eisen15.

Bei dieser besonders tätigen Teilnahme Rómais an der Revolution traten auch der Kultus- und der Kriegsminister der Ansicht des Justizministers bei. Wenn dem Római - bemerkte der Minister des Inneren dagegen - nichts anderes zur Last fiele, als seine Teilnahme an dem Kriegsdienste wider die k. k. Armee, so würde er als Honvéd anzusehen und nach dem schon im August 1849 erlassenen Generalpardon straffrei zu entlassen gewesen sein16. Nur weil er sich außerdem der öffentlichen Aufforderung zum Kampfe gegen die rechtmäßige Regierung schuldig gemacht hat, erscheint seine Verurteilung überhaupt gerechtfertigt. Was jedoch das Strafausmaß betrifft, so dürfte auch er, gleich Sebessy und Lacky, nach den über die Sichtung und Klassifizierung der Verurteilten angenommenen Grundsätzen in die Kategorie der zu sechsjähriger Haft Verurteilten gehören, daher der Minister des Inneren für denselben die Herabsetzung der ursprünglich mit acht Jahren ausgemessenen Strafe auf sechs Jahre in Antrag brachte17.

VII. Vereinsgesetz (= Sammelprotokoll Nr. 33)

Vereinsgesetz18