Nr. 24 Ministerkonferenz, Wien, 6. Juli 1852 - Retrodigitalisat (PDF)
- 2 Hefte; RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; anw.anwesend Bach, Thinnfeld, K. Krauß; die BdE.Bestätigung der Einsicht fehlt auf dem Mantelbogen und wurde auf den Einzelheften vorgenommen; abw.abwesend Baumgartner, Csorich, Thun, Stadion.
MRZ. – KZ. 2565 – (Prot. Nr. 23½/1852 = Heft 1, und 23/1852 = Heft 2) –
Protokoll der am 6. Juli 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Die Sichtungsoperate der Kriegsgerichte in Ungarn und Siebenbürgen
Der Minister des Inneren referierte a) über die von Sr. kaiserlichen Hoheit dem Herrn Erzherzoge Albrecht, Militär- und Zivilgouverneur für Ungarn, vorgelegten Sichtungsoperate der k. k. Kriegsgerichte in Pest-Ofen, Kaschau, Preßburg und Großwardein bezüglich der bei denselben in Hinsicht auf politische Vergehen von Zivilstandspersonen aus der Revolutionsperiode von 1848 und 1849 ausgetragenen Straffälle und b) über ein gleiches Sichtungsoperat aus Siebenbürgen, welches der dortige Zivil- und Militärgouverneur Fürst Schwarzenberg vorgelegt hat1. Diese Sichtungsoperate wurden wie die früheren2 einer von den Ministerien des Inneren, der Justiz und des Kriegswesens zusammengesetzten Kommission zur Prüfung und Begutachtung zugefertigt und sodann einer Spezialkommission zwischen den Ministern der Justiz und des Inneren unterzogen3. Die Minister haben vor allem die Opportunität anerkannt, || S. 148 PDF || die Sache schleunig in Erwägung zu ziehen aus Rücksicht der enthusiastischen Aufnahme Sr. Majestät in jenen Ländern, weil es ferner angemessen zu sein scheine, um den guten Eindruck der Reise Sr. Majestät nicht zu schwächen4, damit einen Akt der Gnade zu verbinden, dann aus dem inneren Grunde der Gerechtigkeit selbst, um nämlich eine Gleichmäßigkeit in der Behandlung zwischen den früher und später Verurteilten herzustellen5.
Ad a) Das Operat des Pest-Ofener k. k. Kriegsgerichtes umfaßt die wegen des Hochverrates abgeführten Strafprozesse hinsichtlich folgender Personen: 1. Nikolaus Baron Vay, 2. Franz v. Duschek, 3. Stefan Dunyov, 4. Ludwig Derecskey und 5. Johann Vidáts. Diese Individuen wurden von dem Kriegsgericht zum Tode durch den Strang und Verlust des sämtlicben Vermögens verurteilt6. Das Kriegsgericht hat aber im Gnadenwege auf Umwandlung der zuerkannten Todesstrafe in Festungsarrest, und zwar bei Baron Vay in der Dauer von sechs Jahren, bei Duschek und Dunyov von zehn Jahren und bei Derecskey und Vidáts von vier Jahren angetragen. Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Albrecht beführworten eine Herabminderung des Festungsarrestes beim Baron Vay auf vier und beim Duschek auf sechs Jahre, womit sich auch die Ministerialkommission einverstanden erklärte7.
Hinsichtlich dieser beiden hervorragenden Individuen fand sich der vortragende Minister zu folgenden Bemerkungen veranlaßt: Nikolaus Baron Vay, einer angesehenen protestantischen ungarischen Familie angehörig, sei k. k. Kämmerer, Geheimer Rat, Präses des protestantischen Konsistoriums, Kronhüter und Kommandeur des Stephansordens gewesen. Unter dem Ministerium Batthyany sei er als bevollmächtigter Kommissär nach Siebenbürgen geschickt worden, habe dort die Rekrutierung durchgeführt und die Regierung eingesetzt, sei aber in Siebenbürgen auch unter dem illegalen ungarischen Ministerium geblieben. Als die ungarische Regierung aus Siebenbürgen vertrieben wurde, ging Vay nach Debreczin und hat dort den Sitzungen des revolutionären Oberhauses beigewohnt. || S. 149 PDF || Nach der Schlacht bei Viligos hat er sich auf sein Gut zurückgezogen. Zwei seiner Söhne dienen in der österreichischen Armee. Der erste Antrag des Kriegsgerichtes hinsichtlich des Vay ging dahin, die Untersuchung gegen ihn aufzulassen, welchen Antrag jedoch Se. Majestät nicht zu genehmigen, sondern die Untersuchung fortsetzen zu lassen fanden. Bei dieser kamen Daten vor, welche zeigten, daß sich Vay mit der Revolution tief eingelassen habe, und welche seine vorliegende Verurteilung zur Folge hatten. Für Vay spreche bloß der Umstand, daß er sich freiwillig gestellt und in Debreczin mit der sogenannten Friedenspartei verhandelt hat, welche mit der österreichischen Regierung eine Ausgleichung vermitteln wollte; gegen ihn, daß er in Siebenbürgen dem General Puchner entgegentrat [und] eine wichtigea Mitteilung des Ministers Grafen Latour an ihn zurückhielt, daß seine hohe Stellung auf die ganze Auffassung der Sache sehr nachteilig wirkte und daß er in Siebenbürgen unter Bem diente8. Der Minister des Inneren, einverständlich mit dem Justizminister, vereinigt sich zwar mit dem Antrag Sr. kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Generalgouverneurs auf Herabsetzung der Strafdauer für Baron Vay auf vier Jahre, meint aber, daß auch die Strafdauer für den Franz v. Duschek von sechs Jahren auf diese Dauer herabzusetzen wäre, weil Duschek bei Entgegenhaltung der beiderseitigen Vergehen nicht strafbarer erscheinen dürfte als Baron Vay. Duschek habe allerdings unter dem revolutionären Ministerium in Ungarn als Finanzminister eine einflußreiche Stellung eingenommen und dem österreichischen Staate durch die Banknotenpresse großen Schaden zugefügt, sei aber sonst in keiner Beziehung als eine politische Persönlichkeit aufgetreten. Als ein vertrauenswürdiger Mann erscheint er keineswegs, was schon der Umstand beweise, daß ihn Kossuth sogleich zum Unterstaatssekretär und Finanzminister ernannt hat. Mildernd spricht für Duschek, daß er nach dem Fall der revolutionären Regierung das begangene große Übel möglichst zu verkleinern beigetragen habe, daß er der österreichischen Regierung eine halbe Million in Silber übergeben habe, sich dieser Regierung und nicht den Russen unterworfen und viel zur Aufklärung und Ordnung der ungarischen finanziellen Verhältnisse beigetragen habe9. Der referierende Minister glaubt daher, daß die Strafdauer des Duschek gleich jener des Barons Vay auf vier Jahre herabzusetzen wäre10.
Hinsichtlich der weiter vorkommenden Strafmilderungsanträge glaubte der Minister des Inneren vorläufig bemerken zu sollen, daß bei der Sichtung der diesfälligen Operate sowohl die Ministerialkommission als die Einfluß nehmenden Minister || S. 150 PDF || die Maxime festgehalten haben, daß die Untersuchungen gegen Blutrichter, unter welchen keine Todesurteile vollzogen worden sind, zur Auflassung angetragen werden sollen, daß Blutrichter, unter welchen ein Todesurteil zur Vollziehung kam, zu zwei Jahren und unter welchen mehrere Todesurteile vollzogen wurden, nach Umständen zu vier und sechs Jahren und jene, unter deren Terrorismus sehr viele hingerichtet worden sind, zu zehn Jahren Festungsarrest in Antrag gebracht werden sollen. Ähnliche Abstufungen habe man auch für die schuldigen Geistlichen angenommen. Denen nichts anderes als das Predigen im Sinne der damaligen Verhältnisse zur Last fiel, wurden zu zwei Jahren Festungsarrest, welche zum Landsturme aufforderten und mitwirkten zu vier Jahren, bei besonderer revolutionärer Tätigkeit nach Umständen zu sechs und zehn Jahren Festungsarrest angetragen. Analog mit diesem wurden auch die dem Zivilstande angehörigen Personen behandelt. Dieses vorausgeschickt wird hinsichtlich des Stefan Dunyov, welcher als Blutrichter und Auditor bei 44 Todesurteilen mitwirkte, von den Ministern des Inneren und der Justiz angetragen, es bei der von dem Kriegsgerichte, Sr. kaiserlichen Hoheit und der Ministerialkommission befürworteten Umwandlung der Todesstrafe in zehnjährigen Festungsarrest zu belassen11, den Ludwig v. Derecskey, dem nur zur Last fällt, daß er als Stuhlrichter unter der revolutionären Regierung fungiert hat12 und für den das Kriegsgericht, Se. kaiserlichen Hoheit und die Ministerialkommission auf Festungsarrest von vier Jahren angetragen, mit Einrechnung der Untersuchungshaft ganz freizulassen, die für Johann Vidats auf vier Jahre Festungsarrest angetragene Milderung auf zwei Jahre herabzusetzen, weil unter ihrer Amtsführung von dem Standgerichte nur einer zum Tode verurteilt worden ist13.
Operat des Kaschauer Kriegsgerichtes. Dieses Operat begreift folgende Individuen: 1. Carl Jäger. Dieser wurde wegen Hochverrats zum Tode und Vermögenskonfiskation verurteilt14. Es wurde aber für ihn allerseits auf eine Milderung dieser Strafe auf zehnjährigen Festungsarrest angetragen. Die Minister des Inneren und der Justiz meinen, daß die Strafe dieses Individuums mit sechs Jahren Festungsarrest zu bestimmen wäre. 2. Josef Török wurde wegen öffentlicher Gewalt und Mordes im Zusammenhange mit dem bewaffneten Aufstande zu 15 Jahren Schanzarbeit in schweren Eisen verurteilt15. Se. kaiserliche Hoheit und die Ministerialkommission tragen auf zehnjährige Schanzarbeit an, womit sich die Minister des Inneren und der Justiz vereinigen. 3. Joseph Damianovich und 4. Michaël Pakh, der erstere griechisch-katholischer Pfarrer, || S. 151 PDF || der zweite evangelischer Prediger und Vater von zehn Kindern, hielten aufreizende Predigten und haben das Landvolk zum Landsturme gegen die Russen aufgefordert. Sie werden allseitig zu vier Jahren Festungsarrest angetragen16. 5. Simon Papp, griechisch-katholischer Pfarrer, hat ein Jägerkorps errichtet und ist mit demselben an die galizische Grenze gezogen. Dieser soll dafür mit einem sechsjährigen Festungsarreste ohne Eisen büßen17. 6. Moises Bogdany, 7. Ludwig Csiszar, 8. Samuel Domjány, 9. Johann Dunka, 10. Emerich Grosschmidt und 11. Pál Mandits wurden vom Kriegsgerichte zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und zwanzig Jahren verurteilt. Sie waren Blutrichter, unter welchen mehrere Gutgesinnte zum Tode verurteilt worden sind16. Se. kaiserliche Hoheit, die Ministerialkommission und die erwähnten Minister tragen für sie auf einen Festungsarrest von sechs Jahren ohne Eisen an. 12. Samuel Klein, evangelischer Prediger, ist mit dem Landsturm ausgezogen17 und wird allseitig zum vierjährigen Festungsarreste ohne Eisen angetragen. 13. Johann Kováts, 14. Martin Rumann, 15. Antal Vass, 16. Johann Szémere, 17. Paul Kulin, 18. Johann Horváth, 19. Gabriel Bessenyey, 20. Josephus Bovankovics, 21. Michael Hunyor und 22. Johann Grünschneck.
Für Bovankovics (Nr. 20) und Grünschneck (Nr. 22) wird von der Ministerialkommission und den beiden Ministern einverständlich mit Sr. kaiserlichen Hoheit auf einen Festungsarrest von vier Jahren ohne Eisen, für die übrigen dagegen, welche meistens Blutrichter waren, unter welchen nur ein Todesurteil zur Vollziehung kam, auf einen zweijährigen Festungsarrest ohne Eisen angetragen18. Derselbe Antrag wird aus gleichem Grunde für die Blutrichter 23. Carl Ráthonyi, 24. Anton Marothÿ, 25. Steván Jeney, 26. Joseph Haraszthÿ, 27. Stephan Fogarassy, 28. Gabriel Nemthy, 29. Friedrich Bujanovich, 30. Anton Türeseny, 31. Alexander Podhajéczky, 32. Ladislaus Oroszy, 33. Karl Szöllössy, 34. György Szilágyi, 35. Andreas Mandits und 36. Ferencz Benkö sowohl von Sr. kaiserlichen Hoheit als der Ministerialkommission und den beiden Ministern gestellt. 37. Joseph Paulovics, Ortsnotär, welcher wegen Denunziation eines Patentalinvaliden [dessen] treuer Gesinnung wegen, zu vier Jahren Festungsarrest verurteilt wurde, wird zur gänzlichen Begnadigung, gegen Einrechnung der Untersuchungshaft als Strafe, angetragen19. 38. Die gegen Georg Békefy anhängige kriegsrechtliche Untersuchung || S. 152 PDF || soll aufgelassen werden, weil sich derselbe als Komorner Kapitulant ausgewiesen hat. 39. und 40: Gegen die einstweilige Einstellung des Prozesses gegen Franz Mégyessy und Josef Koch, welche Beisitzer des Szinéverer Blutgerichtes waren, ist nichts zu erinnern, weil diese Individuen bis jetzt nicht ausgemittelt werden konnten20.
Das Operat des Preßburger Kriegsgerichtes umfaßt sieben Straffälle: 1. Johann Valláschek, 2. Michael Kolpasky und 3. Adolph v. Majthényij sind vom Kriegsgerichte schuldlos befunden worden21, dem Lossprechungsurteile wäre daher sein Lauf zu lassen. 4. Samuel Hoits wird allseitig zur Begnadigung angetragen22. 5. Stephan Lipovniczky, Komorner Stadtpfarrer, wird von der Ministerialkommission und den Ministern statt der vom Herrn Erzherzog angetragenen Milderung auf vier Jahre Festungsarrest ohne Eisen nur für zwei Jahre Festungsarrest ohne Eisen in Antrag gebracht23. 6. Gregor Klemm hätte nach dem Antrage Sr. kaiserlichen Hoheit, der Ministerialkommission und der beiden Minister statt der Todesstrafe24 einen vierjährigen Festungsarrest ohne Eisen auszustehen. 7. Die Untersuchung gegen Franz Wozár wäre, da er nicht ausgemittelt werden kann, einstweilen einzustellen.
Operat des Großwardeiner Kriegsgerichtes: 1. Karoly Bakay und 2. Carl Herburt sind gemeine Verbrecher, welche unter dem Deckmantel politischer Umtriebe Mord, Brandstiftung und Missetaten aller Art verübten. Sie wurden zu 20jähriger Schanzarbeit in schweren Eisen verurteilt25, und es wird von keiner Seite ein Grund gefunden, sie der Ah. Gnade Sr. Majestät zu empfehlen. Diese sollen bei der Publikation von den übrigen ausgeschieden werden. 3. Lajos Komáromi, reformierter Prediger zu Großwardein, wurde wegen Vorschubleistung zu bewaffnetem Aufstande zu zehn Jahren Festungsarrest in Eisen verurteilt26, und es wird auf eine Milderung dieser Strafe auf sechs Jahre ohne Eisen angetragen. 4. Carl Bige, Blutrichter, wird von der Ministerialkommission und den Ministern zu zwei Jahren Festungsarrest ohne Eisen in Antrag gebracht27, ebenso wurden die Arader Blutrichter 5. Emerich Biró, 6. Alexander Nagy und 7. Adalbert Balás, dann 8. Emerich Náray, öffentlicher Ankläger an dem gedachten Blutgerichte, nur zu zweijährigem Festungsarreste ohne Eisen angetragen, weil unter ihnen, obgleich mehr als 100 Straffälle in Verhandlung gestanden sind, || S. 153 PDF || nur ein Todesurteil geschöpft und vollzogen worden ist28. 9. Anton Fekete und 10. Josef Pozsonzi, ebenfalls Mitglieder des Arader Blutgerichtes, konnten bisher nicht ausfindig gemacht und der Verantwortung unterzogen werden.
Schließlich wird nur noch bemerkt, daß, wie es sich von selbst verstehe, die Ah. Gnadenakte sich nicht auf die im Urteile enthaltene Verfällung des Vermögens erstrecken und daß den Begnadigten die Untersuchungshaft als Strafe rücksichtlich in die neu bemessene Strafzeit eingerechnet werden würde.
Ad b) Aus dem von dem Zivil- und Militärgouverneur von Siebenbürgen Fürsten Schwarzenberg vorgelegten Operate ergibt sich folgendes29: Franz agy, reformierter Geistlicher, und Joseph Graf v. Haller wurden vom Kriegsgerichte wegen Hochverrates zum Tode durch den Strang und zum Verluste des sämtlichen Vermögens verurteilt30. Franz Nagy hat sich während der Revolution offen zum Anhange der Umsturzpartei bekannt, hat aufreizende Reden gehalten, gegen die Regierung aufgewiegelt, Schmähungen gegen die Ah. Dynastie sich erlaubt, wegen Erstürmung Ofens eine geistliche Feier veranstaltet und an der Versteigerung der den in die Walachei sich flüchtenden gutgesinnten Personen am Tömöscher Passe abgenommenen Effekten teilgenommen etc. Das Kriegsgericht hat auf Milderung der erwähnten Strafe in Sjährigen Festungsarrest angetragen. Die Ministerialkommission und die beiden Minister erachten, daß in Berücksichtigung des vorgerückten Alters des Nagy von 63 Jahren, daß er Vater von neun unversorgten Kindern ist und des damals allgemein herrschenden Fanatismus etc. diese Strafe auf vierjährigen einfachen Festungsarrest weiter zu ermäßigen wäre31. Joseph Graf Haller, Gutsbesitzer, gehörte gleich seinem zu lSjährigem Festungsarreste begnadigten Bruder Franz zu den Koryphäen der revolutionären Umtriebe in Siebenbürgen, die er, wenn er auch kein Amt übernahm, durch seinen Namen, Einfluß und sein Vermögen wesentlich unterstützte. Er ließ den Romanen Pavel Koszta ohne Untersuchung und Urteil erschießen, und es fällt ihm die Teilnahme an anderen Ermordungen zur Last. Das Kriegsgericht und Fürst Schwarzenberg tragen im filderungswege auf einen Festungsarrest von zehn bis zwölf Jahren an. Die Ministerialkommission und die Minister erachten, daß dieser Arrest in der Dauer von zehn Jahren zu bemessen wäre32. Hinsichtlich des Grafen Dionis Lazar, welcher sich gleichfalls an der Revolution in hervorragender Weise beteiligt hat, wird bemerkt, daß sich Bedenken dagegen ergeben haben, || S. 154 PDF || daß er zur Komorner Besatzung gehört habe, obschon er einen Kapitulationsschein in Händen hat und aufgrund desselben und der den Komorner Kapitulanten zugesicherten Straflosigkeit die kriegsrechtliche Untersuchung gegen ihn aufgelassen werden mußte. Sollten jedoch die eingeleiteten Erhebungen unzweifelhaft herausstellen, daß er den in seinen Händen habenden Kapitulationsschein unrechtmäßig besitze, so würde die Untersuchung gegen ihn wieder aufgenommen und durchgeführt werden, wogegen sich von Seite der Ministerialkommission und der Minister keine Erinnerung ergab33 Schließlich glaubte die Ministerialkommission sich dafür aussprechen zu sollen, daß bezüglich Georg Kadars, eines Landmanns, welcher der Teilnahme an Erschießung von Romanen schuldig erkannt und zu 5jähriger Schanzarbeit verurteilt wurde, der Zivil- und Militärgouverneur in Siebenbürgen als Gerichtsherr ermächtigt werde, die über Georg Kadar kriegsrechtlich verhängte Strafe der fünfjährigen Schanzarbeit auf die Dauer von drei Jahren zu mäßigen, womit die Minister des Inneren und der Justiz einverstanden sind34.
Die Ministerkonferenz fand gegen diese Anträge der gedachten Minister bezüglich der Sichtungsoperate sowohl von Ungarn als Siebenbürgen nichts zu erinnern. Der Minister des Inneren wird nun diesen Gegenstand der Ah. Schlußfassung Sr. Majestät unterziehen35.b
Wien, am 7. Juli 1852. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Trentschin, am 12. August 1852.
II. Strafprozeßordnung
Der Justizminister Freiherr v. Krauß setzte seinen Vortrag über die Grundlinien für das neue Strafverfahren vom Artikel 81 angefangen bis zu Ende fort36.
Art. 115, wo es heißt: „Wegen einer Übertretung Verhaftete dürfen keiner Beschränkung, Entbehrung usw. unterworfen und nie in ein für Verbrecher bestimmtes Gefängnis gebracht werden“, ist cüber Antrag des Justizministersc statt der unterstrichenen Worte zu setzen: „nicht mit Verbrechern zusammen in ein Gefängnis“, weil es sich ereignen kann, daß die für Verbrecher bestimmten Gefängnisse zufällig leer, die anderen aber besetzt sind und dann wohl kein Anstand obwalten kann, die Übertreter auch in den für Verbrecher bestimmten Gefängnissen, nur nicht zusammen mit den Verbrechern, zu verwahren.
Art. 117, letzte Zeile, sind die Worte „erschwert oder“ als nicht notwendig zu löschen.
Dem Art. 119 ist am Schlusse der Satz beizufügen: „Dem Beschuldigten bleibt es unbenommen, zwei Zeugen beizuziehen.“
Art. 128. In betreff der Bestimmung lit. b dieses Artikels bemerkt der Minister des Inneren , daß diese Bestimmung nach der in der Sitzung vom 3. Juli d. J. gemachten und von der Stimmenmehrheit der Ministerkonferenz angenommenen Bemerkung (Art. 76, 2), daß sich ohne Festsetzung einer bestimmten Ziffer der zum Beweise erforderlichen Verdachtsgründe auf die allgemeine Bestimmung des Zusammentreffens mehrerer Verdachtsgründe beschränkt und somit dem Richter mehr Freiheit gelassen werde, nach seiner inneren Überzeugung zu urteilen, zu modifizieren und lit. b des Art. 128 dahin zu beschränken sei, „daß schon ein rechtlicher Verdachtsgrund bei dem Vorhandensein der übrigen Umstände genüge“.
Art. 130, 4. Zeile von unten, ist nach dem Worte „vereinigen“ die Bestimmung einzuschalten, daß ein Geständiger sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen könne.
Über die übrigen Artikel der hier angeschlossenen Grundlinien für das neue Strafverfahren ergab sich keine Bemerkung37.
Wien, am 7. Juli 1852. Gr[af] Buol.
Ah. E. Dient zur Wissenschaft.