Nr. 549 Ministerrat, Wien, 5. September 1851 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; VS.Vorsitz keine Angabe; BdE.Bestätigung der Einsicht (Schwarzenberg 6. 9.); BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend P. Krauß 10. 9., Thinnfeld 10. 9., Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner 10. 9.; abw.abwesend Schwarzenberg, Bach, Kulmer, Stadion.
MRZ. 3069 – KZ. 3204 –
- I. Auszeichnung für Luca Clician
- II. Eintreibung der ausständigen Jurisdiktionstaxe
- III. Herabsetzung des Gymnasialschulgeldes
- IV. Kollegiengelderpauschalien für die Professoren an den ungarischen Rechtsakademien
- V. Auszeichnung für Georg Rathbauer
- VI. Auszeichnung für Johann Kaspitz
- VII. Einziehung der Realabteien in Ungarn
- VIII. Auszeichnung für Thomas Haas
Protokoll der am 5. September 1851 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung.
I. Auszeichnung für Luca Clician
Der Agent der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft Clician hat durch 17 Monate die Stelle des österreichischen Vizekonsuls zu Rustschuk zum Vorteile der österreichischen Untertanen versehen. Er hat den von dort aabgesendeten, wegen ausbleibender Geldsendungen in Notstand geratenena österreichischen Vizekonsul mit Geld unterstützt und sich unter allen Umständen als ein guter, echt patriotischer Österreicher erwiesen. Die Donaudampfschiffahrtsgesellschaft und der kaiserliche Konsul in Galatz, unter welchem Clician als Vizekonsul fungierte, erteilen ihm das beste Zeugnis.
Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Ritter v. Baumgartner beabsichtiget unter diesen Umständen für Clician auf die Auszeichnung mit dem goldene Verdienstkreuze mit der Krone bei Sr. Majestät au. anzutragen, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte1.
II. Eintreibung der ausständigen Jurisdiktionstaxe
Der Justizminister Ritter v. Krauß bemerkte, daß es nach bereits gepflogener Korrespondenz mit dem Finanzministerium und dem Ministerium des Inneren2 nun notwendig erscheine, eine Verordnung hinsichtlich der Einleitungen zur Eintreibung der teils für den Staat, teils für die Patrimonialgerichtsbarkeiten aushaftenden Jurisdiktionstaxen zu erlassen.
Seit dem 7. September 1848, von welcher Zeit die Patrimoninalgerichtsbarkeit aufzuhören hatte3, haben diese Taxen dem Ärar zuzukommen. Die Dominien haben indessen zeitweilig noch die Gerichtsbarkeit ausgeübt, hatten das Recht, die Taxen gegen Verrechnung einzuheben, und es sind die Taxen von ihnen teils wirklich bezogen, teils im Rückstande gelassen worden.
Mit der im Antrage stehenden, für jene Kronländer, in welchen die neue Gerichtsorganisation in Wirksamkeit getreten ist, zu erlassenden kaiserlichen Verordnung sollen die Grundsätze festgestellt werden, wie die gedachten Taxen eingetrieben werden sollen.|| S. 206 PDF ||
Der Justizminister hat den Entwurf der diesfälligen kaiserlichen Verordnung vorgelesen, mit deren Inhalt sich der Ministerrat einverstanden erklärte4.
III. Herabsetzung des Gymnasialschulgeldes
Der Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Leo Thun brachte nach vorausgegangener Vernehmung sämtlicher Landesbehörden Bestimmungen über das Gymnasialschulgeld in Antrag, deren Tendenz dahin gerichtet ist, das Schulgeld etwas zu ermäßigen, mit den Befreiungen vom Schulgelde und mit der Einzahlung desselben es aber strenger zu nehmen als bisher. Bis jetzt bestand das Schulgeld an den philosophischen Lehranstalten in 18 fr. und an den Gymnasien in 12 fr. jährlich. Dieser Unterschied paßt nun nicht mehr und muß aufgegeben werden5. Der Minister Graf Thun bringt dafür in Antrag, das Gymnasialschulgeld in den Provinzialhauptstädten mit 5 fr. per Semester (10 fr. jährlich), anderwärts mit 4 fr. per Semester (8 fr. jährlich) zu bestimmen. Die Zeugnisse um Befreiungen sollen von den Seelsorgern und den Ortsobrigkeiten bestätiget werden, und es sollen auch die Gymnasiallehrkörper, denen die Umstände der Schüler bekannt sind, in deren Würdigung näher eingehen. Nur die wirklich Dürftigen sollen von der Zahlung des Schulgeldes frei sein. Die allgemeinen Befreiungen (der Stipendisten, der Chorsängerknaben etc.) sollen für die Zukunft aufgehoben werden.
Der Ministerrat fand gegen diese Anträge des Ministers Grafen Thun nichts zu erinnern6.
IV. Kollegiengelderpauschalien für die Professoren an den ungarischen Rechtsakademien
Ebenso erklärte sich der Ministerrat mit dem weiteren Antrage des Ministers Grafen Thun einverstanden, das Pauschale für die Kollegiengelder, welches mit 100 fr. jährlich bestimmt ist, für die Professoren an den Rechtsakademien in Ungarn, und zwar für die ordentlichen Professoren auf 300 fr. und für die außerordentlichen auf 200 fr. jährlich zu erhöhen7.
V. Auszeichnung für Georg Rathbauer
Der Minister Graf Thun stellte weiter den Antrag, für den gewesenen Schullehrer zu Grafenschlag in Niederösterreich Georg Rathbauer, einen Greis von 80 Jahren, welcher nach einer mehr als 50-jährigen ersprießlichen Dienstleistung im Schulfache im Jahre 1840 die Schule an seinen Sohn abgetreten hat, seitdem aber noch immer fortfährt, seine letzten Kräfte diesem Dienste zu widmen, das silberne Verdienstkreuz mit der Krone8, und
VI. Auszeichnung für Johann Kaspitz
für den Pfarrer zu St. Donat in Kärnten Johann Kaspitz das goldene Verdienstkreuz mit der Krone von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erbitten.
Dieser Priester feiert im Monate September d. J. sein 50-jähriges Priesterjubiläum, und der Fürstbischof zu Gurk hat diesen Umstand, dann die vielseitigen Verdienste dieses Priesters um die Kirche und den Staat zur Veranlassung genommen, für den Jubilanten eine Ah. Auszeichnung (allenfalls den Franz-Joseph-Orden) in Antrag zu bringen, welchen Antrag der Minister Graf Thun auf das goldene Verdienstkreuz mit der Krone beschränkt, als den Verdiensten des Pfarrers Kaspitz angemessener9.
Gegen diese beiden Anträge ergab sich im Ministerrate keine Erinnerung.
VII. Einziehung der Realabteien in Ungarn
Der Minister Graf Thun bemerkte, in Ungarn bestehe ein Fonds der altregulierten Bistümer. Dieser Fonds wurde aus Abzügen dieser Bistümer, deren Einkünfte eine gewisse Summe überstiegen, gebildet und hatte die Bestimmung, die Seminarien zu dotieren und zu erhalten. Dieser Fonds ist im Jahre 1848, in welchem die Einkünfte der Bistümer sehr herabgekommen sind, verschwunden.
Die versammelten Bischöfe in Ungarn stellten den Antrag, die Realabteienb, die keine spezielle Verpflichtung haben, welche entweder schon erlediget sind (wie es bei dreien der Fall ist) oder künftig erlediget werden, nicht zu besetzen und das daraus entspringende Einkommen den Seminarien zuzuwenden10.
Der Minister Graf Thun findet diesen Antrag der Bischöfe beachtenswert, und es wurde beschlossen, Se. Majestät zu bitten, die bereits erledigten und die jetzt besetzten Abteien der erwähnten Art, wenn sie in Erledigung kommen, nicht zu besetzen und die Einkünfte derselben jedoch nicht dem oberwähnten Fonds, sondern dem Religionsfonds, und zwar vorläufig für fünf Jahre, zufließen zu machen, welcher (ohnedies für die Kultuszwecke bestimmte) Fonds die Seminarien nach Maß dieser Einkünfte unterstützen würde11.
VIII. Auszeichnung für Thomas Haas
Der Finanzminister Freiherr v. Krauß referierte schließlich über das Ah. bezeichnete, von dem Generalrechnungsdirektorium unterstützte Gesuch des pensionierten Rechnungsoffizials der Kreditshofbuchhaltung Thomas Haas um Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes.
Nachdem Haas mehr als 41 Jahre bei der genannten Buchhaltung, außerdem früher durch 1111/12 Jahre im Militär und 43/12 Jahre als Diurnist, im ganzen daher über 56 Jahre treu, fleißig und eifrig gedient und auch seine echt patriotische Gesinnung in einer schwierigen Epoche (1848) an den Tag gelegt hat, so fand sich der Finanzminister und einverständlich mit demselben der Ministerrat bestimmt, dem Antrage des Generalrechnungsdirektoriums auf Ag. Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes an den Rechnungsoffizialen Haas beizutreten12.
Wien, am 6. September 1851. Schwarzenberg.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 11. September 1851.