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Nr. 443 Ministerrat, Wien, 19. Dezember 1882

RS.; P. Jaeger; VS. Taaffe; BdE. und anw. (Taaffe 19. 12.), Ziemiałkowski, Falkenhayn, Pražák, Conrad 7. 1. 1883, Welsersheimb, Dunajewski, Pino.

[Tagesordnungspunkte]

KZ. 121 – MRZ. 99

Protokoll des zu Wien am 19. Dezember 1882 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Taaffe.

I. Verhandlungen mit den Führern der böhmischen Partei über die Frage der Auflösung des Landtages von Böhmen und über die Errichtung der böhmischen medizinischen Fakultät in Prag

I. ℹ️Der Ministerpräsident macht Mitteilung über eine mit den Führern des Český klub stattgehabte Unterredung infolge des von den betreffenden Herren geäußerten Wunsches, mit der Regierung in Fühlung zu treten und über die gegenwärtige Situation Aufklärungen zu erhalten1. Der beim Ministerpräsidenten stattgehabten Unterredung wohnten Fürst Carl Schwarzenberg, Graf Clam, Dr. Rieger, Dr. Zeithammer2 und weiters auch die Minister Freiherr v. Pražák und Ritter v. Dunajewski bei. Vom Ministerpräsidenten wurde den Herren die Notwendigkeit dargelegt, dass die Majorität und bzw. die böhmische Partei die Regierung weiters unterstütze, zugleich jedoch auch bedeutet, dass es für die Regierung Gewissenspflicht sei, zu wissen, ob sie dieser Unterstützung sicher sei, bevor sie an Se. Majestät gewisse Anträge stelle, welche zur Befriedigung der Desiderien [der] böhmischen Partei führen [s]ollen.

ℹ️Im Sinne dieses Standpunktes wurde zunächst die Frage der Auflösung des böhmischen Landtages in Erörterung genommen. Dabei wurde vom Ministerpräsidenten dargelegt, dass beim Bestande der gegenwärtigen Wahlordnung durch die Neuwahlen nur dann eine konservative Majorität erreicht werden könnte, wenn die Regierung dieselbe mache. Könne aber ein konservativer Landtag nur mithilfe der Regierung zustande gebracht werden, so sei die Regierung auch berechtigt zu fordern, und wolle sie dies, dass die Majorität dann ihre Stellung im Landtage nicht missbrauche, damit nicht wieder in Umkehr des jetzigen Verhältnisses die Deutschen von den Tschechen unterdrückt werden. Die Herren haben die Lage anerkannt und die Zusicherung gegeben, dass sie ihre Majorität im Landtage nicht missbrauchen werden. Auch haben sie eingesehen, dass ihre Partei ohnehin in keinem Falle eine ¾-Majorität würde erlangen können3.

ℹ️Weiters wurde den Herren gesagt, dass die Regierung bereit sei, dann im neuen Landtage eine der bezüglichen Abänderung der Reichsratswahlordnung analoge Vorlage wegen Änderung des Wahlmodus aus dem Großgrundbesitze einzubringen, wobei jedoch der Ministerpräsident nicht unterlassen habe, zugleich daran zu erinnern, dass durch eine solche Wahlordnungsabänderung die Lage der Majorität für Weiteres etwas gefährdeter sein würde4.

ℹ️Zu diesem Gegenstande wurde endlich auch der Zeitpunkt der Landtagsauflösung ins Auge gefasst5. Da die Herren [erk]lärten, dass es ihnen in[s]besondere wichtig sei, aus dem neugewählten Landtage einen neuen Landesausschuss zu erhalten, so wurde als zweckentsprechend erkannt, derart vorzugehen, dass bald nach der Neuwahl auch der Landtag zusammentreten könne. Deshalb wurde in Aussicht genommen, den Landtag erst nach Schluss der Reichsratssession aufzulösen, wornach etwa sechs Wochen später der neugewählte Landtag zusammentreten könnte. Die spätere Auflösung des Landtages habe auch für die Regierung den Vorteil, dass die Partei gezwungen erscheine, die Regierung jetzt zu unterstützen. Andererseits dürfte man sich in diesem Ausblicke beeilen, mit den Reichsratsverhandlungen früher fertig zu werden6.

ℹ️Als weitere Frage wurde die Errichtung der böhmischen medizinischen Fakultät zur Erörterung gebracht7. Von Seite der Parteiführer wurde diesfalls insbesondere mit Rücksicht auf die Neuwahlen für den Landtag betont, dass es notwendig sei, dass durch das Vorgehen der Regierung in dieser Frage für die Alttschechen gegenüber den Jungtschechen Stimmung gemacht werde8. Nach langer Diskussion kam man zu dem Schlusse, dass von der Regierung die Geneigtheit erklärt wurde, sofort eine Kommission in Prag einzusetzen, welche die entsprechenden Erhebungen über die Möglichkeit der Errichtung der böhmischen medizinischen Fakultät vom Schuljahre 1883/84 an pflegen solle, und dass, falls sich diese Kommission für die Zulässigkeit der Errichtung zu jenem Zeitpunkte ausspräche, die Regierung auch eine entsprechende Vorsorge für [den] erforderlichen Kredit tref[f]en wolle, dies jedoch nicht früher, als bis das Budget für 1883 seine Erledigung gefunden haben werde9.

ℹ️Der Finanzminister hat zur Darlegung des Ministerpräsidenten nichts hinzufügen und bemerkt nur, dass er einen Nachtragskredit für die böhmische medizinische Fakultät keinesfalls vor der Erledigung des Budgets einbringen wolle, einerseits aus dem Grunde, um ein Kompelle für die schnelle Erledigung des Budgets zu haben und andererseits, um nicht, solange das Budget noch in Schwebe sei, sich einer allenfallsigen politischen Kreditforderung etwa von Seite einer anderen Partei auszusetzen.

ℹ️Minister Freiherr v. Pražák bringt aus der fraglichen Besprechung auch noch zur Erinnerung die daselbst vorgebrachten Desiderien wegen Übernahme noch einiger Mittelschulen, worauf der Ministerpräsident eine bestimmte Formulierung der diesfälligen Wünsche begehrt habe und sich von den Herren die entsprechende nähere Darlegung der auf die Mittelschulen bezugnehmenden Wünsche vorbehalten wurde. Der Minister teilt ferner mit, dass Dr. Rieger mit den Resultaten der fraglichen Besprechung den Český klub beruhigt habe.

ℹ️Der Ministerpräsident ersucht nun den Minister für Kultus und Unterricht, seine Anschauung über die zu bestellende Kommission und die sonstigen etwaigen Vorkehrungen hinsichtlich der Errichtung der böhmischen medizinischen Fakultät darzulegen.

ℹ️Der Minister für Kultus und [Unte]rricht bemerkt, dass bei [i]hm die Wünsche wegen der Errichtung der böhmischen medizinischen Fakultät in zwei Richtungen angeregt wurden. Der Statthalter wollte, wie sich der Ministerrat erinnern werde, dass vorläufig mit der Ernennung einiger Professoren vorgegangen werde, was man als nicht für tunlich erkannt habe, solange die Fakultät selbst nicht bestehe10. Nun glaube er doch, dass man mit den proponierten Ernennungen in der Weise würde vorgehen können, dass die Rechtswirksamkeit der jetzt zu geschehenden Ernennungen von der Errichtung der medizinischen Fakultät an datiere. Von Seite der Führer der tschechischen Partei trat man hingegen mit dem bestimmten Ansinnen heran, dass er sich von Sr. Majestät die Errichtung der medizinischen Fakultät vom Schuljahre 1883/84 erbitte und dass zu diesem Zwecke sodann jetzt schon ein Kredit von bestimmter Höhe begehrt werde. Er habe darauf erklärt, dass er außer Stande sei, so vorzugehen, weil er es vermeiden möchte, nur eine mesquine Schöpfung herzustellen und behufs der Kreierung einer würdigen Fakultät doch erst vorbereitende Maßnahmen zu treffen wären, behufs deren Einleitung er allerdings sich die Ah. Ermächtigung erbitten und dann auch trachten wolle, dass vom nächsten Schuljahre an wenigstens schon die Möglichkeit geboten wäre, das praktische Rigorosuma abzulegen. Daraufhin wurde von Dr. Rieger die Kommissionsidee vorgebracht. Der Minister sei bereit, auf die Bestellung der Kommission – oder er möchte es entsprechender [ein] Komitee nennen – einzuge[h]en und zu Mitgliedern dafür die bereits vorhandenen zwei böhmischen Professoren und die beiden noch zu ernennenden Professoren zu bestimmen. Zugleich wolle er den Hofrat Langer, welcher eben wegen einer anderen Angelegenheit nach Prag gehe, beauftragen, sich bei dieser Gelegenheit auch für die infrage stehende Erhebung zu bemühen. Die Hauptsache werde die Lokalitätenfrage sein und werde es sich darum handeln, ob die vorhandenen Lokalitäten ausreichen oder ob ein Neubau herzustellen sei. Vielleicht lasse sich ein Medium finden, wornach der Neubau hinausgeschoben und sich vorläufig mit einer Einmietung begnügt werden könne. Jedenfalls möchte er einen mesquinen Anfang vermieden wissen.

ℹ️Der Finanzminister muss eindringlich davor warnen, dass von ämtlicher Seite die Initiative zu Neubauten ergriffen werde, zumal eine medizinische Fakultät mehrere verschiedene Gebäude brauche und es in der nächsten Zeit absolut unmöglich wäre, den durch eine solche Initiative rege gemachten Hoffnungen zu entsprechen. Auch haben die Herren selbst bemerkt, dass die Lokalitätenfrage in den ersten Jahren keine großen Schwierigkeiten machen dürfte, da viele leerstehende Räumlichkeiten vorhanden seien. Der Minister macht insbesondere aufmerksam, dass z. B. der Anatomiesaal ganz gut von den beiden Fakultäten zu verschiedenen Stunden benützt werden könne. Kurz, es sei notwendig, dass man sich auf die nackten Bedürfnisse beschränke. Mit der Ernennung der Pro[fessoren] unter der proponierten Modalität sei er einverstanden. Notwendig sei, dass entsprechend der gemachten Zusage die Kommission sogleich aktiviert werde.

Der Ministerrat erklärt sich mit der proponierten Vorgangsweise und insbesondere auch mit der Anschauung des Finanzministers einverstanden und spricht sich für die sofortige Veranlassung der Einsetzung der Kommission aus11.

II. In Angelegenheit der Aufforderung zur Vornahme von Neuwahlen für den niederösterreichischen Landesschulrat

II. ℹ️Der Ministerpräsident bringt zur Sprache den aus der Anlage ersichtlichen, vom Statthalter in Niederösterreich an den Minister für Kultus und Unterricht erstatteten und auch ihm (Ministerpräsidenten) vom Statthalter zur Kenntnis gebrachten Bericht, betreffend die Frage der Vornahme der Neuwahlen zur Ergänzung des niederösterreichischen Landesschulratesb,12. Der Ministerpräsident frägt, welche Weisung der Minister für Kultus und Unterricht zu geben beabsichtige.

Der Minister für Kultus und Unterricht hält es für entsprechend, jetzt eine Aufforderung an den Landesausschuss nicht zu richten, sondern zu warten, bis die Gemeinde Wien gewählt haben werde13, indem dann mit den Wahlen des Gemeinderates ein Präzedenz für den Landesausschuss geschaffen würde. Die Sache habe auch noch eine andere Tragweite, indem jetzt zugleich die Funktionsperiode des Landesschulrates zu Ende gehe. Der Landesausschuss, der die Vorschläge für [die M]itglieder aus dem Kreise der Fachmänner zu machen habe, habe übrigens diese Vorschläge für die nächste Periode bereits erstattet14. Darnach werde primo loco des Vorschlages neben den bisherigen Mitgliedern Kolbe und Mayer als neu Professor Hartel vorgeschlagen15, welcher, vom Minister diesfalls eigens befragt, erklärt habe, jedenfalls der Ernennung Folge zu leisten. Wenn demnach die Mitglieder aus dem Fachkreise eintreten, so habe man auch für die neue Periode eine entsprechende Versammlung geschaffen und könne die weitere Entwicklung abwarten. Er ersuche daher zugleich um die Zustimmung zur Ernennung der vorgeschlagenen Mitglieder aus dem Fachkreise.

Der Ministerrat erklärt hiezu sowie zu dem Zuwarten bezüglich der Aufforderung an den Landesausschuss seine Zustimmung16.

III. Über die Rechtfertigung des Statthalters in Niederösterreich in Angelegenheit des Vorganges des niederösterreichischen Landesschulrates gegenüber der Entscheidung über die Errichtung einer böhmischen Privatschule im X. Bezirke Wiens

III. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht macht ferner Mitteilung über die eingelangte Rechtfertigung des Statthalters in Angelegenheit des Vorganges des niederösterreichischen Landesschulrates gegenüber der Entscheidung des Ministeriums betreffend die dem Vereine Komenský bewilligte Errichtung einer böhmischen Privatvolksschule im X. Bezirke Wiens17. Der Statthalter wurde von ihm (Minister für Kultus und Unterricht) aufgefordert, sich zu rechtfertigen nach zwei Richtungen hin, nämlich: a) dahin, weshalb nicht die einfach kur[rent]e Erledigung der Sache vor[g]enommen wurde, b) dahin, weshalb nicht der Plenarbeschluss des Landesschulrates auf Einbringung einer Vorstellung vom Statthalter als gesetzwidrig sistiert wurde. Denn der Minister sei der Ansicht, dass zu einer Antragsstellung im Landesschulrate wegen mangels des Hinzutrittes neuer tatsächlicher Momente kein Anlass und ferner, nachdem es sich wesentlich um eine Entscheidung grundsätzlicher Natur handelte, zu einer Vorstellung keine Berechtigung vorhanden und dass der Beschluss des Landesschulrates deshalb als gesetzwidrig zu betrachten war, weil er die Ablehnung involvierte, sich der Entscheidung des Ministeriums zu fügen.

Der Statthalter rechtfertige sich in einer langen Auseinandersetzung wesentlich dahin, dass er ursprünglich den Gegenstand für die kurrente Erledigung bestimmt hatte, dass er aber nach der Geschäftsordnung des niederösterreichischen Landesschulrates der ausdrücklichen Forderung des betreffenden Sektionsobmannes, die Sache behufs Stellung eines Antrages zur Beratung ins Plenum zu bringen, nicht entgegentreten konnte, dass ferner durch das Gesetz nicht ausgeschlossen sei, an jede im Landesschulrate verhandelte Angelegenheit einen Antrag zu knüpfen, dass endlich nach dem klaren Wortlaute des Gesetzes und nach der übereinstimmenden Praxis nicht nur des niederösterreichischen Landesschulrates, sondern auch der Landesschulräte anderer Länder gegenüber dem Beschlusse des Landesschulrates eine Vorstellung gegen die Ministerialentscheidung einzubringen, von dem Sistierungs[recht des] Vorsitzenden kein Gebrauch gemacht werden konnte, abgesehen davon, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine Privatangelegenheit handelte. Der Minister findet die Rechtfertigung keineswegs ganz zureichend und beabsichtige er daher daraufhin, den Statthalter die aus der Anlage ersichtliche Erledigung hinauszugebenc, damit durch diesen Erlass dem Statthalter eingebunden werde, welche Haltung die Regierung in etwaigen künftigen Fällen erwarte.

Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Erledigung einverstanden18.

IV. Wegen Nichtsanktionierung des vom Krainer Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreffend die Heranziehung der Eisenbahnunternehmungen zur Normalschulfonds-Landesumlage

IV. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht referiert über den vom Landtage für Krain beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Abänderung der Artikel VI und VII des Landesgesetzes vom 19. Dezember 1874 über die Regelung der Volksschulkonkurrenz in Krain19. Nach den für Krain bestehenden gesetzlichen Bestimmungen sorge die Gemeinde Laibach apart für die Bedürfnisse ihrer Volksschulen, während für die Bestreitung der Bedürfnisse der übrigen Volksschulen Krains durch die Einhebung von Zuschlägen für den Normalschulfonds gesorgt werde. Von der Einhebung der letzteren Zuschläge sei die Stadt Laibach, da diese eine eigene Schulumlage habe, ausgenommen. Gleich wie die Personalsteuerträger in Laibach werden auch die Eisenbahnunternehmungen in Gemäßheit des Reichsgesetzes vom 8. Mai 186920 nur zur Schul[erhaltung] für die Stadt Laibach [he]rangezogen.

Der vorliegende Entwurf bezwecke nur eine Abänderung dieses Verhältnisses dahin, dass in Zukunft die Eisenbahnunternehmungen Krains von der Normalschulfonds-Landesumlage anstatt von der Schulumlage für die Stadt Laibach getroffen werden sollen und dass von dem durch die diesfällige Belegung der Eisenbahnunternehmungen erzielten Umlagsergebnisse 60% in den Normalschulfonds fließen und 40% für die Schulerfordernisse in Laibach verwendet werden sollen, wornach die Stadt Laibach in ihren Schuleinkünften nicht geschmälert würde, während die Eisenbahnunternehmungen in Krain an Schulumlagen jährlich über 9.000 fl. mehr zu zahlen hätten. Dieser Vorgang werde damit motiviert, dass ja der Zweck des Reichsgesetzes vom 8. Mai 1869 gerade darin liege, den Ländern ein dem Erwerbe der Eisenbahnunternehmungen aus den einzelnen Ländern entsprechendes Steuerobjekt zu bieten. Die Richtigkeit dieser Tendenz immerhin zugegeben, stimme er doch mit dem Finanzminister in der Anschauung überein, dass der mit dem Entwurfe proponierte Vorgang unzulässig, weil den Besteuerungsgrundsätzen widersprechend sei. Denn nach § 3 Absatz 3 des Reichsgesetzes vom 8. Mai 1869 sei die auf das Land Krain entfallende Erwerb- und Einkommensteuer der Eisenbahnen in der Landeshauptstadt Laibach vorzuschreiben. Demnach seien die Eisenbahngesellschaften als Steuerträger der Stadt Laibach anzusehen und da Zuschläge gleichmäßig, das ist, [dass die] in einer Gemeinde [vor]geschriebenen Steuern einer und derselben Art nach einem gleichen Ausmaße umgelegt werden müssen, so können die Eisenbahngesellschaften nicht anders behandelt werden als die übrigen Steuerträger der Landeshauptstadt. In Rücksicht darauf sehe er sich veranlasst, die Nichtsanktionierung des Entwurfes au. zu beantragen, indem er bemerke, dass ja das Land seinen Zweck durch die Aufhebung der Exemtion Laibachs von der allgemeinen Normalschulfonds-Umlage erreichen könne. Der Finanzminister bezieht sich für seine Zustimmung zum Antrage auf die vorne erwähnten Momente bezüglich der Unzulässigkeit der Entwurfsproposition.

Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung21.

V. Erwirkung der Ah. Genehmigung für die vom Krainer Landtage pro 1883 beschlossene Einhebung der Normalschulfonds-Landesumlage

V. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet sich die Zustimmung des Ministerrates behufs der Erwirkung der Ah. Genehmigung für den vom Krainer Landtage gefassten Beschluss wegen Einhebung einer 17%igen Normalschulfonds-Landesumlage für 1883, nachdem die Bemessung der Umlage dem Bedarfe entsprechend sei. Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung22.

VI. Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Änderung der Umlagsperzente für die Aufbringung der Schulerfordernisse

VI. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet [sich die] Zustimmung des Minister[rat]es behufs der Erwirkung der Ah. Sanktion für den vom galizischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Abänderung der Artikel 18, 19 und 28 des Landesgesetzes vom 2. Mai 1873 über die Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Volksschulen23. Die infrage stehenden Abänderungen bezwecken lediglich die infolge der geänderten Steuerbasis notwendig gewordene Änderung der Umlagsperzente. Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung24.

VII. Erwirkung des Adels für den Universitätsprofessor Dr. Johann Pazdiera

VII. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet sich die Zustimmung des Ministerrates zu dem Vorhaben, für den ordentlichen Professor der Statistik und der österreichischen Verwaltungsgesetzkunde an der Universität in Innsbruck, Dr. Johann Pazdiera, anlässlich seiner Pensionierung, in Anerkennung seiner pflichteifrigen und vorzüglichen lehrämtlichen Tätigkeit den Adel zu erwirken und teilt aus dem Inhalte des diesfalls zu erstattenden au. Vortrages die wesentlichsten Verdienstmomente mit. Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung25.

VIII. Au. Dank des sub auspiciis Imperatoris zum Doktor der Rechte promovierten Hermann Mayr

VIII. ℹ️Der Minister für Kultus und Unterricht erlaubt sich auf diesem Wege zur Ah. Kenntnis Sr. k. u. k. apost. Majestät zu [bringen] den au. Dank des an der Grazer Universität sub auspiciis Imperatoris zum Doktor der Rechte promovierten Hermann Mayr für die demselben zuteil gewordene Ah. Gnade Sr. Majestät26.

IX. In Angelegenheit der Volksschulgesetznovelle. Haltung der Bischöfe im Herrenhause. Änderung der Regierungsproposition

IX. ℹ️Der Ministerpräsident bringt zur Sprache die Haltung in Bezug auf die Volksschulgesetz-Novelle, worüber er mit dem Kardinal Fürst Schwarzenberg27 eine Unterredung gehabt habe28. Der Ministerpräsident habe dem Kardinal erklärt, dass es auch im Interesse der Regierung liege, die Novelle bald fertig zu bringen, und dass es sehr bedauerlich wäre, wenn jetzt die neu gewählte Herrenhauskommission weiter und über den Standpunkt der Regierungsvorlage hinausginge, weil dann die Sache erstlich schon im Herrenhause selbst schwierig werden würde und man auch im Abgeordnetenhause auf neue Schwierigkeiten stoßen dürfte. Der Kardinal habe zugesichert, dahin zu wirken, dass die Bischöfe keine Anträge zur Novelle einbringen und dass von ihrer Seite nur sich darauf beschränkt werde, bei der Plenarverhandlung ihren prinzipiellen Standpunkt zu wahren. Jedoch habe der Kardinal betont, dass es behufs der Erzielung einer solchen Haltung der Bischöfe und um es denselben zu ermöglichen, für die Novelle zu stimmen, unbedingt notwendig sei, dass die §§ 1, 2 und 5 der Novelle entfallen bzw. die Bestimmun[gen de]r entsprechenden Para[g]rafen des Gesetzes vom 14. Mai 1869 unverändert bleiben, damit die Bischöfe, welche im Jahre 1869 bei der Beschließung der Reichs-Volksschulgesetzes nicht mitwirkten, nicht in die Lage kommen, durch ein Stimmen für die §§ 1, 2 und 5 die in diesen Paragrafen ausgedrückten Prinzipien zu billigen29.

Der Minister für Kultus und Unterricht teilt mit, dass auch heute in der Volksschulgesetz-Kommission des Herrenhauses, welche sich nach Einlangung der Austrittserklärung der der Linken angehörigen Mitglieder mit der verbliebenen Anzahl von acht Mitgliedern unter Erwählung des Grafen Belcredi30 zum Obmanne konstituierte, durch den Erzbischof Ganglbauer31 namens der Bischöfe jener Standpunkt vorgebracht wurde, welchen der Kardinal Schwarzenberg dem Ministerpräsidenten dargelegt habe. Der Minister habe keinen Anstand dagegen zu erheben, dass dem Wunsche der Bischöfe willfahrt und die §§ 1, 2 und 5 der Vorlage fallengelassen werden. Es wäre nur allenfalls zu trachten, dass der übrigens bereits in der Unterrichtsordnung aufgenommene Änderungszusatz zu § 5, betreffend die Anordnung der Überwachung der religiösen Übungen durch die Lehrer, an einer anderen Stelle des Entwurfes eingeschaltet werde.

Der Ministerrat erklärt sich gleichfalls mit der sogestaltigen Modifikation der Vorlage einverstanden und wird weiters hinsichtlich des formellen Vorganges beschlossen, [dass die] Regierung nach der [be]züglichen Beantragung der Eliminierung im Ausschusse erkläre, dass sie der Eliminierung der §§ 1, 2 und 5 der Vorlage zustimme32.

X. Wegen Konzessionierung einer Lokalbahn von Bistritz nach Wallachisch Meseritsch

X. ℹ️Der Handelsminister erbittet sich die Zustimmung des Ministerrates behufs der Erwirkung der Ah. Konzession für eine Lokalbahn von Bistritz nach Wallachisch Meseritsch. Konzessionswerber sei die Kremsierer Eisenbahn. Die Trasse gehe von der Station Bistritz in nordöstlicher Richtung über Przikas, Komarno, Kunowitz, Lauczka, Branek, Politz nach Wallachisch Meseritsch bzw. Krasna. Die Länge der Linie betrage 27 Kilometer. Als Bautermin sei bestimmt ein Jahr vom Tage der Konzessionserteilung. Das Kapital werde beschafft durch Aktien der Kremsierer Bahngesellschaft im Nominalbetrage von 1,800.000 fl. zum Minimalkurse von 90%. Die effektiven Baukosten betragen 1,627.444 fl. Konzessionsbedingungen seien die üblichen, die Steuer- und Gebührenbefreiungen die nach dem Lokalbahngesetze zulässigen. Als besondere Konzessionsbedingungen werden gesetzt:

1. Verpflichtung, der Staatsverwaltung die Mitbenützung der neuen Strecke sowie der alten Linien der Kremsierer Bahn für den Verkehr zwischen den im Staatsbetriebe stehenden Bahnen einzuräumen,

[2. Ver]pflichtung zur Überlassung des Betriebes an den Staat (auch in Ansehung sämtlicher Linien) mit dem Rechte der freien Tarifsbestimmung gegen Vergütung der Selbstkosten auf Konzessionsdauer.

3. Vereinbarung mit der Österreichischen Lokalbahn-Gesellschaft wegen Verkehrsteilung mit der Lokalbahn Pohl–Wallachisch Meseritsch–Wšetin.

Zweck und Bedeutung der projektierten Lokalbahn sei zunächst die Einbeziehung von Walachisch Meseritsch und dessen Hinterlandes in das Eisenbahnnetz nach südlicher und südwestlicher Richtung gegen Wien. Für die Folge – im Falle der weiteren Fortsetzung – erscheint die projektierte Bahn als Mittelglied einer wichtigen Bahnverbindung zwischen den westlichen Ländern und dem galizischen Bahnnetze.

Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung33.

XI. Verordnung über den Appreturverkehr

XI. ℹ️Der Handelsminister bringt zur Kenntnis, dass die mittelst Verordnung im Einverständnisse mit der ungarischen Regierung beabsichtigte Regelung des kleinen Appreturverkehres mit dem deutschen Zollgebiete nunmehr doch nicht möglich erscheint, weil die ungarische Regierung schließlich auch einer solchen verordnungsweisen Anordnung nicht zugestimmt habe34. Unter diesen Umständen, und da eine Verlängerung des großen Appreturverkehres nicht mehr geboten sei, bleibe nichts übrig, als einfach die Konsequenzen der Verordnung des Gesamtd ministeriu[m]s vom 30. De[zem]ber 1881, RGBl. Nr. 15135, zu ziehen und anzuordnen bzw. zu erinnern, dass der Appreturverkehr aufgrund von Erlaubnisscheinen nunmehr aufhöre (Endaustritt mit 31. Dezember 1882, Endfrist des Wiedereinganges 30. Juni 1883) und dass der ohne Erlaubnisschein zulässige kleine Veredlungsverkehr aufrecht, jedoch hinsichtlich der Wiedereinfuhr an die Bestimmungen der Verordnung vom 28. Juni 1881 gebunden bleibe36. Er beabsichtige, die diesfälligen Anordnungen mit einer im Vereine mit dem Finanzministerium zu erlassenden Verordnung hinauszugeben.

Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung37.

XII. Erwirkung des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse für den Oberbaurat Julius Lott

XII. ℹ️Der Handelsminister erbittet sich die Zustimmung des Ministerrates zu dem Vorhaben, für den Direktor der Direktion der Staatseisenbahn-Bauten Oberbaurat Julius Lott in Anerkennung seiner verdienstlichen, insbesondere der beim Baue der Arlbergbahn bewährten hervorragenden Leistungen den Orden der Eisernen Krone III. Klasse zu erwirken. Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung38.

XIII. Erwirkung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens für den Bezirksrichter Albin Turzański

XIII. ℹ️Der Leiter des Justizministeriums Minister Freiherr v. Pražák erbittet sich die Zustimmung des Ministerrates zu dem Vorhaben, für den Bezirksrichter Albin Turzański in Lubaczów in Anerkennung seiner verdienstlichen Leistun[gen] im Geschäfte der Grundbuchsanlegung das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens zu erwirken. Der Ministerrat erklärt seine Zustimmung39.

XIV. Verordnung über die Ausdehnung der Ausnahmsgerichtsbarkeit in Dalmatien

XIV. ℹ️Der Leiter des Justizministeriums Minister Freiherr v. Pražák macht Mitteilung über die Absicht der Erwirkung der Ah. Sanktion für den Gesetzentwurf betreffend die Verlängerung der Ausnahmsgerichtsbarkeit in Dalmatien und erbittet sich zugleich die Ermächtigung nach Erlangung der Ah. Sanktion die aus dem anliegenden Entwurfe ersichtliche Verordnung hinauszugeben, womit angeordnet werden solle, dass sich die Ausnahmsgerichtsbarkeit nach wie vor auf die Gebiete der Bezirkshauptmannschaften Cattaro, Metković und Ragusa zu erstrecken habee .

Der Ministerrat erklärt sich einverstanden40.

XV. Sanktionierung des Finanzprovisoriums

XV. ℹ️Der Ministerrat nimmt zur Kenntnis die Mitteilung des Finanzministers über die Erwirkung der Ah. Sanktion für den Gesetzentwurf betreffend die Bewilligung des Finanzprovisoriums für das erste Quartal 188341.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, am 20. Jänner 1883. Franz Joseph.