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Nr. 242 Ministerrat, Wien, 13. Juli 1869 - (PDF)

RS. und bA.; Teilnehmer und Tagesordnung: Ava., Ministerratsprotokolle, Tagesordnungen.

P. Artus; VS. Taaffe; BdE. und anw. (Taaffe 13. 7.); anw. Hasner, Potocki, Brestel, Berger; abw. Plener, Giskra, Herbst.

KZ. 1938 – MRZ. 81

I. Eingabe des Wiener Vereines „Demokratischer Fortschritt“ wegen Einführung des allgemeinen Stimmrechtes, direkter Wahlen und Koalitionsfreiheit - (PDF)

[I.-II. fehlt]

III. Übertritt des Protokollführers des Ministerrates, Ministerialrat Ritter v. Hueber zur Handelsgesellschaft für Forstprodukte - (PDF)

[III.] ℹ️Der Ministerpräsident || || teilt der Konferenz mit, der Protokollführer des Ministerrates Ministerialrat Ritter v. Hueber habe die ihm unter sehr glänzenden Bedingungen angebotene Stelle eines Generaldirektors der hier neu errichteten Handelsgesellschaft für Forstprodukte angenommen1.

Er erbitte nun seine Enthebung von seiner gegenwärtigen Stellung im Staatsdienste, welche zu verlassen er sich nur nach harten Kämpfen und allein aus Rücksichten für seine Familie entschlossen habe. Da er es nicht auf sich nehmen zu können glaube, mit der Zurückweisung der ihm angebotenen großen materiellen Vorteile seine Familie der Aussicht auf eine sonst nicht zu ermöglichende günstigere Gestaltung der Zukunft zu berauben. Ministerialrat v. Hueber habe den sehnlichen Wunsch, dass die Enthebung unter solchen Modalitäten erfolgen möge, welche den eventuellen Wiedereintritt in den Staatsdienst ermöglichen und namentlich die Pensionsansprüche sichern würden, da er sich in einer nahezu []jährigen pflichteifrigen und []treuen Dienstleistung er[] habe. Er gedenke daher, sich an die Ah. Gnade Sr. k. u. k. apost. Majestät || || [] und in einem []tänigsten Gesuche seinen Bitten dahin [] zu geben, dass Se. k. u. k. apost. Majestät [] geruhen wollen: [1.] [] Dienstleistung als Protokollführer des Ministerrates [] zu entheben und ihm []behaltung des Titels und Charakters eines k. k. Hofrates zu []gen; [2.] ihm den eventuellen Rücktritt in den aktiven Staatsdienst; 3. für diesen Fall auch die Anrechnung seiner bisherigen Staatsdienstzeit vorzubehalten.

Der Ministerpräsident habe Ministerialrat v. Hueber veranlasst, ihm einen Entwurf dieses Majestätsgesuches zu dem Ende zu überreichen, damit er (Ministerpräsident) in Hinsicht auf das Maß der Begünstigungen klar werde, welches der Ministerrat zu befürworten geneigt wäre, nachdem es sich ihm bei dem Umstande, als v. Hueber in seiner Eigenschaft als Protokollführer dem Ministerrate so nahe gestanden, [] selbst nicht zu empfehlen [] seinen Bitten [] über [] auf dessen [] von Seite des [] Sicherheit ge[]|| || merkt, dass es begreiflich sei, dass Ministerialrat v. Hueber den Entschluss, aus seiner jetzigen Stellung auszuscheiden, nur schwer gefasst habe und dass ihn hiezu zunächst die Rücksichtnahme auf seine Familie bestimmt haben mochte. Es erscheine auch begreiflich, dass Ministerialrat v. Hueber die Eventualität seines Wiedereintrittes in den Staatsdienst, welchem er sich bis jetzt mit voller Hingebung gewidmet habe, in das Auge fasse und anstrebe, sich durch die Ah. Gnade Sr. Majestät den Weg hiezu offen zu halten. Er (Ministerpräsident) meine im Allgemeinen, dass [] der von allen Mitgliedern des Ministerrates jederzeit [] gewürdigten ausgezeichneten Dienstleistung v. Hueber, derselbe in Hinsicht auf die gestellten Bitten jede unter den gegebenen Umständen mögliche Berücksichtigung in vollem Maße verdiene. Andererseits glaube der Ministerpräsident, dass auch Rücksichten der Opportunität dafür sprechen [wü]rden, einen Beamten, welcher [] der Protokollführer vermöge seiner Vertrauensstellung im nahen Kontakte mit dem Ministerrate gestanden, nicht aus dem Verbande mit der Regierung || || []lösen, wenn er (Ministerpräsident) auch nicht den [] Zweifel über den [] Charakter v. Huebers [] hegen könne. Er bitte sich nun die Ansicht der Konferenz.

Der Finanzminister meint, dass die von Ministerialrat v. Hueber beabsichtigten Bitten in der Form, wie sie gestellt werden [], eigentlich auf die Bewilligung einer Disponibilität ohne Gehaltsbezug hinauslaufen würden, wofür er sich nicht aussprechen könnte. Seines Erachtens könnte ihm der Titel und Charakter belassen und könnte Se. Majestät gebeten werden, ihm, soferne sich ein Platz für ihn ergeben sollte, die Wiederaufnahme in den Staatsdienst Ag. zuzusichern.

Der Ackerbauminister erklärt sich ebenfalls für Belassung des Titels und Charakters, glaubt aber, jedes weitere Zugeständnis in Bezug auf den Wiedereintritt in den Staatsdienst abzulehnen [] der Person des Ministerialrates v. Hueber [] Dienstleistung [] Anerkennung zolle || || []tigen Verhältnissen, insoferne ein sehr bedenkliches Präzedens wäre, als dadurch die Verlockungen zum Übertritte in den lukrativeren Gesellschaftsdienst und gerade für befähigtere Beamte erhöht, andererseits aber im Falle, als es wirklich zum Wiedereintritte von Beamten kommen sollte, welche ein Engagement bei Privatgesellschaften eingegangen hatten, eine nicht motivierte Verletzung der Beförderungsansprüche der im Staatsdienste ausharrenden Beamten herbeigeführt würde. Dies würde den Interessen der Regierung nicht entsprechen.

Der Minister für Kultus und Unterricht bemerkt, dass die Belassung des Hofratstitels und Charakters ihm wohl außer Frage zu stehen schiene, nachdem der Anspruch v. Huebers hierauf ein wohlerworbener sei. Was aber den Wiedereintritt betreffe, könne auch er sich die Sache nur in der vom Finanzminister angedeuteten Form einer Ah. Zusicherung denken, die ja als von Sr. Majestät ausgehend schon an und für sich dem Ministerialrate v. Hueber eine wertvolle Gewähr für die Zukunft bieten würde. || || [] einer anderen Form [] nicht absehen, wie der Wiedereintritt praktisch realisiert werden könnte, wenn nicht ein entsprechender Posten eben vakant wäre, indem ja weder davon, dass die Stelle v. Huebers [] offen gehalten würde, noch davon, dass derselbe ohne eine bestimmte Verwendung in den Staatsdienst wieder übernommen werden würde, die Rede sein könne. Die Pensionsansprüche betreffend glaube er, dass diese Frage durch den Wiedereintritt in den Staatsdienst bedingt sei, und sei ihm nicht bekannt, ob diesfalls eigene Zusicherungen üblich seien.

Im Laufe der weiteren Diskussion proponierte der Finanzminister die folgende beiläufige Fassung eines Sr. k. u. k. apost. Majestät zu beantragenden Resolutionsentwurfes. Se. Majestät würden [] den Ausritt des Ministerialrates v. Hueber aus seiner gegenwärtigen Stellung im Staatsdienste und zugleich Ag. zu genehmigen geruhen, dass derselbe den Titel und Charakter eines Hofrates beibehalten dürfe. || || Ferner würden Se. Majestät dem Ministerialrate v. Hueber Ag. die Zusicherung zu erteilen geruhen, dass ein von ihm künftig etwa gestelltes Ansuchen um einen erledigten Staatsdienstposten nach Tunlichkeit werde berücksichtiget werden, und würden Sr. Majestät die Ah. Entscheidung der durch die eventuelle Wiederanstellung bedingten Frage der Anrechnung der vom Ministerialrate v. Hueber bis jetzt vollstreckten Staatsdienstzeit Ah. Sich bis zum Zeitpunkte der seinerzeitigen Pensionsbehandlung vorzubehalten geruhen.

Diesem Antrage schlossen sich sämtliche Stimmführer an, der Ackerbauminister im Hinblick auf die durch diese Fassung die definitiven Verfügungen bezüglich des Wiedereintrittes offen gehaltene Latitude2.

IV. Wiedervorlage der nicht sanktionierten Realschulgesetze - (PDF)

[IV.] ℹ️ Der Minister für Kultus und Unterricht bringt zu Sprache, dass es sich um die Wiedervorlage der nicht sanktionierten Realschulgesetze an die betreffenden [] handle3. || || [] nicht sanktionierten Gesetze seien zumeist unbedeutende Anstände eingetreten.

Ein wichtigerer Punkt sei die Sprachfrage, welche auch in der Konferenz unter Ah. Vorsitze Sr. Majestät zur Beratung gekommen4. Der Minister für Kultus und Unterricht glaube nun, einen Ausweg gefunden zu haben, um die einschlägigen Bestimmungen mit dem Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger in Einklang zu bringen5. Er gedenke nämlich, in den betreffenden Vorlagen den Unterschied aufzustellen zwischen dem, was gelehrt, und dem, was gelernt werden solle. Es sollen nämlich in sprachlich gemischten Ländern überall die Landessprachen und fremde Sprachen gelehrt werden. Jeder Realschüler soll verpflichtet sein, außer der Unterrichtssprache noch zwei Sprachen zu lernen, und zwar an deutschen Schulen die französische und englische, an slawischen zwei von den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch (in Böhmen, Schlesien, Steiermark und Krain), Dalmatien, Görz, Istrien [] außer [] || || französisch, an slawischen Schulen zwei von den drei Sprachen Deutsch, Italienisch, Französisch. Die Auswahl unter den außer der Unterrichtssprache zu erlernenden Sprachen treffen bei Eintritt des Realschülers dessen Eltern oder Vormünder. Hienach ist die Möglichkeit gegeben, dass der Schüler an nicht deutschen Schulen die deutsche Sprache wählen kann, er muss es aber nicht tun, eine Modalität, welche den Bestimmungen des Grundgesetzes vollkommen zu entsprechen scheint. Wenn an deutschen und italienischen Schulen unter die Zahl der Sprachen, von welchen zwei gelernt werden müssen, die betreffende slawische Landessprache aufgenommen erscheint, so rechtfertigt sich dies nach der vom Minister für Kultus und Unterricht über die Anfrage des Ackerbauministers gegebene Aufklärung damit, dass der Standpunkt der Realschule die Erlernung einer Weltkultursprache in erster Reihe beanzeige. Dies seien die wesentlichsten Änderungen der sonst ganz unwesentlich modifizierten neuen Vorlagen, deren Einbringung der Minister für Kultus und Unterricht Sr. Majestät zu beantragen gedenke.

|| || Die Konferenz findet dagegen nichts zu erinnern6.

V. Wiedervorlage der nicht sanktionierten Schulaufsichtsgesetze - (PDF)

V. ℹ️ Der Minister für Kultus und Unterricht erwähnt, dass die nicht sanktionierten Schulaufsichtsgesetze den betreffenden Landtagen jedenfalls wieder vorgelegt werden müssen7. Die von den Landtagen beschlossenen Änderungen der Regierungsvorlagen seien teils prinzipielle, teils minder wesentliche gewesen. Die ersteren betreffend müsse die Regierung an dem Standpunkte festhalten, welcher für sie maßgebend war, als sie sich für die Nichtsanktionierung der betreffenden Gesetzesvorlagen entschieden hat. Die neuen Regierungsvorlagen werden daher in dieser Beziehung, also namentlich auch soweit es konfessionelle Verhältnisse betrifft, unverändert zu bleiben haben.

Dagegen erscheint die Berücksichtigung der anderen, auf die wesentlichen Prinzipien des Gesetzes nicht bezüglichen Punkte in den neuen Regierungsvorlagen wegen ihrer [] || || Triest beschlossene Änderung. Dort wurde nämlich an Stelle der von der Regierung proponierten dreigegliederten Schulaufsicht nur ein Orts- und ein Landesschulrat beliebt, der Bezirksschulrat aber fallen gelassen. Diese Einrichtung der Schulaufsichtsorgane werde von dem Statthaltereileiter in Triest wegen der Zweckmäßigkeit für die dortigen Verhältnisse warm empfohlen8. Es lasse sich auch nicht verkennen, dass mit Rücksicht auf die eigentümliche Stellung der Stadt Triest und des Territoriums Opportunitätsgründe in der Tat für den Bestand einer nur zweifachen Gliederung der Aufsichtsorgane sprechen. Nur würde er glauben, dass es sich [] empfehlen dürfte, in Triest nebst dem Landesschulrate nicht einen Ortsschulrat, sondern einen Bezirksschulrat zu bestellen, der gleichzeitig die Funktionen eines Ortsschulrates auszuüben []. Das Bedenken sei aber, dass mit dem Entfallen der Dreigliederung für eventuelle St[]te doch eine Instanz entfalle, welche in dem Reichsgesetze normiert erscheine, dass daher das Reichsgesetz mit dem Landesgesetze nicht im Einklange []9.

|| || Der Finanzminister meinte, dass sich über dieses Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Bestimmung []ich hinausgesetzt werden könnte. Sollte dasselbe je von irgendwo angeregt werden, würde man sich allenfalls behufs der Ah. Sanktion die Genehmigung von Reichs wegen leicht erwirken können. Die fragliche Ausnahmsbestimmung stelle sich eben als eine Folge der Ausnahmsstellung der Stadt Triest dar und sei wohl begründet. Er würde jedoch glauben, dass auf die Änderung einzugehen sei, wie sie eben vom Triester Stadtrate beschlossen worden. Er wäre daher für das Fallenlassen des Bezirksschulrates, dem ohnehin eine besondere Wirksamkeit nicht zukomme und der die Vereinigung seiner Attribute mit denen des Landesschulrates, welcher nebst dem Ortsschulrate für die Schulaufsicht [] stehen hätte.

Nachdem sich der Minister für Kultus und Unterricht diesem [] konformiert hatte, [] die Konferenz einhellig [] der Wieder[] || || der von dem Minister für Kultus und Unterricht proponierten Weise vorgegangen beziehungsweise die Ah. Genehmigung zur Einbringung der nach diesen Prinzipien adjustierten neuen Regierungsvorlagen eingeholt werde10.

VI. Vorlagen an die Landtage: Gesetzentwurf zur Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen - (PDF)

VI. ℹ️ Der Minister für Kultus und Unterricht referierte über die den Landtagen in Ausführung des Volksschulgesetzes zu machenden Gesetzesvorlagen zur Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen11.

Er glaube von einer Besprechung des anruhenden Entwurfes (für Niederösterreich)a im Detail absehen zu können, weil es sich eben nicht um Prinzipien handle, denn diese sind mittelst des Reichsgesetzes bereits festgestellt, sondern um eine Konkretisierung dieser Prinzipien in einer Reihe von Bestimmungen technischer und administrativer Natur, für welche zunächst der sachliche Standpunkt maßgebend erscheineb . Im Allgemeinen sei er von dem Gesichtspunkte ausgegangen, dass die Durchführung des Volksschulgesetzes, soweit dieselbe Land[] || || voraussetze, unbedingt in der nächsten Session der Landtage in Angriff genommen werden müsse, wenn die Sache nicht auf Jahre hinausgeschoben werden solle. Die Regierung könne sich dem Vorwurf nicht aussetzen, eine solche Verzögerung ihrerseits herbeigeführt oder doch nicht hintangehalten zu haben. Vorlagen der Landesausschüsse seien bisher nicht eingelangt und bei der notorischen Unfruchtbarkeit derselben so bald auch nicht zu gewärtigen. Die Landesschulbehörden, welche hiezu zunächst berufen wären, seien noch kaum konstituiert12. Es erübrigte sonach nichts anderes, als im Ministerium selbst an die Verfassung der einschlägigen Entwürfe zu gehen. Mit diesen Entwürfen wolle aber den Landtagen nichts anderes als Propositionen gemacht und den Landtagen jede Fakultät zur Vornahme von dort etwa als zweckmäßig befundenen Änderungen gewahrt werden. In diesem Sinne gedenke er auch die Länderchefs zu instruieren, [und] für den Fall als auf die eine [oder] andere Bestimmung nicht eingegangen werden [], daraus eine Sanktionierung [] keineswegs gemacht werden []e. || || Er erbitte sich also die Zustimmung des Ministerrates, sich zur Einbringung dieser Vorlagen die Ah. Genehmigung erwirken zu dürfen.

Er bemerkte übrigens, dass er über die wichtigsten Bestimmungen des Entwurfes, nämlich über jene, welche die in dem Reichsgesetze der Landesgesetzgebung vorbehaltene Regelung der Vorsorge für die Schulen in ökonomischer Beziehung betreffen, mit dem Justizminister und mit dem Finanzminister Rücksprache gepflogen habe. Beide haben sich mit ihm in der Ansicht vereinigt, dass diese für die Entwicklung des Volksschulwesens höchst wichtigen Verpflichtungen nicht den Schulgemeinden, sondern den Schulbezirken in der Weise zu übertragen wären, dass die Schulbezirksräte für die betreffenden Geschäfte durch acht Mitglieder der beteiligten Gemeinden mit entscheidender Stimme zu verstärken wären, welche auch bei der Ausübung des gleichfalls an den Schulbezirk übergehenden Präsentationsrechtes entscheidend mitzuwirken hätten13.

Der Ministerpräsident hält es doch nicht für unbedenklich, wenn die Regierung Vorlagen machen || || werde, in welchen auf die Eigentümlichkeiten der Länder von vorneherein keine Rücksicht genommen und vollständig in die Hände der Landtage gelegt würde, diese Besonderheiten erst zur Geltung zu bringen. Tatsächlich kommen auch in dem Entwurfe mehrfache Bestimmungen vor, wie z. B. über die Erfordernisse der Schulgebäude und der Schulzimmer, welche sich auf den ersten Blick als nur in einigen entwickelteren Ländern durchführbar erkennen lassen. Die Folge solcher nicht für jeden einzelnen Landtag berechneten Vorlagen würde unzweifelhaft sein, dass auf das auf gewisser Seite ohnehin beliebte Thema des schematischen Vorgehens der Wiener Regierung, und zwar nicht ohne eine gewisse Berechtigung, in neuen Varianten zurückgekommen würde. Ihm schiene es sich daher dann [] zu empfehlen, die Länderchefs um ihre Wohlmeinung über den Entwurfe zu fragen. Überhaupt schiene ihm die Stellung der Statthalter zu der Vorlage eine äußerst schwierige.

Der Minister für Kultus und || || Unterricht meint, dass den angedeuteten Vorwürfen dadurch begegnet werden kann, dass die Statthalter aufklären, dass die Regierung nicht in der Lage war, etwas anderes zu tun. Zur Einvernehmung der Statthalter reiche die Zeit nicht mehr aus. Übrigens handle es sich nicht um Bestimmungen, bezüglich welcher die Eigentümlichkeiten der Länder von entscheidendem Einflusse erscheinen, sondern um Fragen technischer Zweckmäßigkeit. Zudem werde ja durch die erwähnte Instruktion der Statthalter den Landtagen die möglichst größte Freiheit gewahrt.

Der Ackerbauminister meint, dass Modifikationen an dem Entwurfe mit Sicherheit vorauszusehen seien, weil einzelne Bestimmungen desselben in der Tat in einigen Ländern, wie z. B. in Galizien, absolut nicht durchführbar seien. Gleichwohl glaube auch er, dass nichts anderes erübrige, als nach dem Antrage des Ministers für Kultus und Unterricht vorzugehen, weil, da von den Landesausschüssen nicht zu gewärtigen sei, dass sie mit Vorlagen kommen, in der || || Sache sonst gar nichts geschehen könnte, was doch nicht angehe.

Der Finanzminister spricht sich ebenfalls im Sinne des Ministers für Kultus und Unterricht aus, indem er bemerkt, dass den Statthaltern allenfalls die wichtigeren Punkte bezeichnet werden könnten, an welchen sie festzuhalten hätten, wodurch [sic!] er namentlich die wegen Übertragung der materiellen Obsorge für die Volksschulen mit dem Vorschlags- oder Präsentationsrechte an die Bezirksschulräte zählen würde.

Der Minister für Kultus und Unterricht gibt die Aufklärung, dass in dieser Richtung schon alle Vorbereitungen getroffen seien. Nachdem nichts weiter bemerkt wird, erscheint der Antrag des Ministers für Kultus und Unterricht, wornach für die unter den bezeichneten Modalitäten erfolgte Vorlage des fraglichen Entwurfes die Ah. Genehmigung einzuholen wäre, mit drei gegen eine Stimme (jene des Ministerpräsidenten) angenommen14.

VII. Detto detto: Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volksschulen - (PDF)

|| || VII. ℹ️ Mit derselben Majorität tritt der Ministerrat weiters dem Antrage des Ministers für Kultus und Unterricht bei, dass in der gleichen Weise auch rücksichtlich des beiliegenden Gesetzentwurfes (für Niederösterreich)c betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volksschulen vorzugehen wäre15.

Der Ministerpräsident glaubte unter Konstatierung des Majoritätsbeschlusses noch einmal darauf zurückkommen zu wollen, dass – ganz abgesehen von den Detailbestimmungen, bezüglich welcher er auf den Unterrichtsminister unbedingt kompromittiere – ihm das politische Moment gegen den beschlossenen modus procedendi insoferne zu sprechen scheine, als durch Vorgänge dieser Art den föderalistischen Tendenzen, die Regelung der Landesangelegenheiten der Zentralregierung so weit als immer möglich zu entwinden und den Landtagen in die Hände zu spielen, nur mächtig Vorschub geleistet werde. Denn dieses Streben könne [] an dem Anscheine [] || || Berechtigung gewinnen, wenn in einer Angelegenheit so tief eingreifender Natur sich die Zentralregierung in Absicht auf die Würdigung der Landesverhältnisse gewissermaßen selbst als nicht informiert, also als inkompetent erklärt. Dem könnte durch eine Einvernehmung der Landesausschüsse, welche mehr als drei Wochen doch kaum in Anspruch nehmen würde, vorgebeugt werden.

Der Finanzminister würde nicht entgegen sein, wenn die Vorlage Sr. Majestät unterbreitet, gleichzeitig aber der Entwurf an die Landesausschüsse zur Begutachtung hinausgegeben und sich von Sr. Majestät die Ermächtigung erbeten würde, für den Fall, als einzelne Landesausschüsse beachtenswerte Änderungen in Vorschlag bringen sollten, über die sich infolgedessen etwa beanzeigen[] Modifikationen der Regierungsvorlage Sr. Majestät vor der Einbringung neuerlich au. Vortrag zu erstatten.

|| || Der Minister für Kultus und Unterricht bemerkte dem entgegen, dass die Landesausschüsse zu einer solchen Begutachtung der Natur der Sache nach eigentlich nicht berufen seien16.

VIII. Erwirkung eines Gehaltes von 800 fr. für den außerordentlichen. Professor des Strafrechtes in Prag Dr. Grundling - (PDF)

VIII. ℹ️ Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet sich und erhält die Zustimmung der Konferenz eine Modifikationen des Ministerratsbeschlusses vom 2. April d. J., wornach für den das Strafrecht in böhmischer Sprache vortragenden ao. Professor Dr. Gundling in Prag Allerhöchstenortes auf die Bewilligung eines Gehaltes von 600 fr. anzutragen wäre, die Bewilligung eines Gehaltes von 800 fr. jährlich in Antrag bringen zu dürfen17.

Der Unterrichtsminister machte geltend, dass keine ao. Professur der Rechte mit einem so geringen Gehalte bestehe und dass von Sr. Majestät Allerhöchstselbst mit der Ah. Entschließung vom 2. März 1861 für zwei ao. Lehrkanzeln für den Vortrag der Lehrfächer der judiziellen Staatsprüfung in böhmischer Sprache jährlich 1.600 fr. Ag. [] wurden18. || || Insoferne hiemit der Jahresgehalt für einen Professor mit 800 fr. normiert erscheint, würde das Herabgehen unter diesen Betrag bezüglich des Professors Gundling als eine absichtliche Hintansetzung des böhmischen Elementes in dem Lehrkörper aufgefasst werden, während gerade das Gegenteil beabsichtigt werde19.

IX. Rekurs des Dr. Tauschinski wegen verweigerter Bewilligung zur Errichtung einer „Akademie für Geschichte, Philosophie und Rhetorik“ in Wien - (PDF)

IX. ℹ️ Der Unterrichtsminister bringt einen Rekurs des bekannten Dr. Tauschinski zur Sprache, worin derselbe wegen der von der niederösterreichischen Statthalterei ausgegangenen Abweisung seines Gesuches um Bewilligung zur Errichtung einer „Philosophischen Akademie“ Beschwerde führt20.

In dieser „Akademie“ will Tauschinski, dem es offenbar um eine Erwerbsquelle zu tun, Geschichte, Philosophie und Rhetorik vortragen. Mit Rücksicht auf die Bestimmungen der kaiserlichen Verordnung vom 27. Juni 1850 (RGBl. Nr. 309) sei nun Tauschinski nicht in der Lage, seine staatliche Lehrbefähigung vor|| || zuweisen, es möge nun diese in ihrer Einrichtung übrigens nicht näher präzisierte Akademie als unter den § 8 oder als unter den § 17 dieser Verordnung fallend, d. i. entweder als der Kategorie der Mittel- oder jener der Hochschulen angehörend angesehen werden. Allerdings sei Tauschinski Dozent der Geschichte an der hiesigen Akademie der bildenden Künste gewesen. Für das Lehrfach der Philosophie sei er aber nicht habilitiert, wenn er auch den Doktorgrad besitze. Und für Rhetorik gebe es gesetzlich gar keine Habilitierung. Tauschinski berufe sich auf seine Lehrbefähigung im Geschichtsfache und auf die Staatsgrundgesetze. Diese aber beschränken (Art. 17 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger) die allgemeine Berechtigung der Staatsbürger zur Gründung von Privatunterrichtsanstalten durch den gesetzlichen Nachweis der Lehrbefähigung. Er gedenke daher, den Rekurs zurückzuweisen, nachdem es ihm widerstrebe, einen Menschen von der Art Tauschinskis zur Leitung || || eines solchen Institutes zuzulassen. Er verhehle sich übrigens nicht, dass die Sache sehr großen Lärm machen werde, nachdem Tauschinski alles daran setzt, zum Ziele zu gelangen, und nicht ermangeln werde, sich als von der Regierung wegen seiner politischen Haltung Verfolgter hinzustellen, worauf die Heftigkeit seines jetzigen fortgesetzten Sollizitierens hindeute.

Der Finanzminister glaubt, dass, insoferne Tauschinski sich auf diesem Wege materiell aufzuhelfen glauben mag, die Erfahrung ihn bald eines anderen belehren würde. Etwas anderes aber sei es mit der Frage, ob gesetzlich ein Grund zur Zurückweisung seines Petites vorliege. Ihm scheine dies keineswegs so ausgemacht. Für die Geschichte sei Tauschinski unzweifelhaft lehrbefähigt. Die Rhetorik scheine ihm eigentlich eine spezielle Befähigung [] nicht vorauszusetzen, da es sich hiebei eigentlich mehr um eine Fertigkeit als um eine Wissenschaft handle. Nun aber, und darauf || || dürfte es, wie er glaube, wesentlich ankommen, dürfte dies sogenannte „Akademie“ als ein rein privatliches Institut anzusehen sein, welches unter die Kategorie eigentlicher Schulen nicht falle, und insoferne keine staatsgiltigen Zeugnisse auszustellen beabsichtigt werden, auch die für Privatschulen gesetzlich notwendige Nachweisung der Lehrbefähigung für den Unternehmer nicht notwendig erscheinen lasse. Rücksichten auf die politische Haltung der Person sollten nicht maßgebend sein.

Der Ackerbauminister bemerkt, ihn bestimme zunächst die besondere Gefährlichkeit der Person Tauschinskis gegen die Bewilligung des Gesuches zu votieren.

Der Ministerpräsident meint, dass für ihn zunächst die Frage entscheidend sei, ob mit der Verweigerung der angesuchten Bewilligung ein Gesetz verletzt werde. Dies sei nach den Ausführungen || || des Unterrichtsministers nicht der Fall. Dass die Sache so stehe, befriedige ihn, weil dadurch Tauschinski, welchen auch er für höchst gefährlich halte, der Boden zu einer neuerlichen, wahrscheinlicherweise sehr verderblichen öffentlichen Tätigkeit entzogen werde. Er würde aber in gleicher Weise votieren, es möge wer immer sein, welcher den gesetzlichen Erfordernissen im vollen Umfange zu entsprechen nicht in der Lage wäre.

Hierauf erscheint der Antrag des Ministers für Kultus und Unterricht mit Majorität von drei gegen eine Stimme (jene des Finanzministers) angenommen21.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 29. Juli 1869. Franz Joseph.