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Nr. 241 Ministerrat, Wien, 10. Juli 1869 - (PDF)

RS. und bA.; Teilnehmer und Tagesordnung: Ava., Ministerratsprotokolle, Tagesordnungen.

P. Artus; VS. Taaffe; BdE. und anw. (Taaffe 10. 7.); anw. Hasner, Potocki, Brestel, Berger; abw. Plener, Giskra, Herbst.

KZ. 1936 – MRZ. 80

I. Pressprozess gegen die „Debatte“ wegen die böhmische Krone verunglimpfender Artikel - (PDF)

|| || I. ℹ️ [] Als ein Symptom desselben müsse die Tatsache angesehen werden, dass eine Anzahl von Bürgern Prags um die gerichtliche Verfolgung der „Debatte“ angesucht habe1. Nun scheine ihm (Minister für Kultus und Unterricht) der Standpunkt des Oberstaatsanwaltes nicht der richtige zu sein. Denn nicht darum könne es [sich] zunächst handeln, ob die Verurteilung des Blattes wahrscheinlich sei, sondern ob eine Verletzung des Gesetzes vorliege, welche eine gerichtliche Verfolgung zu begründen geeignet erscheine. Bei dem großen Aufsehen, welches der fragliche Artikel gemacht habe und bei dem Umstande, als der dadurch getroffenen Opposition bezüglich ihrer Parteiziele von der Regierung sonst nicht Rechnung getragen werden könne, meine er, dass die Regierung nicht anstehen sollte, das Ihrige zu tun, dass der verletzten Partei gegenüber Gerechtigkeit geübt werde, wenn es auch jener Partei weniger anstehen möge, über Verunglimpfungen in deutschen Blättern zu klagen, welche in ihren Organen gleiche, ja vehementere und perfidere Angriffe auf die Deutschen zu häufen nicht aufhören.

|| || Der Ministerpräsident bemerkt, []innern das [] Tschechen heilig? [] „Debatte“ veranlasst [] Justizminister []nung der Staats[] Absicht auf die Ein[] strafgerichtlichen Ver[] aufmerksam zu machen. Der Skandal habe aber mit dem erwähnten Artikel sein Ende []gs erreicht, indem auch in den Abendblättern der „Debatte“ [] und 9. d. M. auf das Thema [] böhmischen Krone in einer kaum []ger wegwerfenden und in []ten Sprache zurückgekommen []. Bei der Sache schiene ihm von Wichtigkeit, dass es sich nicht um eine []frage, sondern um ein von Parteien des Landes hochge[]s Symbol handle, welches in der „Debatte“ die unwürdigste Verunglimpfung erfahren habe. [] der Regierung von [] der allerdings [] Vorwurf []|| || pflegen [] Präsident [] dass der Beweis []les durch eine Tatsache geführt werde, welche im Lande der allgemeinen Publizität ge[]egen würde und geeignet wäre, und den Verdächtigungen der Regierung in dieser Beziehung ein Ziel zu setzen. Dies würde geschehen, wenn gegen die „Debatte“ klagbar aufgetreten würde, weil hiemit offenkundig konstatiert wäre, dass ein Zusammenhang der Regierung mit diesem Blatte beziehungsweise eine Billigung oder Be[]gung der Auslassungen []lben in der Richtung, um welche es sich hier handelt, nicht []ht. Und darauf komme es seines Erachtens hauptsächlich an, zumal die Indignation in Böhmen über diese Artikel nicht auf die nationalen Kreise beschränkt geblieben sei, was die Tatsache dartue, dass sich der Petition um die [Ein]leitung des Strafverfahrens auch Prager Bürger deutscher Nationalität angeschlossen haben. Die Verurteilung des Blattes steht in zweiter Linie. Daher halte er die Motive des Oberstaatsanwaltes für nicht maßgebend. Sobald eine Gesetzesverletzung vorliege, was ja zugegeben werde, [] für den Staatsanwalt die || || []re Frage [] Regierung []. Für die Einleitung des Strafverfahrens und [] der die böhmische [] den ähnlichen Artikel der „Debatte“ aus jüngster []s auf Seite der [] auch aus Rücksichten auf die Ah. Person Sr. Majestät geboten zu sein scheine, gegenüber von Ausschreitungen der Presse in dieser Richtung [] gleichgiltig zu verhalten.

Der Finanzminister meint, dass der Titel, auf welchen hin []en des fraglichen Artikels gegen die „Debatte“ die Anklage zu erheben wäre, nicht gleichgiltig wäre. Seines Erachtens würde es sich empfehlen, wegen Majestätsbeleidigung und Verhetzung der Nationalitäten hin, nicht aber etwa wegen Religionsstörung Anklage zu führen. [] letztere hielte er wegen [] nicht erwünschter Ein[] anderer Seite [] keinen []|| || die Regierung [] Majestätsbeleidigung [] Verhetzung der Nationalitäten []gründet erachte.

Der Ministerrat beschließt sonach einhellig, dass der Oberstaatsanwalt anzuweisen wäre, dass er gegen die „Debatte“ wegen der []tlichen besprochenen, die böhmische Krone betreffenden Artikel die Anklage zu erheben habe, nachdem er selbst zugestanden, dass in denselben über das Gesetz hinausgegangen worden sei2.

II. Weisung an die Staatsanwaltschaft in Graz in Bezug auf die kirchenfeindliche Haltung des Blattes „Freiheit“ - (PDF)

II. ℹ️ Im Zusammenhange damit macht der Minister für Kultus und Unterricht darauf aufmerksam, dass es sich auch um die Frage handle, ob gegen das in Graz erscheinende []blatt „Freiheit“ wegen eines schon am 6. Juni d. J. gebrachten Artikels die Anklage erhoben werden solle, welcher in einer über alles dies hinausgehenden Weise die Person des heiligen Franz von Assisi und seiner Regel herabsetze und verunglimpfe3.

Der Staatsanwalt habe sich gegen die Einleitung des Strafverfahrens ausgesprochen. Er (Minister für Kultus und Unterricht) glaube, dass von einer Anklage wegen des fraglichen Artikels abzusehen wäre und zwar || || [] nachdem [] die Wirkung [] des Einschreitens [] bedingt sei. [] absolut verwerflichen Blattes „Freiheit“ aber, [] auch Privatskandale [] Verunglimpfung [] Institutionen gerichtet [] es ihm notwendig, der Staatsanwaltschaft die Weisung zu erteilen, dass wenn das Blatt in [] ähnliche Artikel bringen [], mit der Anklage sofort vorzugehen sein werde.

Die Konferenz erklärte sich hiemit einhellig einverstanden4.

III. Abweisung des Gesuches des Turnvereines „Sokol“ um Bewilligung der Gründung eines Turnvereinsverbandes in Böhmen, Mähren und Schlesien - (PDF)

III. ℹ️ Der Finanzminister teilt in Vertretung des Ministers des Innern dem Ministerrate mit, dass er beabsichtige, ein Gesuch des Turnvereines „Sokol“ in Prag um die Bewilligung zur Gründung eines Verbandes der Turnvereine in Böhmen, Mähren und Schlesien abschlägig zu erledigen, nachdem [] Jahre ein gleiches Gesuch [] eines slawischen [] des in den [] und im Laufe [] || || eines Verbandes der []vereine auf Grund [] der Ministerratsbeschlüsse zurückgewiesen wurden5. Er gedenke in der Erledigung sich auf die früheren ablehnenden Entscheidungen, namentlich auf jene des Gesuches der Leitmeritzer Turner ausdrücklich beziehen zu wollen, um mit der Konstatierung des nach beiden Seiten hin gleichmäßigen Vorgehens der Regierung etwaigen Rekriminationen auf slawischer Seite von vorneherein zu begegnen.

Der Ministerrat stimmte dem einhellig zu6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 29. Juli 1869. Franz Joseph.