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Nr. 5 Ministerrat, Wien, 26. Februar 1867

RS. fehlt; Abschrift, Ava., Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich); Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta., Kabinettskanzlei, Protokoll 1867 .

P. Meyer; VS. Kaiser; anw. Beust, Komers, Wüllerstorff, John, Becke.

Teildruck: Redlich, Staats- und Reichsproblem 2, 626 f .

KZ. 327 – MRZ. 132 –

Ministerratsprotokoll vom 26. Februar 1867 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

I. Auflösung des Landtages von Böhmen

[I.] Der Ministerpräsident Freiherr v. Beust legte vor die von dem böhmischen Landtage in seiner Sitzung vom 25. d. [M.] beschlossene Adresse an Se. Majestät, welche ihm von dem Grafen Rothkirch eingeschickt worden war1. Das Ziel dieser Adresse geht dahin, dass dem Landtage gewährt werde, nur unter den in der Adresse ausgesprochenen Voraussetzungen, welche gegen eine gemeinsame Vertretung der diesseitigen Länder lauten, seine Abgeordneten zur gemeinsamen Beratung der Verfassungsangelegenheiten zu entsenden.

Freiherr v. Beust glaubte den Zeitpunkt für gekommen, wo die Regierung durch einen energischen Schritt beweisen müsse, dass sie auf der eingeschlagenen Bahn konsequent vorgehen werde. Würde die Abgabe der Adresse gestattet, so wäre dieser Vorgang außerordentlich präjudizierlich für andere Landtage, namentlich von Galizien, Mähren, Krain und Tirol, wo von einer gewissen Seite aller Einfluss aufgeboten werde, um die dortigen Landtage ebenfalls zu einer Adresse zu veranlassen. In Mähren sei von der diesfalls bestellten Kommission2 bereits ein Mehrheits- und Minderheitsantrag bei dem Landtage eingebracht und die Beratung desselben auf den 23. d. [M.] festgesetzt worden3. Der Entwurf einer Adresse, wenn er von der Mehrheit der Kommission vorgeschlagen werde, enthalte zwar auch eine Menge Bedenken gegen den mittels Erlass vom 4. d. [M.] einberufenen Reichsrat 4, unterscheidet sich aber von der Adresse des böhmischen Landtages darin wesentlich, dass der Landtag erklärt, seine Abgeordneten in den Reichsrat zu entsenden, damit jedoch die Bitte verbindet, dass Se. Majestät vor der Entscheidung die Stimme der legalen Vertreter der Markgrafschaft Mähren hören und würdigen wolle.

Ein entschiedenes Vorgehen der Regierung dürfte nicht ohne Einfluss auf das Verhalten der benannten Landtage sein; dieses könne aber mit Rücksicht auf den Inhalt der böhmischen Adresse nur in der Auflösung des dortigen Landtages bestehen. Ob durch diese Auflösung und die Anordnung neuer Wahlen ein anderes Resultat werde erzielt werden, lasse er dahingestellt; Aufgabe der Regierung bleibe es, kein legales Mittel, um ein solches zu erreichen, unversucht zu lassen, um einem gegründeten Vorwurfe in dieser Beziehung zu entgehen.

Die Sache sei übrigens sehr dringend, indem mit Rücksicht auf die morgen in Brünn stattfindende Beratung5 das Auflösungspatent noch heute Abend abzugehen hätte, damit es morgen in die Hände des Statthalters von Böhmen gelange und die Auflösung des Landtages von Böhmen schon morgen vollzogen werden könne.

Was den Inhalt des Auflösungspatents betreffe, so könne es im Hinblicke auf die Vorgänge im Landtage nicht einfach die Auflösung aussprechen, sondern es müsste eine Motivierung enthalten, welche jedoch jede Schärfe zu vermeiden und in einfacher Sprache die Gründe der Auflösung darzulegen hätte. Baron von Beust legt den Entwurf eines solchen Auflösungspatentes vora.

Der Justizminister Ritter v. Komers äußerte Bedenken gegen die Auflösung des Landtages von Böhmen, noch bevor die Adresse an Se. Majestät eingereicht worden. Er bezweifle nicht, dass ein solcher Vorgang einen schmerzlichen Eindruck auf den Landtag machen werde, daher es ihm angezeigter erschiene, vorerst die Überreichung der Adresse abzuwarten und erst dann zur Auflösung zu schreiten. Dieser Vorgang erscheine ihm umso gerechtfertigter, als die Adresse von Voraussetzungen ausgehe, welche jeder rechtlichen Grundlage entbehren und bei einer Gewährung derselben zur vollen Zersplitterung der Monarchie führen müssten, daher die Antwort auf eine solche Adresse nur in einer Auflösung bestehen könne.

Der Ministerpräsident Freiherr v. Beust erwiderte hierauf, nachdem der Inhalt der vom Landtage beschlossenen Adresse im amtlichen Wege, durch den Statthalter, der Regierung zu Kenntnis gekommen sei, scheine ihm der von ihm angeratene Weg einer sofortigen Auflösung milder zu sein, als wenn man die Überreichung der Adresse abwartet und sie mit der Auflösung des Landtages beantworte. Mit Recht könnte man hierin ein schroffes Vorgehen erblicken.

Die beiden Minister Freiherr v. Wüllerstorff und Freiherr v. John sowie der Leiter des Finanzministeriums Freiherr v. Becke pflichteten der Ansicht des Freiherrn v. Beust bei, und namentlich bemerkte Freiherr v. Wüllerstorff, dass die Auflösung des Landtages eine Folge sein müsse eines Vorganges im Landtage, eines von diesem gefassten Beschlusses, und nicht der Überreichung einer Adresse an Se. Majestät.

Se. Majestät geruhte über die Frage, ob jetzt oder später, nach Überreichung der Adresse, zur Auflösung zu schreiten sei, zu bemerken, dass, wenn jetzt die Auflösung ausgesprochen werde, dieses mehr als ein Akt der Regierung gegenüber einem Akte des Landtages angesehen werden müsse, während, wenn die Auflösung nach Überreichung der Adresse erfolge, dieses dann mehr als ein Akt des Monarchen angesehen werden könne.

Se. Majestät befragte hierauf die Versammlung, ob man mit der sofortigen Auflösung des Landtages in Böhmen einverstanden sei, und als keine Einrede sich dagegen erhob, wurde beschlossen, folgenden Entwurf eines Auflösungspatentes der Ah. Sanktion zu unterbreiten (vide Beilage)6.

Ah. Kenntnisnahme. 10. März 1867.