Gemeinsamer Ministerrat, 1917-09-06; 1917-09-15
I. Rückzahlung der Schuld der türkischen Regierung an die Orientbahnen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf.
II. Massnahmen zur Hebung der Valuta
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf#page=4.
III. Errichtung einer Tonerde- und Aluminiumfabrik
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf#page=12.
IV. Marine-Kredite
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf#page=14.
V. Verwertung militärischer Güter im Hinterlande
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf#page=16.
VI. wirtschaftliche Verhandlungen mit Deutschland
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_VII/pdf/oe_hu_mrp_VII_z29.pdf#page=19.
29. Wien, 6. und 15. September 1917 Österreichisch-ungarische Garantie für die Schulden der Türkei. Valutenpolitische und Bankprobleme. Deckung des Banknotenumlaufs. Die wirtschaftliche Abhängig¬ keit von Deutschland. Errichtung einer Aluminiumfabrik. Wirkungskreis des gemein¬ samen Ministerrates und der Delegationen. Der erste Verhandlungspunkt des Ministerrates hat folgende Vorgeschichte: Die türkische Regierung hatte von Österreich-Ungarn zwei Anleihen erhalten. Das erste Übereinkommen über die Anleihe kam zwischen den zwei Staaten am 1. Mai 1915 zustande, die zweite Vereinbarung wurde von der türkischen Regierung am 12. Mai 1917 mit einer österreichisch-ungarischen Finanzgruppe geschlossen. Bei dieser Gelegenheit haben sowohl die österreichische wie auch die ungarische Regierung die Haftung für die türkische Regierung übernommen. Den zweiten Verhandlungspunkt, das eigentliche Hauptthema der Sitzung, bildete der katastrophale Verfall der Valuta der Monarchie. Der Krieg hat mit seinen hohen Forderungen das Wirtschaftsleben, besonders aber die Finanzen aller kriegführenden Länder einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt. Die Lage Österreich-Ungarns wurde auf diesem Gebiete nicht nur durch die fehlende Wirtschaftsplanung ver¬ schlechtert -- worüber bereits in der Einleitung gesprochen wurde --, sondern auch durch den Umstand, daß selbst nachträgliche Korrekturen durch die verwaltungstechni¬ schen Schwierigkeiten -- eine Folge der eigenartigen Struktur der Monarchie --, fast unmöglich wurden. Nur die im engsten Sinne genommenen militärischen Auslagen betrugen im Finanzjahr 1914/15 795 Millionen Kronen und waren, wenn auch der Rahmen der Importwaren für das Militär (besonder? als Stöger-Steiner Kriegsminister war) bedeutend eingeengt wurde, im Finanzjahr 1917/18 auf 1486 Millionen Kronen angewachsen. (Hierin sind die sich auf mehrere Milliarden belaufenden Schulden durch den Ankauf militärischer Ausrüstungsgegenstände und Kriegsmaterial in Deutschland und in neutralen Ländern nicht enthalten.) Hinzu kamen noch die unermeßlichen Zerstö¬ rungen durch den Krieg, die Produktionsstockungen, wodurch die Goldreserve Österreich-Ungarns in beängstigender Weise abnahm bzw. die Valuta katastrophal entwertet wurde. Das Problem der Errichtung einer Aluminiumfabrik wurde vorher im Ministerrat vom 2. und 5. Juli 1917, nachher in den Ministerkonferenzen vom 15. Februar und 24. August 1918 behandelt. Im Zusammenhang mit der Debatte über den Kredit für die Kriegsmarine s. zum Vergleich den Kommentar zum Protokoll vom 24. Februar 1917. Protokoll des zu Wien am 6. und 15. September 1917 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten, unter dem Vorsitze des k.u.k. Finanzministers Baron Buriän. K.Z. 58. - G.M.K.P.Z. 540. Gegenwärtige: der k.k: Ministerpräsident Dr. Ritter von S e i d 1 e r , der kgl. ung. Ministerpräsident Dr. W e k e r 1 e, der k.u.k. Kriegsminister G. d. I. von Stöger-Steiner, der kgl. ung. Handelsminister Graf S e r e n y i, der kgl. ung. Finanzminister Dr. G r a t z , der kgl. ung. Ackerbauminister M e z ö s s y , der k.k. Finanzminister Dr. Freiherr von Wimmer, der k.k. Handelsminister Dr. Freiherr von W i e s n e r, der k.k. Ackerbauminister Graf 55« <pb/>Silva-Tarouca, der kgl. ung. Minister für Übergangswirtschaft Dr. F ö 1- des, der Stellvertreter des Chefs der k.u.k. Marinesektion, Konteradmiral Rodler, der k.k. Generalkommissär für Kriegs- und Übergangswirtschaft, Sektionschef Riedl, in Vertretung des k.u.k. Armeeoberkommandos Oberst des Generalstabskorps von Z e y n e k. Schriftführer: Generalkonsul von Joannovics. Gegenstände: 1. Rückzahlung der Schuld der türkischen Regierung an die Orientbahnen; 2. Massnahmen zur Hebung der Valuta; 3. Errichtung einer Tonerde- und Alu¬ miniumfabrik; 4. Marine-Kredite; 5. Verwertung militärischer Güter im Hinter¬ lande; 6. wirtschaftliche Verhandlungen mit Deutschland. In Vertretung des dienstlich verhinderten k.u.k. Ministers des Äussern hat der k. u.k gemeinsame Finanzminister Baron Buriän den Vorsitz übernommen und eröffnet die Sitzung am 6. September 1917 um 10 Uhr vormittags. l. Rückzahlung der Schuld der türkischen Regierung an die Orientbahnen Der Vorsitzende gibt eine kurze Darstellung des Gegenstandes. Die Orientbahnen haben, grösstenteils aus Mihtär-Transporten herrührend, von der türkischen Regierung einen Betrag von etwa 36 Millionen Kronen zu fordern. Andererseits habe ein Konsortium von österreichischen und ungarischen Banken, welches mit dem Inlands-Konsortium, dem die Majorität der Orientbahn-Aktien gehöre, nicht identisch ist, der Türkei einen Vorschuss von 240 Milhonen Kronen in der Art gewährt, dass die beiden Staaten der Österreichisch-Ungarischen Monar¬ chie die Rückzahlung des Vorschusses garantieren. Bezüglich der Garantie für jene 200 Milhonen Kronen, mit welchen industrielle Lieferungen bezahlt werden sollen, bestünden keine Schwierigkeiten mehr. Über den Schlüssel hingegen, nach welchem sich die beiden Staaten in die Garantie der resthchen, für die Abstattung der Schuld der türkischen Regierung an die Orientbahnen zu verwendenden 40 Millionen Kronen teilen sollen, sei trotz langwieriger Verhandlungen keine Eini¬ gung erzielt worden. Das k.k. Finanzministerium stehe auf dem Standpunkte der Parität: die österreichischen und ungarischen Banken seien an dem Orientbahn¬ geschäfte, soweit die Aktien syndiziert seien, paritätisch beteihgt; die österreichi¬ sche und ungarische Regierung haben diesbezüghch vertragsmässig gleiche Rechte und gleiche Pflichten. Infolgedessen habe Österreich auch nur soviel zu garantieren wie Ungarn. Dem gegenüber verfechte das kgl. ung. Finanzministe¬ rium den sogenannten Interessenschlüssel: Von dem gesamten Aktienkapital der Orientbahnen seien knapp 30% ungarischer Besitz, nämlich die Hälfte der syndizierten 51 %, d. i. 251/2% und ausserdem etwa 4% andere Stücke, wogegen Österreich 25 72% syndizierte und zirka 20% andere Stücke besitze. Ungarn wolle daher rund 30 %, eventuell aus besonderem Entgegenkommen, dem Quoten¬ verhältnisse entsprechend, 36.4% der 40 Millionen-Schuld garantieren. 559 <pb/> Der Vorsitzende ersucht die beiden Regierungen, wenn irgend möglich, diese Differenz zu beseitigen, da die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Monarchie durch eine weitere Verzögerung empfindlich geschädigt werden könn¬ ten. Die Türkei erkläre, die Zahlung an die Bahn nur mit Hilfe des Banken¬ vorschusses leisten zu können und habe das Banken-Konsortium bereits um die Bestätigung ersucht, dass die 40 Millionen für die Orientbahnen reserviert seien. Diese Bestätigung könne aber nicht erteilt werden, solange die Garantiefrage nicht entschieden sei, und die auch an das k.u.k. Ministerium des Äussern gerichtete Anfrage der türkischen Regierung könne nicht beantwortet werden. Unter diesen Umständen sei eine baldige Entscheidung der Frage notwendig. Der k.k. Finanzminister greift bei Begründung des österreichischen Standpunktes einer paritätischen Garantieleistung auf die Entstehungsgeschichte der Erwerbung der Majorität der Orientbahnaktien zurück. Diese sei seinerzeit durch ein österreichisch-ungarisches Banken-Syndikat überwiegend aus Gründen der auswärtigen Politik erfolgt; während man österreichischerseits die Erwerbung der Aktien im Quotenverhältnisse ins Auge gefasst habe, sei ungarischerseits die paritätische Erwerbung gewünscht worden, womit man sich österreichischer¬ seits schliesslich einverstanden erklärt habe. Auch bezüglich der Beteiligung der beiden Regierungen an der Garantie für die 240 Millionen-Anleihe seien die beider¬ seitigen Standpunkte anfänglich verschieden gewesen: die k.k. Regierung wollte sie quotenmässig haben, während die königlich-ungarische Regierung den Vor¬ schlag gemacht habe, dass die Garantie nach Massgabe der von jedem der beiden Staaten an die Türkei übernommenen industriellen Lieferungen zu leisten sei. Dieser Vorschlag sei österreichischerseits schliesslich gleichfalls angenommen worden. Von dieser 240 Millionen-Anleihe sollen nun 40 Milhonen für die Tilgung der Schuld an die Orientbahnen verwendet werden. Ein unmittelbares Interesse an dieser Zahlung habe die k.k. Regierung nicht, zumal der auszuzahlende Betrag auch jenen Aktionären zugute käme, welche ausserhalb des Banken-Syndikates stehen, in dessen Besitz sich die Majorität der Aktien befinde. Nachdem sich die beiden Staaten der Monarchie über ungarischen Wunsch paritätisch an dieser Aktien-Erwerbung beteiligt haben, könne man österreichischerseits auch keine Ursache haben, von diesem Verhältnis abzustehen. Der kgl. ung. Finanzminister weist darauf hin, dass zwei Gründe eine dringende Regelung der Angelegenheit erfordern: Gründe der auswärtigen Politik und die Möglichkeit, dass die Orientbahnen die Aussicht verlieren könnten, ihre Forderung an den türkischen Staat ausbezahlt zu erhalten. Bezüglich der Haftung der beiden Regierungen für diese Zahlung könne Redner dem österreichi¬ schen Standpunkte nicht beipflichten. Es handle sich nicht um eine Angelegen¬ heit, bei welcher von der Geschäftslage in dem seinerzeitigen Orientbahngeschäfte ausgegangen werden könne; massgebend seien vielmehr die Gesichtspunkte, welche schon bei Gewährung der Garantie für die 240 Millionen-Anleihe mass¬ gebend gewesen seien. Da es sich um eine aus Anlass des Krieges entstandene Schuld des türkischen Staates überwiegend für von den Orientbahnen geleistete mihtärische Transporte handle, könne mit Recht von Subsidien gesprochen wer¬ den, welche der Türkei aus pohtischen Gründen gegeben werden. Da hiefür kein 560 <pb/>entsprechender Gegenwert wie bei den industriellen Lieferungen einfliesse, sei der Quotenschlüssel anzuwenden. Dies sei schon ein wesentliches Entgegenkommen gegenüber dem ursprünglichen ungarischen Standpunkte. Redner bittet daher, die quotenmässige Beteiligung an der Garantieleistung anzunehmen. Der k.k. Finanzminister erklärt sich hiezu nur in dem Falle bereit, wenn die Garantie für die ganze 240 Millionen-Anleihe quotenmässig über¬ nommen würde. Da eine Einigung nicht erzielt werden konnte, empfiehlt der Vorsitzende den beiden Regierungen die Annahme eines Kompromissvorschlages, wonach Österreich 60%, Ungarn 40% entsprechend dem faktischen Gesamtbesitze an Aktien zu garantieren hätten (österreichischer Besitz 25 V2 + 20 = zirka 45 %, ungarischer Besitz 251ji + 4 = zirka 30 %; 43 : 30 = 60 : 40 %. Die beiden Regierungen behalten sich Prüfung dieses Antrages vor. Nachdem in der Sitzung vom 15. September seitens des k.k. Finanz¬ ministers auch diesem Vorschläge nicht zugestimmt werden konnte und eine Berechnung der Differenz, für welche beim Festhalten der beiden Regierun¬ gen an ihren Standpunkten die Garantie fehlen würde, ergeben hatte, dass es sich bloss um einen Betrag von etwa 5 Millionen handle, erklärt sich der kgl. ung. Finanzminister in Würdigung der vom Vorsitzenden erneuert betonten dringenden Notwendigkeit, ein Einverständnis zu erzielen, bereit, die Garantie ungarischerseits im paritätischen Verhältnisse zu übernehmen. Hiemit ist das Einvernehmen zwischen den beiden Regierungen in dieser Frage hergestellt. 2. Massnahmen zur Hebung der Valuta Der kgl. ung. Ministerpräsident verweist auf die dringende Notwen¬ digkeit der Ergreifung energischer Massregeln zur Hebung des schlechten Standes der Valuta. Österreich-Ungarn habe unter allen kriegführenden Grossmächten die geringste Golddeckung; für Auslandszahlungen stehe dermalen nicht viel mehr, als der deutsche 100 Millionen Mark-Kredit zur Verfügung. Man werde, wenn keine Abhilfe geschaffen werde, schon in den nächsten Monaten dahin kommen, nicht die geringste Zahlung mehr an das Ausland leisten zu können. Als geeignete Massregeln wären ins Auge zu fassen: a) Die möglichste Beschränkung der Einfuhr auf die Kriegsbedürfnisse und auf das unbedingt Notwendige. Über die zulässigen Importe hätten sich die beiden Finanzministerien, bei welchen die Import-Kommissionen bestehen, zu verständi¬ gen, um einvernehmlich vorzugehen. b) Die tunlichste Förderung der Ausfuhr in jenen Artikeln, in welchen die beiden Staaten der Monarchie leistungsfähig sind, das sind in erster Linie Wein und Holz. In Holz sei die Exportmöglichkeit wegen des grossen Heeresbedarfes zwar auch eine beschränkte, doch dürfte immerhin über die geringen Leistungen des letzten Jahres erheblich hinausgegangen werden können. Die heurige Wein¬ lese dagegen lasse ein so günstiges Ergebnis erwarten, dass auf einen bedeutenden Export gerechnet werden könne. Aus Ungarn allein könnte eine Milfion Hektoliter ausgeführt werden. Die Sache erfordere aber eine zweckmässige Organisation. 36 Komjäthy: Protokolle 561 <pb/>Für die Ausfuhr nach Deutschland könnte die Vermittlung der deutschen Import- Zentrale in Anspruch genommen werden; für den Export nach den neutralen Staaten welcher auch zu pflegen wäre, käme der freie Handel in Betracht, dessen Ausschaltung auch wegen der Notwendigkeit der Beschaffung der Transport¬ fässer nicht zweckmässig wäre. Es sei jedenfalls alles aufzubieten, damit der Wein- Export je eher mit Hilfe der noch verfügbaren alten Vorräte einsetze. Der k.k. Ministerpräsident stimmt den Ausführungen des Vorred¬ ners hinsichtlich der Valutafrage durchaus bei. Das Passivum der Handelsbilanz sei während des Krieges in ganz erschreckender Weise gestiegen, von 600 Millionen auf 3000 Millionen Kronen. Die Gründe hiefür liegen in der Behinderung des Exportes durch die Kriegswirkungen, die Ausfuhrverbote und die Massregeln der anderen, auch der verbündeten Staaten. Namentlich die Erschwerung der Durchfuhr durch Deutschland habe sehr nachteilig gewirkt. Im laufenden Jahre sei allerdings eine, hauptsächlich auf die Einfuhrbeschränkungen zurückzufüh¬ rende Besserung der Handelsbilanz eingetreten. Ob man in dieser Richtung noch erheblich weiter gehen könne, möge dahingestellt bleiben. Durch Hebung der inländischen Erzeugung, besonders der Kohlenförderung Hesse sich allerdings manche Einfuhr überflüssig machen. Auch der LebensmitteUmport könnte herab¬ gesetzt werden, wenn aus Ungarn Lebensmittel an Österreich in grösseren Mengen abgegeben würden. Unter den wichtigsten Export-Artikeln dürfte bei Mineral-Ölen und Zucker nicht viel zu machen sein; es verbleiben also Holz und Wein. Was das Holz anbelange, so werde das für den Export verfügbare Quantum auf einen Wert von 116 Millionen Kronen geschätzt. Dies seien überraschend gute Daten, die man nicht als unbedingt richtig anerkennen könne. Bekannt sei, dass die Deckung des Heeresbedarfes wegen des Mangels an Arbeitern und Transport¬ mitteln Schwierigkeiten bereite. Doch scheinen die Verhältnisse, was die vorhan¬ denen Vorräte anbelange, besser zu liegen, als man annehmen dürfte. Das Hinder¬ nis liege in der Erschwerung der Ausfuhr aus miHtärischen Gründen. Bezüghch des Weines sei die Lage zweifellos günstig; aus der alten Ernte seien noch 100.000 HektoHter greifbar, welche hauptsächlich für Holland in Betracht kommen. Die neue Ernte werde für Österreich-Ungarn zusammen auf 9 MilHonen Hektoliter geschätzt. Dem Inlandsverbrauche werde jedenfalls viel mehr entzogen werden müssen, als unter normalen Verhältnissen. Das werde grosse Schwierig¬ keiten bieten. Mit Zwangsmassregeln werde man vorerst wohl nicht vergehen können, sondern dem freien Handel das Spiel lassen müssen. Dem stehen aller¬ dings die Richtpreise entgegen, bei welchen aber für den Export eine Ausnahme gemacht werden könnte. Dies wäre einer Zwangsorganisation jedenfalls vorzu¬ ziehen. Ausser den vorgenannten gebe es wohl auch noch einzelne andere Export- Artikel, die aber nicht so sehr in Betracht kommen. Mit Hilfe der erwähnten Massregeln auf dem Gebiete der Hebung der inneren Produktion, des Aussenhandels und, wenn die mit den verschiedenen neutralen Staaten schwebenden Anleiheverhandlungen zu einem Ergebnisse führen, wäre es vielleicht mögHch, das Passivum der Handelsbilanz verschwinden zu machen. 562 <pb/>Jedenfalls sei die Anregung des kgl. ung. Ministerpräsidenten sehr beherzigens¬ wert und müsse mit aller Energie verfolgt werden. Der kgl. ung. Ministerpräsident formuliert hierauf seine Anträge im einzelnen, wie folgt: a) Einvernehmliches Vorgehen der beiden Finanzministerien bei Erteilung der Einfuhrbewilligungen. Die Durchführung wäre den beiden Finanzministerien zu übertragen. Der k.k. Ministerpräsident erklärt sich hiemit einverstanden. b) Das k.u.k. Kriegsministerium hätte die beiden Import-Kommissionen dar¬ über zu informieren, bezüglich welcher ausländischer Artikel seinerseits ein Importbedürfnis besteht, damit nicht Waren eingeführt werden, deren Beschaffung im Inlande möglich ist. Der k.u.k. Kriegsminister stimmt diesem Anträge zu. c) Aufnahme von Verhandlungen mit Deutschland behufs Behebung der Schwierigkeiten in der Durchfuhr und der Beschleunigung der Beförderung auf den deutschen Bahnen, insbesondere wegen rascher Zurückbeförderung der Transportfässer für Wein. d) Zentralisierung des Exporthandels in der Weise, dass der Staat an dem Gewinne mitbeteiligt ist, weil die Organisation des Exportes die staatliche Mit¬ wirkung eventuell mit finanziellen Opfern erheischt. Unter Umständen müsste vielleicht auch mit Requisitionen vorgegangen werden. Der kgl. ung. Finanzminister erblickt in der Verschlechterung der Valuta eine Erscheinung, welche die erfolgreiche Kriegführung unmöglich machen könnte. Was die Exportfrage betreffe, so sei auf das Beispiel neutraler Länder, wie z. B. der Schweiz zu verweisen. Dort bestehe eine Organisation für den Käsehandel, die während des Krieges besonders ausgebaut wurde und das ausschliessliche Ausfuhrrecht besitze. Der Gewinn falle zum grösseren Teile dem Staate zu. Ähnliche Organisationen müssten auch in den beiden Staaten der Monarchie für die einzelnen in Betracht kommenden wichtigen Exportartikel unter Heranziehung der Fachkreise ins Leben gerufen werden. Sie könnten auf genossenschaftlicher Grundlage aufgebaut werden. Der aus dem Unterschiede zwischen dem inländischen Einkaufspreise und dem Exportpreise sich ergebende Gewinn wäre zunächst für die Deckung der Kosten der Organisation zu verwenden. Der Rest des Gewinnes sollte, wie in der Schweiz, ganz dem Staate zufallen oder es könnte, wenn sich die Interessenten dagegen auflehnen sollten, ein Teil des Gewinnes unter die Mit¬ glieder der genossenschaftlich aufgebauten Organisation nach Massgabe des von jedem einzelnen Mitgliede beigestellten Exportquantums verteilt werden. Auf diese Weise würden je ein Virtel des Gewinnes zur Deckung der Kosten beziehungs¬ weise zur Gewinnbeteiligung der Mitglieder der Organisation verwendet werden, während die restliche Hälfte dem Staate zufallen würde. Die benötigten Mengen an Exportware könnten wohl im freien Einkauf be¬ schafft werden; doch sei infolge der starken Einschränkung der Spirituosenerzeu¬ gung die Möglichkeit einer ungesunden Spekulation nicht ausgeschlossen, infolge welcher die Inlandspreise auf eine Höhe hinaufgetrieben werden könnten, die eine Ausfuhr unmöglich machen würde. Nur in diesem Falle wären Requisitionen 36* 563 <pb/>in Aussicht zu nehmen. Ausser Wein und Holz könnten auch andere Artikel in dieser Art organisiert werden, so Zement, in späterer Zeit Zucker. Der k.k. Ministerpräsident spricht sich gleichfalls für die Schaffung von Organisationen in dem angegebenen Sinne aus. Für Holz sei eine solche bereits erwogen worden in Gestalt der aus Delegierten der Interessenten gebildeten und unter staatlicher Aufsicht stehenden Holzwirtschaftsstelle. Mit förmlichen Requisitionen für Exportzwecke vorzugehen, dürfte schwer möglich sein. Die Requisitionen haben sehr böses Blut gemacht und dürften zunächst auch ver¬ mieden werden können. Ob der freie Einkauf genügen werde, hänge im wesent¬ lichen von dem Verhältnisse der Exportpreise zu den Inlandspreisen ab. Am aller¬ wichtigsten sei es aber festzustellen, ob und in welchem Umfange vom Stand¬ punkte der mihtärischen Interessen eine Ausfuhr möglich sein werde. Beim Wein dürfte diese Möglichkeit wohl bestehen. Der k.u.k. Kriegsminister bemerkt hiezu, dass die Heeresverwaltung mit der durch die Knappheit auf allen Gebieten beeinflussten Stimmung der Bevölkerung rechnen müsse. Es müsse jedenfalls ein genügender Perzentsatz des Ertrages der Weinlese für den inneren Konsum reserviert bleiben. Der kgl. ung. Handelsminister gibt der Meinung Ausdruck, dass die beantragte und jedenfalls durchzuführende Erfassung und Organisierung eines grossen Handelsartikels wie Wein wohl nicht anders als im Wege der Kontin¬ gentierung in beiden Staaten der Monarchie durchzuführen sein werde. Jede dies- bezügliche Massregel müsse gleichzeitig und pari passu in den beiden Staaten ergriffen werden. Der Heeresbedarf müsse genau festgestellt und bestimmt werden, was die Heeresverwaltung in jedem der beiden Staaten beanspruche. Dies sei vor¬ wegzunehmen, von dem verbleibenden Rest sei ein gewisser Perzentsatz für den inneren Konsum in Abzug zu bringen, wobei auch ein gewisser Anteil für den Export Ungarns nach Österreich in Rechnung zu stellen wäre. Ohne jede Zwangs- massregel bezüglich des inneren Verbrauches dürfte ein Ergebnis wegen der voraussichtlich hohen inländischen Preise, die den Export unmöglich machen- würden, kaum zu erzielen sein. Über die Art dieser Zwangsmassregeln müsse man sich allerdings noch schlüssig werden; vielleicht ginge es mit der Enteignung eines Teiles der Ernte bei den Produzenten. Die Verbindung mit den ausländischen Abnehmern würde sich durch das Zuströmen ausländischer Händler, sobald die vorhandene Exportmöglichkeit bekannt würde, von selbst ergeben. Der k.k. Finanzminister begrüsst die Anregung der kgl. ung. Regierung und hat nur das Bedenken, dass bei einer vollkommen freien Betätigung des Handels die Inlandspreise sofort dem Exportpreise folgen dürften. Mit Höchst¬ preisen seien keine guten Erfahrungen gemacht worden, doch werden solche für den Inlandskonsum wohl in Erwägung gezogen werden müssen, während für den Export die freie Preisbildung gewahrt bliebe. Einen einheitlichen Höchstpreis für Wein hält der kgl. ung. Minister¬ präsident nicht für möglich; die Preise müssten nach Weingegenden ver¬ schieden bemessen werden. Eine Kontingentierung ohne Zwangsmassregeln sei auch nicht denkbar; allerdings könnten sich diese Massregeln auf die Weingegen¬ den beschränken. Das Ministerium des Äussern hätte in Deutschland Informa- 564 <pb/>tionen über die Absatzmöglichkeit von Weinen und die Vermittlung der deutschen Importgesellschaft einzuholen. Der k.k. Handelsminister erwähnt noch eine Reihe verschiedener anderer Exportartikel, welche zwar augenblicklich nicht erheblich ins Gewicht fallen, deren Ausfuhr sich aber nach dem Kriege wohl steigern hesse. Sie liefern den Beweis, dass der Handel trotz des Krieges leistungsfähig geblieben sei. Zu den Schwierigkeiten mit Deutschland seien auch die persönlichen Beschränkungen der Reisen von Handelsleuten zu rechnen, wodurch die Tätigkeit im Auslande erheblich unterbunden werde. Diese Behinderung sei auf Massregeln der deutschen Obersten Heeresleitung zurückzuführen und werde däher nur schwer behoben werden können. Immerhin sollte auch nach dieser Richtung hin etwas versucht werden. Der kgl. ung. Ministerpräsident resümiert sohin die gefassten Beschlüsse, wie folgt: Die Einfuhrkommissionen der beiden Finanzministerien werden bezüglich des gesamten Importes im Einvernehmen Vorgehen. Der k.u.k. Kriegsminister wird ersucht, seinen Importbedarf den beiden Finanzministerien rechtzeitig mit¬ zuteilen, welche festzustellen haben, ob dieser Bedarf nicht im Inlande gedeckt werden könne. Die beiden Regierungen werden die Schaffung einer Exportstelle in Erwägung ziehen, welche zu überwachen hätte, was für Waren zu exportieren sind, und welche bei der Organisation der Ausfuhr behilflich sein soll. Auf Grund dieser Einrichtung wären die Regierungen ermächtigt, eine staatliche Interventions¬ gebühr einzuheben. Die Exportstelle braucht keine gemeinsame Stelle zu sein. Bezüglich Wein und Holz sollen sich die beiden Regierungen dahin prinzipiell verständigen, die Ausfuhr dieser Artikel möglichst zu fördern. Zu diesem Zwecke sollen Exportzentralen geschaffen werden, bei welchen die Staaten am Gewinne beteiligt sind. Die Anwendung von Zwangsmassregeln soll der weiteren Ent¬ wicklung Vorbehalten bleiben für den Fall, als sie sich als notwendig erweisen sollten. Die Beratungen bezüglich der Organisation des Weinexportes sollen durch die beiderseitigen Referenten sofort in Angriff genommen werden. Der kgl. ung. Finanzminister bringt hierauf die Rückwirkungen des schlechten Valutastandes auf die innere wirtschaftliche Lage zur Sprache. Die grosse Teuerung im Inlande sei eine Folge der sich zunehmend verschlechtern¬ den Valuta. Dem unendlich vermehrten Papiergelde stehe eine geringe Waren¬ menge gegenüber. Es sei zu befürchten, dass dieser Zustand sich noch weiter ver¬ schlechtern werde, weil man es kaum werde vermeiden können, die Österreichisch- Ungarische Bank in noch stärkerem Masse in Anspruch zu nehmen. Die Kriegs¬ ausgaben seien in beständigem Wachsen begriffen, und zwar sowohl die direkten, wie die indirekten. Unter solchen Umständen müssten unbedingt Massregeln erwogen werden, um der Vermehrung des Banknotenstandes entgegenzutreten. Ferner sei eine ausserordentlich geringe Deckung zu beklagen, bewirkt durch die ungünstige Gestaltung der Handels- und Zahlungsbilanz. Dies habe zu einer starken Verschuldung an das Ausland geführt. Bei Eintritt des Friedens werden sehr beträchtliche Zahlungen an das Ausland erfolgen müssen. Ausserdem sei 565 <pb/>eine starke Verschuldung an Deutschland eingetreten und schliesslich werde man für die Retablierungsarbeiten wieder an den ausländischen Kredit gewiesen sein. Als geeignete Massregeln zur Verbesserung der finanziellen Lage wären ins Auge zu fassen: a) Die Verhinderung einer weiteren Vermehrung der Banknotenzirkulation. Hiezu würde ein erhöhtes Mass von Sparsamkeit bei Bemessung der Kriegsaus¬ gaben wesentlich beitragen können. Zu diesem Zwecke wäre ein Zusammen¬ wirken des Kriegsministeriums mit den beiden Finanzministerien behufs einer tunlichst ökonomischen Kriegführung in Aussicht zu nehmen. Das Gleiche gelte auch für die indirekten Kriegsausgaben, wie Unterhaltsbeiträge und dergleichen. Ferner sollte bei grösseren militärischen Lieferungen nicht der ganze Betrag in Geld ausbezahlt, sondern ein dem Gewinne entsprechender Teil in verzinslichen Anweisungen ausgestellt werden. Die grossen Kriegsgewinne haben wesentlich zur enormen Steigerung der Preise der Immobilien beigetragen. Auch dem könnte dadurch abgeholfen werden. b) Die Verbesserung der Notendeckung. Die Vorbereitung der einschlägigen Massnahmen sei aus dem Grunde dringend, weil der österreichische Reichsrat die Forderung der Veröffentlichung des Bankausweises durchsetzen könnte, was höchst bedenklich wäre. Zu diesem Zwecke könnte die Heranziehung des in Form von Schmuckgegenständen und anderen Artikeln vorhandenen Goldes für die Österreichisch-Ungarische Bank in Erwägung gezogen werden. In Deutschland sei man mit dem Beispiele bereits vorangegangen und es könnte sich hieraus immerhin eine für die Bank sehr in Betracht kommende Summe ergeben. Die Sache könnte am besten in Form einer gesellschaftlichen Aktion durch Sammlung von Gold und Schmucksachen eingeleitet werden. Die abgelieferten Werte wären von der Bank in Depot zu nehmen und eventuell im Auslande zu ver¬ pfänden. Hiedurch Hesse sich recht wohl ein Betrag für die Streckung der Gold¬ reserve sichern. Ein weiteres Mittel zur Verbesserung des Bankausweises bestünde in der Erwerbung von Wertpapieren der neutralen Staaten, endHch in der Beschaf¬ fung von ausländischen Guthabungen mit Hilfe der bereits besprochenen Export¬ aktion. c) Die Regelung der Verschuldung an das Ausland, zunächst Deutschland gegenüber, welches an der Verbesserung der Valuta der Monarchie ein erhebliches wirtschaftliches Interesse habe. Die Gelegenheit hiezu sei bei den im Zuge befind¬ lichen Verhandlungen über die wirtschaftliche Annäherung gegeben. Wegen der Rückwirkungen der Valuta auf die Zölle sollten auch die finanziellen Fragen in diesem Zusammenhänge verhandelt werden. Es sei ein Arrangement anzustreben, sowohl bezügUch der bereits bestehenden Verschuldung, als auch bezüglich der weiteren finanziellen Beihilfe nach Friedensschluss. Mit Bezug auf die Verschul¬ dung an andere Staaten müssten sich die Verhandlungen mit Deutschland auch auf die weitere Frage erstrecken, wie die Zahlungsbilanz durch Regelung des Waren- und Effekten-Importes und Ermögfichung eines Effektenexportes zu beeinflussen wäre. d) Regelung der Währungsverhältnisse in den besetzten Gebieten. Deutschland habe rechtzeitig die nötigen Massregeln zur Verhinderung eines übergrossen 566 <pb/>Abströmens von Mark in diese Gebiete ergriffen. Dagegen sei dort eine Inflation von Zahlungsmitteln der Kronenwährung eingetreten, welche die Währung der Monarchie stark devalviert habe. Bezüglich Polens wäre unter Ausnützung der starken Nachfrage nach Rubeln zu erwägen, ob die Österreichisch-Ungarische Bank nicht verzinshche Kassenscheine gegen Kronen ausgeben sollte, die auf Rubel ausgestellt würden. e) Schliesslich wäre es wünschenswert die Behandlung der Währungsfrage auch einvernehmlich zu gestalten, was am besten beim Ministerium des Äussern geschehen könnte. Der kgl. ung. Ministerpräsident pflichtet den vorstehenden Aus¬ führungen vollinhaltlich bei. Er ersucht den k.u.k. Kriegsminister um möglichste Sparsamkeit bei den militärischen Anschaffungen. Ein Teil der Heereslieferungen müsse in Anweisungen bezahlt werden; die Überprüfung aller Lieferungsverträge sei bereits im Gange. Auch die Einziehung des Goldes sei eine notwendige Massregel. Der richtige Zeitpunkt hiefür wäre die Zeit zwischen den beiden nächsten Kriegsanleihen, das ist November 1917 bis Frühjahr 1918. Was die Stundung der Schulden in Deutschland anbelange, so wäre diese Frage durch das Ministerium des Äussern jedenfalls vor Beginn der Friedensverhand¬ lungen zur Sprache zu bringen. Deutschland werde jetzt ganz anders mit sich reden lassen als nach dem Kriege. Drei Punkte kämen hiebei in Betracht: die Stundung selbst, die Herabsetzung des Zinsfusses und Beiträge für später. Den ganz unhaltbaren Valutaverhältnissen in den besetzten Gebieten müsse jedenfalls in zweckmässiger Weise abgeholfen werden. Auch der k.k. Finanzminister stellt eine bedenkliche Verschlechterung in den Valutaverhältnissen fest. Abgesehen von den ersten Kriegsmonaten sei der Notenumlauf in den folgenden drei Kriegsjahren zwar nur sehr allmählich gestiegen und belaufe sich dermalen auf etwa 12 Milliarden, was im Vergleiche zu den anderen kriegführenden Staaten und mit Rücksicht auf den Bedarf an Banknoten an sich nicht so bedenklich wäre. Ein bedenkliches Symptom wäre erst dann zu erblicken, wenn die Steigerung nicht eine so allmähliche, sondern eine plötzliche wäre. Nun sei gerade in der letzten Zeit die Steigerung eine raschere geworden: Sie betrage 600 Millionen im letzten Monate. Das wäre ein beängsti¬ gendes Symptom: wenn es anhielte, so sei der Zusammenbruch unvermeidlich. Es werden daher alle Mittel angewendet werden müssen, um die Steigerung des Banknotenumlaufes wieder auf ein erträgliches Mass herabzudrücken. Leider seien die Mittel hiezu sehr beschränkte: vor allem Sparsamkeit in den Kriegs¬ ausgaben, dann die Abschöpfung des Banknotenumlaufes durch die Kriegsanlei¬ hen und im Wege von Steuern. Man müsse mit ausgiebigen Steuermassnahmen Vorgehen, worüber sich die beiden Regierungen bereits einig geworden sind. (Kohlensteuer.) Die Einziehung des Goldes im Wege von Sammlungen begegne in einem Zeit¬ punkte nach der nächsten Kriegsanleihe-Emission keinen Bedenken; eine frei¬ willige Sammlung dürfte aber nur ein geringes Ergebnis liefern. Es wäre daher zu erwägen, ob nicht mit einer obligatorischen Abgabe vorgegangen werden sollte. 567 <pb/>zunächst für gemünztes Gold, Gold in Barren und rohes Gold. Bei Schmuck¬ sachen dürften sich schon grössere Schwierigkeiten ergeben. Die Bestände an ausländischen Wertpapieren seien bereits aufgenommen worden; die Ausfuhr solcher Wertpapiere sei ausgeschlossen. Das Ergebnis in Kronen belaufe sich nach dem gegenwärtigen Kurse auf etwa 2.8 Milliarden, wovon sich ein Teil allerdings im Feindeslande befinde. Wenn daher ein Rest von einer Milliarde übrig bleibe, so sei das günstig. Dies bilde aber die letzte Reserve, mit welcher sehr vorsichtig umgegangen werden müsse, damit sie erst nach dem Kriege zur Verwendung gelange. Während des Krieges wäre sie nur zur Deckung ausländischer Anleihen heranzuziehen. Bei den Verhandlungen mit Deutschland seien eine Konsolidierung der schwe¬ benden Schuld und Zusicherungen für die Zukunft anzustreben. Man dürfe hoffen, dass Deutschland sich zu einem Entgegenkommen bereit finden und im Zusam¬ menhänge mit den Handelsvertragsverhandlungen weitgehende Zugeständnisse gewähren werde. Elm den Preis einer Zollunion wäre valutapolitisch sehr viel zu erreichen. Wenn man österreichisch-ungarischerseits auf dieses Gebiet nicht eingehen könne, so werde auch valutapolitisch der Erfolg ein geringerer sein. Der kgl. ung. Ministerpräsident glaubt, dass die obligatorische Heranziehung der Goldbestände lieber vermieden werden sollte, weil diese Mass- regel den schlechtesten Eindruck hervorrufen würde. Sie würde als ein letzter verzweifelter Schritt angesehen werden und wahrscheinlich nicht sehr viel ein¬ tragen. Was die Verwertung der ausländischen Wertpapiere anbelange, so sei zu berück¬ sichtigen, dass bei einer noch längeren Dauer des Krieges alles aufgeboten werden müsse, um den Goldbestand zu vermehren. Die Wertpapiere könnten viel mehr einbringen, als die Ausfuhr von Wein und Holz. Zur Verminderung der Kriegsauslagen sollte auch die Abgabe der von der Heeresverwaltung entbehrlichen Materialien herangezogen werden; die hiefür einlaufenden Beträge wären für militärische Neuanschaffungen zu verwenden. Es wären rechtzeitig Beschlüsse darüber zu fassen, was mit diesen Materialien nach dem Kriege zu geschehen hätte. Der k.u.k. Kriegsminister bemerkt zur Frage der Schuld an Deutsch¬ land, ob man nicht berechtigt sei, die Frage aufzuwerfen ob diese Schuld über¬ haupt abgetragen werden müsse, nachdem man den Krieg gemeinsam geführt habe. Es könnte dieser Frage ungünstig präjudizieren, wenn man hierüber jetzt verhandeln wollte. Bezüglich der Forderung nach erhöhter Sparsamkeit bei den Heeresauslagen ist der k.u.k. Kriegsminister in der Lage darauf hinzuweisen, dass seit seiner Amtsführung eine Verringerung dieser Ausgaben eingetreten sei. Von der Heeres¬ verwaltung seien mehr als anderthalb Milliarden der zur Verfügung gestellten Geldbeträge nicht abgehoben worden, die Bestellungen im Auslande seien auf das unbedingt Notwendigste reduziert worden und sie erfolgen jetzt immer mit Zustimmung der Regierungen. Den Preissteigerungen seitens der Lieferanten werde, soweit als möglich, entgegengetreten oder wenigstens eine Kontrolle ange¬ strebt, damit die Preise nicht zu hohe werden. Wegen der Verwertung des über- 568 <pb/>schüssigen Materials der Heeresverwaltung sei bezüglich der Pferde und Kraft¬ wagen bereits eine Beratung beantragt worden, die jederzeit erfolgen könnte. Auch über das sonstige Material, welches von der Heeresverwaltung nicht benötigt werde und abgegeben werden könnte, seien Vorerhebungen im Zuge, deren Ergeb¬ nis einer späteren Entscheidung vorzubehalten wäre. 3. Errichtung einer Tonerde- und Aluminiumfabrik Diese Angelegenheit war schon im gemeinsamen Ministerrate vom 2. Juli 1. J. in Erörterung gestanden; eine Entscheidung wurde jedoch bis zum Abschlüsse der mit Alunit eingeleiteten Versuche Vorbehalten und neue Verhandlungen sollten mit dem österreichischen Unternehmersyndikate behufs Erzielung einer besseren Offerte für die Errichtung und Übernahme der geplanten Eabriksanlagen ein¬ geleitet werden. Der Vorsitzende ersucht um Mitteilung der in der Zwischenzeit in diesen Belangen erzielten Ergebnisse, damit eine Beschlussfassung ermöglicht werde. Der k.u.k. Kriegsminister teilt zunächst mit, dass die mit dem Syndi¬ kate eingeleiteten Verhandlungen zu keinem Ergebnisse geführt haben. Das Syn¬ dikat habe erklärt, seine Bedingungen nicht abändern zu können und habe seine Offerte zurückgezogen. Die Versuche mit Alunit, die sich bisher hauptsächlich im Rahmen von Laboratoriumsversuchen bewegt haben, haben in dem bisher durchgeführten Ausmasse gute Ergebnisse gehefert. Ein abschliessendes Urteil über die Möglichkeit und Zweckmässigkeit der Verwendung des Alunits in gro¬ ssem Massstabe könne jedoch vorläufig noch nicht gewonnen werden. Da nunmehr die im Ministerrate vom 2. Juli 1. J. gestellten Voraussetzungen, soweit es im Rahmen der Möglichkeit für die k.u.k. Heeresverwaltung gelegen sei, erfüllt seien, müsse die Heeresverwaltung darauf dringen, dass endgiltige Beschlüsse in dieser Frage gefasst werden, weil ein längerer Aufschub die aller¬ bedenklichsten Folgen für die weitere Kriegführung haben würde, für welche die Verantwortung abgelehnt werden müsste. Der k.u.k. Kriegsminister stellt daher das Ersuchen, dass noch in dieser Ministerkonferenz eine endgiltige Entscheidung hinsichtlich der prinzipiellen Frage der Errichtung der Fabriken, hinsichtlich ihrer Standorte, hinsichtlich der finanziellen Konstruktion und hinsichtlich des Begin¬ nes der Arbeiten getroffen werde. Über die Versuche mit Alunit legt der k.u.k. Kriegsminister das beihegende Referat der Fachabteilung seines Ministeriums vor." Zu den oben formulierten Punkten Stellung nehmend, erklärt der kgl. ung. Finanzminister, dass die kgl. ung. Regierung die zur prinzipiellen Frage der Errichtung der Tonerde- und Aluminiumfabrik seinerzeit gemachten Vor¬ behalte nicht weiter aufrechterhalten wolle, nachdem der Aluminiumfabrikation auch vom ausschliesslich volkswirtschaftlichen Standpunkte ein sehr erheblicher Wert zuerkannt werden müsse. Aluminium sei bestimmt, als Ersatz für Kupfer zu dienen und werde demnach die Volkswirtschaft der Monarchie rücksichtlich a) Beilage 1 s. im Anschluß an das Protokoll. 569 <pb/>des Bezuges dieses Rohstoffes vom Auslande unabhängiger machen. Ausserdem sei zu berücksichtigen, dass die Versuche mit Alunit zu einem sehr günstigen Ergeb¬ nisse geführt haben: die Investitionskosten seien sehr erheblich geringere, die Errichtung der Fabriksanlagen würde auch rascher erfolgen können, die Geste¬ hungskosten des Endproduktes seien bei Alunit wesentlich niedriger als bei Bauxit, die bei der Verarbeitung von Alunit abfallenden Nebenprodukte (Kali¬ sulfat, Schwefelsäure, Ammonsulfat) seien volkswirtschaftlich wertvoll, während bei Bauxit kein wertvolles Nebenprodukt gewonnen, wohl aber Natronlauge verarbeitet werden müsse, welche dadurch der Verwendung behufs Verwertung des Strohs entzogen werde. Aus diesen Gründen dürfte es sich empfehlen, die ganze Aluminiumfabrikation auf Alunit aufzubauen. Bei der Weiterverarbeitung von Tonerde zu Aluminium handle es sich um eine Anlage, bei welcher die Trieb¬ kraft sehr in Betracht komme. Es liege daher nahe, die dalmatinischen Wasser¬ kräfte dafür zu verwenden. Doch wäre es zweckmässiger und auch vom militäri¬ schen Gesichtspunkte gerechtfertigt, nicht eine einzige Fabrik zu errichten, weil dies ein geradezu gigantisches Unternehmen wäre, sondern einen Teil der Weiter¬ verarbeitung von Tonerde zu Aluminium nach Ungarn, am besten in das Erdgas¬ gebiet zu verlegen, so dass etwa 4000 Tonnen auf die dalmatinische, 3000 Tonnen auf die ungarische Erzeugung entfallen würden. Was die Durchführung der Anlagen betreffe, so wäre der Bau einem Privat¬ konsortium zu überlassen; im Falle eine Verständigung mit einem solchen nicht erfolgen würde, würde die Regierung auch die Durchführung des Baues auf sich nehmen. Der k.k. Handelsminister erklärt, dass er sowohl mit dem unter Füh¬ rung des Generaldirektors Günther stehenden Syndikate, welches sich zur Wieder¬ aufnahme der Verhandlungen bereit erklärt habe, als auch mit einer anderen Unternehmergruppe in Verhandlung stehe und glaube, dass es mit einer dieser Gruppen zu einem befriedigenden Abschlüsse werde kommen können. Die Ver¬ handlungen werden auf der Grundlage geführt, dass sowohl die Rohmaterialien zum Teile in Ungarn gewonnen werden, als auch ein Teil des Aluminiums dort erzeugt werde. Die Verteilung sei allerdings anders gedacht als 4000 zu 3000 Tonnen. Genauere Erklärungen könnten dermalen zwar nicht abgegeben werden, doch werde man alles tun, um die Angelegenheit ehestens zu einem befriedigenden Abschlüsse zu bringen. Die Interessen des Handelsministeriums stimmen mit jenen des Kriegsministeriums durchaus überein. Es wäre volkswirtschaftlich von grösster Bedeutung, sich vom Kupferbezug aus dem Auslande unabhängig zu machen. Innerhalb welches Zeitraumes die Neuanlagen beendigt und der Betrieb auf¬ genommen werden könne, lasse sich nur approximativ angeben; es dürfte eine Zeit von 5 Vierteljahren wegen der schlechteren Arbeitsverhältnisse, vielleicht von anderthalb Jahren erforderlich sein. Mit Bezug auf die erwähnte Verteilung der Aluminiumproduktion zwischen Österreich und Ungarn bemerkt der k.u.k. Kriegsminister, dass in den Bedarf von 7000 Tonnen die Erzeugung von Lend nicht eingerechnet sei. Im ganzen betrage die Bedarfsziffer mindestens 10.000 Tonnen, Lend mit eingerech¬ net, und diese Ziffer wäre der Verteilung zwischen Österreich und Ungarn zu 570 <pb/>Grunde zu legen, damit die in ausländischen Händen befindliche Fabrik in Lend, welche mit Preiserhöhungen operiere, jederzeit kalt gestellt werden könne. Bei der ganz unzulänglichen und kaum steigerungsfähigen Kupferproduktion würde sich hieraus keine Überproduktion an Aluminium ergeben. Der kgl. ung. Finanzminister stellt also fest, dass quotenmässig dem Aluminiumbedarfe die Aluminiumerzeugung auf Österreich und Ungarn verteilt und dementsprechend in jedem der beiden Staaten eine Fabrik mit der dem Anteile entsprechenden Leistungsfähigkeit errichtet werden soll. Bezüglich der Verteilung der Tonerde-Erzeugung erklärt der k.k. Handels¬ minister über Anfrage des kgl. ung. Finanzministers, dass, wenn die Alunit¬ versuche gelingen, es nicht richtig wäre, die Heeresverwaltung mit den Mehr¬ kosten aus der Bauxitverarbeitung zu belasten. Die Entscheidung könne wohl erst nach dem Ergebnisse dieser Versuche getroffen werden, um dessen Mitteilung hiemit ersucht werde. Die Feststellung des kgl. ung. Finanzministers, dass, wenn Österreich mit Bauxit, Ungarn mit Alunit arbeite, die beiderseitigen Erzeugnisse vom Kriegsministerium gleichartig behandelt werden müssen, nimmt der k.k. Handelsminister zur Kenntnis. Der k.k. Finanzminister erklärt sich auch seinerseits bereit, staatliche Mittel für die Errichtung der Anlagen zur Verfügung zu stellen. Das Ausmass dieser staatlichen Beihilfe bilde noch den Gegenstand von Verhandlungen. Auch über die Frage, ob gemeinsame Mittel oder die Mittel der beiden Staaten für sich herangezogen werden sollen, werde sich ein Einvernehmen hersteilen lassen. Sollten die beiden Staaten die Fabriken auf ihren Gebieten selbständig mit ihren eigenen Mitteln bauen, so werde doch auch ein gewisser Kontakt aufrecht gehalten werden müssen. Bezüglich des Zeitpunktes des Beginnes der Arbeiten geht die übereinstimmende Anschauung dahin, dass, soferne die technischen Versuche abgeschlossen sein werden, was binnen drei bis vier Wochen erwartet werden könne, die Verhand¬ lungen über die Finanzierung keine längere Zeit mehr in Anspruch nehmen werden. Der Vorsitzende stellt somit als Beschluss fest, dass bei den beiden Regierungen Einvernehmen bestehe, den Wünschen des Kriegsministeriums Rech¬ nung zu tragen und die noch erforderlichen Vorarbeiten, sowohl was den Abschluss der Versuche mit Alunit, als auch die Verhandlungen mit den Unternehmer¬ gruppen betreffe, mit aller Beschleunigung zum Abschluss zu bringen. 4. Marine-Kredite Der Stellvertreter des Chefs der Marinesektion erstattet das beihegende Expose'* über den gegenwärtigen Stand der Flotte und ihrer Aus¬ rüstung mit kleineren Fahrzeugen (Torpedobooten und U-Booten) und begründet das den Regierungen bereits im Notenwege bekanntgegebene, auf eine Zeit¬ periode von fünf Jahren bemessene Bauprogramm. Der k.k. Ministerpräsident spricht der Kriegsmarine für die bishe¬ rigen Leistungen Dank und Anerkennung aus und würdigt vollauf die wirtschaft- ß) Beilage 2 s. im Anschluß an Beilage 1. 57i <pb/>liehe und sparsame Gebahrung der Marineverwaltung. Zum Gegenstände über¬ gehend betont er die Unzulänglichkeit der dem Flottenkommando zur Verfügung stehenden Kampf- und Verteidigungsmittel und anerkennt die Notwendigkeit einer tunlichst raschen Abhilfe. Der kgl. ung. Finanzminister schliesst sich im Namen der kgl. ung. Regierung den Ausführungen des Vorredners an. Auch er würdige und anerkenne die Leistungen der Kriegsmarine und die sparsame Gebahrung der Marinever¬ waltung. Auch bezüglich der angesprochenen Neubauten sei er mit dem k.k. Ministerpräsidenten eines Sinnes. Seine Bedenken seien lediglich verfassungs¬ rechtlicher Natur. Der gemeinsame Ministerrat sei nicht berechtigt, ein förmliches, baulich und finanziell auf mehrere Jahre, wahrscheinlicherweise über die Dauer des Krieges hinaus sich erstreckendes Schiffsbauprogramm zu bewilligen, weil hiedurch den hiezu einzig und allein berufenen Delegationen vorgegriffen und den Volksvertretungen Anlass zu berechtigten Einwendungen gegeben würde. Es dürfte auch nicht im Interesse der Marineverwaltung gelegen sein, sich angesichts der sich immer schwieriger gestaltenden Beschaffung der Rohmaterialien und der Unsicherheit der Preislage, sowie der Leistungsfähigkeit der Werften den Bau¬ firmen gegenüber auf eine Reihe von Jahren hinaus zu binden, sondern es wäre zweckdienlicher, die Schiffsbauten den jeweiligen militärischen Notwendigkeiten und der gegebenen Baumöglichkeit anzupassen. Die kgl. ung. Regierung lehne die angesprochenen Kredite durchaus nicht ab, sondern würde bloss wünschen, dass die Marineverwaltung ihre Vorlage nicht als ein unumstössliches Schiffs¬ bauprogramm aufstelle, sondern innerhalb des gezogenen Rahmens fallweise jene Bauten vergebe, deren Durchführung mit Rücksicht auf die Materialvorräte und die vorhandenen Arbeitskräfte tatsächlich möglich sei. Auf die Bemerkung des Stellvertreters des Chefs derMarine- Sektion, dass die Marineverwaltung ja von den Delegationen seinerzeit einen Baukredit von 426 Millionen bewilligt erhalten habe, welcher von den Regierungen nach Kriegsausbruch sistiert worden sei, erwidert der k.k. Finanzminister, dass dieser Kredit wohl nicht für den Bau der jetzt beantragten neuen Schiffe verwendet werden könne, weil er für andere Schiffsbauten bestimmt gewesen sei, welche in den Beschlüssen der Delegationen genau bezeichnet wurden. Der Bitte des kgl. ung. Finanzministers, zu erheben, was man auf einmal durchführen und in Bau nehmen könne, schliesst sich der k.k. Finanzminister an; ein weitergehendes Programm scheine ihm nicht zweckmässig zu sein. Die Materialbeschaffungen sollten sich gleichfalls nur auf jene Schiffe beschränken, die tatsächlich in Bau gestellt werden, da man in der Preisfrage für die Zeit nach dem Kriege eher mit einer Herabminderung der Rohmaterialpreise rechnen könne, sodass es verfehlt wäre, für Bauten, die erst später durchgeführt werden können, jetzt höhere Preise anzulegen. Der Vorsitzende stellt sohin auf Grund der vorstehenden Erklärungen fest, dass der k.u.k. Marineverwaltung die prinzipielle Zustimmung erteilt wird, die angesprochenen Neubauten nach Massgabe der Durchführbarkeit zu vergeben und in jedem einzelnen Falle die Regierungen in Kenntnis zu setzen. Ergänzend fügt der Vorsitzende noch bei, dass es vielleicht wünschenswert wäre, wenn die 572 <pb/>k.u.k. Marineverwaltung den Regierungen eine Art Durchführungsprogramm vorlegen würde. Hiemit erklärt sich der Stellvertreter der k.u.k. Marinesektion einverstanden. 5. Verwertung militärischer Güter im Hinterlande Der k.u.k. Kriegsminister erstattet über den Gegenstand das beilie¬ gende Expose/ welches in zwei Hauptteile zerfällt, nämlich in die eine besonders dringende Erledigung erfordernde Frage der Verwertung der von der Kriegs¬ verwaltung abzugebenden Pferde und Kraftwagen und in die einer möglichst rasch durchzuführenden vorbereitenden kommissionellen Beratung anzuver¬ trauende Frage der Verwertung von Kriegsgütern im allgemeinen sowohl während des Krieges, als auch insbesondere nach Beendigung des Krieges. Aufgabe der kommissioneilen Beratung wäre es, die Grundsätze für ein entsprechendes Vor¬ gehen zu entwerfen, worüber dann der gemeinsame Ministerrat möglichst bald zu entscheiden hätte. Der kgl. ung. Handelsminister hält es bezüglich der Kraftwagen für notwendig, bevor weitere Schritte erfolgen, die zur Abgabe gelangenden Automo¬ bile durch eine gemischte Kommission vom Standpunkte ihrer Gebrauchsfähig¬ keit in den beiden Staaten der Monarchie prüfen zu lassen, da diesbezüglich voll¬ kommen verschiedenartige Verhältnisse bestehen. Auch wäre es wichtig, zu wissen, ob auch Lastautomobile abgegeben werden können, weil diese besonders drin¬ gend benötigt werden. Die Personenautomobile könnten zum Postdienste ver¬ wendet werden. Sehr zweckmässig wäre es, wenn den beiden Regierungen vorerst das Inventar der abzugebenden Kraftwagen übermittelt werden würde, auf Grund welches sich die beiderseitigen Generalkommissariate wegen der Verteilung ver¬ ständigen könnten. Im übrigen stimme Redner den Anträgen des k.u.k. Kriegs¬ ministeriums zu. Bezüglich der Abgabe von Lastautomobilen erklärt der k.u.k. Kriegs¬ minister, dermalen keine Zusage machen zu können, da sie wegen der grossen Pferdeverluste von der Heeresverwaltung selbst benötigt werden. Mit dem Auf¬ hören der schweren Kämpfe dürften sich aber die Verhältnisse auch in dieser Beziehung bessern. Den Wunsch des kgl. ung. Handelsministers werde sich die Heeresverwaltung indessen vor Augen halten, um, wo es angehe, mit Lastautomo¬ bilen auszuhelfen, und solche, wenn die Möglichkeit eintrete, auch abzugeben. Dem Wunsche nach Übermittlung eines Inventars werde entsprochen werden. Derk.k. Generalkommissär für Kriegs - und Übergangs¬ wirtschaft führt aus, dass die vom k.u.k. Kriegsministerium aufgestellten Grundsätze bei der k.k. Regierung gewisse Bedenken hervorgerufen haben, welche sich noch steigern durch gewisse Anträge, die im Reichsrate gestellt wurden. Andererseits könne nicht abgewartet werden, bis das ganze grosse Gebiet der sachlichen Abrüstung behandelt sein werde. Besonders die Pferdefrage müsse eine präferente Behandlung erfahren. y) Beilage 3 s. im Anschluß an Beilage 2. 573 <pb/> Bezüglich der Kraftwagen sei auf den Umstand hinzuweisen, dass bei Bemessung des Preises gelegentlich der Requirierung nicht gleichartig vorgegangen worden sei: in Wien sei sehr niedrig taxiert worden, an anderen Orten höher. Ferner sei zu berücksichtigen, dass das einzelne Automobil einen so hochwertigen Gegen¬ stand darstelle, dass hier eine individuelle Behandlung möglich sei. Man kenne bei jedem Stück genau den früheren Besitzer. Was die requirierten Wagen betreffe, so wäre die gerechteste Vorgangsweise die, dass die Wagen nach dem Ursprungs¬ orte zurückgehen; für die vom Kriegsministerium bei den Fabriken gekauften Automobile könne die Verteilung nach den Verhältnissen der beiden Staaten der Monarchie Platz greifen. Auf diese Weise würden zwei Gruppen gebildet werden, eine für Österreich und eine für Ungarn, innerhalb welcher sich für die weitere Verteilung die folgenden Grundsätze ergeben würden: a) nach dem öffentlichen Interesse: den öffentlichen Stellen wäre eine Art Vorrecht hinsichtlich der Erwerbung aus diesen beiden Gruppen zuzuerkennen; b) nach dem früheren Besitzer, welchem das Recht einzuräumen wäre, den Kraftwagen zu dem Requisitionspreise, eventuell unter Abrechnung eines gewissen Betrages für die Abnützung zurückzukaufen; c) der nach Abrechnung der unter a) und b) fallenden Wagen verbleibende Rest wäre dann anders zu verwenden. Im Inlande werde jedenfalls wegen des herrschenden Pferdemangels eine grosse Nachfrage bestehen. Es frage sich nur, wie man die Wagen in den Verkehr bringen werde, vielleicht im Wege der Errich¬ tung einer Verwertungsgesellschaft, welche kommissionsweise für die k.u.k. Heeresverwaltung arbeitet und die Wagen für den Gebrauch herzurichten hätte. Auf diese Weise Hesse sich auch der spekulative Aufkauf der Wagen besser verhindern, als im Wege einer öffentlichen Versteigerung, bei welcher die Gefahr bestehe, dass sie zu einem Aufkauf durch die Händler führe. Der k.u.k. Kriegsminister bemerkt zu den Ausführungen des Vorred¬ ners, dass augenbhcklich an eine Verwendung der Automobile, wem immer sie zufallen mögen, wegen des Mangels an Benzin und Schmiermaterial nicht gedacht werden könne. Die Wagen seien von der Heeresverwaltung schon in Stand gesetzt worden, die Privatindustrie könne dies nicht übernehmen, weil sie ganz in den Dienst der Heeresverwaltung gestellt sei. Es seien etwa 800 Automobile zum grössten Teile bereits in repariertem Zustande abgabebereit, ausserdem eine Menge von Automobilbestandteilen, insbesondere Chassis, die abgenommen wurden. Im Ganzen dürften etwa 1300 Wagen in Frage kommen, welche überwiegend in gebrauchsfähigem Zustande sein werden. Deutschland habe bis Ende 1916 2000 Kraftwagen verkauft, davon 1300 an das neutrale Ausland. Die beiden Ackerbauminister nehmen die Anträge des k.u.k. Kriegsministeriums bezüglich der Pferde zur Kenntnis und ersuchen um eine dringende Durchführung der Aktion in der Weise, dass in erster Linie die Bedürf¬ nisse der Landwirtschaft und der Verpflegung berücksichtigt werden, während die Händler nicht zu berücksichtigen wären. Die dringende Durchführung sei auch aus dem Grunde notwendig, weil die Pferde in einem so schlechten Zustande in das Hinterland kommen, dass einige Zeit verstreiche, bis sie dienstfähig gemacht werden. Dazu sei der Winter die geeignetste Zeit. 574 <pb/> Der kgl. ung. Minister für Übergangswirtschaft reflektiert zunächst auf die allgemeine Frage der Verwertung von Heeresgut, welches von der Heeresverwaltung nicht benötigt werde. Durch die volkswirtschaftliche Ver¬ wertung dieses Materials werde es möglich sein, viele Schäden, welche die Volks¬ wirtschaft durch den Krieg erlitten habe, zu mildern. Mit diesen Fragen werden sich die beiden Regierungen eingehend zu beschäftigen haben. Für Ungarn sei dieser Gegenstand von grösster Bedeutung, weil die volkswirtschaftlichen Ver¬ hältnisse derart beschaffen seien, dass man sich nicht damit begnügen könne, auf den früheren Zustand zurückzukehren. Bezüglich der besonderen Frage der Kraftwagen schliesse sich Redner der Auffassung des k.k. Generalkommissärs für Kriegs- und Übergangswirtschaft an, dass alle Wagen, welche den öffentlichen Betrieben zur Verfügung gestellt werden können, dieser Verwendung nicht entzo¬ gen werden sollen. Dann sei es sehr wichtig, dass die Verteilungsgrundsätze, wie folgt, festgelegt werden: in erster Linie nach den Requisitionen,in zweiter Linie nach den Ankäufen der Heeresverwaltung und bei diesen nach der Quote, wobei wieder an erster Stelle die Verteilung an die staatlichen Anstalten zu erfolgen hätte. Zu dem zweiten Teile des Exposes des k.u.k. Kriegsministers betreffend die vor¬ bereitenden Arbeiten für die Verwertung der zur Abgabe gelangenden Kriegsgüter bemerkt der k.k. Generalkommissär für Kriegs- und Über¬ gangswirtschaft, dass der formale Vorgang, wie er seitens der Heeres¬ verwaltung in Übereinstimmung mit der königlich ungarischen Regierung vor¬ geschlagen wurde, zu keinen Einwendungen Anlass gebe. Zur Sache selbst sei jedoch zu bemerken, dass es nicht möglich sein werde, einheitliche Grundsätze auf alle Güter der verschiedenen Art anzuwenden. Man habe zwei Kategorien zu unterscheiden: Güter, die in jenem Zustande, in welchem sie sich in Ver¬ wendung der Heeresverwaltung befinden, auch der Volkswirtschaft zurückgeführt werden können, und solche, die erst umgearbeitet werden müssen. Für diese beiden Kategorien werden ganz verschiedene Grundsätze aufzustellen sein: für die erste ähnliche, wie für die Kraftwagen, für die zweite aber andere, bei welchen auf die Möglichkeit der raschesten Verarbeitung Bedacht genommen werden müsse, um sie der industriellen Verwertung ehestens zuführen zu können. Mit dieser Frage sei ein Spezialkomitee im Generalkommissariate behufs Abfassung von Vorschlägen bereits befasst worden. Der kgl. ung. Minister für Übergangswirtschaft bemerkt hiezu, dass die Frage eine solche sei, dass sie in kürzester Zeit wohl nicht zur Entscheidung kommen wurde. Er schliesse sich dem Anträge des k.u.k. Kriegs¬ ministeriums, der ja von der kgl. ung. Regierung ausgegangen sei, an, möchte aber nur darauf verweisen, dass die besondere Eigenart des Gegenstandes bei aller Raschheit der vorbereitenden Arbeiten doch eine gewisse Zeit zur Erledigung erfordere. Der k.u.k. Kriegsminister pflichtet dem bei, dass die Sache für das Grosse nicht dringend sei, weil die Massen an Kriegsgut erst nach dem Friedens¬ schlüsse zur Abgabe gelangen werden. Bis dahin werde aber doch vielleicht in geringerem Umfange manches abgestossen werden können, so dass man sich 575 <pb/>über die Grundsätze der Verwertung schlüssig sein müsse, damit nicht für jeden einzelnen sich ergebenden Fall an den Ministerrat herangetreten werde. Die Anträge des k.u.k. Kriegsministers werden somit mit der Massgabe geneh¬ migt, dass die beiden Regierungen es sich angelegen sein lassen werden, die vor¬ bereitenden Arbeiten mit tunhchster Beschleunigung durchzuführen. 6. Wirtschaftliche Verhandlungen mit Deutschland Der k.k. Ministerpräsident führt aus, dass bei den im Juli -- August d. J. geführten Verhandlungen über die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zum Deutschen Reiche seitens der deutschen Delegierten der Versuch gemacht worden sei, einen engeren Anschluss, als das blosse Präferenz-System herbei¬ zuführen. Es scheine dies nicht bloss die Absicht einzelner Delegierter, sondern die Auffassung der deutschen Regierung zu sein. Es frage sich daher, ob es nicht notwendig sei, bei Fortsetzung der Verhandlungen besonders zu betonen, dass österreichisch-ungarischerseits an dem ursprünglichen Programme der gegen¬ seitigen Vorzugsbehandlung unentwegt festgehalten werde, falls deutscherseits die Versuche, auf einen engeren Anschluss hinzuarbeiten, fortgesetzt werden sollten. Der kgl. ung. Handelsminister glaubt, dass die bei den Juli --August¬ verhandlungen gemachten Versuche doch überwiegend der Initiative des damaligen Leiters der deutschen Delegation, Unterstaatssekretär Dr. Richter, der jedoch seither zurückgetreten sei, zuzuschreiben seien. Seinerseits halte er an den ur¬ sprünglichen Instruktionen fest, von welchen abzugehen, auch für die königlich ungarische Regierung kein Grund vorhege. Er sei gerne bereit, den Unterhänd¬ lern für den vom k.k. Ministerpräsidenten erwähnten Fall, dass deutscherseits die Versuche, einen engeren Anschluss herbeizuführen, fortgesetzt werden sollten, Instruktionen in dem gewünschten Sinne zu erteilen. Der Vorsitzende schhesst somit die Beratungen am 15. September 1917 um i/2 2 Uhr nachmittags. oc) Beilage 1. Referat über Alunit-Versuche (verfasst vom Vorstande der 25. Abteilung) Im Verfolge der gemeinsamen Ministerratskonferenz vom 2. Juli 1. J. wurde einerseits die Untersuchung der Alunitlagerstätten in Beregszäsz, anderseits die Vornahme eines grossen Versuches bei der Fabrik Dynamit-Nobel in Pozsony angeordnet. Die Untersuchung des Alunitvorkommens ergab folgendes Resultat: Es wurde vom Bergwerksinspektor Oblt. Kropac und von den Geologen Dr. Simon Pap und Professor Rez einvernehmlich ein Gutachten abgegeben. 576 <pb/>wonach die bei dem Vorkommen bereits sichtbaren Quantitäten von Alunit 4 Millionen Tonnen betragen. Es wurde hiebei äusserst vorsichtig nur mit einer Tiefe von 20 m, welche allenthalben sichtbar ist, gerechnet und von der so Vor¬ gefundenen Masse nur ein Viertel als brauchbar angenommen. Es wurden im Ausmasse zwischen 5 und 10 m Proben genommen, welche im Durchschnitt 26,6 % Tonerde 0,31 ,, Eisenoxyd 7,-,, Kali 35,-- ,, Kieselsäure 26,-- ,, S03 (Schwefelsäure-Anhydrid) enthalten. Dieses Resultat entspricht durchaus den Erwartungen und den schon vorher mitgeteilten Erfahrungen. Der Versuch in Pozsony wurde zuerst im Laboratorium genau studiert und konnte endlich nach einigen Verbesserungen der Methode im grösseren Massstabe gemacht werden. Nach dem Augenschein und den Mittelungen der Chemiker der Fabrik Dynamit Nobel ist das Verfahren mit keinerlei Schwierigkeiten ver¬ bunden. Die Abscheidung der Tonerde gelang vollkommen anstandslos und in einer Reinheit, welche zur Aluminiumerzeugung vollkommen hinreicht. Um letzteres definitiv zu erweisen, wurden die bisher erzeugten Quantitäten im Aus¬ masse von 700 kg Tonerdehydrat an die Tonerdefabrik Giulini in Laibach dispo¬ niert. Dort soll das Material kalziniert und auf seine Verwendbarkeit eingehendst geprüft werden. Die Kalkulationen über die Kosten der Anlagen und des Betriebes werden von den Chemikern der Fabrik Dynamit Nobel in Pozsony im Einvernehmen mit Prof. Szarvassy durchgeführt und sind in Arbeit. Es kann heute schon gesagt werden, dass die Anlagekosten um ein Vielfaches geringer sein werden, als diejeni¬ gen der Tonerdeerzeugung aus Bauxit, da die in Frage kommenden Apparaturen äusserst einfach sind. Es werden benötigt: Zerkleinerungsapparate, Röstöfen, Laugbottiche aus Holz, Kristallisierpfannen und Fällbottiche ebenfalls aus Holz. Dr. Koritschoner m.p. Lt. i. Res. ß) Beilage 2. Geheim! Hoher Ministerrat! Bevor ich auf die Anforderungen der Kriegsmarine eingehe, sei mir gestattet, die Lage und Tätigkeit der Kriegsmarine während des Weltkrieges zu streifen. Im Jahre 1914 waren die hohen Regierungen zu der Erkenntnis gekommen, dass die Flotte im Hinblicke auf die maritimen Rüstungen der anderen Staaten in ihrer Entwicklung erhalten werden müsse. Die hohen Delegationen bewilligten daraufhin einen Kredit von 426.8 Millionen, der von der Marineverwaltung hauptsächlich für den Bau von 4 Schlachtschiffen von je zirka 24.500 t als Ersatz für die Monarch-Klasse und SMS »Habsburg«, dann 3 kleinen Kreuzern von je 37 Komjäthy: Protokolle 577 <pb/>4.8001 und 6 Torpedofahrzeugen zu je 8001, nebst anderen notwendigen Vorsorgen angesprochen wurde. Diese Kredite wurden nach Kriegsausbruch bis auf rund 20 bereits gebundenen oder verausgabt gewesenen Millionen sistiert. Das Flottenkommando hat sich seither den Weisungen der hohen Regierung entsprechend strikte daran gehalten, nur für absolute Kriegsnotwendigkeiten Mittel anzufordern. Es wurde weitgehendst gespart; wohl kaum eine Organisation hat bisher den Krieg billiger geführt als die Kriegsmarine, die während der drei ersten Kriegs¬ jahre im Mittel nur 9 Millionen pro Monat mehr ausgegeben hat als im Frieden. Diese Einschränkung konnte nur mit der bestimmten Hoffnung gerechtfertigt werden, dass der Krieg nach längstens 2 Jahren beendet sein wird; dessen Fort¬ dauer bringt es mit sich, dass namentlich die Torpedo- und U-Bootsflottillen in grossem Masse abgenützt und aufgebraucht werden. Dies erhellt am besten, wenn man sich vergegenwärtigt, dass mindestens Vs der Flottilleneinheiten in aktueller Verwendung stehen, will sagen: sich in Fahrt befinden. Die 7 alten Torpedofahrzeuge Magnet, Satellit, Trabant, Planet, Blitz, Komet und Meteor im Alter von 21--30 Jahren konnten schon bei Kriegsbeginn nur mehr für ganz untergeordnete Zwecke der lokalen Verteidigung verwendet werden und sind seither geradezu wertlos geworden. Von den Zerstörern der Huszar-Klasse ist »Wildfang« gesunken; die übrigen haben an Geschwindigkeit dermassen eingebüsst, dass auch ihre Verwendungs¬ möglichkeit im Kampfe mit dem stets überlegenen Gegner nur äusserst beschränkt ist. Das gleiche gilt von den 24 Torpedobooten der Kaiman-Klasse, die schon bei Kriegsbeginn infolge ihrer starken Beanspruchung während der vorhergegangenen Kriegsjahre (Blokadedienst an der albanischen Küste) nicht mehr vollwertig waren, abgesehen davon, dass auch sie einem längst überholten, nur 2001 deplacie¬ renden, daher durchaus inferioren Typ angehören. Daraus ergibt sich, dass die Torpedoflottille dermalen nur mehr aus folgenden vollwertigen Einheiten besteht, und zwar 4 Fahrzeuge des Tatra-Typs, dann 4 Fahrzeuge des Ersatz Typs »Triglav«, von denen übrigens zwei erst in nächster Zeit zur Ablieferung gelangen (»Dukla«, »Uskok«[!]), ferner 27 Torpedoboote von im Wesen des Typs gelegenem untergeordnetem Gefechtswert. Dies ist alles, was ein Flottillenführer mit gutem Gewissen dem Feinde ent¬ gegenstellen kann. Diese Einheiten werden auch soweit als möglich geschont, müssen aber, da sie förmlich das Um und Auf bilden, häufig verwendet werden. Auch von dieser bescheidenen Zahl befindet sich stets etwa Vs in Instandsetzung oder Reparatur (Dockung, Kesselrohrwechsel etc.). Nicht anders steht es mit unseren U-Booten; deren geringe Zahl bringt es bei der langen Kriegsdauer mit sich, dass die U-Boote übermässig in Anspruch genom¬ men sind und abgenützt werden. Von den gegenwärtig vorhandenen U-Booten waren 1, 2, 4 und 5 schon zu Kriegsbeginn veraltet und sind nicht besser geworden. Die kleinen U-Boote 578 <pb/>10, 11, 15 und 17 waren ein Notbehelf und sind am Ende ihrer bescheidenen Leistungsfähigkeit. Als vollwertig können daher vorläufig noch gelten: die 4 Havmanden Boote (20, 21, 22 und 23), die vergrösserten B-Boote (27, 28, 29, 31, 32, 40) (Flotten- vereins-Boot), 41, 43, 47 (die letzteren zwei jüngst von Deutschland angekauft), 14 (ex Curie*) -- zusammen 14 U-Boote; hiezu kommen dann noch die 16 in Bau befindlichen leistungsfähigeren Boote, wovon 10 je 500 t und 6 je rund 8001 deplacieren. Dass wir auch unter diesen noch Verluste zu beklagen haben werden, ist gewiss. Die angeforderten 12 U-Boote werden demnach gerade ausreichen, um die Ver¬ luste und die noch während des Krieges unbrauchbar werdenden zu erset¬ zen. Ebenso sind die angeforderten Torpedofahrzeuge der dringendste bescheidene Ersatz für das in diesem Kriege in wesentlich grösserem Umfange aufgebrauchte und minder brauchbar gewordene und noch werdende Material. Alle diese Bauten stellen demnach Kriegsnotwendigkeiten dar. Die Auffassung, dass irgendeine Massnahme, weil zu spät, zu unterbleiben hätte, hat in diesem endlosen Kriege überall nur zu Versäumnissen geführt. Die Kriegsmarine hat sich bei dieser Anforderung auf das Allernotwendigste beschränkt. Wie der hohe Ministerrat aus der Anforderung ersehen wolle, sind z. B. keine grossen Schiffe angefordert, allerdings nicht deshalb, weil man die grossen Schiffe etwa als für den Krieg und die Zukunft wertlos betrachtet, sondern darum, weil sie jetzt keine absolute Kriegsnotwendigkeit für uns darstellen. Deshalb will die Kriegsmarine vorläufig diese Lasten dem Staate ersparen. Solange unsere Flotte nahezu intakt bleibt, wird sie den stillen Dienst, den sie bis heute leistete, wohl auch weiter versehen können, und den übermächtigen Feind von irgend welchen kühnen und für uns gefährlichen Unternehmungen an der Küste abhalten. Es muss hier betont werden, dass sich grosse Schiffe nie und nimmer durch U-Boote und Flugzeuge ersetzen lassen werden, weil man auf die schwere Artillerie als entscheidenden Kampffaktor niemals verzichten können wird. Nur grosse Schiffe werden Landungsversuchen wirksam entgegentreten können. Dass unsere schweren Schiffe bis nun nicht in Aktion getreten sind, ist nur darauf zurückzuführen, dass die Feinde mit ihrem Flottenmaterial sparen und gar Nichts riskieren wollen. Jeder will nach dem Kriege zur See noch immer stark, ja stärker wie früher, dastehen. Das beste Beispiel gibt uns Itahen. Dieses Land hatte zu Kriegsbeginn eine 1 14 mal stärkere Flotte wie wir. Italien hatte nur ältere Kreuzer gegen uns eingesetzt; nachdem es dabei gleich zu Beginn die Kreuzer »Amalfi« und »Garibaldi« eingebüsst hat, verzichtete es in der Folge trotz seiner Übermacht auf den Einsatz grosser Schiffe. Es mag dies zum Teil Mangel an Unternehmungslust und Angst vor weiteren Verlusten sein, sicherlich ist es aber auch berechnetes Sparen. * Mit dem Lschlt. Trapp jüngst im Mittelmeer seine schönen Erfolge errang. 37* 579 <pb/> Und obwohl Italien mit seiner mächtigen Flotte nichts unternimmt, hat das sogenannte arme Itahen während des Krieges 2 Milliarden auf Neubauten aus¬ gegeben. Bedenkt man, dass unsere gegenwärtige Flotte in ihrer Gesamtheit 950 Millionen Kronen gekostet hat, so ergibt sich, dass Italien während des Krieges seine mari¬ time Rüstung um das Doppelte des Kampfwertes unserer gesamten Flotte ver¬ mehrt hat. Auch heute sieht es nicht danach aus, als ob Thaon de Revel diese übermächtige Flotte zu einem kühnen Schlag ausnützen wollte. Er spart und wird weiter sparen, denn er will auch der Entente gegenüber mächtig sein, in der Hoffnung, bei der Aufteilung des Raubes lauter mitreden zu können. Die Marineverwaltung hat sich stets vom Sparsinn, wie er von den hohen Regierungen geweckt wurde und gefordert werden musste, leiten lassen, und war in der steten Hoffnung, dass der Krieg unvorhergesehens zu Ende gehen wird, bestrebt nur Auslagen für den gegenwärtigen Krieg zu beanspruchen. Deshalb wartete sie bis jetzt mit der dringendsten Erneuerung unserer Einheiten. Inzwischen geht das Material zu Grunde und wir laufen Gefahr noch während des Krieges oder nach dem Kriege zur See förmlich wehrlos dazustehen. Die bisherigen Kriegsereignisse haben uns zur Genüge gezeigt, was wir gebraucht hätten und gelehrt was wir in Zukunft brauchen werden. Auf diese Erfahrungen hin ist das vorliegende Programm, den momentanen Verhältnissen nach Möglichkeit angepasst, entworfen worden. y) Beilage 3. Exposee für die gemeinsame Ministerkonferenz betreffend die Verwertung von Kriegsgütern. In Erkenntnis der hohen Bedeutung, welche der Verwertung der nach Kriegs¬ ende und auch jetzt noch während des Krieges verfügbar werdenden Kriegsgüter und Vorräte zukommt, hat das Kriegsministerium alle Vorarbeiten soweit durch¬ geführt, dass bereits für den 5. Oktober 1916 die Einladung zu einer gemeinsamen interministeriellen Besprechung dieser Fragen erfolgen konnte. Diese Besprechung kam jedoch nicht zu stände, dagegen fand Ende März d. J. durch meinen Stellvertreter eine Orientierung der beiden Regierungen über die Absichten der Kriegsverwaltung bezgl. der Verwertung des Kriegsmaterials und der Art ihrer Durchführung statt. Dieser orientierende Vortrag wurde über Wunsch der k.k. Regierung in Druck gelegt und ist allen Ministerien zugekommen. Seitens der k.u.k. Regierung wurde sowohl mündlich gleich nach dem Vor¬ trage, als auch schriftlich die Zustimmung zu den Absichten der Kriegsverwaltung zum Ausdrucke gebracht und mit besonderer Befriedigung die volkswirtschaftliche und soziale Verhältnisse fördernden Tendenzen hervorgehoben. 580 <pb/> Seitens der k.k. Regierung fehlt jedoch bisher eine diesbezügüche Äusserung. Die Kriegsverwaltung muss jedoch einen hohen Wert darauf legen, dass die Fragen ehestens, zumindest einer prinzipiellen Regelung unterzogen werden, weil eine weitere Stundung bedeutende finanzielle und wirtschaftliche Schäden zur Folge hätte. Es sind bereits jetzt eine grössere Anzahl von Pferden und grössere Mengen an Material aller Art, insbesondere an Personenkraftwagen verfügbar, die Millio¬ nenwerte repräsentieren und tunlichst rasch dem Wirtschaftsleben zugeführt wer¬ den müssen. Diese Verwertung schon nach den festzusetzenden Grundsätzen durch das beim Kriegsministerium errichtete Kriegsmaterialverwertungsamt bewirken zu lassen, wäre naturgemäss die rascheste Lösung. Im Hinblicke darauf, dass dermalen schon die Frage der Pferde- und Auto¬ verwertung in ein akutes Stadium getreten ist, und ohne weittragende finanzielle und wirtschaftliche Schädigung nicht aufgeschoben werden könnte, bringe ich der hohen Konferenz zur Beschlussfassung in Antrag: a) Bezüglich der Verwertung der Pferde: Ehebaldigste Zuführung derselben in die allgemeine Volkswirtschaft durch Verkauf. Die herrschende Futterknappheit und der Umstand, dass auch die heurige Ernte keine Besserung dieser Verhältnisse erhoffen lässt, zwingen die Kriegs¬ verwaltung, im Laufe der nächsten Zeit grössere Reduktionen des Pferdestandes vorzunehmen, um bis Ende Oktober 1. J. etwa 75.000 Pferde, bis Ende Februar 1918 weitere 75 -- 100.000 Pferde über den Winter aus dem ärarischen Futter zu bringen. Das für diese Pferde bemessene Futterquantum muss dazu benützt werden, um die restlichen Pferde in bessere Kondition zu bringen und zu verhüten, dass diese Pferde oder ein grosser Teil derselben an Unterernährung zu Grunde gehen oder kriegsunbrauchbar werden. Die Möglichkeit der Unterbringung und Erhaltung dieser Pferdezahl im guten Zustande in der Landwirtschaft und Industrie ist mit Sicherheit anzunehmen. Die leihweise Überlassung von Pferden hat sich erfahrungsgemäss während der Mobihtät nicht bewährt. Dies veranlasste die Kriegsverwaltung im Einver¬ nehmen mit den beiderseitigen Regierungen den Verkauf der Pferde an Ort und Stelle an den Meistbietenden zu veranlassen. Dieser Verkauf bietet überdies auch finanzielle Vorteile, worüber folgender Kalkül Aufschluss gibt: Der Verkauf von 100.000 Pferden ä K 500 bringt der Heeresverwaltung K 50,000.000 Einnahme. Die Verpflegung würde pro Pferd und Monat K 80, das ist in sechs Monaten K 480 gerechnet für 100.000 Pferde = K 48,000.000 kosten. Zur Wartung von 100.000 Pferden würden 50.000 Mann erforderlich sein, die Kosten pro Mann und Monat K 100, d. i. für 6 Monate K 600, für 50.000 Mann = 30,000.000, 58i <pb/> Hufbeschlag pro Pferd in 6 Monaten = K 16, für 100.000 Pferde -- K 1,600.000 betragen. Zusammen würden somit die 6 monatigen Erhaltungskosten für 100.000 Pferde rund 80 Mill. Kr. betragen. Hiezu kommen noch Kosten für Unterkunft und Transporte. Nicht zu über¬ sehen ist dabei, dass nach Verkaufen 100.000 Pferden zirka 50.000 Mann, die bereits in akt.(iver) Dienstleistung stehen, für andere Zwecke verfügbar würden, was bei der heutigen Inanspruchnahme des Menschenmaterials, als enormer Vorteil für die Volkswirtschaft angesehen werden muss. b) Bezüglich der Kraftwagen und deren Bestandteile. Im Laufe des Krieges haben sich grössere Mengen Kraftwagen und deren Be¬ standteile angesammelt, die für Zwecke der Kriegsverwaltung nicht mehr in Betracht kommen; insbesondere aber sah sich die Kriegsverwaltung infolge des grossen Betriebsstoff- und Gummimangels gezwungen, die Zahl der im Verkehre bleibenden Personenkraftwagen ganz bedeutend zu reduzieren. Selbst nach Ausscheidung der als Reserve zurückzubehaltenden Kraftwagen und Bestandteile dürften etwa 1000 brauchbare oder in diesen Zustand noch zu versetzende Personenkraftwagen und eine Anzahl unbrauchbarer, dann eine grössere Menge von Kraftwagenbestandteilen, insbesondere seinerzeit abmon¬ tierte Karosserien verfügbar werden. Trotzdem sich die Heeresverwaltung dessen bewusst ist, dass gerade für das Abstossen der Kraftfahrzeuge, insbesondere Perso¬ nenautos gegenwärtig in finanzieller Beziehung nicht der günstige Zeitpunkt ist, so glaubt sie doch mit Rücksicht auf die grossen Kosten, welche die Deponierung, Konservierung und Bewachung verursachen würden, dann auf den Umstand der grossen ständigen Wertverminderung, welcher diese Gegenstände bei einer längeren Deponierung und mangelhafter Konservierung unterliegen würden, das Abstossen in Vorschlag bringen zu müssen. Die Kriegsverwaltung beantragt, die für Kriegszwecke nicht mehr benötigten Kraftwagen und deren Bestandteile wie folgt zu verwerten: 1. Überlassung der seinerzeit von öffentlichen Verkehrsunternehmungen (Post, Autoomnibusgesellschaften, Autolinien etc.) übernommenen Kraftwagen und deren Bestandteilen an die Regierungen gegen Bezahlung. 2. Verkauf direkt an den Benützer im Wege öffentlicher Versteigerung unter staatlicher Aufsicht.* * Zu diesem Modus erlaube ich mir zu bemerken: Es wäre zu erwägen, die öffentliche Versteigerung aller Gegenstände an den Meistbietenden in zwei zeitlich voneinander getrennten Feilbietungsakten durchzuführen und zwar in der Art, dass die Teilnahme an der Versteigerung vorerst beschränkt wird auf solche Personen, die einwandfrei nachzuweisen in der Lage sind, dass sie Gegenstände dieser Art auf Grund der Kriegsgesetze beigestellt haben: Erst die auf solche Art nicht verkauften Gegenstände gelangen zur allgemeinen öffentlichen Versteigerung, bei welcher die Teilnahme in keiner Weise beschränkt ist. Durch einen solchen Durchführungsvorgang würde einerseits den Beistellern von Gegen¬ ständen ein Billigkeitsrücksichten Rechnung tragendes Entgegenkommen zugestanden, andererseits würde durch die Beschränkung der Teilnahme und des Umfanges der Ankaufs- 582 <pb/> 3. Verkauf nach dem neutralen, eventuell auch verbündeten Auslande. Hiefür sollen in erster Linie ausländische Marken (vornehmlich französische, italienische und englische) in Betracht gezogen werden. Insbesondere im neutralen Auslande, wo sich der Gummi- und Betriebsstoff¬ mangel nicht so stark geltend macht, besteht ein grosser Bedarf an Autos und würde die Möglichkeit des Absatzes unserer überzähligen Kraftfahrzeuge zur Kräftigung unserer Valuta beitragen, bezw. die Gelegenheit zu Kompensationen bieten. Hier käme vor allem die Schweiz in Betracht, wo sich eine günstige Gelegen¬ heit zum Verkaufe gebrauchter Autos in grösserer Zahl bieten dürfte. Nicht unwichtig erscheint auch das Moment, dass durch einen grösseren Absatz gebrauchter Kraftwagen, insbesondere solcher ausländischer Provenienz, nach dem Auslande, eine Entlastung des heimischen Absatzmarktes eintritt, wodurch die Konkurrenz- und Schädigungsbefürchtungen der heimischen Autoindustrie- und Händlerschaft verringert werden. Diesbezüglich sind die Verhältnisse heim Pferdeverkauf wesentlich andere. So wünschenswert der Verkauf von Kraftfahrzeugen in das neutrale und ver¬ bündete Ausland erscheint wegen der grossen Vorteile, die hiemit verbunden sind, so bedenklich wäre es, den gleichen Vorgang bei den Pferden anzuwenden, wenn selbst die Valutafrage vielleicht in ganz besonders hohem Masse vorteilhaft beeinflusst werden könnte. Die wirtschaftlichen und züchterischen Nachteile, die eine solche Massnahme auf Jahrzehnte hinaus für die Monarchie zur Folge hätte, könnten selbst durch eine nennenswerte Sanierung unserer Währungsverhältnisse nicht aufgewogen werden. Der Verkauf der Kraftfahrzeuge im Versteigerungswege an den Meistbietenden soll nach weitgehender Publikation unter Angabe aller jener Merkmale der zu verkaufenden Gegenstände, die zu ihrer Kennzeichnung und Beurteilung ihres Zustandes notwendig sind und unter Angabe des Schätzungspreises, unter welchem sie nicht verkauft werden dürfen und nachdem diese Gegenstände auch der öffentlichen Besichtigung zugänglich gemacht wurden, stattfinden. In den österreichischen Ländern soll der Verkauf durch Vermittlung des k.k. Versteigerungsamtes (Dorotheum) erfolgen, während an die k.u. Regierung das berechtigung die preistreibende Wirkung der Lizitation, wenn nicht ganz ausgeschaltet, so doch wesentlich herabgesetzt werden. Da überdies die Beisteller von Gegenständen fast ausnahmslos auch die Gehraucher und Benutzer derselben sind, wird gleichzeitig einem der Hauptgrundsätze der Verwertung in einer einfachen Weise entsprochen, sowie unerwünschter Zwischenhandel und Ringbüdung er¬ schwert. Das KM. steht nämlich auf dem Standpunkte, dass alle Gegenstände womöglich direkte den Gebrauchern zu den tunlichst geringsten Preisen abgegeben werden, da es hierin eines der wichtigsten Mittel zur raschen Hebung der Wirtschafts- und Steuerkraft zu erblicken meint. -- Selbst ein geringerer finanzieller Erfolg bei der Verwertung wäre hiebei mit in Kauf zu nehmen, da er weitaus wettgemacht wird durch den dauernden Vorteil, den ein rasches Erstarken der Wirtschaftskraft und hiedurch auch der Steuerkraft des Volkes, besonders der breiten Massen desselben mit sich bringt. 583 <pb/>Ersuchen gerichtet wird, eine analoge Organisation zu schaffen, um die einwand¬ freie Durchführung des Verkaufes zu sichern. Die Kriegsverwaltung bringt diesen Weg des Abstossens der Kraftfahrzeuge in Vorschlag, weil er ihr der gerechteste, den freien Wettvewerb von Angebot und Nachfrage am einfachsten und in einwandfreiester Weise Rechnung tragende erscheint und sich völlig unter den Augen und der Überwachung der Öffentlichkeit vollzieht und schliesslich auch die am raschesten zum Ziele führende Art des Ver¬ kaufes darstellt. Die verfügbar gewordenen Kraftfahrzeuge sind im allgemeinen bei jenem Kraft¬ fahrersatzdepot deponiert, bezw. strömen zu jenem zurück, von welchem sie stammen (abgestellt wurden). Da auch ihre Veräusserung bei den Kraftfahr¬ ersatzdepots erfolgen soll, ist auch eine besondere Massnahme zur Aufteilung der Fahrzeuge auf die Staatsgebiete nicht erforderlich und werden die Interessen der Staatsgebiete in gerechter Weise gewahrt. Ich erlaube mir somit nachstehende Anträge zur Beschlussfassung zu stellen: 1. Dass die Verwertung der Pferde durch Versteigerung an die Meistbietenden u. zw. möglichst nur an die Benützer erfolge; 2. dass die Verwertung der jetzt verfügbaren Kraftfahrzeuge nach den, von mir gemachten Vorschlägen stattfinde. Da sich jedoch im Verlaufe des Krieges die Fälle mehren können, dass ähnliche Kriegsgüterverwertungen im grösseren Umfange notwendig werden, erschiene es schon aus dieser Ursache sehr erwünscht, wenn solche Verwertungen bereits nach endgiltigen, einheitlichen Grundsätzen erfolgen könnten. Aber auch aus den eingangs erwähnten Gründen ist die Bereinigung der Frage der Verwertung der Kriegsgüter überaus dringlich geworden. Nach Ansicht der k.u. Regierung teilt sich die Frage der Verwertung in 3 grosse zu lösende Fragen: 1. Die prinzipielle Frage der Aufteilung u. zw. a) jenes Teiles, den die Kriegesverwaltung behält; b) des Restes auf die Regierungen; 2. Die Frage der Organisation der Durchführung zur Bewirkung der Vor¬ arbeiten; 3. Frage der faktischen Durchführung der Verwertung. Zur Bereinigung dieser Fragen schlug die k.u. Regierung folgenden weiteren Vorgang vor: Ihre Lösung wäre im Schosse der beiden Regierungen (in je einem Minister¬ rate) zu beraten und auf Grund des Ergebnisses dieser Beratung wären die Pro¬ jekte zur LösungVon einer gemeinsamen interministeriellen Kommission, bestehend aus möglichst wenigen Vertretern der beiden Regierungen zur Beschlussfassung vorzulegen. Da ich nicht annehmen kann und es mit Rücksicht auf die grosse Verantwor¬ tung auch gar nicht wünschen würde, dass sich der heute tagende hohe gemeinsame Ministerrat mit den von der Kriegsverwaltung in mehrfach genanntem orien- 584 <pb/>tierenden Vorträge zum Ausdrucke gebrachten Grundsätzen identifiziere, muss ich die dringende Bitte Vorbringen, dass nachstehender Beschluss gefasst werde: Beauftragung einer kleinen interministeriellen Kommission zur Festsetzung der Grundsätze für die Art der Aufteilung und Verwertung der während und nach dem Kriege verfügbar werdenden Gegenstände und Vorräte (wobei vorläufig jene Gegenstände und Vorräte ausgeschaltet bleiben, die seitens der Kriegsver¬ waltung [Heer und beiden Landwehren] behalten werden), dann der Grundsätze für die hiefür zu schaffenden Organisationen und die Durchführung derselben. Die von dieser Kommission zu erstattenden Vorschläge sind bis zu einem heute hier festzusetzenden möglichst kurz befristeten Termine den beiden Regierungen zur Kenntnis zu bringen und wird über dieselben in einem spätestens 14 Tage nach diesem Termine zusammentretenden gemeinsamen Ministerrate endgiltig Beschluss gefasst. Original-Reinschrift. -- Die Einsichtnahme wurde auf dem Mantelbogen des Protokolls von sämtlichen Teilnehmern des Ministerrates mit Ausnahme des Obersten i. Gst. v. Zeynek bestätigt. Auf diesem Blatt oben links mit Bleistift das Handzeichen des Herrschers: »K(arl) gelesen.« -- Auf dem letzten Blatt die Kenntnisnahme durch den Herrscher: »Standort, 19. Oktober 1917.« -- Unter dem Text die Unterschrift Buriäns. Der Protokollführer hat das Protokoll nicht unterschrieben. -- Am Rande der Blätter einige Striche, die jedoch den Sinn des Textes nicht ändern. -- Ebd. das Konzept des Protokolls. Auf dem letzten Blatt links die Unterschrift von Joannovics (24. IX.), rechts die Unterschrift Buriäns. 30. Wien, 24. September 1917 Debatte über die unterschiedlichen Preise in Österreich und in Ungarn, über die Ursachen dieses Umstandes, seine Folgen und die Methoden der Abhilfe. Hilfsak¬ tion für die schlecht versorgten Schichten. Verköstigung der Arbeiter in der Krieg - sindustrie. Die Versorgunslage der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, die sich nicht zuletzt durch ungenügende Voraussicht und Planung seit Kriegsausbruch ständig verschlechterte, wurde nach der Dürre im Sommer 1917 katastrophal. Wie ein Vorbild für den politischen Auseinanderfall des Habsburgreiches wirkte die als Folge der wirtschaftlichen Zwangslage einsetzende Aufspaltung in kleine Territorien mit Selbst¬ versorgung. Zu den bestehenden Problemen siehe den Kommentar zum Protokoll vom 9. September 1916. Protokoll des zu Wien am 24. September 1917 abgehaltenen Ministerrates för gemeinsame Angelegenheiten, unter dem Vorsitze des Ministers des k.u.k. Hauses und des Äußern Grafen Czernin. K.Z. 61. - G.M.K.P.Z. 541. 585 <pb/>