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[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 28. 10. 1912

Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II                  525

   Der k. k. Finanzminister schlägt vor, daß die Ministerkonferenz
ihre prinzipielle Zustimmung zu diesen Auslagen erteilen möge und daß die Art
der Geldbeschaffung und die Modalitäten der budgetären Behandlung aim geeig¬
neten Zeitpunkte3 in einer Konferenz der beiden Finanzminister mit einem Ver¬
treter des Kriegsministeriums festgestellt werden sollen.

   Der kgl. ung. Finanzminister verweist auf die schwierige fi¬
nanzielle Lage der beiden Regierungen, welche jede außerordentliche Kreditbe¬
willigung sehr schwer empfindlich mache.

   Nach einer kurzen Diskussion wird der Kriegsminister von der Konferenz er¬
mächtigt, die von ihm vorgeschlagenen Ergänzungen in den Materialbeständen
des Heeres anschaffen zu lassen, wobei zur Kenntnis genommen wird, daß die
Überschreitung von 12,8 Millionen Kronen im Rechnungsabschluß gerechtfertigt
werden wird.1

                                                                                            Berchtold

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, am 5. Dezember 1912. Franz Joseph.

     Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. Oktober 1912 II

   RS. (und RK.)
   Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Stürgkh, der kgl. ung. Ministerpräsident v.
Lukäcs, der k. u. k. Kriegsminister GdI. Ritter v. Auffenberg, der k. u. k. gemeinsame Finanzmini¬
ster Dr. Ritter v. Bilinski (29. 11.), der k. k. Finanzminister Dr. Ritter v. Zaleski, der k. k. Eisenbahn¬
minister Dr. Freiherr v. Förster, der kgl. ung. Finanzminister Dr. Teleszky, der kgl. ung. Handelsmi¬
nister v. Beöthy, der k. k. Handelsminister Edler v. Schuster.
    Schriftführer: Legationsrat Graf Hoyos.
   Gegenstand: Bosnische Bahnbauten.

   KZ. 76 - GMKPZ. 500
   Protokoll des zu Wien am 28. Oktober 1912 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. Ministers des k. u. k.
Hauses und des Äußern Grafen Berchtold.

Einfligung.

Zur Kostenaufstellung siehe die Zusammenstellung der fortlaufenden und der einmaligen
Ausgaben, die sich infolge der Maßnahmen aus Anlass der bedrohlichen politischen Lage
ergeben, in Ka., MKSM. 51-1/1-2/1913, fol. 55 f. Zu den Vorkehrungen an der serbischen
und montenegrinischen Grenze siehe auch die Besprechung der gemeinsamen Minister v. 24.
12. 1912, Ergänzendes Protokoll anderer Provenienz VIII dieses Bandes.
<pb/>526 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er darauf hinweist, daß
die am 16. Oktober abgehaltene gemeinsame Ministerkonferenz ohne Resultat
auseinander gegangen sei,&#39; weil die österreichische Regierung sich Vorbehalten
habe, die letzte Proposition der ungarischen Regierung einem genauen Studium
zu unterziehen. Er bitte nun den k. k. Ministerpräsidenten, die Stellungnahme der
k. k. Regierung zu diesem Vorschläge bekanntgeben zu wollen.

   Der k. k. Ministerpräsident verweist darauf, daß die jüngste
Proposition der ungarischen Regierung eigentlich keine Annäherung an den
österreichischen Standpunkt bedeute, dagegen aber eine ziemliche Einschrän¬
kung der Wünsche der bosnischen Landesregierung. Er wolle vorderhand nur
darauf hinweisen, daß nach dieser Proposition die beiden Linien Tuzla-Doboj
und Donji-Vakuf-Lasva durchaus nicht sichergestellt seien, nachdem sie nicht im
aktuellen Bauprogramme figurieren, sondern in dem im Artikel III des projektier¬
ten Gesetzentwurfes erwähnten potentiellen Bauprogramme. Bevor er diese An¬
gelegenheit weiter bespreche, wünsche er die Stellungnahme des gemeinsamen
Finanzministers zu dem Anträge zu kennen und bitte denselben daher, sich hier¬
über zu äußern.

   Der gemeinsame Finanzminister erwidert, daß der Antrag
der kgl. ung. Regierung allerdings als eine erhebliche Einschränkung des vom
bosnischen Landtage erweiterten Bauprogrammes angesehen werden müsse. Der
bosnische Landtag hätte die Einstellung der Normalisierung Tuzla-Doboj in das
aktuelle Bauprogramm zur Bedingung für die Annahme desselben gemacht. Bei
der letzten Konferenz habe er, um seinerseits zu einer Milderung der zwischen
beiden Regierungen bestehenden Gegensätze beizutragen, die Linie Tuzla-Doboj
bis zu einem gewissen Grade geopfert, indem er seine Zustimmung dazu erteilte,
daß dieselbe nicht mehr im Artikel II sondern im Artikel III als Zukunftsbahn
ohne finanzielle Sicherstellung in Begleitung der Linien Donji-Vakuf-Lasva und
Tuzla-Sarajewo figuriere. Seither habe er Gelegenheit gehabt, mit verschiedenen
angesehenen Mitgliedern des bosnisch-herzegowinischen Landtages Rückspra¬
che zu pflegen, weil er das politische Publikum in den beiden Provinzen auf diese
Einschränkung vorbereiten wollte. Man habe ihm von allen Seiten zugegeben,
daß er zwar gar keine Verpflichtungen in Bosnien darüber übernommen habe, daß
die Wünsche des Landtages von den Regierungen tatsächlich akzeptiert würden;
andererseits habe man ihn aber nicht im Zweifel darüber gelassen, daß das Pro¬
gramm im bosnischen Landtage ohne die Normalisierung der Linie Tuzla-Doboj
verworfen werden würde. Daher müsse er sich neuerlich dafür einsetzen, daß
diese Linie schon im ersten Bauprogramme aufgenommen werde. Es frage sich
nun, in welcher Weise ein Ausgleich gefunden werden könnte. Seiner Ansicht
nach liege das Schwergewicht der Gegensätze in dem Umstande, daß die k. k.
Regierung die sie interessierende normalspurige Verbindung mit Sarajewo gleich¬
zeitig mit der Normalisierung der Linie Doboj-Sarajewo durchgeführt sehen

        Fortsetzung des GMR. v. 16. 10. 1912, GMKPZ. 498.
<pb/>Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II  527

möchte, die ungarische Regierung dagegen den Bau der westlichen Verbindung
mit der Landeshauptstadt erst nach Fertigstellung der im ungarischen Interesse
gelegenen Normalbahn zugeben wolle. Wenn man nun in Betracht ziehe, daß die
im österreichischen Interesse gelegene Linie Donji-Vakuf-Lasva nach den bisher
vorliegenden Propositionen in finanzieller Hinsicht in keiner Weise sichergestellt
war, so könnte vielleicht ein Ausweg darin gefunden werden, daß diese finanziel¬
le Sicherstellung der k. k. Regierung unter der Bedingung gegeben werde, daß
dem ungarischen Standpunkte dadurch entsprochen werde, daß mit der Normali¬
sierung der westlichen Verbindung erst begonnen werden solle, wenn die nördli¬
che Normalisierung durchgefuhrt sei. Nach seinem Vorschläge würde die Norma¬
lisierung der Linie Tuzla-Doboj im Artikel II des Gesetzentwurfes sub lit. g
figurieren und weiters sub lit. h die Normalisierung der Linie Lasva-Donji-Vakuf,
eventuell Herstellung eines normalspurigen Neubaues neben der Schmalspur. Als
Zusatz zu dem Artikel II wäre dann noch der nachstehende Satz einzuschalten:
Die sub g und h genannten Bahnbauten gelangen sofort nach der Fertigstellung
der normalspurigen Verbindung von Doboj bis Sarajewo zur Ausführung. Durch
die Aufnahme dieser beiden Linien in das aktuelle Bauprogramm würde dasselbe
um 30 Millionen mehr kosten.2

   Der kgl. ung. Ministerpräsident möchte zuerst einige for¬
melle Bemerkungen voranschicken, bevor er auf die Ausführungen des k. u. k.
gemeinsamen Finanzministers des näheren reflektiert. Im Ministerratsprotokoll
vom 16. Oktober habe er die Bemerkung gefunden, daß ,,hinsichtlich des Vertei¬
lungsschlüssels der auf gemeinsame Kosten in der fernen Zukunft zu bauenden
Bahnen zwar kein definitiver Beschluß gefaßt worden sei, die Ansicht habe aber
vorgeherrscht, daß derselbe Schlüssel, der für die Finanzierung des jetzigen Bau¬
programmes in Betracht kam, auch bei den weiteren angewendet würde.&quot; Er
möchte nun betonen, daß von Seiten der kgl. ung. Regierung keine Ansicht über
den Verteilungsschlüssel bei der Finanzierung zukünftiger Bahnbauten ausge¬
sprochen worden sei. Um nun in das Meritum der in Verhandlung stehenden Fra¬
gen einzugehen, müsse er gegenüber dem letzten Vorschläge des gemeinsamen
Finanzministers betonen, daß seit Jahren über die Eisenbahnffage schwierige
Verhandlungen gepflogen worden seien und es für die ungarische Regierung nicht
möglich sei, diese Verhandlungen nunmehr ohne eingehendes Studium auf einer
ganz anderen Basis fortzusetzen. Wenn daher der Antrag des gemeinsamen Fi¬
nanzministers in ernstliche Erwägung gezogen werden sollte, so müsse er bitten,
die Beratungen jetzt zu sistieren, damit er Zeit habe, die neuen Propositionen zu
studieren, bevor er zu denselben Stellung nehme. Eine Fortsetzung der Verhand¬
lungen wäre während der Delegationssession in Budapest möglich.

   Der gemeinsame Finanzminister erwidert hierauf, seiner An¬
sicht nach sei die Grundlage der Verhandlungen in keiner Weise verschoben wor-

2 Siehe dazu Schreiben Bilinskis an Potiorek v. 20. 10. 1912, Ka., Nachlaß Potiorek B/1503,
       Karton 1, Nr. 127 und Bilihskis Schreiben an Potiorek v. 21. 10. 1912, ebd., Nr. 129a.
<pb/>528 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II

den. Sein Antrag befasse sich nur mit der finanziellen Leistung der beiden Regie¬
rungen, welche allerdings eine Erweiterung erfahren solle. Er lege großen Wert
darauf, daß ihm nicht zum Vorwurf gemacht werde, er habe die Basis der Ver¬
handlungen verschoben. Seine persönliche Situation sei eine schwierige. Seiner¬
seits könne er den beiden Regierungen für jede Unterstützung, die sie dem Bau¬
programme gewähren, nur dankbar sein. Er müsse aber nochmals betonen, daß
das ganze Bauprogramm hinfällig wäre, wenn die Wünsche des bosnisch-herze-
gowinischen Landtages darin nicht berücksichtigt würden. Er stehe jetzt vor der
Wahl, entweder die Bevölkerung in den annektierten Ländern aktiv im Landtag
zu beschäftigen oder aber die militärische Besatzung der beiden Länder auf volle
Kriegsstände zu erheben. Die Hauptaufgabe der diesjährigen Session des bosni¬
schen Landtages sei die Beratung der Eisenbahnvorlage. Es sei seine Pflicht, den
Wünschen der beiden Regierungen nach Tunlichkeit entgegenzukommen und für
einen Ausgleich der Gegensätze Sorge zu tragen. Mit Rücksicht auf den bosni¬
schen Landtag müsse er darauf dringen, daß schon heute eine definitive Entschei¬
dung getroffen werde, damit man klar sehen könne, ob die Politik der aktiven
friedlichen Arbeit oder die Politik der starken Faust in der nächsten Zukunft in
Bosnien und Herzegowina zur Durchführung gelangen würde. Für eine weitere
Verschiebung der Entscheidung könne er die Verantwortung nicht übernehmen.

    Der kgl. ung. Ministerpräsident bemerkt hiezu, er könne
sich nicht ein Urteil darüber bilden, ob die Eisenbahnvorlage tatsächlich so wich¬
tig sei, daß sie als entscheidendes Moment für die Erhaltung der Ruhe in den
beiden Ländern angesehen werden müsse.

    Er verweist darauf, daß die letzte Proposition, welche die kgl. ung. Regierung
am Schlüsse des Ministerrates vom 16. Oktober vorgebracht habe, von Seite der
k. k. Regierung nicht beantwortet worden sei.

    Der k. k. Ministerpräsident erwidert hierauf, es erscheine ihm
fast überflüssig, den Standpunkt der k. k. Regierung zu dieser Proposition zu
präzisieren, nachdem dieselbe nach Ansicht des gemeinsamen Finanzministers
keine Aussicht habe, vom bosnischen Landtage angenommen zu werden, weil die
Linie Tuzla-Doboj darin in die zweite Bauperiode verlegt werde. Wenn beide
Regierungen sich einigen, so müsse dies auf einer Grundlage erfolgen, die Aus¬
sicht habe, vom bosnischen Landtage akzeptiert zu werden, zumal nur auf diese
Weise die politischen Vorteile, die man sich von der Vorlage des Eisenbahngeset¬
zes im Landtage verspreche, gewahrt würden.

    Überdies erscheine der Vorschlag der ungarischen Regierung auch deshalb
nicht annehmbar, weil die Verbindung Sarajewos mit der bosnischen Westbahn
durch denselben in sehr weite Feme gerückt werde und gar keine finanzielle oder
anderweitige Sicherstellung geboten sei. In Erwägung dieser Umstände müsse er
resümierend wiederholen, was er in der letzten Sitzung gesagt habe, daß nämlich
 die beiden Normalisierungen Tuzla-Doboj und Donji-Vakuf-Lasva in das erste
 Bauprogramm aufgenommen werden müssen, um die einschlägigen Gesetzes¬
 vorlagen im bosnisch-herzegowinischen Landtage und im Reichsrate durchbrin-
<pb/>Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II  529

gen zu können. Selbst der neue Antrag des gemeinsamen Finanzministers bedeu¬
te für die k. k. Regierung eine schwere Belastung. Darnach müsse Ungarn zuerst
normalspurig über Samac-Doboj nach Sarajewo gelangen, es erhalte noch eine
wertvolle zweite Verbindung über Brcka-Tuzla nach Doboj und erst dann würde
die im österreichischen Interesse gelegene und westliche Verbindung mit Saraje¬
wo normalspurig ausgebaut werden können.

   Immerhin würde er bereit sein, dem Vorschläge Herrn v. Bilinskis näherzutre¬
ten, vorausgesetzt, daß die beiden strittigen Bahnlinien tatsächlich in die erste
Bauperiode aufgenommen werden sollten. Der ungarische Vorschlag sei aber bei
aller Würdigung der großen politischen Interessen, die am Spiele stehen, ganz
unannehmbar.

   Der kgl. ung. Finanzminister erklärt, der heute vorgebrachte
Antrag des gemeinsamen Finanzministers sei eigentlich nichts anderes, als der
Vorschlag, den die österreichische Regierung schon am Beginne des gemeinsa¬
men Ministerrates vom 16. Oktober vorgebracht habe. Er sei absolut kein Ver¬
mittlungsvorschlag. Wie er schon bei der letzten Sitzung ausgeführt habe, sei es
für die kgl. ung. Regierung ganz unmöglich, denselben anzunehmen. Die kgl.
Regierung habe die vom bosnischen Landtage angeregte Erweiterung des Bau¬
programmes durch Aufnahme der Normalisierung der Linie Tuzla-Doboj nie¬
mals gewünscht und sei aufkeinen Fall in der Lage, für dieselbe eine Kompensa¬
tion zu gewähren. Im Verlaufe der langjährigen Verhandlungen habe man
ungarischerseits immer das Postulat aufgestellt, daß die südwestliche normalspu-
rige Verbindung mit Sarajewo auf keinen Fall vor der Normalisierung Doboj-
Sarajewo durchgeführt werden dürfe. Wenn dieser spätere Ausbau nunmehr von
dem gemeinsamen Finanzminister als eine Konzession an den ungarischen Stand¬
punkt hingestellt werde, so müsse er dagegen Verwahrung einlegen.

   Der k. k. Ministerpräsident erwidert hierauf, daß die k. k. Re¬
gierung gerne bereit wäre, hinsichtlich der Reihenfolge, in welcher die Bahnen
gebaut werden sollen, Entgegenkommen zu zeigen, die Hauptsache sei, daß ihr
die normalspurige Verbindung der Linie Jajce-Mostar mit Sarajewo in absehba¬
rer Zeit sichergestellt werde. Man sollte daher zuerst darüber einig werden, ob
eine Erweiterung des Bauprogrammes überhaupt möglich sei und erst in zweiter
Linie über die Reihenfolge der Bahnbauten schlüssig werden.

   Der k. k. Eisenbahnminister verweist darauf, daß die südwest¬
liche Verbindungslinie mit Sarajewo im Maiprogramm in einer Art von Junktim
mit der Linie Tuzla-Sarajewo gestanden habe. Durch die beabsichtigte Normali¬
sierung der Linie Tuzla-Doboj sei der Bau der Linie Tuzla-Sarajewo in weiteste
Feme gerückt und hiedurch auch die Normalisierung der südwestlichen Verbin¬
dung.

   Von rein eisenbahntechnischen Gesichtspunkten betrachtet sollte die südwest¬
liche Verbindung mit Sarajewo imbedingt normalspurig hergestellt werden, bevor
mit der Normalisierung der Strecke Doboj-Sarajewo begonnen werde. Letztere
werde möglicherweise mit ernster Betriebsstörung verbunden sein.
<pb/>530 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II

   Der kgl. ung. Finanzminister verweist darauf, daß die Bahn
Donji-Vakuf-Lasva, wie Graf Stürgkh hervorgehoben hätte, bisher in keiner Wei¬
se sichergestellt worden sei und daß die Erwähnung derselben im Artikel 3 des
Gesetzes nur deklaratorischen Wert haben solle, ohne die Regierungen in irgend
einer Weise für die Zukunft zu binden. Jetzt verlange die österreichische Regie¬
rung, daß diese Bahn finanziell sichergestellt werde und in der ersten Bauperiode
figuriere. Dies müsse er auf das Entschiedenste ablehnen. Das Mehrerfordemis
von 20 Millionen Kronen, welche die Normalisierung dieser Strecke erfordern
würde, sei nicht das wesentliche Hindernis, sondern es handle sich um wichtige
wirtschaftliche Interessen Ungarns, die durch die Bahn berührt würden.

   Es würde eine Verkehrsteilung eintreten, die ungarischen Staatsbahnen wür¬
den den größten Schaden leiden und die Hälfte ihres Verkehres verlieren.

   Der k. k. Finanzminister würde den Standpunkt der kgl. ung.
Regierung begreiflich finden, wenn Ungarn allein für die Kosten der im ungari¬
schen Interesse gelegenen Bahnen aufkommen würde. Er müsse aber nochmals
darauf verweisen, daß die Bahnen auf gemeinsame Kosten gebaut werden und
daß die k. k. Regierung daher genötigt sei, ihre Interessen zu wahren und sich nur
für ein solches Bauprogramm einzusetzen, das sie auch im Reichsrate vertreten
könne. Die k. k. Regierung solle sich verpflichten, durch 60 Jahre größere Annui¬
täten für Bahnen zu garantieren, die zum überwiegenden Teil im ungarischen
Interesse gelegen seien. Sie befinde sich in einer Zwangslage und könne den un¬
garischen Standpunkt unmöglich akzeptieren.

    Der kgl. ung. Finanzminister verweist darauf, daß der öster¬
reichische Verkehr nach Bosnien und die Herzegowina 80 % des Gesamtverkeh¬
res betrage. Die Linie Samac-Doboj-Sarajewo werde dem österreichischen Ver¬
kehr mehr dienen als dem ungarischen, dagegen würde die Normalisierung der
südwestlichen Verbindung mit Sarajewo eine direkte Schädigung ungarischer In¬

teressen bedeuten.
    Der k. k. Ministerpräsident erklärt, daß man, nach dem dieser

Verbindung gegenüber ungarischerseits eingenommenen feindlichen Standpunkt,
sich nicht viel von künftigen Verhandlungen der beiden Regierungen über den
Bau der Linie Donji-Vakuf-Lasva versprechen könne. Nach den Erklärungen des
kgl. ung. Finanzministers sei er mehr denn je überzeugt, daß die deklaratorische
Erwähnung dieser Linie im Artikel 5 des Gesetzentwurfes gar keinen praktischen

Wert habe.
    Der gemeinsame Finanzminister wirft die Frage auf, ob es

 nicht möglich wäre, auf Grundlage eines Entgegenkommens der k. k. Regierung
 in der Tariffrage einen Ausgleich der Gegensätze zu erzielen. Falls die k. k. Re¬
 gierung sich damit einverstanden erklären könnte, daß die TarifVerhandlungen
 bis zu den Beratungen über den Ausgleich hinaus geschoben werden sollen, wäre
 die kgl. ung. Regierung vielleicht geneigt, im Linienprogramme eine annehmba¬
 re Kompensation zu bewilligen. Nachdem die Bahnen erst in acht Jahren ausge-
<pb/>Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II  531

baut sein sollten, so würde eine Verschiebung der TarifVerhandlungen keine gro¬
ßen Nachteile mit sich bringen.

   Es entspinnt sich nun eine längere Debatte zwischen den beiderseitigen Res¬
sortministern über rein technische Tariffragen, der zu entnehmen ist, daß der bis¬
herige Verlauf der tarifarischen Verhandlungen nach Ansicht der österreichischen
Minister ein unbefriedigender ist und daß sie auf weiteren Zugeständnissen be¬
stehen zu müssen glauben.

   Auch der Antrag des gemeinsamen Finanzministers, die TarifVerhandlungen
bis zu den Ausgleichsverhandlungen zu verschieben, wird besprochen, begegnet
aber bei den österreichischen Ministem entschiedenem Widerstand.

   Nachdem die beiderseitigen Gegensätze sich ungemildert entgegenstehen,
schlägt der Vorsitzende eine Unterbrechung der Sitzung vor, um den An¬
wesenden Gelegenheit zu geben, unter sich eine neue Grundlage für einen Aus¬
gleich zu suchen.

   Nach Wiederzusammentritt der Konferenz ergreift der Vorsitzende das Wort,
um daraufhinzuweisen, eine wie schwere Verantwortung der Ministerrat auf sich
laden würde, falls keine Einigung erzielt werde. Wolle man die Ruhe in Bosnien
erhalten, so müsse der Landtag arbeitsfähig erhalten bleiben; der Landeschef
habe bereits erklärt, daß die bosnisch-herzegowinischen Garnisonen auf volle
Kriegsbereitschaft gestellt werden müßten, wenn der Landtag geschlossen wer¬
den sollte. Eine solche partielle Mobilisierung unserer Wehrmacht würde im Aus¬
lande als ein Anzeichen unserer aggressiven Absichten aufgefaßt werden. In Ru߬
land dürfte man sich durch die dortige öffentliche Meinung zu einer
Truppenkonzentrierung an der galizischen Grenze genötigt sehen; unsererseits
müßten dann Gegenmaßregeln erfolgen und man würde auf diese Weise Gefahr
laufen, in einen Krieg gedrängt zu werden. Angesichts dieser ernsten Gefahren
bitte er die Anwesenden nochmals, sich zu verständigen.

   Der gemeinsame Finanzminister bestätigt die Worte des Vor¬
sitzenden durch Verlesen eines Schreibens des bosnisch-herzegowinischen Lan¬
deschefs, worin GdI. Potiorek erklärt, es werde unbedingt notwendig sein, in
Bosnien, Herzegowina, Dalmatien volle Kriegsbereitschaft anzunehmen, wenn
der Landtag geschlossen werde.3

   Der k. k. Ministerpräsident begibt sich für kurze Zeit mit den
österreichischen Ministem in ein Nebenzimmer, um die Stellungnahme der k. k.
Regierung im Hinblicke auf diese Gefahren einer neuerlichen Prüfung zu unter¬
ziehen.

   Nach einer kurzen Pause teilt er der Konferenz den nachstehenden neuen Vor¬
schlag der österreichischen Regierung mit:

   Die k. k. Regierung sei bereit, von ihrem früheren Verlangen, daß die Norma¬
lisierungen Tuzla-Doboj und Donji-Vakuf-Lasva in der ersten Bauperiode durch-

Vermutlich Schreiben Potioreks an Bilihski v. 19. 10. 1912, Ka., Nachlaß Potiorek
B/1503, Karton 1, Nr. 122 b.
<pb/>532 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 191211

geführt werden sollen, abzusehen und zuzustimmen, daß dieselben im Artikel III
des Gesetzentwurfes in deklaratorischer Weise in der Form erwähnt werden, daß
in einem zweiten Alinea dieses Artikels auch gesagt werde, diese Linien könnten
gleich gebaut werden, wenn die Normalisierung der Strecke Doboj-Sarajewo
durchgeführt sei. Er müsse aber Wert darauf legen, daß im Artikel III diesen Li¬
nien in deutlicher Weise die Priorität vor dem Ausbau der Linie Tuzla-Kladanj-
Sarajewo gegeben werde.

   Als zweiten Teil seines Vorschlages beantrage er, daß ein Geheimabkommen
zwischen den beiden Regierungen und dem gemeinsamen Finanzministerium ge¬
schlossen werde, in welchem das gemeinsame Finanzministerium ermächtigt
werde, nach Fertigstellung der Normalspur Doboj-Sarajewo ein Gesetz wegen
Normalisierung der Strecke Tuzla-Doboj auf Kosten des bosnisch-herzegowini-
schen Etats und ein zweites Gesetz wegen Normalisierung der Strecke Donji-
Vakuf-Lasva auf Kosten der k. k. Regierung im Landtag einzubringen.

   Das Abkommen würde zwar geheim bleiben, das gemeinsame Finanzministe¬
rium und die österreichische Regierung würden aber die Ermächtigung erhalten,
im bosnisch-herzegowinischen Landtag respektive im Reichsrat zu erklären, daß
die beiden Normalisierungen nach Fertigstellung der Normalspur Doboj-Saraje¬
wo durchgefuhrt werden würden.

    &quot;Der vorstehende Vorschlag sei an die Voraussetzung geknüpft, daß über die
Tarifffage im allgemeinen ein Abkommen zwischen den beiden Regierungen
zeitgerecht erzielt werde.3

    Graf Stürgkh betont, daß sein Vorschlag eine sehr schwere Belastung des öster¬
reichischen Staatsschatzes bedeute und sich als das äußerste Entgegenkommen
darstelle, zu welchem sich die k. k. Regierung nur mit Rücksicht auf die sehr
gespannte äußere politische Situation verstehen könne.

    Der gemeinsame Finanzminister verweist darauf, daß dieser
Vorschlag für ihn schwer annehmbar sei, weil die vom Landtag gewünschte Nor¬
malisierung der Linie Tuzla-Doboj darin in die zweite ungesicherte Bauperiode
verlegt werde. Wenn durch den Vorschlag des Grafen Stürgkh der Bau der Linie
Tuzla-Sarajewo in eine ganz entfernte Zukunft gerückt werden solle, so würde,
nach Ansicht des Landtages, die Notwendigkeit einer baldigen Normalisierung
der Strecke Tuzla-Doboj noch größer werden.

    Der kgl. ung. Finanzminister stellt einige Fragen, um den
Vorschlag des k. k. Ministerpräsidenten genau zu präzisieren, worauf sich die
ungarischen Minister zurückziehen, um über diesen Vorschlag intern zu beraten.

    Nach einer kurzen Pause wird die Sitzung wieder aufgenommen, worauf der
 kgl. ung. Finanzminister auf Wunsch des kgl. ung. Ministerpräsidenten die Stel¬
 lungnahme der ungarischen Regierung zu dem erwähnten Vorschläge wie folgt
 resümiert:

          Einfiigung.
<pb/>Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 1912II  533

    Der Vorschlag bedeute keine Annäherung an den ungarischen Standpunkt, alle
 Wünsche der österreichischen Regierung würden durch denselben erfüllt, woge¬
 gen die Verringerung der Beitragskosten zum Gesamtbauprogramm, welche sich
 durch die Normalisierung der Strecke Donji-Vakuf-Lasva auf Kosten der öster¬
reichischen Regierung für die ungarische Regierung ergeben würde, gar nicht in
 Betracht käme. Bei einem Bauprogramme von 290 Millionen mache es einen
ganz unmerklichen Unterschied, ob die Verzinsung des ganzen Betrages auf ge¬
meinsame Kosten erfolge oder ob 20 Millionen davon von der österreichischen
Regierung allein verzinst werden.

    Um aber auch ihrerseits dem Ernste der Situation Rechnung zu tragen und das
tunlichste Entgegenkommen an den Tag zu legen, sei die kgl. ung. Regierung
bereit, ihre Zustimmung dazu zu geben, daß die Normalisierung der Linie Donji-
Vakuf-Lasva in derjetzigen Trasse deklaratorisch im Artikel III angeführt werde.
Außerdem wäre sie bereit, in einem Protokolle zwischen den beiden Regierungen
festzusetzen, daß nach Normalisierung der Linie Doboj-Sarajewo die Normali¬
sierung der Linie Donji-Vakuf-Lasva seitens der österreichischen Regierung auf
eigene Kosten als bosnisch-herzegowinische Landesbahn ausgeführt werden
könne, wenn vor dem Baubeginn eine vom Tage der Inbetriebsetzung der Nor¬
malspur durch zehn Jahre gütige Vereinbarung zwischen den beiden Regierungen
in dem Sinne getroffen werde, daß die neue westliche Verbindung im Transitver¬
kehre nicht tarifbildend sein dürfe und keinen Quotenanteil erhalte.

   Dieser Vorgangsweise könne die kgl. ung. Regierung nur unter der Bedingung
zustimmen, daß ihre bisherigen Zugeständnisse in der Tarifffage die k. k. Regie-
rung befriedigen würden und eine Tarifvereinbarung auf Grundlage derselben
geschlossen werde. Weitere Zugeständnisse in der Tariffrage könne die kgl. ung.
Regierung unter keinen Umständen machen.

   Was die Normalisierung der Linie Tuzla-Doboj anbelange, so sei die kgl. ung.
Regierung gerne bereit, dem Vorschläge des k. k. Ministerpräsidenten zuzustim¬
men, wonach diese Normalisierung auf Kosten des bosnischen Etats gleich nach
der Fertigstellung der Normalspur Doboj-Sarajewo erfolgen solle. Die ungari¬
sche Regierung wäre aber auch bereit, diese Normalisierung auf gemeinsame
Kosten in der ersten Bauperiode durchführen zu lassen.

   Der k. k. Finanzminister erklärt, er glaube nicht, daß dieser An¬
trag der kgl. ung. Regierung Aussicht habe, österreichischerseits angenommen zu
werden. Die ungarische Regierung wolle den Bau der Bahn Donji-Vakuf-Lasva
durch tarifarische Voraussetzungen unmöglich machen; es werde niemandem
einfallen, eine Bahn zu bauen, die durch künstliche tarifarische Einschränkungen
a priori zur Unrentabilität verurteilt sei. Unter dieser Bedingung habe das prinzi¬
pielle Zugeständnis der kgl. ung. Regierung zum Baue der Bahn gar keinen
Wert.

   In der allgemeinen Tariffrage wolle sie gar keine weiteren Zugeständnisse ma¬
chen. Die bisherigen Zugeständnisse seien eigentlich selbstverständlich und
könnten nicht als Grundlage für ein Tarifabkommen akzeptiert werden.
<pb/>534 Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 191211

   Der kgl. ung. Handelsminister erwidert, es bestehe durchaus
nicht die Absicht, den Bau der Linie Donji-Vakuf-Lasva durch tarifarische Ein¬
schränkungen unmöglich zu machen. Man müsse Mittel und Wege suchen, um
die Tarife so zu regeln, daß einerseits die ungarischen Staatsbahnen durch die
neue Linie keinen Schaden erleiden, andererseits aber letztere auch nicht a priori
zu einer unrentablen werde.

   Nach Ansicht des gemeinsamen Finanzministers würde es
sich empfehlen, durch die tarifarischen Fachdelegierten sofort Verhandlungen
darüber pflegen zu lassen, inwiefeme es möglich wäre, eine speziell für diese
Linie gemachte TarifVereinbarung zu treffen, welche einerseits den Bedenken der
kgl. ung. Regierung hinsichtlich der Konkurrenz der Bahn Rechnung trage und
andererseits die Rentabilität der Linie sicherstellen würde.

    Die Konferenz erörtert nunmehr die Frage, ob es nicht möglich wäre, die vom
kgl. ung. Finanzminister für das Geheimabkommen in Vorschlag gebrachte For¬
mel, wonach ,,die Linie Donji-Vakuf-Lasva im TarifVerkehre nicht tarifbildend
sein solle und keinen Quotenanteil erhalten dürfe&quot;, durch eine mehr allgemeinge¬
haltene Formel zu ersetzen. Nach einer längeren Beratung wird von der k. k.
Regierung die nachstehende Formel vorgeschlagen: Die beiden Regierungen sind
darüber einig, daß durch die Normalisierung der Linie Donji-Vakuf[-Lasva] eine
erhebliche Verschiebung zu ungunsten der bestehenden Hauptlinien der ungari¬
 schen Staatsbahnen nicht herbeigeführt werden soll. In diesem Sinne sind die
tarifarischen Verhandlungen bezüglich dieser Linie zu führen.

    Diese Formel wurde vom kgl. ung. Finanzministerais eine zu
 unbestimmte bezeichnet. Dr. Teleszky erklärt, daß die kgl. ung. Regierung zwar
 die von ihr in Vorschlag gebrachte Formel vorziehen würde, aber bereit wäre,
 auch einer generellen Formel zuzustimmen, insofeme dieselbe ihre Bedenken
 gegen die in Frage stehende Linie klar zum Ausdruck bringen und jede Gefahr
 einer Konkurrenz mit den ungarischen Staatsbahnen ausschließen würde.

    Der k. k. Ministerpräsident wirft die Frage auf, ob die kgl.
 ung. Regierung nicht doch bereit wäre, der Aufnahme der beiden Linien Tuzla-
 Doboj und Donji-Vakuf-Lasva in den Artikel II des Eisenbahngesetzes zuzustim¬
 men, wenn ihr die gewünschten Kautelen hinsichtlich der Konkurrenz der letzt¬
 genannten Linie in einer generell gehaltenen Formel gegeben würden und die
 österreichische Regierung diese Bahn auf eigene Kosten baue.

     Dies wird abgelehnt, indem der kgl. ung. Finanzminister dar¬
 aufbesteht, daß die südwestliche Verbindung mit Sarajewo nur im Artikel III des
 Programmes figurieren dürfe.

     Ein Vorschlag des Vorsitzenden, daß die Normalisierungskosten der
 Linie Doboj-Tuzla von allen drei Regierungen zu gleichen Teilen getragen wer¬
 den sollen, findet keinen Anklang.b

  t&gt; Randbemerkung Stürgkhs N. B. Nach Erinnerung des k. k. Ministerpräsidenten wurde dieser
           Vorschlag diskutiert und zeigte sich auf keiner Seite ein grundsätzlicher Widerstand.
<pb/>Nr. 36 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 28. 10. 191211              535

   Ungarischerseits wird in Anregung gebracht, daß eine neue bosnische Bahnli¬
nie von Bihac nach Zavalje, welche im ungarischen Interesse gelegen wäre und
deren Bau auch von Ungarn allein ausgeführt werden würde, als Kompensations¬
objekt in Erwägung gezogen werden könnte.

   Diese Frage wird wegen des Widerstandes, welchem sie bei den österreichi¬
schen Ministem begegnet, nicht näher erörtert.

   Es entspinnt sich nun eine längere Debatte über eine generelle Formel für die
Vereinbamng zwischen den beiden Regiemngen, durch welche den Bedenken der
kgl. ung. Regierung wegen der Konkurrenzmöglichkeit der südwestlichen Ver¬
bindungsbahn mit Sarajewo Rechnung getragen würde.

   Vom gemeinsamen Finanzminister wird die nachstehende
Formulierung vorgeschlagen:

   Der Beginn der Normalisierung, eventuell Herstellung einer normalspurigen
Neulinie parallel mit der Schmalspurstrecke der Linie Donji-Vakuf-Lasva wird
von der Voraussetzung abhängig gemacht, daß vorher zwischen den beiden Re¬
giemngen ein Übereinkommen getroffen wird, demgemäß für diese Linie durch
tarifarische Anordnungen den berechtigten Ansprüchen der ungarischen Staats¬
bahnen Rechnung getragen wird.

   Diese Formulierung wird von den ungarischen Ministem gebilligt, der k . k .
Ministerpräsident lehnt dieselbe aber in sehr entschiedener Weise ab.

   Der k. k. Eisenbahnminister verweist darauf, daß selbst, wenn
eine entsprechende Formulierung gefunden würde, die Regelung der Tariffrage
im allgemeinen noch offen stehe und wenig Aussicht habe, je zu Ende geführt zu
werden, da die kgl. ung. Regierung jede weiteren Zugeständnisse ablehne.

   Der Vorsitzende konstatiert hierauf, daß es angesichts der noch vor¬
handenen großen Gegensätze unmöglich erscheine, zu einer Einigung zu gelan¬
gen, bevor die Verhandlungen der Fachreferenten für Tariffiragen ergeben hätten,
daß es technisch möglich sei, die Linie Donji-Vakuf-Lasva rentabel zu gestalten,
ohne daß sie den ungarischen Staatsbahnen Konkurrenz mache. Er glaubt daher,
beantragen zu sollen, daß mit den Beratungen der Fachdelegierten sofort begon¬
nen werde und die Konferenz sich bis zum Abschlüsse derselben vertage.

   Es wird in diesem Sinne der Beschluß gefaßt, daß die Fachdelegierten sofort
die Beratung dieser Frage beginnen sollen, worauf der Vorsitzende den Minister¬
rat für aufgehoben erklärt.4

                                                                                            Berchtold

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
Wien, am 29. Dezember 1912. Franz Joseph.

Fortsetzung des Gegenstandes in GMR. v. 8. 11. 1912, GMKPZ. 501.
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