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Gemeinsamer Ministerrat, 25. 11. 1905

I. Die Frage einer Eisenbahnverbingung mit Dalmatien

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z64.pdf.

484 Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 25. November 1905. Franz Joseph.

       Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. November 1905 - Protokoll I

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Freiherr v. Gautsch, der kgl. ung. Ministerpräsident FZM.
Freiherr v.Fejdrväry, der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Ritterv.Pitreich,der k. u. k. gemeinsame
Finanzminister Freiherr v. Burian, der k. k. Finanzminister Kosel, der kgl. ung. Handelsminister v. Vörös,
der Chef der Marinesektion Admiral Graf Montecuccoli, der Leiter des k. k. Eisenbahnministeriums
Sektionschef Wrba, der Staatssekretär im kgl. ung. Finanzministerium Popovics.
    Protokolführer Legationsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Die Frage einer Eisenbahnverbindung mit Dalmatien.

   KZ. 62 - GMCZ. 453
   Protokoll des zu Wien am 25. November 1905 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers
des Äußern Grafen Gohtchowski.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er als deren Gegenstand die
Herstellung einer Eisenbahnverbindung mit Dalmatien bezeichnet, auf die Wichtigkeit
dieser letzteren sowie auf die Notwendigkeit hinweist, diese Frage endlich einer Lösung
zuzuführen.

   Der Vorsitzende erteüt hierauf dem k. u. k. gemeinsamen Kriegsmini¬
ster FZM. Ritter v. Pitreich das Wort, welcher zunächst daran erinnert,
daß er bereits im vorigen Jahre auf die Bedeutung dieser Frage aufmerksam gemacht
habe.1 Redner führt sodann aus, daß der Vorgänger des gegenwärtigen kgl. ung.
Handelsministers2 sich ihm gegenüber dem Gedanken des Ausbaues einer Eisenbahn¬
linie Ogulin-Bihad-Zavalje keineswegs prinzipiell ablehnend verhalten und daß auch
Graf Tisza sich schließlich dieser Idee nicht abgeneigt gezeigt habe. Redner möchte
ausdrücklich betonen, daß es der Kriegsverwaltung nicht um eine bestimmte Trasse,
sondern hauptsächlich um das ehebaldige Zustandekommen einer normalspurigen
Verbindung zu tim sei; wobei deren Augenmerk allerdings zunächst auf eine Eisenbahn
von Knin durch Hochkroatien nach Ogulin oder auf eine solche durch das Unatal nach
Bihad und weiter nach Ogulin oder Novi gerichtet bleibe. Dagegen müsse die Kriegs¬
verwaltung unbedingt darauf bestehen, daß die Bahn, welche Trasse immer für dieselbe
gewählt werden sollte, mit normaler Spurweite gebaut werde, da eine schmalspurige
Bahn vom militärischen Standpunkte wertlos wäre. Redner legt hierauf an der Hand
eines Memoires, welches auf seinen Wunsch dem gegenwärtigen Protokolle beige¬
schlossen wird, jene Umstände dar, welche den Ausbau einer Eisenbahnverbindung mit

1 Pitreich an Gotuchowskiv. 9.11.1904, HHStA., PA. I, Karton 621,530/CdM. Ferner GMR. v. 28.11.1904,
    GMCZ. 444.

2 Handelsminister der Regierung Tisza warKdrofy Hieronymi (1836 -1911).
<pb/>Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I  485

Dalmatien im Interesse der Verteidigung dieses Kronlandes als unbedingt geboten und
nicht länger aufschiebbar erscheinen lassen.3

   Der Chef der Marinesektion Admiral Graf Montecuccoli
glaubt seinerseits hervorheben zu sollen, daß die Herstellung einer Eisenbahnverbin¬
dung mit Dalmatien im Interesse einer raschen Mobilisierung der Marine dringend
nötig erscheine, da bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge alle aEinberufenena per
mare bvon Dalmatien nach Pola° gebracht werden müßten, und im Kriegsfälle der Feind
daher die Mobüisierung durch Entsendung von Schiffen, wenn schon nicht gänzlich
verhindern, so doch wesentlich verzögern könnte. Ein weiterer Umstand, der zugunsten
einer Eisenbahnverbindung mit Dalmatien spreche, sei, daß Sebenico sich zu einem
Flottenlager und somit zu einem Stützpunkte für die Verteidigung Dalmatiens hervor¬
ragend eignen würde, welchem Zwecke es allerdings nur im Falle der Herstellung einer
Eisenbahnverbindung über Knin mit dem Innern der Monarchie entsprechen könnte.
Sollte eine solche Eisenbahnverbindung zustande kommen, so würde man nach Sebe¬
nico leicht Fünfkirchner Kohle bringen können, welche, wenn auch nicht so gut wie die
englische Kohle, doch von hinlänglich guter Qualität sei.

   Es ergreift hierauf der kgl. ung. H andelsminister v. Vörös das Wort,
um auszuführen, daß, falls die ungarische Regierung sich dazu verstehen würde,
zwischen Ogulin oder einem anderen Punkte der Linie Karlstadt-Fiume einerseits und
der dalmatinischen Grenze in der Richtung nach Knin andererseits eine normalspurige
Bahnverbindung herzustellen, hiedurch mit Rücksicht auf die unverhältnismäßig hohen
Baukosten (cirka 45-60 Millionen Kronen) und die voraussichtliche geringe Rentabili¬
tät dieser Bahn den müitärischen Interessen der Monarchie zu Lasten der Finanzen
Ungarns ein sehr bedeutendes Opfer gebracht und den wirtschaftlichen Interessen
Österreichs, welche die Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Dalmatien
und den übrigen österreichischen Kronländem dringend erheischen, ein wertvoller
Dienst erwiesen werden würde, wogegen vom Standpunkte der ungarischen wirtschaft¬
lichen Interessen der Ausbau dieser sehr kostspieligen Bahn nicht notwendig erscheine.
Mit Rücksicht hierauf müsse die Ausführung der kroatisch-dalmatinischen normalspu-
rigen Bahnverbindung ungarischerseits davon abhängig gemacht werden, daß die öster¬
reichische Regierung hiefür entsprechende Kompensationen biete.

   Diese Kompensationen seien folgende: 1. Die Regelung der pendenten Angelegen¬
heiten der Kaschau-Oderberger Eisenbahn, namentlich die von Ungarn seit Jahren
vergeblich geforderte HersteUung des Annaberger Anschlusses und die einheitliche
Erledigung der Investitionsfragen. 2. Die Angelegenheit der galizischen fahrordnungs¬
mäßigen Zugsanschlüsse, in welcher Beziehung die österreichische Regierung dem
Verlangen der ungarischen Regierung gegenüber, im Anschlüsse an die ungarischen
nach und von Lawoczne verkehrenden Schnellzüge eine direkte Schnellzugsverbindung

a-a KorrekturMontecuccolis aus Rekruten.
b_b Korrektur Montecuccolis aus nach Dalmatien.

3 Siehe Beilage 64a. Des weiteren Memoire betreffend den Ausbau einer Eisenbahnverbindung mit Dal¬
    matien, KA., KM., Präs. 55-25/1/1905.
<pb/>486  Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I

nach Lemberg und nach der russischen Grenze herzustellen, sich bisher gänzlich
ablehnend verhalten hat. 3. Auf eisenbahntarifarischem Gebiete könnte gefordert
werden, daß in betreff der Regelung des Verkehres zwischen den Linien der kgl. ung.
Staatsbahnen einerseits und den Linien Marchegg-Wien und Bruck an der Leitha-
Wien andererseits mit billiger Berücksichtigung der ungarischen wirtschaftlichen und
Verkehrsinteressen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.

    Weiters betont Redner die Notwendigkeit, für den Fall des Zustandekommens einer
kroatisch-dalmatinischen Verbindungslinie in betreff des über dieselbe sich bewegen¬
den österreichisch-dalmatinischen und ungarisch-dalmatinischen Verkehres spezielle
Vereinbarungen tarifarischer Natur zu treffen. Schließlich erklärt Redner, daß die
ungarische Regierung den Ausbau der mehrerwähnten Verbindungslinie nur unter der
Bedingung zu effektuieren geneigt sei, daß ein Anschluß derselben an die Strecke
Laibach-Gottschee oder Laibach-Rudolfswerth der Unterkrainer Bahn unbedingt
ausgeschlossen bleibe.

    Der Leiter des k.k. Eisenbahnministeriums Sektionschef
W r b a erbittet sich das Wort, um zunächst darauf hinzuweisen, daß nach österreichi¬
scher Auffassung die kroatisch-dalmatinische Verbindungsbahn auch für Ungarn ein
volkswirtschaftliches Interesse habe. Redner erinnert in dieser Beziehung daran, daß
seitens der Handelskammer in Fiume wegen des Ausbaues einer solchen Linie petitio¬
niert worden sei. Davon abgesehen sei diese Bahnverbindung aber auch im Interesse
der Monarchie gelegen, welches füglich doch auch für Ungarn in Betracht komme.
Redner bemerkt weiters, daß er zwar darauf vorbereitet gewesen sei, daß in der
heutigen Konferenz die Frage der HersteUung einer Eisenbahnverbindung mit Dalma¬
tien zur Sprache gebracht werden würde, nicht aber darauf, daß ungarischerseits die
Frage von Kompensationen würde aufgeworfen werden, welche zum Teüe die wichtig¬
sten Fragen der gesamten Eisenbahnpolitik betreffen. Redner bittet daher, davon
enthoben zu werden, in der heutigen Konferenz zu diesen Anregungen des kgl. ung.
Handelsministers Stellung zu nehmen.

   Redner führt weiters aus, daß das k. k. Eisenbahnministerium im November 1903 an
das kgl. ung. Handelsministerium eine Note gerichtet habe, in welcher bezüglich der
angestrebten Verbindung zwischen den bestehenden dalmatinischen Staatsbahnen und
dem übrigen Bahnnetze der Monarchie in der Richtung gegen Agraun darauf hingewie¬
sen wurde, daß zu diesem Zwecke in erster Linie die Herstellung einer Bahn von Knin
durch das Unatal nach Novi angestrebt werde, für welche sowohl in technischer als auch
in volkswirtschaftlicher Beziehung verhältnismäßig günstige Vorbedingungen gegeben
seien.4 Dagegen - so sei in der erwähnten Note des weiteren dargelegt worden - dürfte
der Ausbau dieser Bahnlinie, welche zum weitaus überwiegenden Teüe auf bosnischem
Gebiete zu liegen kommen würde, insoTeme Schwierigkeiten begegnen, als die Finan¬
zen Bosniens und der Hercegovina durch die Ausführung der gesetzlich sichergesteüten
Bahnbauten vollständig in Anspruch genommen würden; daher sei zu erwägen, ob die
intendierte Verbindung nicht auch durch den Bau einer Bahnlinie von Knin zu einem

* Die Note des k. k. Eisenbahnministers an den kgl. ung. Handelsminister war nicht auffindbar.
<pb/>Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I  487

geeigneten Punkte der kgl. ung. Staatsbahnlinie Karlstadt-Fiume bewerkstelligt
werden könnte. Demgemäß wurde in der Note an das kgl. ung. Handelsministerium das
Ersuchen gerichtet, über die Intentionen der kgl. ung. Regierung in dieser Angelegen¬
heit baldmöglichst eine Mitteilung zu machen, und zugleich die Versicherung beigefügt,
daß für den Fall, als die Ausführung der auf ungarischem Gebiete gelegenen Strecke
demnächst verwirklicht werden solle, die Sicherstellung der auf dalmatinisches Gebiet
fallenden Anschlußstrecke österreichischerseits rechtzeitig bewerkstelligt werden
würde.

    Auf diese Zuschrift sei, wie Redner bemerkt, eine Antwort seitens der kgl. ung.
Regierung bisher, nicht eingelangt. Redner glaubt daher, jetzt die Bitte stellen zu
sollen, die ungarische Regierung möge die erwähnte Note den heutigen Verhält¬
nissen entsprechend beantworten und sich darüber äußern, welcher der beiden
vorerwähnten Varianten sie den Vorzug gebe, damit sodann die österreichische
Regierung ihrerseits in die Lage gesetzt sei, über die weitere Behandlung der
Frage schlüssig zu werden.

    Der k.k. Ministerpräsident Freiherr v. Gautsch möchte seiner¬
seits darauf hinweisen, daß die Eisenbahnverbindung mit Dalmatien ein eminent
gesamtstaatliches Interesse darstellt, bei welchem es sich um die Verteidigung der
Monarchie handelt, so daß diesem Interesse gegenüber die Sonderinteressen der
beiden Staatsgebiete erst in zweiter Linie zu stehen kommen. Von diesem Standpunkte
ausgehend, könne Redner sich den Ausführungen des gemeinsamen Kriegsministers
nur vollkommen anschließen und die Notwendigkeit betonen, daß der Bahnbau, sei es
mit der einen, sei es mit der anderen Linie, ohne weiteren Zeitverlust ausgeführt werde.
Die ungarische Regierung möge daher die Note des k. k. Eisenbahnministeriums vom
November 1903 beantworten und der österreichischen Regierung hiedurch die Mög¬
lichkeit geben, mit den erforderlichen Vorarbeiten zu beginnen. Was die von dem kgl.
ung. Handelsminister aufgeworfene Frage der Kompensationen betrifft, so bemerkt
Redner, daß die österreichische Regierung, als es sich seinerzeit um den Bau der
Karpatenbahnen gehandelt habe, sich die Methode der Kompensationen nicht ange¬
eignet habe, obwohl die Bahnen wirtschaftlich tote Linien darstellen und nur im
gesamtstaatlichen Interesse zur Ermöglichung eines leichteren Aufmarsches gegen
Rußland gebaut worden seien. Redner will übrigens nicht in Abrede stellen, daß eine
Eisenbahnverbindung mit Dalmatien auch einem österreichischen Interesse entspre¬
chen würde, jedoch einem solchen, welches beiden Staaten der Monarchie gemeinsam
sei. Redner möchte in diesem Zusammenhänge auf diejenigen Erscheinungen hinwei¬
sen, welche man in ihrer Gesamtheit mit dem Namen ,,südslawische Gefahr&quot; bezeichne,
und daran erinnern, daß er dem Grafen Tisza gegenüber auf diese Gefahr hingedeutet
habe, welche in der letzteren Zeit entschieden größer geworden sei, und zwar gerade
infolge des Widerstandes der ungarischen Regierung gegen den dalmatinischen Eisen¬
bahnanschluß. Wenn man in der Lage wäre zu erklären, daß die Herstellung eines
solchen Eisenbahnanschlusses in Aussicht stehe, so würde die erwähnte Erscheinung
vielleicht nach und nach wieder verschwinden. Graf Tisza habe dies auch eingesehen,
und es sei damals keine Rede von so weitgehenden Kompensationen gewesen. Redner
erklärtsich übrigensbereit, inbetreffdervon dem kgl. ung. Handelsminister angeregten
<pb/>488  Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I

 Kompensationen selbst für den Fall, als der dalmatinische Bahnanschluß nicht zustande
 kommen sollte, mit der ungarischen Regierung in Unterhandlungen zu treten, müsse
 aber doch andererseits bitten, daß eine im gesamtstaatlichen Interesse liegende Ange¬
 legenheit nicht zur Aufstellung von Bedingungen benützt werde, welche den Wert des
 gegebenen bei weitem übersteigen.

    Der k. u. k. gemeinsame Finanzminister Freiherr v. Buri-
 ä n ergreift hierauf das Wort um auszuführen, daß neben der großen Bedeutung
 der dalmatinischen Eisenbahnverbindung für die Monarchie die Bedeutung,
welche die Verbindung für Bosnien habe, in den Hintergrund trete. Gleichwohl
würde eine solche Eisenbahn, wenn sie selbst nur bosnisches Gebiet bei Bihac
berühren oder infolge der eventueUen Wahl der Trasse Bihad-Novi durch bosni¬
sches Gebiet führen würde, für Bosnien sehr erwünscht sein und diesem Lande
in hohem Maße zugute kommen. Redner gibt daher der Ansicht Ausdruck, daß
vom Standpunkte der rein bosnischen Interessen die Linie Bihac-Novi vorzuziehen
gewesen wäre und daß nur für eine solche das Okkupationsgebiet namhaftere
Opfer hätte bringen können. Da jedoch diese Linie dermalen überhaupt nicht in
Betracht komme, so müsse Redner zwischen den zwei in Rede stehenden Linien
sich für jene über Bihad-Knin durch das Unatal aussprechen und derselben vor
jener über Otodad-Gospid umso mehr den Vorzug geben, als im Falle der Wahl
der ersteren Trasse die Baukosten nicht ausschließlich Ungarn belasten würden,
sondern für den größeren, über das Okkupationsgebiet führenden Teil der Strecke
proportionell auf beide Staaten der Monarchie verteüt werden könnten, was auch
die Lösung der aufgeworfenen Kompensationsfragen erleichtern würde. Redner
hält sich jedoch verpflichtet, bereits jetzt zu erklären, daß auch, falls die Entschei¬
dung zugunsten der Linie Bihac-Knin getroffen werden sollte, es für die bosnische
Regierung unmöglich sein werde, für die Kosten des Bahnbaues ganz oder teü-
weise aufzukommen, oder diesfalls irgendeine Garantie zu übernehmen, da die
finanzielle Leistungsfähigkeit Bosniens und der Hercegovina bereits durch die
Ausführung der gesetzlich sichergestellten Bahnbauten in vollem Maße in An¬
spruch genommen werde, ja sogar schon vorherzusehen sei, daß sie nicht einmal
zur Erfüllung dieser Verpflichtungen ausreichen werde. Die Kosten für den er¬
wähnten Bahnbau würden daher, wie bereits früher erwähnt, zwischen den beiden
Regierungen nach einem bestimmten Beitragsverhältnisse aufgeteilt werden
müssen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident FZM. Freiherr v.Fejervä-
r y glaubt die Versicherung abgeben zu können, daß der Wunsch, die Note des k. k.
Eisenbahnministeriums vom November 1903 zu beantworten, auf ungarische Seite
gewiß vorhanden sei, und ist im übrigen der Ansicht, daß es sich erst im Verlaufe der
nach Beantwortung dieser Note einzuleitenden Verhandlungen herausstellen werde,
ob dabei auch noch über andere Fragen zu verhandeln sein werde. Redner bittet
übrigens, davon überzeugt sein zu wollen, daß die ungarische Regierung sich gewiß
nicht der Verpflichtung zu entziehen beabsichtige, eine Bahn zu bauen, deren Zustan¬
dekommen im Interesse der Sicherheit der Monarchie gewünscht werden müsse.
Redner bedauert übrigens, daß diese wichtige Frage nicht schon längst einer Lösung
<pb/>Nr. 64 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll I       489

 zugeführt worden sei, da der jetzige Moment mit Rücksicht auf die politische Lage in
 Ungarn ein sehr ungünstiger sei, um an die Lösung dieser Frage heranzutreten.5

    Der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZ M. Ritter v. Pit¬
 reich dankt dem Vorredner für die wohlwollende Beurteüung, welche derselbe
. dieser für die Verteidigung der Monarchie so wichtigen Frage entgegenbringe, und
 spricht sich dafür aus, daß man die Linie Ogulin-Gospic in den Hintergrund treten lasse
 und mit aller Macht das Studium der Linie Ogulin-Bihad in Angriff nehmen möge. Auch
 würde Redner es für ersprießlich und rascher zum Ziele führend halten, wenn von
 einem meist zeitraubenden Notenwechsel abgesehen und die Angelegenheit im Wege
 mündlicher Verhandlungen möglichst rasch in Fluß gebracht werden könnte.

    Der Versitzende macht demgegenüber geltend, daß vorerst jedenfalls die
 Beantwortung der Note des k. k. Eisenbahnministeriums vom November 1903 durch
 die ungarische Regierung erfolgen müsse, damit man deren Standpunkt in der Frage
 kennenleme. Sei dies einmal geschehen, so könnte die Frage dann neuerlich in einer
 Konferenz erörtert werden.6 Redner bezeichnet die Frage der Eisenbahnverbindung
mit Dalmatien als eine solche, welche im Interesse der Sicherheit der Monarchie
gebieterisch eine Lösung erheische und welche daher Sr. Majestät ganz besonders am
Herzen liege, weshalb Allerhöchstdieselben ihn beauftragt hätten, in der Konferenz
nachdrücklich dafür einzutreten, daß diese Frage endlich einer entsprechenden Lösung
zugeführt werde. Redner glaubt zwar nicht, daß in nächster Zeit große Komplikationen
bevorstehen, man könne aber im Hinblicke auf die Lage im Oriente nicht sicher sein,
ob nicht Fragen auftauchen, zu welchen die Monarchie werde Stellung nehmen müssen.
Ob man in einem solchen Falle auf eine loyale Haltung Italiens werde rechnen können,
sei mehr als ungewiß. Man könne sich nicht darüber täuschen, daß die Lage im
Hinblicke auf Italien und Montenegro mit jedem Jahre ungünstiger werde, und italie-
nischerseits, wie der gemeinsame Kriegsminister in seinem Memoire dargelegt habe, in
einer Weise vorgegangen werde, welche geeignet sei, die lebhaftesten Besorgnisse
hinsichtlich der eventuellen Haltung Italiens im Falle des Eintrittes irgendwelcher
Komplikationen hervorzurufen.7 Redner weist in diesem Zusammenhänge auf das
italienische Kanonengeschenk an Montenegro hin, welches übrigens vielleicht nicht
einmal ein Geschenk, sondern einfach die vorgeschobene Position der Kriegsverwal¬
tung einer mit dem Fürstentume befreundeten Macht sei.

    Der Leiter des k.k. Eisenbahnministeriums Sektionschef
W r b a möchte auch seinerseits nochmals betonen, daß der erste Schritt zur Lösung
der Frage eines Eisenbahnanschlusses mit Dalmatien in der Beantwortung der mehrer¬
wähnten Note des k. k. Eisenbahnministeriums zu bestehen haben werde. Sobald diese
Antwort vorliegen werde, werde es sich um die Aufstellung eines Detaüprojektes sowie
darum handeln zu entscheiden, wer dasselbe auszuarbeiten und auf welche Linie sich
dasselbe zu beziehen haben werde. Wenn diese Vorarbeiten einmal gemacht sein
würden, dann würden weitere Verhandlungen über die Sicherstellung des Baues der

5 Siehe GMR v. 22.8.1905, GMCZ. 450; GMR. v. 16.10.1905, GMCZ. 451.
6 Siehe GMR. v. 27.2.1906, GMCZ. 458.
7 Siehe Anm. 3.
<pb/>490  Nr. 64a Memoire betreffend Dalmatien und die Hercegovina, o. O., o. D.

betreffenden Linie eingeleitet werden können. Anknüpfend hieran bemerkt Redner,
daß sich bezüglich der Linie Ogulin-Bihac die drei Regierungen zu äußern haben
würden.

   Nachdem der k.k. Ministerpräsident Freiherr v. Gautsch sich mit der eventuellen
Wahl der Linie Ogulin-Bihad einverstanden erklärt und der kgl. ung. Handelsminister
v. Vörös die Beantwortung der Note des k. k. Eisenbahnministeriums vom November
1903 in Aussicht gestellthat, schließt der Vorsitzende die Diskussion über diesen
Beratungsgegenstand.

                                                                                           Gofuchowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses ProtokoUes zur Kenntnis genommen.
   Wien, 17. Dezember 1905. Franz Joseph.

       Nr. 64a Memoire betreffend Dalmatien und die Hercegovina, o. O., o. D.

     Beilage mm GMRProL v. 25.11.1905, GMCZ. 453

   Schon seit einer Reihe von Jahren sind die Verhältnisse derartige, daß bei einer
kriegerischen Verwicklung Dalmatien und die Hercegovina zu Lande im Süden von
Montenegro, überdies aber seitens Italien von Westen her auch zur See ernstlich
bedroht erscheinen. Diese Bedrohung hat sich in letzter Zeit durch die systematisch
fortschreitenden Kriegsvorbereitungen Italiens, welche abgesondert von diesen Darle¬
gungen übersichtlich zusammengestellt wurden, und auch in dem auffallend häufigen
Kreuzen und Rekognoszieren italienischer Schiffe an unserer Küste zum Ausdrucke
kommen, ganz wesentlich gesteigert Dazu kam jüngst die Landung italienischer
Gebirgs- und Belagerungsgeschütze in Montenegro, welche Tatsache - nebst der
direkten Verschärfung der Bedrohung - die Erkenntnis mit sich bringt, daß bindende
Abmachungen zwischen Italien und Montenegro bestehen dürften, und man mit dem
Umstande wird rechnen müssen, bei einem Landangriffe von Süden aus an Seite der
Montenegriner italienische Truppen oder doch mindestens italienische Festungsartil¬
lerie zu finden.

   Die Abwehr des Angriffes zur See obliegt naturgemäß der Flotte, eine Aufgabe,
welche dieselbe 1866 glänzend gelöst hat. Überprüft man jedoch da$ jetzige Stärkever¬
hältnis der k. u. k. Flotte gegenüber den Seestreitkräften Italiens, so sieht man gar bald,
wieweit wir uns in dieser Beziehung von unserem Nachbarn überflügeln ließen, welches
Verhältnis sich nach Maßgabe des fortschreitenden Ausbaues nach dem italienischen
Flottenprogramme stetig noch ungünstiger gestaltet.

   Es wäre vermessen, aufgrund der Taten von Lissa sich in der Hoffnung wiegen zu
wollen, daß unsere Flotte auch mit ganz inferiorem Materiale der italienischen Herr
werden wird. Es kommt fernere zu bedenken, daß selbst bei richtiger Erkenntnis des
Versäumnisses und dem ehrlichsten Streben nach Gutmachung sich der Umstand nicht
aus der Welt schaffen läßt, daß der Ausbau einer Flotte sehr geraume Zeit erheischt,
<pb/>Nr. 64a Memoire betreffend Dalmatien und die Hercegovina, o. O., o. D.  491

so daß ein rechtzeitiges Fertigwerden nicht gewährleistet ist. Unter solchen Umständen
kann man also nicht mit Sicherheit damit rechnen, daß unsere Flotte die Herrschaft zu
See wird behaupten können.

    Eine Sicherung von Süddalmatien und der Hercegovina sowie der übrigen dalmati¬
nischen Küste durch eine ausgiebige Vermehrung der dortigen Truppen oder durch
Verlegung von Truppen bei drohender Lage dahin ist jedoch vor allem aus dem Grunde
nicht angängig, weü diese Truppen in erster Linie dort benötigt werden, wo um die
Entscheidung gekämpft wird. Wenn man wie im Jahre 1859, wo zwischen der französi¬
schen und unserer Flotte ein ähnliches Mißverhältnis bestand, erhebliche Kräfte zur
Sicherung der Küste widmen wollte, würden wir wahrscheinlich - wie damals bei
Magenta und Solferino - am entscheidenden Platze den kürzeren ziehen. Dieses Mittel
kann sonach nicht in Betracht gezogen werden. Selbst die Sicherung des politisch und
müitärisch wichtigen entlegenen Raumes von Cattaro gegen schon in den allerersten
Tagen zu gewärtigende, überfallsartig kombinierte Land- und Seeangriffe der Monte¬
negriner und Italiener gleichwie ein Erfolg in der Hercegovina kann also nicht durch
Vermehrung der dort befindlichen Truppen angestrebt werden; für diesen Zweck sind
vielmehr Standeserhöhungen dieser Truppen, wie sie bezüglich Cattaro zum größten
Teüe schon durchgeführt wurden, und die vollste Kriegsbereitschaft der Befestigungen
vom fortifikatorischen wie artüleristischen Standpunkte aus erforderlich. Die Verteidi¬
gung der übrigen dalmatinischen Küste muß den minimalen dort befindlichen Kräften
überlassen bleiben. Die wesentlichste Grundbedingung hiebei ist jedoch das Vorhan¬
densein der Möglichkeit, im Mobilisierungsfalle diesen Truppen sämtliche Erforder¬
nisse rasch und sicher zuschieben zu können, Abgänge bei denselben leicht zu ersetzen
und für alle Fälle, so insbesonders, wenn größere feindliche Landungen zur Tat werden
sollten, in der Lage zu sein, die rascheste Verschiebung von an Ort und Stelle befindli¬
chen sowie den raschesten Zuschub anderswo verfügbar werdender Truppen nach
Dalmatien durchzuführen.

   Feindliche Bedrohungen von See aus und Landungen haben aber die Überlegenheit
der feindlichen Flotte zur Voraussetzung und schließen daher für uns die Benützung
des Seeweges zu den vorangegebenen Zwecken eo ipso aus. Die erfolgreiche Verteidi¬
gung der dalmatinischen Küste ist daher nur durch eine leistungsfähige, normalspurige
Bahnverbindung aus dem Inneren der Monarchie nach Dalmatien zu realisieren. Die
baldigste Ausführung der schon prinzipiell festgelegten Linie von Ogulin über Bihac
nach Knin, wo dieselbe an die bereits bestehende normalspurige Strecke Sebenico bzw.
Spalato-Knin anzuschließen hätte, ist sonach vom müitärischen Standpunkte unbedingt
geboten, würde jedoch auch voni nationalökonomischen und kulturellen Gesichtspunk¬
te aus dem lange vemachläßigten Kronlande Dalmatien weitgehende Vorteüe bringen.
Die angeführte Bahnlinie hätte noch die weitere hochwichtige müitärische Bedeutung,
die Mitwirkung der Flotte bei der Küstenverteidigung wesentlich zu fördern.

   Daß eine direkte Stärkung der Flotte durch möglichstes Nachholen des an ihr
Versäumten notwendig ist, kann nicht oft genug betont werden; dies wird allerdings
auch im besten Falle in absehbaren Zeit kaum in dem Maße gelingen, um sie quantitativ
der italienischen Flotte annähernd gleich&#39;zu machen. Immerhin kann aber ein, wenn
auch beschränkter Ausbau unserer Flotte sie befähigen, sich in der Verteidigung der
<pb/>492  Nr. 64a Memoire betreffend Dalmatien und die Hercegovina, o. O., o. D.

Küste zu betätigen. Dies setzt jedoch bei der relativ langen Entwicklung unserer Küste
eine ausreichende Zahl von Stützpunkten voraus, wo die Hotte einen gesicherten Hafen
beziehungsweise Reede findet und ihren Bedarf an Kohlen u. dgl. ergänzen kann Die
beiden weit voneinander entfernten Punkte Pola und Cattaro genügen hiefür nicht und
bedarf es eines weiteren solchen Kriegshafens, zu welchem Zwecke sich Sebenico
ausgesprochen eignet. Ein solcher Kriegshafen entspricht aber nur dann seiner Bestim¬
mung, wenn die Zufuhr jeder Art durch eine gesicherte und leistungsfähige Bahnver¬
bindung mit dem Inneren der Monarchie gewährleistet ist, was durch den angeführten
Ausbau der normalspurigen Strecke Knin-Bihad-Ogulin erreicht würde.

    Damit ist aber für die unbedingt gebotene Verbesserung der Verhältnisse in Dalma¬
tien noch nicht alles getan, da es sich auch um die HersteUung des Anschlusses mit den
süddalmatinischen und hercegovinischen Bahnlinien handelt. Die wichtige befestigte
Gegend der Bocche di Cattaro bedarf einer gesicherten Nachschublinie, wofür der
Anschluß von Knin über Sinj-Imotski nach Gabela erforderlich ist, da die Bahnlinie
von Sarajevo her durch teUweise sehr große Steigungen und Überwinden derselben mit
Zahnstangenbetrieb keine genügende Leistungsfähigkeit besitzt, überdies die Bosna-
Bahn nicht auch diesen Zwecken zu genügen vermag, vielmehr von dem Nachschübe
für die eigenen Truppen an der Drina, um Sarajevo und bei Kalinovik vollauf absorbiert
werden wird.

    Die Strecke Knin-Sinj erscheint trotz der schon vorhandenen Linien Knin-Spalato
und Salona-Sinj aus dem Grunde sehr erwünscht, weü die Linie in der Gegend von
Spalato als Küstenbahn stark exponiert und überdies die Strecke Salona-Sinj durch
Witterungsemflüsse gefährdet ist. Wenn es die finanziellen Interessen gebieterisch
erheischen sollten, so könnte bei dem Anschlüsse Sinj-Gabela, eventuell sogar bei der
Strecke Knin-Sinj unter Zurücksetzung der müitärischen Forderungen die bosnische
Schmalspur zur Anwendung kommen. Zu Lasten des bosnischen Budgets würde bei
dem erwähnten Anschlüsse nur die relativ kurze Strecke Gabela-Imotski fallen,
wogegen sich hiedurch für das Okkupationsgebiet der unverhältnismäßige Vorteü der
Bahnverbindung mit den Häfen von Spalato und Sebenico ergeben würde.

   Aber auch die an Montenegro grenzende und ernsten kriegerischen Ereignissen gar
bald ausgesetzte Hercegovina würde einer eigenen Bahnverbindung mit der Monarchie
bedürfen, da die bestehende Linie von Sarajevo über Mostar aus den bereits angeführ¬
ten Gründen hiefür nicht ausreicht, die dalmatinische Bahn aber lediglich den Anfor¬
derungen Dalmatiens vollauf zu genügen imstande sein wird. Es wäre sonach für die
erfolgreiche Durchführung der Kämpfe in der Hercegovina die Herstellung der Teü-
strecken Banjaluka-Jajce und Bugojno-Rama - wenn auch nur schmalspurig, jedoch
ohne Zahnstangenbetrieb - zweifellos erwünscht, um so die durchlaufende Linie
Banjaluka-Mostar zu schaffen. Nachdem sich jedoch gegenwärtig letztere Forderung
kaum realisieren ließe, so muß sie wohl vorläufig in den Hintergrund treten, wodurch
aber die Notwendigkeit einer durchlaufenden leistungsfähigen dalmatinischen Bahn
noch schärfer hervortritt.

   Die aufgestellten Forderungen nach neuen Bahnlinien in Dalmatien und im Okku¬
pationsgebiete decken sich nicht mit den schon getroffenen Vereinbarungen der betei¬
ligten Regierungen, nach welchen dem Baue der Strecke Sarajevo-Uvac jener der Linie
<pb/>Nr. 65 GemeinsamerMinisterrat, Wien, 25.11.1905 - Protokoll II        493

Samac-Doboj und Bugojno-Livno-Sinj zu folgen hätten. Da jedoch die militärischen
Interessen aus den mehrfach erwähnten Gründen in erster Linie den Anschluß Ogulin-
Knin mit der weiteren Strecke Knin-Gabela erfordern, wobei die nationalökonomi¬
schen und kulturellen Interessen zum mindesten dieselbe, vielfach aber eine weit
rationellere Förderung erfahren, so wären die getroffenen Vereinbarungen ebenso zum
Wohle der Gesamtmonarchie wie ihrer einzelnen Teüe in der angegebenen Weise
abzuändern.

   Schließlich sei noch des Übelstandes gedacht, daß der Fahrpark der Bahnen mit
bosnischer Spurweite leider ein noch ganz unzureichender ist, woraus sich - ganz
abgesehen von dem Baue weiterer wichtiger Strecken mit dieser Spur - die unabweis¬
bare Forderung nach ausgiebiger Komplettierung dieses rollenden Materials ergibt.

      Nr. 65 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. November 1905 - Protokoll II

    RS. (undRK.)
    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Freiherr v. Gautsch (1.12.), der kgl. ung. Ministerpräsident
FZM. Freiherr v. Fejdrväiy, der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Ritter v. Pitreich (2.12.), der
k. u. k. gemeinsame Finanzminister Freiherr v. Buriän, der k. k. Finanzminister Kosel, der Chef der Mari¬
nesektion Admiral Graf Montecuccoli (10.12.), der Staatssekretär im kgl. ung. Finanzministerium Popovics.
    Protokollführer Legationsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Der gemeinsame Voranschlag für das Jahr 1906; die Frage der Flüssigmachung von
Votschüssen a conto der von den Delegationen für die Jahre 1904 und 1905 bewilligten Teilbeträge des
Rüstungskredites von 450 Millionen; die Quotenfrage sowie die Frage der Einberufung der Delegationen.

   KZ.63-GMCZ. 454
   Protokoll des zu Wien am 25. November 1905 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers
des Äußern Grafen Gohichowski.

   Der Vorsitzende eröffnet die Verhandlung über den gemeinsamen Voran¬
schlag für das Jahr 1906 mit der Bemerkung, daß sich mit Rücksicht auf die politische
Situation in Ungarn1 für die gemeinsamen Ministerien die Notwendigkeit ergeben habe,
für ihre Ressorts zwei verschiedene Voranschläge vorzubereiten, nämlich einen für den
Fall, daß keine Delegationen gewählt werden sollten, und einen anderen für den Fall,
daß es zur Wahl von Delegationen kommen sollte. Was die ersteren Voranschläge
betreffe, so hielten sich dieselben so ziemlich innerhalb des Rahmens des von den
Delegationen für das laufende Jahr bewilligten Budgets und seien gewissermaßen nur
eine automatische Ausgestaltung dieses letzteren. Die eventuell für die Einbringung in
den Delegationen bestimmten Voranschläge enthielten dagegen größere Mehranfor¬
derungen, über welche die genannten Vertretungskörper zu beschließen haben würden.
Redner schlägt vor, der bisher stets befolgten Vorgangsweise entsprechend, mit der
Beratung des Voranschlages seines Ressorts zu beginnen, sodann zur Erledigung der

1 Siehe GMR. v. 22.8.1905, GMCZ. 450; GMR. v. 16.10.1905, GMCZ. 451.
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