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Gemeinsamer Ministerrat, 7. 11. 1900

I. Die Frage des Ausbaues der bosnischen Eisenbahn

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z41.pdf.

248 Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900

   Da jedoch in der Konferenz die übereinstimmende Anschauung zum Ausdruck
gelangt, daß es mit Rücksicht auf das gespannte Interesse, welches die öffentliche
Meinung sowie die parlamentarischen Kreise der Lösung der Frage der bosnischen
Bahnen entgegenbringen, unmöglich sein werde, die Sache noch weiter als geheim zu
behandeln, beschließt die Konferenz, am folgenden Tage nochmals behufs Redigierung
eines zweiten Kommuniques zusammenzutreten, mittels welchem der öffentlichen
Meinung in geeignet scheinender Weise über den Inhalt des auf den Ausbau der neuen
bosnischen Eisenbahnlinien bezüglichen Gesetzentwurfes Aufschluß erteilt werden
soll.

   Bezüglich der tarifarischen Vereinbarungen wird beschlossen, daß dieselben bis auf
weiteres geheimzuhalten seien und nur auf etwaige hierüber in den parlamentarischen
Ausschüssen gestellte Anfragen Antwort erteüt werden solle.

   Der Vorsitzende schließt hierauf die Sitzung nach Anberaumung der näch¬
sten Konferenz für den folgenden Tag um 3 Uhr nachmittags.7

                                                                                           Goluchowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen.
   Wien, 14. Dezember 1900. Franz Joseph.

             Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7. November 1900

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell, der k. k. Ministerpräsident v. Koerber, der
k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (18.12.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs, der kgl. ung.
Handelsminister v. Hegedüs, der k. k. Eisenbahnminister Ritter v. Wittek, der k. k. Finanzminister Ritter
Böhm [v. Bawerk], der k. k. Handelsminister Freiherr v. Call.
    Protokollführer Sektionsrat Freiherr v. Gagem.
    Gegenstand: Die Frage des Ausbaues der bosnischen Eisenbahn.

   KZ. 85 - GMCZ. 430
   Protokoll des zu Budapest am 7. November 1900 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers
des Äußern Grafen Gohichowski.

   Nach Eröffnung der Sitzung bringt der Vorsitzende zunächst den in der
vorangegangenen Konferenz vereinbarten Gesetzentwurf betreffend den Ausbau der
bosnischen Bahnen zur Sprache, indem er eine lediglich stüistische Änderung des
Schlußsatzes des § 3 desselben beantragt1 Nachdem die Konferenz dieser Änderung
zugestimmt hat, ladet der Vorsitzende im Sinne eines von derselben geäußerten Wun-

7 GMR. v. 7.11.1900, GMCZ. 430.

1 GMR v. 6.11.1900, GMCZ 429.
<pb/>Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900  249

sches den k. u. k. gemeinsamen Finanzminister v. Källay ein, die auf
Bosnien bezüglichen Paragraphen des erwähnten Gesetzentwurfes, welche noch einer
genaueren Textierung bedürfen, in entsprechender Weise zu formulieren, welchem
Wunsche der gemeinsame Finanzminister mit dem Beifügen nachzukommen sich bereit
erklärt, daß er die Ausfertigungen des endgütig redigierten Gesetzentwurfes im Wege
des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern den beiden Ministerpräsidenten
zugehen lassen werde.2

   Der Vorsitzende erteflt hierauf dem k. k. Ministerpräsidenten v.
K o e r b e r das Wort, welcher, dem in der vorangegangenen gemeinsamen Konferenz
gefaßten Beschluß entsprechend, den Entwurf eines Kommuniques zur Verlesung
bringt, mittels welchem das Ergebnis der in den betreffenden gemeinsamen Minister¬
konferenzen über die Frage des Ausbaues der bosnischen Bahnen stattgehabten Bera¬
tungen der Presse mitgeteüt werden soll, und von welchem Redner erwartet, daß es der
öffentlichen Meinung, welche sich in der letzten Zeit in so intensiver Weise mit dieser
Angelegenheit beschäftigt hat, die wünschenswerte Beruhigung und Aufklärung gewäh¬
ren wird.

   Nach einem längeren hierüber zwischen den Konferenzteilnehmern gepflogenen
Gedankenaustausche, in dessen Verlaufe der ursprüngliche Entwurf des Kommuniques
verschiedentlich modifiziert und für die neu zu bauenden bosnischen Linien die Be¬
zeichnung ,,von Sarajevo nach der Sandschakgrenze im Limtal mit einer Abzweigung
über Viäegrad zur serbischen Grenze, dann Bugojno-Arzano und Samac-Doboj&quot; als
die zutreffendste anerkannt wird, einigt sich die Konferenz schließlich über folgende
Fassung des Kommuniques:

   ,,Die gestern in Budapest abgeschlossenen gemeinsamen Ministerkonferenzen über
die bosnischen Bahnen haben, wie bereits gemeldet, zu einer vollständigen Einigung
der beteüigten Regierungen geführt.

   Es wurde für den Ausbau der zunächst herzustellenden Bahnen ein Programm
vereinbart, welches durch übereinstimmende, schon in nächster Zeit in beiden Parla¬
menten einzubringende Gesetzentwürfe legislativ festgelegt werden soll. Da es ange¬
sichts der Begrenztheit der für diesen Zweck zur Verfügung stehenden materiellen
Mittel und technischen Kräfte als ausgeschlossen erscheinen mußte, sämtliche hier in
Frage stehenden Projektslinien, welche großenteils schwierige Gebirgsstrecken umfas¬
sen, zu gleicher Zeit zur Ausführung zu bringen, wurde die Reihenfolge ihrer Herstel¬
lung dahin bestimmt, daß jene Projektslinie, welcher vermöge ihrer überwiegenden
Bedeutung für die Interessen der Monarchie der Vorrang zukommt, nämlich die Linie
von Sarajevo zur Sandschakgrenze im Limtale mit einer Abzweigung über Vigegrad zur
serbischen Grenze, zuerst in Angriff zu nehmen und - von unvorhergesehenen Hinder¬
nissen abgesehen - innerhalb einer auf drei Jahre veranschlagten Bauzeit fertigzustellen
ist. Dieser Bahnbau wird, wie in früheren Fällen, mittelst eines bosnischen Landesan-

lehens ausgeführt.

2 Die Modifizierung des Eisenbahngesetzes betreffende Aktenstücke siehe. OL., Sektion K-26, ME.
    Nr. 4077/1900, Nr. 4362/1900 usw., ferner HHSxA., PA. I, Karton 621,474/CdM., 489/CdM., 493/CdM.
<pb/>250  Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900

   An die Bauvollendung dieser Linie unmittelbar anschließend, wird sodann nach
Inhalt der vorerwähnten Gesetzvorlage der gleichzeitige Ausbau jener beiden Bahnli¬
nien vorgesehen, welche bestimmt sind, dem bosnischen Bahnnetze den direkten
Anschluß einerseits an das österreichische Bahnnetz bei Ariano, andererseits an das
ungarische Bahnnetz bei Samac zu eröffnen. Da die Wahl der Finanzierungsmodalitä¬
ten, unter welchen die Realisierung der letztgenannten beiden Bahnlinien erfolgen
wird, von den dann bestehenden Verhältnissen und insbesondere von der Gestaltung
der bosnischen Landesfinanzen abhängt, wurde schon jetzt bestimmt, daß die dieser-
halb erforderlichen weiteren übereinstimmenden Gesetzentwürfe derart rechtzeitig in
den beiden Parlamenten eingebracht werden müssen, daß die termingemäße Bauinan¬
griffnahme der beiden Linien Bugojno-Ariano und Doboj-Samac im Sinne der vorer¬
wähnten Gesetzesbestimmung sowie die ungehinderte Bauausführung derselben
gesichert wird.&quot;

   Es wird sodann die Frage ventüiert, wie die beiden Regierungen sich Anfragen
gegenüber verhalten sollen, welche infolge des obigen Kommuniques möglicherweise
von der einen oder anderen Seite an dieselben gerichtet werden würden, und schlägt
der Ick. Eisenbahnminister Ritter v. Wittek diesfalls vor, in das
Kommunique auch einen auf die eisenbahntarifarischen Abmachungen bezüglichen,
wenn auch nur ganz allgemein gehaltenen Passus aufzunehmen, wodurch seiner Ansicht
nach etwaigen auf dieser Seite der Angelegenheit abzielenden Kommentaren und
Fragen vorgebeugt werden würde.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell spricht sich entschieden
gegen die Aufnahme eines solchen Passus in das Kommunique aus, da gerade hiedurch
der Anstoß zu einer unabsehbaren Reihe von Kombinationen und Anfragen gegeben
werden würde.

   Der k. k. Ministerpräsident v. Koerber weist demgegenüber auf die
Ungleichheit der Lage der österreichischen und der ungarischen Regierung hin, welche
daraus resultiere, daß der ungarische Reichstag versammelt sei und, von seinem Inter¬
pellationsrechte Gebrauch machend,in betreff der tarifarischen Vereinbarungen an die
Regierung Fragen stellen könne, welche von dieser dann in der ihr geeignet scheinenden
Weise beantwortet werden könnten, während die österreichische Regierung mit Rück¬
sicht auf den erst viel später erfolgenden Zusammentritt des Reichsrates noch mona¬
telang genötigt sein würde, sich bezüglich der Lösung der Tariffrage Stillschweigen
aufzuerlegen.

   Der kgl. ung. H andelsminister v. Hegedüs spricht sich dagegen aus,
daß bereits jetzt etwas über die eisenbahntarifarischen Vereinbarungen verlautbart
werde, glaubt jedoch, daß die ungarische Regierung sich verpflichten könnte, dem
Reichstage etwa bis Januar über diese Frage keine Mitteilungen zu machen.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell kann dieser Ansicht des
Vorredners nicht beipflichten und behält sich vor, auf etwaige derartige Anfragen im
Reichstage zu antworten, daß, wie natürlich, auch die tarifarischen Fragen in den Kreis
der Erörterungen der beiden Regierungen gezogen und von denselben, insofeme sie
einer Erledigung bedurft hätten, aufgrund der Ausgleichung der beiderseitigen Inter¬
essen einer solchen zugeführt worden seien.
<pb/>Nr. 41 Gemeinsamer Ministenat, Budapest, 7.11.1900  251

   Der k.k. Eisenbahnminister Ritter v. Wittek glaubt, daß das
Fehlen jeglicher Andeutung über eine Lösung der Tariffrage in dem Kommunique
wenigstens den Fachmännern auffallen werde, und sieht voraus, daß er in dem näch¬
stens zusammentretenden Eisenbahnrate diesfalls werde interpelliert werden, weshalb
er es vom österreichischen Standpunkte nach wie vor als im höchsten Grade wünschens¬
wert ansehen müsse, daß in dem Kommunique, wenn auch nur in der vorsichtigsten
Weise, angedeutet werde, daß über die tarifarischen Fragen zwischen den beiden
Regierungen Vereinbarungen getroffen worden sind.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell hält dafür, daß in das
Kommunique unbedingt kein auf die tarifarischen Abmachungen bezüglicher Passus
aufgenommen werden solle, da hiedurch nur Interpellationen provoziert werden
würden, und glaubt dem k. k. Eisenbahmninister anheimstellen zu sollen, gegebenen¬
falls im Eisenbahhrate in derselben Weise zu antworten, wie Redner dies eventuell im

Reichstage zu tun beabsichtige.
   Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm fragt hierauf, wie man sich

verhalten solle, falls im Parlamente die Frage gestellt werden solle, ob der Bau der Linie
nach der Sandschakgrenze unter Garantie in Aussicht genommen sei.

   Diesfalls geht die übereinstimmende Ansicht der übrigen Konferenzteilnehmer
dahin, daß diese Frage nicht bejaht werden könnte und man sich vielmehr darauf
beschränken müßte zu antworten, daß diese Bahn nach Analogie früherer Fälle mittelst
eines bosnischen Landesanlehens werde gebaut werden.

    Der k. k. Eisenbahnminis terRitter v. Wittek schlägt sodann vor,
die auf die Regelung der tarifarischen Fragen bezüglichen Vereinbarungen A und B
von Budapest vom heutigen Tage zu datieren und zu unterzeichnen, welchem Vorschlä¬
ge der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Kallay sowie der kgl. ung. Handelsminister

v. Hegedüs zustimmen.
    Diese beiden Vereinbarungen haben nach epdgütiger Redigierung folgenden Wort¬

laut:
    Vereinbarung A3 betreffend die Regelung eisenbahntarifarischer Fragen für den

Güterverkehr einerseits zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und
Ländern, Hann den Ländern der ungarischen Krone und andererseits Bosnien und der

Hercegovina sowie darüber hinaus.
    Anläßlich der einverständlich in Aussicht genommenen Erweiterung des bosnisch-

hercegovinischen Bahnnetzes durch den sukzessiven Ausbau der Bahnlinien von Sara¬
jevo zur Sandschakgrenze im Limtale mit einer Abzweigung über Viäegrad zur
serbischen Grenze, dann Bugojno--Ariano und Doboj--Samac, haben die k. k. österrei¬
 chische und die kgl. ung. Regierung behufs Regelung tarifarischer Fragen bezüglich des
 Güterverkehrs von Österreich durch Ungarn sowie von Ungarn durch Österreich nach
 Bosnien und der Hercegovina sowie darüber hinaus und umgekehrt nachstehende

Vereinbarungen getroffen:
    1. Die kgl. ung. Staatsbahnen verpflichten sich, für den aus Österreich über die

 Linien ihres Netzes nach Bosnien und der Hercegovina sowie darüber hinaus und in

3 Zum Text der Vereinbarung vor den Modifizierungen A und B siehe GMRProt. v. 6.11.1900, GMCZ. 429.
<pb/>252  Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900

umgekehrter Richtung transitierenden Güterverkehr in jedem Falle der Aufstellung
direkter Tarife zuzustimmen. Für solche direkte Tarife sollen während der Zeitdauer
der gegenwärtigen Vereinbarungen hinsichtlich jener Artikel und Relationen, für
welche im Verkehre von Österreich nach Bosnien und Hercegovina derzeit ermäßigte
Anteile oder Frachtsätze gegenüber dem normalen Tarife auf den Linien der kgl. ung.
Staatsbahnen gewährt werden, diese Antefle oder Frachtsätze die Maximalanteile
büden. Geheime Tarifsätze bleiben auch weiterhin ausgeschlossen. Im übrigen finden
die im Schlußprotokolle zum Artikel 15 des Handels- und Zollvertrages vom 6. Dezem¬
ber 1891 zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche enthaltenen Bestim¬
mungen auch für den .»Eisenbahnverkehr zwischen Österreich-Ungarn und Bosnien
sowie der Hercegovina und darüber hinaus&quot; volle Anwendung.

    Z Sobald durch denAusbau derLinievon Sarajevo zur Sandschakgrenze im Limtale
mittelst der bosnisch-hercegovinischen Eisenbahnen ein neuer Schienenweg für den
Verkehr nach und von der Türkei eröffnet sein wird, werden die kgl. ung. Staatsbahnen
für den aus Österreich über diese Linie nach der Türkei oder umgekehrt transitierenden
Güterverkehr außer den vorstehend im Punkte 1 bezeichneten Zugeständnissen erfor¬
derlichenfalls - das gleichartige Vorgehen der übrigen beteüigten Bahnen vorausge¬
setzt - für jene ihrer Linien, welche ab Bosna-Brod direkt bis zu einer österreichisch¬
ungarischen Grenzstation führen, bis auf die im Orientverkehr via Belgrad jeweils
vereinbarten Verbandseinheitssätze herabgehen.

    3. Sobald der Anschluß der türkischen Bahnen an die vorstehend sub 2 bezeichnete
Bahnlinie und damit ein direkter Schienenweg mit der Türkei via Bosnien-Hercegovina
hergestellt sein wird, werden die kgl. ung. Staatsbahnen für den Güterverkehr zwischen
Österreich einerseits und der Türkei andererseits den Eisenbahnweg via Bosnien
tarifarisch gleichmäßig mit jenem via Belgrad behandeln, und zwar in der Weise, daß
sie die Frachtsätze für jene ihrer Linien, welche ab Bosna-Brod, wie auch nach Ausbau
der Linie Doboj-Samac ab Samac direkt bis zu einer österreichisch-ungarischen Grenz¬
station führen, auf Basis der gleichen Einheitssätze erstellen werden, auf welcher die
Frachtsätze ab den gleichen österreichisch-ungarischen Grenzstationen nach und von
Semlin (Zimony) transit für den Verkehr mit den türkischen Stationen jeweüig erstellt
werden.

   4. Die k. k. österreichischen Staatsbahnen werden im Sinne der Gegenseitigkeit für
den aus Ungarn über ihre Linien nach Bosnien und der Hercegovina sowie umgekehrt
transitierenden Verkehr, insoweit hiefür die Voraussetzungen zutreffen oder durch
Vereinbarungen mit den anderen beteüigten Transportanstalten geschaffen werden,
dieselben Zugeständnisse einräumen, welche die kgl. ung. Staatsbahnen dem Transit¬
verkehre aus Österreich nach Bosnien und der Hercegovina sowie umgekehrt in
Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen gewährt haben.

   5. Die Wirksamkeit der vorstehenden Vereinbarungen beginnt, insoweit diesel¬
ben hierüber nicht abweichende Bestimmungen enthalten (Punkt 3), mit dem
Zeitpunkte der Betriebseröffnung auf der Bahnlinie von Sarajevo zur Sandschak¬
grenze im Limtale.

   Das gegenwärtige Übereinkommen bleibt bis nach Ablauf von fünf Jahren von
diesem Zeitpunkte unverändert in Kraft.
<pb/>Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900  253

   Die beiden Regierungen nehmen in Aussicht, nach Ablauf des gegenwärtigen Über¬
einkommens mit Berücksichtigung der Verkehrsbedürfnisse eine neuerliche entspre¬
chende Vereinbarung zu treffen.

   Budapest, am 7. November 1900.
   Für die österreichische Regierung: Der k. k. Eisenbahnminister: Wittek m. p.
   Für die kgl. ung. Regierung: Der kgl. ung. Handelsminister: Hegedüs m. p.

   Vereinbarung B betreffend die Tarife und Verkehrsbestmummgen auf den bosnisch-
hercegovinischen Eisenbahnen.

   Nachdem die k. k. österreichische und die kgl. ung. Regierung im Einvernehmen mit
der k. u. k. gemeinsamen Regierung übereingekommen sind, das Eisenbahnnetz Bos¬
niens und der Hercegovina durch den sukzessiven Ausbau der Bahnlinien von Sarajevo
zur Sandschakgrenze im Limtale mit einer Abzweigung über Vigegrad zur serbischen
Grenze, dann Bugojno-Ariano und Doboj-Samac zu erweitern, so erschien es notwen¬
dig, für den Güterverkehr zwischen Österreich und Ungarn einerseits, sowie Bosnien-
Hercegovina und darüber hinaus anderseits bezüglich tarifarischer Behandlung dersel¬
ben auf den bosnisch-hercegovinischen Eisenbahnen Vorsorge zu treffen, und ist
diesbezüglich zwischen den im Eingänge angeführten Regierungen folgendes verein¬
bart worden:

    1. Aufsämtlichen bestehenden und künftig zum Ausbau gelangenden bosnisch-her¬
cegovinischen Staatseisenbahnen ist ein gleiches Tarifbareme zur Anwendung zu
bringen.

    2. Die Produkte Österreichs und Ungarns werden beim Transporte auf den beste¬
henden und künftig zum Ausbaue gelangenden bosnisch-hercegovinischen Staatsei¬
senbahnen gleichmäßig behandelt. Es werden demnach alle Begünstigungen und
ermäßigten Frachtsätze, welche auf den bosnisch-hercegovinischen Staatseisenbahnen
für Produkte des einen Staates der Monarchie gewährt werden, den gleichen Produkten
des anderen Staates in gleicher Weise gleichzeitig zuzugestehen sein, so daß, die gleiche
Beförderungslänge auf den bosnisch-hercegovinischen Staatseisenbahnen vorausge¬
setzt, die Eisenbahnwege aus Ungarn im Frachteinheitssatze niemals ungünstiger als
jene aus Österreich und diese letzteren niemals ungünstiger als jene aus Ungarn sein

können.
    3. Die Produkte Österreichs und Ungarns dürfen auf den bosnisch-hercegovini¬

schen Staatseisenbahnen niemals eine ungünstigere Behandlung erfahren als die aus
anderen Ländern stammenden gleichartigen Produkte, und werden aüe Begünstigun¬
gen und ermäßigten Frachtsätze, welche für irgendein Produkt fremder Provenienz auf
den bosnisch-hercegovinischen Staatseisenbahnen, sei es im Tarif- oder im Begünsti¬
gungswege, zugestanden werden, in gleicher Weise und gleichzeitig den gleichen Pro¬
dukten Österreichs und Ungarns zuzugestehen sein.

    4. Alle Frachtermäßigungen, welche seitens der bosnisch-hercegovinischen Eisen¬
bahnen für den Export eigener Landesprodukte oder für den Transitverkehr von und
nach der Türkei und von und nach Österreich (inklusive Dalmatien) auf einer ihrer
nicht via Ungarn führenden Linien jeweüig bewilligt werden, sind im gleichen Ausmaße
und gleichzeitig, auch die gleiche Beförderungslänge vorausgesetzt, auf den bis zur
<pb/>254  Nr. 41 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 7.11.1900

ungarischen Grenze führenden bosnisch-hercegovinischen Eisenbahnlinien zu bewilli¬
gen. Ebenso wird im Sinne der Parität die gleich günstige Behandlung, die gleiche
Beförderungslänge vorausgesetzt, für den Verkehr nach und via Österreich zugestan¬
den.

    5. Die bosnisch-hercegovinische Landesregierung wird im Interesse geregelter Ver¬
kehrsbeziehungen die in Österreich-Ungarn bestehenden gleichartigen ,,Bestimmun¬
gen hinsichtlich Gewährung von Tarifnachlässen im Eisenbahngüterverkehre und das
bei Veröffentlichung derselben zu beobachtende Verfahren&quot; (Verordnung des k. k.
Handelsministers vom 20. November 1895, RGBl. Nr. 167, Verordnung des kgl. ung.
Handelsministers Z. 79 749/1895) auch für die bosnisch-hercegovinischen Eisenbahnen
zur Anwendung bringen. Desgleichen werden die bosnisch-hercegovinischen Eisen¬
bahnen mit ihren sämtlichen Linien dem internationalen Übereinkommen über den
Eisenbahnfrachtverkehr (Berner Übereinkommen) beitreten.

   6. Die unter Z. 1 und Z. 5 vereinbarten Bestimmungen treten mit dem Zeitpunkte
der Ah. Sanktion der behufs des Ausbaues der neuen bosnisch-hercegovinischen
Bahnlinien einzubringenden Gesetzvorlagen, die übrigen Bestimmungen (Z. 2, Z. 3,
Z. 4) mit dem Zeitpunkte in Wirksamkeit, in welchem diese neuen Bahnlinien dem
öffentlichen Verkehre übergeben sein werden.

   Budapest, am 7. November 1900.
   Für die k. u. k. gemeinsame Regierung: Der k. u. k. Reichsfinanzminister: Kallay
m. p.
   Für die k. k. österreichische Regierung: Der k. k. Eisenbahnminister: Wittek m. p.
   Für die kgl. ung. Regierung: Der kgl. ung. Handelsminister: Hegedüs m. p.

   Nachdem die Besprechung der der Konferenz heute zur Beratung vorgelegenen
Fragen beendigt erscheint, schließt der Vorsitzende die Sitzung, indem er
namens der gemeinsamen Minister den beiden Regierungen mit warmen Worten für
das Entgegenkommen dankt, mit welchem dieselben zur Lösung der für die politischen
und militärischen Interessen der Monarchie so überaus wichtigen Frage des Baues der
Bahnlinie zur Sandschakgrenze beigetragen haben.

   In Erwiderung hierauf ergreift der kgl. ung. Ministerpräsident v.
S z e 11 das Wort, um dem Vorsitzenden im eigenen sowie im Namen der übrigen
Konferenzteilnehmer für die Umsicht zu danken, mit welcher derselbe in der langen
Reihe der aus Anlaß der Frage des Ausbaues der bosnischen Bahnen in den letzten
Monaten stattgehabten Ministerkonferenzen seines Amtes gewaltet hat.

                                                                                          Goluchowski

   Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses ProtokoUes zur Kenntnis genommen.
   Wien, 14. Dezember 1900. Franz Joseph.
<pb/>