Gemeinsamer Ministerrat, 6. 4. 1900
I. Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie pro 1901
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_V/pdf/oe_hu_mrp_V_z31.pdf.
Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6.4.1900 171 des Extraordinariums verwendet werden könnte, in welchem Falle der gemeinsame Kriegsminister eingeladen werden könnte, jene Posten zu bezeichnen, welche er in dieser Hinsicht als die dringlichsten betrachte. Der k.u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay regt an, daß der Betrag von 12 Millionen Kronen bezüglich seiner Verwendung in der Weise aufgeteüt werden könnte, daß beispielsweise 6 Millionen Kronen von dem Rüstungskredit getügt und 6 Millionen Kronen für Auslagen des Extraordinariums verwendet würden. Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm hielte einen solchen Vor¬ schlag für diskutabel, nur müßte ein geringerer Teü der 12 Millionen Kronen auf extraordinariale Ausgaben entfallen. Ferner müßte jener TeU des Rüstungskreditrestes, der aufgrund dieses Vorschlages hinausgeschoben würde, um Posten des Extraordina¬ riums Platz zu machen, auch bezüglich der Flüssigmachung im Laufe des heurigen Jahres als verschoben betrachtet werden. Es ginge nämlich nicht an, daß die beiden Finanzminister im Laufe des Jahres 1900 Vorschüsse gewähren aufeinen Betrag, dessen formelle Bewilligung nicht einmal für 1901 in Aussicht genommen wird. Der Ick. Ministerpräsident v. Koerber erklärt, er würde sich prinzi¬ piell nicht dagegen ablehnend verhalten, daß ein Teü der mit 12 Millionen zu fixieren¬ den Steigerung des Extraordinariums auch für eigentliche Neuauslagen des letzteren verwendet werde. Es würde sich nur um die Feststeüung jener Summe handeln, welche der gemeinsame Kriegsminister zu diesem Zwecke als unabweisbar notwendig erachtet. Der Vorsitzende unterbrichthieraufdie Konferenz und ladet die anwesenden Herren ein, die Beratung am folgenden Tage fortzusetzen.2 , Gohichowski Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 29. April 1900. Franz Joseph. Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. April 1900 RS. (undRK) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szdll, der k. k. Ministerpräsident v. Koerber, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay, der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v. Kriegham¬ mer, der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs, der k. k. Finanzminister Ritter Böhm [v. Bawerk], der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun. Protokollführer: Legationsrat v. Märey. Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬ garischen Monarchie pro 1901. KZ. 34 - GMCZ. 420 , Protokoll des zu Wien am 6. April 1900 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angplpgpinhfitpn unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Gohichowski. 2 GMR.V.6.4.1900.GMCZ.420. <pb/>172 Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 4.1900 Der Vorsitzende fordert zur Fortsetzung der Beratung des Heeresbudgets auf.1 Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v. Krieghammer setzt auseinander, daß er aufgrund der gestrigen Vorschläge der beiden Finanzminister seinen Voranschlag einer neuerlichen Prüfung unterzogen habe und hiebei zu folgenden Resultaten gelangt sei. In die als äußerste zulässige Grenze der Steigerung des Extraordinariums bezeichneten 12 Millionen Kronen könnten a conto des Rüstungskreditrestes jene 9400000 Kr. einbezogen beziehungsweise daraus gedeckt werden, welche von den beiden Regierungen der Kriegsverwaltung bereits für das Jahr 1900 zugesichert worden sind, so daß in Zukunft nur mehr für einen Rest von 121/2 Millionen des Rüstungskredites budgetäre Vorsorge zu treffen wäre. Für die Erhöhung des eigentlichen Extraordinariums blieben pro 19012 600 000 Kr. Der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs stellt die Anfrage, ob die restlichen 12 l/2Millionen Kronen desRüstungskreditesunbedingt im nächstfolgenden Jahre angesprochen werden müssen. Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v. Krieghammer antwortet, daß dieser Betrag im Jahre 1901 zur faktischen Auszah¬ lung gelangen und in das Budget pro 1902 eingestellt werden müßte. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell ist zwar noch immer der Ansicht, daß diesmal die Inanspruchnahme eines Nachtragskredites für den Rüstungs¬ kreditrest nicht zulässig sei, möchte aber angesichts der finanziellen Schwierigkeiten, die sich ergeben, die Frage zur Erwägung stellen, ob es nicht vielleicht möglich wäre, einen Teil des gesamten Betrages des Extraordinariums doch im Wege eines Nachtrags¬ kredites anzusprechen, da ein solcher, der keine Erhöhung des laufenden Budgets bedeute, nach außen hin finanziell eine andere Wirkung habe. Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v. Krieghammer spricht sich gegen diese Modalität unter Hinweis darauf aus, daß in den letzten Delegationen bindende Erklärungen abgegeben worden seien, welche die eventuelle Inanspruchnahme eines Nachtragskredites für diese Zwecke bei der nächsten Delegationssession ausdrücklich in Abrede stellten. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell will auf seiner Anregung nicht beharren und geht zur Feststellung des Ordinariums über, bezüglich dessen er an seinem Anträge festhalten zu müssen erklärt. Hiernach wäre die vorjährige Ziffer um den den Wegfall an Diensttaxen repräsentierenden Betrag von 3 280 000 Kr. und außerdem noch um 1 Million Kronen zu erhöhen. Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm macht darauf aufmerksam, daß bei dem Sanitätsdienste (Post 21) ein Mindererfordemis von 155 637 Kr. prälimi- niert sei, welches aber gleichzeitig durch die Umwandlung von 32 Oberarztstellen in Stabsarzt- und Oberstabsarztstellen sowie durch Einführungvon Alterszulagen für zehn Regimentsärzte aufgezehrt werde. Diese Aufbesserung der materiellen Lage der Mili¬ tärärzte sei besonders deshalb befremdlich, weü sie ein Jahr nach Durchführung der Gageregulierung erfolge. Bei dieser sowie bei einigen anderen Posten des Ordinariums 1 Siehe GMR v. 5.4.1900, GMCZ. 419. <pb/>Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 4.1900 173 könnte also wohl manches, was zwar wünschenswert, aber nicht sehr dringend sei, zurückgestellt und dadurch das Budget entlastet werden. Der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v. Krieghammer setzt auseinander, daß die Schwierigkeit, das müitärärztliche Korps nur auf dem erforderlichen Stande zu erhalten und für einen genügenden und entsprechenden Nachwuchs vorzusorgen, es nötig machen, die materielle Lage der Militärärzte zu verbessern. Die von dem kgl. ung. Ministerpräsidenten vorgeschlagene Ziffer der Steigerung des Ordinariums bedeute eine Streichung von über 900 000 Kr., welche Redner durchzuführen sich angesichts des absoluten Wunsches der beiden Regierungen bereit erklärt. Der Ick. Finanzminister Ritter v. Böhm konstatiert, daß von den als Steigerung des Extraordinariums bewilligten 12 Millionen Kronen 9 400 000 Kr. zur teüweisen Tügung des Rüstungskreditrestes zu verwenden sein werden, wodurch sich derselbe auf 121/2 Millionen Kronen reduziere, daß aber ein Teü des letzteren Betra¬ ges, nämlich 2 600 000 Kr., bereits im Jahre 1899 kassamäßig beglichen worden sei, so daß effektiv nur 9 900 000 Kr. übrig bleiben. Der k.u.lc gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v. Krieghammer bestätigt dies. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Böhm möchte mit Rücksicht darauf, daß infolge der Reduktion der Steigerung des Extraordinariums verschiedene Posten des letzteren zu entfallen haben werden, den Wunsch äußern, daß speziell aus Titel 13 die Posten 3 (Marburg) und 5 (Felixdorf) eliminiert werden mögen, da die betreffenden Bauführun¬ gen mit sogenannten Transaktionen im Zusammenhänge stehen, bezüglich welcher die Verhandlungen mit der k. k. Finanzverwaltung noch nicht zu einem gedeihlichen Ende geführt wurden. Der k.u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK Freiherr v. Krieghammer sagt die Berücksichtigung dieses Wunsches zu. Der Vorsitzende konstatiert als Ergebnis der Diskussion über das Heeres¬ budget, daß die Steigerung des Ordinariums mit 3 369 048 Kr., jene des Extraordina- riums mit 12 Millionen Kronen festgesetzt worden ist. Das Heeresbudget erscheint demnach im Ordinarium mit 272 555 224 Kr., im Extraordinarium mit 26 072 528 Kr., im Okkupationskredit mit 7 302 000 Kr., zusammen mit 305 929 752 Krvbeschlossen. Die Konferenz geht hierauf zur Beratung des Voranschlages für die k. u. k. Kriegs¬ marine über. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun führt aus, daß sein Budget eine Steigerung von 10 214 320 Kr. aufweise, welche haupt¬ sächlich für die Ergänzung des Flottenmaterials und für den Titel ,,Waffenwesen" benötigt werde. Für neue Schiffsbauten werde der Betrag von 3 600 000 Kr. angespro¬ chen. Das der Marineleitung bei der Ergänzung des Flottenmateriales vorschwebende Ziel sei nur, die Flotte auf den Stand zu bringen, daß sie mit ihrem Stützpunkte in Pola die nördliche Adria verteidigen könne. Für diesen Zweck habe seinerzeit Tegetthoff2 2 Wilhelm Freiherr v. Tegetthoff (1S27-1871), österreichischer Admiral. In der Seeschlacht bei der dalmati¬ nischen InselLissa am 20. 7.1866 errang er als Flottenbefehlshaber im österreichisch-italienischen Krieg einen Sieg über die italienische Flotte. 1868 wurde er zum Chef der Marinesektion im Kriegsministerium <pb/>174 Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 4.1900 zwölf Panzerschiffe als nötig bezeichnet, und die Marineleitung stelle somit gewiß die bescheidenste Anforderung, indem sie auch nur diese Zahl von Panzerschiffen samt den dazu gehörigen kleineren Schiffen anstrebt. Auch sei man bezüglich der Größe und des Tonnengehaltes dieser Panzerschiffe unter dem heute von den anderen Großmäch¬ ten eingehaltenen Maßstabe geblieben. Nach dem Programme der Marineleitung solle die Flotte am Ende des Jahres 1906, also in sieben Jahren, auf den gewünschten Stand gelangen.3 Redner erörtert sodann die hauptsächlichen Posten seines Voranschlages. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Böhm bemerkt, daß die diesmali¬ gen Ansprüche der Marineleitung nicht nur die Anforderungen der Vorjahre, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Finanzen wesentlich überschreiten. Statt der im letzten Dezennium bei beiden militärischen Budgets zusammen eintretenden jährlichen Stei¬ gerung um 8 Millionen Kronen werde für die Marine allein eine Steigerung von 10 Millionen Kronen und außerdem mehrere nicht unbeträchtliche Nachtragskredite verlangt. Die Bewilligung dieses Anspruches würde unausbleiblich die Folge haben, daß ein Defizit in den beiderseitigen Budgets entstände. Nach dem jetzigen Programme der Marineleitung gehen eine ganze Reihe von Schiffsbauaktionen parallel. Redner möchte proponieren, daß zur Förderung der Marine eine Steigerung ihres Gesamtbudgets in Aussicht genommen werde, welche ungefähr der höchsten bisher vorgekommenen Steigerung entspräche, also etwa gegenüber dem Vorjahre eine Gesamtsteigerung von 3 Millionen Kronen. Hiedurch könnte immerhin eine erhebliche Beschleunigung des bisher eingehaltenen Tempos der Schiffsbauaktionen erzielt werden. Es frage sich ferner, ob die diesmal eingestellten Hochseetorpedoboote unerläßlich seien, nachdem erst im vorigen Jahre der Bau von sechs neuen Torpedobooten abgeschlossen habe. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun erwidert, daß die letzterwähnten sechs Torpedoboote schon vor zwei Jahren fertigge¬ stellt gewesen seien, die Auszahlung der Kosten aber erst im Vorjahre abgeschlossen wurde. Überhaupt müßten etwa zwei Drittel unserer Torpedoboote ersetzt werden, da sie meist noch aus den 70er Jahren herrühren und nicht jene Fahrgeschwindigkeit ernannt, wo ersieh um den Ausbau und die Organisation der Kriegsschiffahrt bemühte. Siehe Hobelt, Die Marine 697-701. 3 Die Marineleitung erarbeitete aufAufforderung des Kaisers im Frühjahr 1898 ein Flottenausbauprogramm für einen Zeitraum von zehn Jahren (1899 -1908) mit einem Kostenvoranschlag von 55 Millionen Gulden, siehe GMRProt. v. 21.3.1898, GMCZ. 408, Anm. 4. Im April1898wurde in mehreren aufeinanderfolgenden Ministerratssitzungen (GMCZ. 408-412) die Angelegenheit diskutiert, entschieden wurde schließlich aber nur über die Kostenauswirkungen für das Jahr 1899. Beide Finanzminister fanden die beantragte Summe für zu hoch gegriffen, wollten die Flotte auf Kosten des Kriegsbudgets ausbauen, dem stimmte indes Krieghammernichtzu. Spaun an Krieghammer v. 11.11.1898, KA., KM., Präs. 57-23/2/1898. Spaun malte hier ein solches Bild vom Zustand der Kriegsmarine, daß Krieghammerpro domo die Anmerkung machte: Angesichts der Daten vertraulichen Charakters sollen die beiden Landesregierungen über Inhalt des Schriftstücks nicht informiert werden, GMR. v. 7.3.1899, GMCZ. 414. Unter Hinweis u. a. darauf, daß aus dem spanisch-amerikanischen Krieg die Konsequenzen zu ziehen seien, trat Spaun mit weiteren Forde¬ rungen auf, aberauch hierging es überhaupt nicht darum, daß das Zehnjahresprogramm desFlottenausbaus in kürzerer Zeit realisiert werden sollte. Vor dem jetzigen Ministerrat wurde offensichtlich ein neuer Zeitplan für die Realisierung des Programms aufgestellt. <pb/>Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 4.1900 175 besitzen, welche die modernen großen Schiffe, denen sie zu folgen in der Lage sein müssen, aufweisen. Was die von dem k. k. Finanzminister gewünschte Reduktion der Steigerung des gesamten Marinebudgets anlange, so könnte mit einer bloßen Erhöhung von 3 Millionen Kronen die Marineleitung schon deshalb nicht das Auslangen finden, weU sie Hann nicht in der Lage wäre, ihren kontraktlich eingegangenen Verpflichtungen gegenüber den Bauunternehmern und Lieferanten nachzukommen. Der Vorsitzende weist aufdie politische Seite der ganzen Frage hin. Bei dem heutigen Stande unserer Flotte wären wir im Falle des Eintrittes politischer Komplika¬ tionen der Situation nicht gewachsen. Es sei unerläßlich, daß wir die doppelte Möglichkeit haben, einerseits unsere Küste zu verteidigen, andererseits im näheren Orient auch zur See mit Nachdruck aufzutreten. Beides sei dermalen ausgeschlossen, und doch könne eine neuerliche Aufrollung der orientalischen Frage, bei der wir - wollten wir nicht als Großmacht abdizieren - energisch Stellung zu nehmen haben werden, schon in naher Zeit eintreten. Aus diesen Gründen erscheine eine Beschleu¬ nigung des Ausbaues der Flotte dringend geboten, und selbst der hiefür von der Marineleitung ins Auge gefaßte Termin von sieben Jahren noch eher zu weit gegriffen. Eine Ersparung wäre in diesem Falle mit positiven Gefahren verbunden. Der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs bemerkt gegenüber den Ausführungen des k. u. k. Marinekommandanten, daß die von demselben erwähnten kontraktlichen Verpflichtungen sich wohl nur auf schon begonnene Schiffsbauten beziehen können. Es sollte also wenigstens pro 1901 nicht der Bau eines neuen Schiffes begonnen und andererseits durch die Herabminderung verschiedener Posten eine entsprechende Reduktion des Voranschlages erzielt werden, ohne daß dadurch die Durchführung des Programme«; der Marineleitung gefährdet zu werden brauchte. Der Aufschub des Baues der präliminierten neuen Schiffe (des Panzerschiffes ,A", des Donaumonitors und der vier Hochseetorpedoboote) repräsentiere bereits eine Erspa¬ rung von 3 500 000 Kr. Außerdem könnte der für die Armierung des Rammkreuzers ,JE" veranschlagte Betrag von 550 000 Kr. (Titel VH, Post 6 des Extraordmariums) vorläufig noch entfallen, da für dieses Schiff, dessen Gesamtkosten mit 11780 050 Kr. präliminiert sind, jetzt erst die zweite Rate eingestellt sei, und es somit nicht notwendig erscheine, schon in diesem frühen Baustadium für die Armierung vorzusorgen. Ebenso könnte bei Schlachtschiff m, fürwelches gleichfalls erst die zweite Rateverlangt werde, dermalen die Armierung (Titel VH, Post 5 des Extraordinariums), für welche 700 000 Kr. eingestellt seien, noch verschoben werden. Ferner entfielen, wenn der Bau des Donaumonitors jetzt nicht in Angriff genommen würde, die Beträge für dessen Armierung und Munition, nämlich 100 000 Kr. und 90 000 Kr. Schließlich sollte entwe¬ der bei kleineren Posten des Ordinariums etwa die Summe von 600 000 Kr. und gleichzeitig durch Reduktion der Bauraten für die bereits im Bau begriffenen Schiffe ein weiterer Betrag von 1 500 000 Kr. erspart werden, oder, falls ersteres nicht möglich wäre, eine Restringierung der eben erwähnten Bauraten um 2100 000 Kr. erfolgen. Bei Annahme dieser Propositionen würde die gesamte Steigerung des Ordinariums und Extraordinariums zusammen 3 200 000 Kr. betragen, somit dem höchsten bisher ange¬ sprochenen Mehrerfordemisse gleichkommen. <pb/>176 Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 4.1900 Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm möchte auf das von der Marineleitung aufgestellte, auf sieben Jahre sich erstreckende Bauprogramm re¬ flektieren. Dasselbe lasse sich auf zwei verschiedene Arten durchführen. Die eine von der Marineleitung gewählte Modalität bestehe darin, das gesamte Bauerfor- demis durchzudividieren und in jedem Jahre ein Siebentel anzusprechen. Dieser Vorgang habe aber vom budgetären Standpunkte die Folge, daß in der Entwick¬ lung des Budgets ein Sprung gemacht werde, welchen Sprung die Staatseinnahmen natürlich nicht mitmachen können. Es gebe aber noch einen anderen Weg, wenn nämlich in dem ersten Jahre eine Steigerung des Budgets um 3 Millionen Kronen und in jedem folgenden Jahre eine solche von nur 2 Millionen Kronen eintrete, was am Ende des siebenten Jahres (1906) ein größtenteils für Bauzwecke ver¬ wendbares Gesamtergebnis von 63 Mülionen Kronen repräsentiere. Diese Methode hätte den Vorteü, daß derartige allmählige Steigerungen budgetär und wirtschaftlich leichter ertragen werden, als wenn von einem Jahre zum anderen ein größerer Schritt erfolgt, und daß hiebei ein Defizit eher vermieden würde. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun wendet ein, daß mit solchen Abstrichen an seinem diesmaligen Budget die von der Marineleitung eingegangenen kontraktlichen Verpflichtungen nicht eingehalten werden könnten. Eine Stundung der betreffenden Ratenzahlungen wäre in den meisten Fällen wegen des mit den Unternehmern sogar gegen Stipulierung von Pönalien vereinbarten Fortschreitens der Bauarbeiten nicht möglich, auch nicht vorteilhaft, da die Materialanschaffungen bereits im Gange sind. Auch würde sich auf diese Art der Bau der Schiffe wesentlich verlangsamen und das Programm der Marineleitung kaum eingehalten werden können. Was die von dem kgl. ung. Finanzminister bemängelten frühen Vorsorgen für die Armierung anlange, so seien dieselben deshalb nötig, weü die HersteUung der schweren Schiffsgeschütze lange dauere und mit der Möglichkeit der Überschreitung der bei ihrer Bestellung ver¬ einbarten Lieferungstermine gerechnet werden müsse. Der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs bemerkt, daß nach semer Ansicht der von der Marineleitung intendierte Ausbau der Flotte aus den laufenden staatlichen Mitteln überhaupt nicht möglich sein werde. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szell verkennt keineswegs die politischen und müitärischen Gesichtspunkte, welche eine Vermehrung unserer Kriegsflotte geboten erscheinen lassen, muß aber andererseits mit den natürlichen Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit rechnen. Nachdem für das Ministeri¬ um des Äußern eine Mehrerforderung von circa 300000 Kr., für das Heer eine solche von 15 1/2 Millionen Kronen konzediert worden sei, werde es schwer fallen, auch noch für die Marine größere Auslagen zu machen, gegen welche sich über¬ dies auch schon in den Delegationen ein gewisser Widerstand gezeigt habe. Wenn in diesem Etat in früherer Zeit manches versäumt wurde, so gehe es doch nicht an, dies jetzt alles rasch nachzuholen. Es wäre also zu trachten, das Mehrerfor- demis für die Marine mit nicht viel mehr als 3 MUlionen Kronen zu beziffern. Der Vorsitzende plädiert dafür, daß wenigstens das neue große Schiff jeden¬ falls in Angriff genommen werde, wenn auch vieüeicht mit einer kleineren ersten Rate. <pb/>Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6.4.1900 177 Im übrigen müsse der k. u. k. Marinekommandant beurteüen, was er zu streichen oder hinauszuschieben in der Lage ist. Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm spricht die Ansicht aus, daß nachdem der Bau der drei Schlachtschiffe und des neuen großen Panzerschiffes dem¬ selben Unternehmen übergeben sei, sich mit dem letzteren wohl ein Arrangement über die Zahlung der einzelnen Raten werde treffen lassen. Es sei nicht gut anzunehmen, daß in den betreffenden Kontrakten die Fälligkeit der einzelnen Raten in absolut bindender Weise festgelegt sei, nachdem ja im voraus keine völlige Gewißheit über die Bewilligung der betreffenden Summen seitens der beiden Regierungen und der Delegationen be¬ standen habe. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun setzt auseinander, daß zwar nicht die Raten, wohl aber die Zeit vereinbart sei, innerhalb welcher die einzelnen Bauten fertigzustellen wären. Durch das Fortschreiten der Bauten, welches von Zeit zu Zeit kommissionell konstatiert werde, entstehe die Notwen¬ digkeit der sukzessiven Flüssigmachung der Raten. Als äußerstenfalls mögliche Ab¬ striche und Stundungen könnten folgende Summen bezeichnet werden: bei dem im Marinearsenale, also in eigener Regie in Bau befindlichen Rammkreuzer ,E" 600 000Kr.; bei den Schlachtschiffen I, II und HI zusammen 1 500 000 Kr.; bei der ersten Rate des neuen großen Schlachtschiffes 800 000 Kr., ferner die für den Donaumonitor eingestellte erste Rate per400 000Kr. und die für die Geschütze und die Munition dieses Schiffes verlangten Raten per 100 000 Kr. und 90 000 Kr., außerdem die erste Rate per 1 100 000 Kr. für die vier Hochseetorpedoboote, schließlich bei dem Titel VII ,,Waffen¬ wesen" ein Betrag von 600 000 Kr. Hiedurch ergebe sich insgesamt eine Ersparnis von 5 190 000 Kr. Der k.k. Finanzminister Ritter v. Böhm regt an, es möge noch im Ordinarium bei der in den Titeln I und IV angeführten Vermehrung von Personalstän¬ den eine Reduktion der Ausgaben erfolgen. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun bezeichnet dies schon deshalb als unmöglich, weil die betreffenden systematischen Standesregulierungen, welche auf vier Jahre zurückdatieren und noch von seinem Amtsvorgänger durchgeführt wurden, bereits Ah. genehmigt sind. Der Vorsitzende stellt aus Anlaß der Streichung der .ersten Rate für den neuen Donaumonitor an den k. u. k. Marinekommandanten die Anfrage, wie es mit unserer Donauflottille stehe. Der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun legt dar, daß die Donauflottille aus vier Monitors, einem Patrouillenboot und einem alten Torpedoboote bestehe. Der nunmehr zurückgestellte neue Monitor wäre etwas größer und stärker bestückt gewesen als die vorhandenen, auch hätte er den Schiff¬ fahrtskanal beim Eisernen Tore bei jedem Wasserstande passieren können, was bei den vier alten Monitors nicht der Fall ist. Aber auch mit der jetzigen Hotille könne gegebenenfalls auf der Donau wirksam aufgetreten werden. Der kgl. ung. Finanzminister v. Lukäcs möchte angesichts des Umstandes, daß die vorgenommenen Abstriche noch immer nicht die notwendige Höhe erreicht haben, wieder auf seinen ursprünglichen Vorschlag zurückkommen. <pb/>178 Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7.4.1900 Der Vorsitzende wirft die Frage auf, ob nicht in einer für den folgenden Tag anzuberaumenden Konferenz die bisher nicht zu erzielende Einigung angestrebt werden sollte. Da dieser Vorschlag allseitige Zustimmung findet, ladet der Vorsitzende zur Wiederaufnahme der Beratung am folgenden Tage ein.4 Goluchowski Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 29. April 1900. Franz Joseph. Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 7. April 1900 RS. (undRK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Szdll, der k. k. Ministerpräsident v. Koerber, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay, der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Freiherr v. Krieghammer, derkgi. ung. Finanzminister v. Lukäcs, derk. k. Finanzminister Ritter Böhm [v. Bawerk], der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Spaun. Protokollführer Sektionsrat Freiherr v. Gagem. Gegenstand: Der Voranschlag über die gemeinsamen Ausgaben und Einnahmen der österreichisch-un¬ garischen Monarchie pro. 1901. KZ. 35 - GMCZ. 421 Protokoll des zu Wien am 7. April 1900 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame ' Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Gohichowski. Bevor die Konferenz nach Eröffnung derselben durch den Vorsitzenden die Bera¬ tung des Marinebudgets fortsetzt, ergreift der k. u. k. gemeinsame Kriegs¬ minister GdK. Freiherr v. Krieghammer das Wort, um, auf den Voranschlag seines Ressorts zurückkommend, zu erklären, daß er nicht in der Lage sei, die von der Konferenz im Ordinarium vorgenommenen Abstriche im Betrage von 904 000 Kr. durchzuführen. Er müsse daher um die Ermächtigung bitten, Reduktionen in der gleichen Höhe im Extraordinarium vornehmen zu dürfen, wodurch ja die Hauptsumme des Mehrerfordemisses des Heeresbudgets keine Änderung erleiden werde. Die Konferenz nimmt keinen Anstand, diese Ermächtigung zu erteilen, so daß die Steigerung des Heeresbudgets sich nunmehr folgendermaßen gestalten wird: im Ordi¬ narium 4 273 000 Kr., im Extraordinarium 110% 000 Kr., zusammen 15 369 000 Kr. Es wird hierauf die weitere Beratung des Marinebudgets in Angriff genommen, und erklärt der k.u.k. Marinekommandant Admiral Freiherr v, Spaun, nach abermaliger eingehender Prüfung des bezüglichen Voranschlages in der Lage zu sein, außer der Reduktion von 5 190 000 Kr., in welche er bereits * GMR. v. 7.4.1900, GMCZ. 421. 1 Die Beratung ist die Fortsetzung des GMR v. 6.4.1900, GMCZ. 420. <pb/>