Gemeinsamer Ministerrat, 26. 8. 1896
I. Die Modalitäten der Angliederung Bosniens und der Hercegovina an die österreichisch-ungarische Monarchie im Falle der Annexion jener Länder
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16 Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 8.1896 Der k.k.MinisterpräsidentGrafBadeni erwidert, daß, nachdem an eine neuerliche Einberufung des Reichsrates im Monat Juli nicht zu denken sei, ein Ausweg etwa darin gefunden werden könnte, daß der Reichsrat auch nach Beginn der Delegationssession versammelt bleibe und seine Arbeiten fortsetze. Der k.u.k. gemeinsame Minister des Äußern GrafGolu- c h o w s k i möchte sich dieser letzteren Idee anschließen, gegen welche kein gesetzli¬ ches'Hindernis bestände und welche auch praktisch aus dem Grunde durchführbar wäre, weü nur ein kleiner Teü der Mitglieder des Reichsrates - und überdies auch nur während einer relativ kurzen Zeit - bei den Delegationen beschäftigt sei. Se. k. u. k. apost Majestät geruhen zu bemerken, daß das Perfektwerden des Ausgleichs die größte Wichtigkeit besitze. Da nun nach den Auseinandersetzungen des ungarischen Ministerpräsidenten in dem Falle einer Verschiebung der Delegatio¬ nen auf den Herbst die Gefahr bestände, daß der Ausgleich erst im Frühjahre 1897 parlamentarisch behandelt werden könnte, so müsse jedesfalls zunächst daran festge¬ halten werden, die Delegationen Ende Mai einzuberufen. Sollte bis dahin der Reichsrat seine Arbeiten, auf deren Beschleunigung die diesseitige Regierung tunlichst einwirken wolle, nicht vollendet haben, so wäre entweder der Delegationstermin um einige Tage hinauszuschieben, oder aber, falls dies nicht genügen sollte, das Auskunftsmittel des gleichzeitigen Tagens von Reichsrat und Delegationen zu ergreifen. Hierauf geruhen Se. k.uJc. apost. Majestät die Konferenz zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Budapest, 2. Mai 1896. Franz Joseph. Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. August 1896 RS. (undRK.) Gegenwärtige: der kxj. ung. Ministerpräsident Baron Bänffy, der k. k Ministerpräsident Graf Badeni, der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (2.9.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v. Krieghammer. Protokollführen Sektionsrat v. Mdrey. Gegenstand: Die Modalitäten der Angliederung Bosniens und der Hercegovina an die österreichisch¬ ungarische Monarchie im Falle der Annexion jener Länder. KZ. 37 - GMCZ. 392 Protokoll des zu Wien am 26. August 1896 abgehaltenen Ministerrates für gemein¬ same Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Gohichowski. \ Der Vorsitzende eröffiiet die Sitzung, indem er als derenAufgabe bezeichnet, eine Frage der Erörterung und womöglich auch der Beschlußfassung zuzuführen, deren Lösung sich nachgerade aufdränge, nämlich die Frage, wie Bosnien und die Hercego¬ vina im Falle der definitiven Annexion an die Monarchie anzugliedem wären. Die Gründe, weshalb nicht gleich nach dem Berliner Vertrage eine endgütige Regelung der <pb/>Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 8.1896 17 staatsrechtlichen Stellung der okkupierten Provinzen erfolgte, dürfen als bekannt vor¬ ausgesetzt werden.1 Unter denselben figurierte auch der Umstand, daß man damals auf eine längere Dauer des Status quo hoffen konnte. Diese Hoffnung habe sich in der letzten Zeit wesentlich verringert, indem der Zersetzungsprozeß des türkischen Reiches rasch fortschreite. Wenn auch alle Mächte gesonnen seien, die Türkei zu erhalten, so sei hiezu doch auch der eigene Wille der letzteren, die Zustände im Inneren des Reiches zu verbessern, erforderlich, und eben dieser Wille sei nicht vorhanden. Es könne somit vielleicht schon in absehbarer Zeit der Augenblick kommen, wo das türkische Reich der Liquidationverfalle und seine Aufteüung inAngriff zu nehmen sein werde. In diesem Falle hätten wir keine neuen Ansprüche zu stellen, wohl aber Bosnien und die Hercegovina zu behalten und definitiv der Monarchie anzugliedem. Der gemeinsame Finanzminister habe diesbezüglich ein Projekt ausgearbeitet, das als Sub¬ strat der heutigen Beratungen dienen werde.2 Der Vorsitzende betont schließlich den höchst diskreten Charakter des Beratungsgegenstandes und legt der Konferenz die absolute Geheimhaltung desselben, welche auch gegenüber den nicht anwesenden Mitgliedern der beiderseitigen Regierungen zu beobachten wäre, dringend ans Herz. Der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay konstatiert vor allem, daß, wie schon der Vorsitzende hervorgehoben habe, es sich darum handle, eine Form zu finden, in welcher die okkupierten Provinzen der Monarchie angefügt werden sollen, falls Se. Majestät den Moment der Annexion für gekommen erachten würden. Mit Rücksicht auf die politische Situation im Oriente sei diese Frage von aktueller Bedeutung. Es wäre ein Übelstand, der nach außen hin den Eindruck der Schwäche hervorrufen würde, wenn beim Eintritte des entscheidenden Momentes nur wegen mangelnder vorgängiger Verständigung die Annexion nicht ausgesprochen würde. Es müsse also - selbstverständlich unter strengster Wahrung des Geheimnisses - diese Frage schon jetzt beraten und beschlossen werden. Bezüglich des Meritums der Frage gebe es drei Modalitäten, diese Provinzen der Monarchie anzufügen: 1. Ihre Aufteüung zwischen den beiden Ländergebieten der Monarchie. Theoretisch sei dies zwar durchführbar, aber in der Praxis würde es zu den schwersten Konflikten zwischen Zis- und Trans[leithanien] führen. 2. Die gänzliche Überlassung der beiden Provinzen an eines der Ländergebiete der Monarchie. Es sei klar, daß auch hierüber kaum ein Einverständnis zu erzielen wäre. 3. Die Angliederung der Provinzen als Reichsland, eine Modalität, die jedoch wegen der dermaligen staats¬ rechtlichen Organisation der Monarchie nicht möglich sei. Es erübrige demnach nur, eine provisorische Lösung, die indessen von sehr langer Dauer sein könnte, zu finden. Dieselbe bestände darin, daß man, so paradoxal dies auch klingen möge, diese Provin¬ zen als gemeinsame Angelegenheit erklären würde. Es wäre dies allerdings nur ein provisorischer Zustand, aber er würde der heutigen staatsrechtlichen Organisation der Monarchie entsprechen. Alle auf jene Provinzen Bezug habenden Angelegenheiten würden dann nach jenen Prinzipien behandelt werden, welche heute für die gemeinsa- 1 Die staatsrechtlicheLage Bosniens und derHerzegowina wurde im Gesetz v. 22.2.1880, RGBl. Nr. 18/1880 bzw. GA. VI/1880, geregelt. 2 Gedruckt als Beilage Nr. 3a. <pb/>18 Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 8.1896 men Angelegenheiten gelten. Auf diesem Gedanken baue sich eine Skizze auf, welche die Anbiederung der zwei Provinzen an die Monarchie in der gedachten Form näher präzisiere und nach Redners Ansicht den bei jenem Anlasse nötigen und gemeinsam auszuarbeitenden legislatorischen Maßnahmen zugrunde zu legen wäre.3 Auf Vor¬ schlag des Vorsitzenden tritt die Konferenz zunächst in die allgemeine Diskus¬ sion über den Beratungsgegenstand ein. Der k.k. Ministerpräsident Graf Badeni erklärt sich ganz einver¬ standen mit der Idee, daß für den Fall der Annexion schon jetzt die Form der Anglie¬ derung der Provinzen an die Monarchie bestimmt werde, und sieht auch seinerseits hiefür keine andere Möglichkeit, als die Behandlung Bosniens und der Hercegovina als gemeinsame Angelegenheit. Nachdem diese Lösung der Frage aber nur eine proviso¬ rische sei, trage Redner Bedenken gegen die Vorlage von Gesetzen aus diesem Anlasse. Der von dem gemeinsamen Finanzminister vorgeschlagene Modus gelte nur solange, als Se. Majestät jenen Provinzen keine Verfassung geben. Sobald letzteres geschehe, müsse ein neuer Zustand geschaffen werden, bei welchem eventuell in weiterer Folge auch Vertreter jener Provinzen in den Delegationen Sitz und Stimme hätten. Nachdem das Recht Sr. Majestät, diese okkupierten Provinzen zu annektieren, außer Zweifel stehe, seien, sobald dieses Recht ausgeübt werde, die daraus resultierenden tatsächli¬ chen Folgen selbstverständlich, und bestehe keine Notwendigkeit, hierüber durch Finhringnng von Gesetzentwürfen Debatten in den Parlamenten zu provozieren. Der Vorsitzende bemerkt gegenüber den Bedenken seines Vorredners, daß Bosnien und die Hercegovina dadurch, daß sie als gemeinsame Angelegenheit erklärt würden, ein Gebiet büden, welches den beiden Teüen der Monarchie angehöre und gleichsam als Kolonie verwaltet werde. Ob den Provinzen später eine Verfassung gegeben werde oder nicht, sei gleichgültig, jedesfalls wäre es ausgeschlossen, daß ihnen eine Ingerenz auf die gemeinsamen Angelegenheiten eingeräumt werde. Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay betont, der 7nsta"d der Verfassungsmäßigkeit in Bosnien und der Hercegovina stehe noch in weiter Feme, und es sei überdies ausgeschlossen, daß Delegierte aus diesen Provinzen etwa in eine parlamentarische Körperschaft der Monarchie eintreten, da dies auch eine Verfassungsänderung der Monarchie zur Voraussetzung hätte. Nach Redners Ansicht sei aber auch für die in Rede stehende provisorische Lösung ein Gesetz notwendig, wie ja auch der heutige Zustand auf dem Gesetze vom 22. Februar 1880 beruhe.4 Formell werde die Stellung der Provinzen nach der Annexion doch eine andere sein, und der geänderte Zustand solle in einem konstitutionellen Lande auch gesetzlich einen (Aus¬ druck finden. Die Form also, in welcher die Provinzen der Monarchie angefügt werden, müsse durch die Parlamente ausgesprochen werden, damit die Regierungen dann aufgrund dieser Gesetze an die Ausführung der Angliederung schreiten können. 3 KfflaysEntwurfwirdvon Bridge, From Sadowa to Sarajevo 226, nichtganzrichtiginterpretiert Erbegreift nicht den Unterschied in der Behandlung dar beiden Provinzen als Reichsland oder als gemeinsame Angelegenheit 4 SieheAnm. 1. <pb/>Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26.8.1896 19 Der kk. Ministerpräsident Graf Badeni bezeichnet es als wün¬ schenswert zu vermeiden, daß aus Anlaß der in dem Besitztitel eintretenden Änderung ein ganzer Komplex von Fragen vor die Parlamente gebracht werde. Wenn es sich also nur darum handle, den geänderten Besitztitel durch die Parlamente fixieren zu lassen, so erschiene es Redner genügend, wenn Se. Majestät die Annexion aussprechen und gleichzeitig den Status quo als beibehalten erklären. Doch wolle Redner, falls staats¬ rechtliche Bedenken gegen diesen Vorgang sprächen, sich damit einverstanden erklä¬ ren, die Tatsache, daß der Titel des Besitzes geändert, im übrigen aber der Status quo beibehalten wird, von den Parlamenten beschließen zu lassen. Der k.u.k. gemeinsame Finanzminister v. Källay äußert sich dahin, daß nur mit Rücksicht auf die konstitutionellen Verhältnisse der Monarchie die Schaffung eines neuen Gesetzes als notwendig angesehen werde, daß aber sowohl Redner als auch vermutlich seine gemeinsamen Ministerkollegen es vorziehen würden, wenn es möglich wäre, die Angliederung auch ohne Gesetz durchzuführen. Der kgl. ung. MinisterpräsidentBaronBanffy anerkennt seiner¬ seits die Notwendigkeit, sich auf den Fall vorzubereiten, daß diese Provinzen angeglie¬ dert werden müssen. Die Frage, was dann mit denselben geschehen solle, sei allerdings sehr schwierig und berge für die Zukunft auch gewisse Gefahren in sich, vor allem jene, daß eine Angliederung dieser Provinzen früher oder später zu einer Alterierung des Dualismus führen könnte. Alle Bestimmungen aber, die nur darauf hindeuten könnten, daß einmal eine solcheAlterierung eintreten werde, würden Bedenken erregen. Im Falle der Annexion und im Momente der Entscheidung, wie dieselbe durchzuführen wäre, würden sich in Ungarn auch Stimmen finden, die unter Geltendmachung historischer Momente den Anspruch erheben, daß diese Provinzen an Ungarn anzufügen seien. Auf der einen Seite also werde man gegen die Annexion Stellung nehmen, weü man die Störung des Dualismus für dieweitere Zukunft befürchten werde, auf der anderen Seite werde man die Provinzen für Ungarn reklamieren. Speziell von Seite der Nationalitäten werde letzterer Standpunkt stark betont werden. Redner sei der Meinung, daß Ungarn diese Provinzen nicht besitzen und ihren Besitz auch gar nicht aspirieren solle. Im FaUe der Annexion solle demnach ein Provisorium geschlossen und Bosnien und die Herce- govina als gemeinsames Eigentum, gleichsam als Kolonie, verwaltet werden. Die Anne¬ xion und die Form der Verwaltung müsse auch nach Redners Ansicht durch ein Gesetz ausgesprochen werden, schon deshalb, weü ein solches auch den heutigen Zustand geschaffen hat. Doch sollte dieses Gesetz nicht in die Details eingehen, sondern nur feststellen, daß an Stelle der Okkupation die Annexion getreten sei, und daß, wie bisher, die Verwaltung der gemeinsamen Regierung obliege. Alle anderen noch zu regelnden Punkte blieben besser dem Verordnungswege Vorbehalten. Der Vorsitzende erklärt, er trage den von dem kgl. ung. Ministerpräsidenten geäußerten Bedenken volle Rechnung. Die Diskussionen in den Parlamenten würden voraussichtlich schwierig und unangenehm werden, aber sie seien nicht zu vermeiden. Was die Ansicht der beiderseitigen Ministerpräsidenten anlange, daß das Gesetz möglichst einfach lauten soüe, würde Redner zwar vorgezogen haben, daß das Gesetz sich auch auf die anderen wichtigeren Punkte erstrecke, doch wolle er auf dieser Meinung nicht beharren. Jedesfalls aber erscheine es notwendig, heute auch auf die <pb/>20 Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 8.1896 Diskussion der einzelnen Punkte einzugehen, wenn dieselben auch nicht in das Gesetz aufgenommen würden. Der Vorsitzende beantragt, zunächst die Textierung des den beiden Parlamenten vorzulegenden Gesetzentwurfes in Beratung zu ziehen und weist darauf hin, daß die Annexion selbst durch eine Ah. Proklamation vollzogen und kundgemacht würde. Die Konferenz einigt sich dahin, daß der erste Paragraph dieses Gesetzentwurfes etwa zu lauten hätte: ,,Dievon Sr. Majestät mit Ah. Proklamation vom... an die österreichisch-ungarische Monarchie annektierten Provinzen Bosnien und die Hercegovina werden von mm an bis auf weiteres als eine gemeinsame Angelegenheit behandelt." Der kgl. ung. Ministerpräsident Baron Bänffy äußert Bedenken dagegen, schon jetzt den Text des Gesetzentwurfes definitiv festzustellen, da es den Ministerpräsidenten kaum möglich sei, die Verpflichtung für die Durchführung einer Sache zu übernehmen, die zu einem heute noch unbestimmbaren Zeitpunkte und bei einer möglicherweise in parlamentarischer und sonstiger Hinsicht veränderten Situa¬ tion aktuell werden werde. Der Vorsitzende macht demgegenüber darauf aufmerksam, es handle sich nur darum, daß die beiden Ministerpräsidenten sich verpflichten, das hier Vereinbarte gegebenenfalls mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu vertreten. Als § 2des Gesetzentwurfes wäre nach Ansichtder Konferenz folgende Bestimmung aufzunehmen: ,,Die bisherige Organisation der Verwaltung dieser Provinzen bleibt aufrechterhal¬ ten. Grundsätzliche Änderungen derselben sind der Ah. Schlußfassung Vorbehalten." In einem dritten Paragraph wäre sodann auszusprechen: .Das österreichische Gesetz vom 22. Februar 1880, RGBl. Nr. 18, beziehungsweise der ungarische Gesetzartikel VI vom Jahre 1880 tritt mit dem heutigen Tage außer Kraft." Übergehend zu der Spezialdebatte über die einzelnen Punkte der von dem gemein¬ samen Finanzminister ausgearbeiteten und diesem Protokolle beigeschlossenen Skizze, deren Inhalt - soweit er angenommen wird und nicht bereits in dem Gesetzentwürfe enthalten ist - im Verordnungswege durchzuführen sein wird, konstatiert dieKonferenz zunächst, daß der Punkt 1 schon in dem § 1 des Gesetzentwurfes Aufnahme gefunden hat. Die Punkte 2, 3, 4, 5 und 6 werden von der Konferenz unverändert angenommen. Dieselben lauten: Punkt 2: ,,Bosnien und die Hercegovina werden durch das gemeinsame Ministerium verwaltet Se. Majestät bestimmen, welches von den gemeinsamen Ministerien mit dieser Verwaltung betraut wird." Punkt 3: ,,Bosnien und die Hercegovina bleiben im gemeinsamen Zollverbande mit den beiden Staatsgebieten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Deshalb wird bei der Feststellung jener Bestimmungen, welche in Ausführung des Zoll- und Handelsbündnisses zu ergehen haben und deren Anwendung sich auf Bosnien und die Hercegovina zu erstrecken hat, von den Regierungen der beiden Staats¬ gebiete der Monarchie die vorherige Äußerung des gemeinsamen Ministeriums einzuholen sein." <pb/>Nr. 3 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26.8.1896 21 Punkt 4: ,JDa Bosnien und die Hercegovina aufhören, ein Okkupationsgebiet zu sein, so sind die bisher unter dem Titel .Okkupationskredit1 ausgewiesenen besonderen Erfordernisse - insoweit sie noch tatsächlich zur Ausgabe gelangen sollen - nicht mehr gesondert auszuweisen, sondern auf die entsprechenden Titel des allgemeinen Heeres¬ budgets aufzuteilen." Punkt 5: ,,Die bosnisch-hercegovinischen Truppen, Kommanden und Militäranstal¬ ten werden dem k. u. k. gemeinsamen Heere einverleibt." Punkt 6: ,,Infolgedessen wird das Erfordernis für die bosnisch-hercegovinischen Truppen in das allgemeine Erfordernis für das k. u. k. Heer aufgenommen." Bei Punkt 7 der Skizze, welcher einen - sei es ein für aUe Male pauschaliter, sei es von Fall zu Fall nach der wirklichen Höhe des Bedarfes - festzusetzenden Ersatz aus bosnisch-hercegovinischen Landesmitteln für die Erhaltung und Ausrüstung der dem gemeinsamen Heere einzuverleibenden bosnisch-hercegovinischen Truppen betrifft, betont der k.u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay die Absicht, daß jene Provinzen in dieser Form einen Beitrag zu den gemeinsamen Auslagen leisten. Der k.u.k. gemeinsame Kriegsminister GdK. Edler v.Krieg- h a m m e r spricht sich gegen eine solche Bestimmung aus, welchem Standpunkte sich die beiden Ministerpräsidenten anschließen. ' Aus der einschlägigen Diskussion konstatiert der k.u. k. gemeinsame Fi¬ nanzminister v. Källay, daß an Stelle der im Punkt 7 projektierten Bestim¬ mung sich die beiden Regierungen damit begnügen, daß nach der Einverleibung der bosnisch-hercegovinischen Truppen in das gemeinsame Heer aus bosnisch-hercegovi¬ nischen Landesmitteln ein Beitrag nur in der Höhe des heutigen Erfordernisses für die gedachten Truppen geleistet werde. Die beiden Ministerpräsidenten erklären sich hiemit im Prinzipe einverstanden. Der kgl. ung. MinisterpräsidentBaronBänffy möchte jedoch zu diesem wie zu den Punkten S und 6 bemerken, er könne das Bedenken nicht unterdrük- ken, daß die Einverleibung der bosnisch-hercegovinischen Truppen in das gemeinsame Heer sowie die Beitragsleistung Bosniens und der Hercegovina aus diesem Anlasse sehr schwierige Verhandlungen erfordern und ohne ein spezielles Gesetz überhaupt nicht durchführbar sein werde. Durch die Notwendigkeit der Bestimmung eines Rekruten¬ kontingentes für Bosnien und die Hercegovina werde das Wehrgfesetz, durch die Schaffung einer neuen gemeinsamen Einnahmsquelle, nämlich des Beitrages dieser Provinzen für die bosnisch-hercegovinischen Truppen, werde das Gesetz über die gemeinsamen Angelegenheiten alteriert, und dies lasse nicht nur bedeutende parlamen¬ tarische Schwierigkeiten vorhersehen, sondern sei in der Tat auch nicht unbedenklich. Rednerwolle auf diese Schwierigkeitennur aufmerksam machen, stimme aber trotzdem den Konferenzbeschlüssen zu. Punkt 8 der Skizze ist unverändert als § 2 in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Punkt 9 lautet: ,,Das Budget der Landesverwaltung Bosniens und der Hercegovina wird von dem mit der letzteren betrauten gemeinsamen Ministerium verfaßt, den übrigen gemeinsamen Ministerien und den Regierungen der beiden Staatsgebiete der <pb/>22 Nr. 3a Projekt des gemeinsamen Finanzministers, o. O., o. D. österreichisch-ungarischen Monarchie mitgeteilt, sodann der Beratung im gemeinsa¬ men Ministerrate unterzogen und nach derart bewirkter Feststellung der Ausgabenetat dieses Budgets gemeinsam mit den Erfordemisetats der übrigen gemeinsamen Verwal¬ tungszweige den Delegationen zur Schlußfassung vorgelegt."5 Die Konferenz stimmt dieser dem heutigen Vorgänge entsprechenden Bestimmung zu.a Desgleichen wird der Punkt 10 unter Hinweis darauf, daß eine analoge Bestimmung schon in dem Gesetze vom 22. Februar 1880 enthalten ist, angenommen. Derselbe lautet: ,,Sollten die eigenen Einnahmen Bosniens und der Hercegovina zur Deckung des Ausgabenetats dieser Länder nicht genügen, so büdet der fehlende Betrag eine gemeinsame Ausgabe, welche, sowie die Bedeckung derselben, ebenso zu behandeln ist, wie die übrigen Erfordernisse der gemeinsamen Verwaltungszweige." Punkt 11 entfällt, da sein Inhalt in den § 3 des Gesetzentwurfes übergegangen ist. Nachdem hiemit der Beratungsstoff erschöpft ist, schließt der Vorsitzende die Sitzung, indem er bemerkt, daß das Ergebnis der heutigen Beratungen noch den Gegenstand einer in den nächsten Tagen unter Ah. Vorsitze stattfindenden Konferenz bflden werde. Gohichowski Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Wien, 18. September 1896. Franz Joseph. Nr. 3a Projekt des gemeinsamen Finanzministers betreffend die Behandlung Bosniens und der Hercegovina, o. O., o. D. Beilage zum GMRProt v. 26.8.1896, GMCZ. 392 Punkt 1. Bosnien und die Hercegovina büden bis auf weiteres eine gemeinsame Angelegenheit der österreichisch-ungarischen Monarchie. * BemerkungBadenis: Die im Protokolle enthaltene Bemerkung, daß die Konferenz dem Punkt 9, nachdem derselbe dem heutigen Vorgänge entspreche, zugestimmt habe, kann nur insofeme als richtig angesehen werden, wenn der im Punkte 9 irrtümlich aufgenommene Passus, ,,daß derAusgabenetat des bosnischen Budgets gemeinsam mit den Erfordemisetats der übrigen gemeinsamen Verwaltungszweige den Dele¬ gationen zur Schlußfassung vorgelegt werden soll", entfällt. 5 Der erwähnte Punkt ist im Protokoll in ungenauer Formulierung festgehalten. Aufgrund von Källays Bemerkung: Bei Besprechung des Punktes 9 der Skizze habe man sich nämlich dahin geeinigt, daß das bosnisch-hercegovinische Budget nicht den Delegationen zur Schlußfassung vorgelegt werden könne, sondern daß die Befugnisse der letzteren, in welchen ja jene Länder nicht vertreten wären, sich darauf beschränken müssen, für die Bedeckung eines eventuellen Fehlbetrages vorzusorgen, wurde der Schluß des Punktes 9gestrichen. GMRProL v 30. & 1986, GMCZ 394. <pb/>Nr. 3a Projekt des gemeinsamen Finanzministers, a O., o. D. 23 Punkt 2. Bosnien und die Hercegovina werden durch das gemeinsame Ministerium verwaltet. Se. Majestät bestimmen, welcher von den gemeinsamen Ministem mit dieser Verwaltung speziell betraut wird. Punkt 3. Bosnien und die Hercegovina bleiben im gemeinsamen Zollverbande mit den beiden Staatsgebieten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Deshalb wird bei der Feststellung jener Bestimmungen, welche in Ausführung des Zoll- und Handels¬ bündnisses zu ergehen haben und deren Anwendung sich auf Bosnien und die Herce¬ govina zu erstrecken hat, von den Regierungen der beiden Staatsgebiete der Monarchie die vorherige Äußerung des gemeinsamen Ministeriums einzuholen sein. Punkt 4. Da Bosnien und die Hercegovina aufhören, ein Okkupationsgebiet zu sein, so sind die bisher unter dem Titel ,,Okkupationskredit" ausgewiesenen besonderen Erfordernisse - insoweit sie noch tatsächlich zur Ausgabe gelangen sollen - nicht mehr gesondert auszuweisen, sondern auf die entsprechenden Titel des allgemeinen Heeres¬ budgets aufzuteilen. Punkt 5. Die bosnisch-hercegovinischen Truppen, Kommanden und Militäranstal¬ ten werden dem k. u. k. gemeinsamen Heere einverleibt Punkt 6. Infolgedessen wird das Erfordernis für die bosnisch-hercegovinischen Truppen in dem allgememen Erfordernis für das k. u. k. Heer aufgenommen. Punkt 7. Für die zur Erhaltung und Ausrüstung der bosnisch-hercegovinischen Truppen erforderlichen Beträge haben - wie bisher - die bosnisch-hercegovinischen Landesmittel aufzukommen. (Die zu diesem Zwecke aus bosnisch-hercegovinischen Landesmitteln alljährlich zu leistenden Beiträge werden entweder in der Form eines zwischen der k. u. k. Kriegsverwaltung und dem gemeinsamen Ministerium festgesetz¬ ten Jahrespauschales entrichtet, oder aber es wird deren Höhe in gleicher Weise einvernehmlich nach dem tatsächlichen Bedarfe alljährlich bestimmt.) Punkt 8. Die bisherige Organisation der Verwaltung bleibt aufrechterhalten. Grundsätzliche Änderungen derselben sind der Ah. Schlußfassung Vorbehalten. Punkt 9. Das Budgetder Landesverwaltung Bosniens und der Hercegovinawirdvon dem mit der letzteren betrauten gemeinsamen Ministerium verfaßt, den übrigen ge¬ meinsamen Ministerien und den Regierungen der beiden Staatsgebiete der österrei¬ chisch-ungarischen Monarchie mitgeteilt, sodann der Beratung im gemeinsamen Ministerrate unterzogen und nach derart bewirkter Feststellung der Ausgabenetat dieses Butgets gemeinsam mit den Erfordemisetats der übrigen gemeinsamen Verwal¬ tungszweige den Delegationen zur Schlußfassung vorgelegt. Punkt 10. Sollten die eigenen, Einnahmen Bosniens und der Hercegovina zur Deckung des Ausgabenetats dieser Länder nicht genügen, so büdet der fehlende Betrag eine gemeinsame Ausgabe, welche, sowie die Bedeckung derselben, ebenso zu behan¬ deln ist wie die übrigen Erfordernisse der gemeinsamen Verwaltungszweige. Punkt 11. Die soeben ausgesprochenen Prinzipien hätten selbverständlich an Stelle des bisher für die Verwaltung Bosniens und der Hercegovina gütigen Gesetzes vom 22. Februar 1880 zu treten. <pb/>