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Gemeinsamer Ministerrat, 9. 5. 1892

556 Nr. 59 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 9. 5. 1892

Nr. 59 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 9. Mai 1892

    RS. (und RK.)

    Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (10. 5.), der kgl. ung. Ministerpräsident
Graf Szapdry (14. 6.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (11. 5.), der k. u. k.
gemeinsame Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (13. 5.), der k. k. Ackerbauminister Graf
Falkenhayn (13. 5.), der kgl. ung. Finanzminister Wekerle (1. 6.), der k. k. Finanzminister Steinbach
(13. 5.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager v. Szögyeny-Marich (19. 5.), der k. u. k. Marine¬
kommandant Admiral Freiherr v. Stemeck (24. 5.), der k. u. k. Sektionschef Ritter v. Röckenzaun,
der k. u. k. Marineoberkommissär Fehr.

    Protokollführer: Sektionsrat Jettei.
    Gegenstand: Delegationsvorlagen.

   KZ. 26 - RMRZ. 375
   Protokoll des zu Wien am 9. Mai 1892 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Mini¬
sters des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
macht davon Mitteilung, daß er, um den Wünschen der beiden Finanzminister
nach Möglichkeit entgegenzukommen, die gestern offengelassenen Posten einer
nochmaligen Prüfung unterzogen habe und in der Lage sei, der Konferenz
folgenden Herabminderungen vorzuschlagen:

Der Okkupationskredit wäre um                                 503 000 fl.

der Titel VII des Extraordinariums, Beschaffung von Train¬

material um                                                   50 000 fl.

der Titel IX Anschaffung tragbarer Zelten um                  690 000 fl.

herabzusetzen, so daß ein Betrag von 360 000 fl., was einer

Anschaffung von 40 000 Zelten gleichkäme, hiefür erübrigen

würde, endlich Titel VIII Beschaffung neuer Proviantfuhrwer¬

ke unverändert zu belassen.

Wenn diese Ansätze angenommen werden, so würde der Abstrich betragen,

u. zw.

  im Ordinarium                                               3 757 917 fl.
  im Extraordinarium                                          3 844 751 fl.
  im Okkupationskredite
  endlich Ersparnis bei Nachtragskrediten                       503 000 fl.
                                                                 19 480 fl.
somit im ganzen
                                                              8 125 148 fl.

   Gegenüber der präliminierten Mehrforderungen von 11 736 742 fl. ergibt sich
demnach ein Mehrerfordernis von 3 611 594 fl.

   Derk. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay stellt für
die nächsten Jahre eine weitere Reduzierung des Okkupationskredites um etwa
100 000 bis 200 000 fl. in Aussicht, falls die beiden Regierungen einer Modalität
zustimmen würden, welche auf die Bestreitung der Quartiergelder aus bosni¬
schen Landesfinanzen abzielt.
<pb/>Nr. 59 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 9. 5. 1892  557

    Der kgl. ung. Finanzminister Wekerle bringt neuerdings die
 Verteilung der Anschaffungskosten für neue Proviantfuhrwerke, Titel VIII auf
 drei Jahre in Anregung.

    Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
 erwidert, daß er auf eine Herabmmderung des angeforderten Betrages nicht
 eingehen könne, da die Beschaffung des Trainmaterials unumgänglich notwen¬
 dig sei.

    Der k. k. Finanzminister Steinbach fragt an, ob die Einstellung
 des Betrages von 912 350 fl. für diesen Zweck zur Folge habe, daß im nächsten
 Jahr unbedingt dieselbe Summe eingestellt werden muß, oder ob die späteren
 Raten nicht auch geteilt werden könnten. Der k. u. k. Reichskriegsmi¬
 nister FZM. Freiherr v. Bauer bezeichnet es als nicht ausgeschlos¬
 sen, daß später kleinere Raten eingestellt werden. Es müsse nur unbedingt ein
 Anfang gemacht werden; wenn dann der Ankauf im großen gesichert ist, werde
 sich vielleicht eine Ermäßigung erzielen lassen.

    Es wird zur Beratung des modifizierten Marinebudgets übergangen.
    Der k. u. k. Marinekommandant Admiral Freiherr v. Stern¬
eck erklärt sich bereit, einen Abstrich von 653 030 fl. vorzunehmen, so daß
sich das Mehrerfordernis gegenüber dem Vorjahre auf 449 966 fl. belaufen
würde. Nachdem der k. u. k. Reichskriegsminister sich für die Annahme dieses
restringierten Betrages ausgesprochen, erhält derselbe die Zustimmung der
Konferenzteilnehmer.

   Der kgl. ung. Finanzminister Wekerle macht darauf aufmerk¬
sam, daß mit Einrechnung der Nachtragskredite die gesamte Mehranforderung
sich noch immer über 5 Millionen belaufen würde. Es wäre deshalb nochmals
in Erwägung zu ziehen, ob das Remontendepot nicht doch gestrichen werden
könnte.

   Der k. u. k. Sektionschef Ritter v. Röckenzaun hebt hervor,
daß der Nachtragskredit im Heeresbudget nur durch die Preissteigerung in den
Verpflegsartikeln verursacht wurde und daß in den Delegationen selbst der
Wunsch ausgesprochen worden sei, bei dem nächstjährigen Präliminare auf
diesen Faktor Bedacht zu nehmen.

   Der k. k. Ackerbauminister Graf Falkenhayn und der k. k.
Finanzminister Steinbach sprechen sich für die Beibehaltung des ei¬
nen Remontendepots aus.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapäry gibt die Er¬
klärung ab, daß die kgl. ung. Regierung auf ein Mehrerfordernis, welches den
Betrag von 4 Millionen übersteige, in keinem Fall eingehen könne; es möge also
versucht werden, vielleicht doch im Titel VIII Anschaffung von Proviantfuhr¬
werken eine Herabminderung eintreten zu lassen.

   Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer
erklärt sich außerstande, ein weiteres Zugeständnis zu machen.

   Behufs Beseitigung der noch obwaltenden Differenz von etwa 60 000 fl.
spricht der k. u. k. gemeinsame Finanzminister Källay seine
Bereitwilligkeit aus, diesen Betrag auf den Etat der bosnischen Landesverwal-
<pb/>558 Nr. 60 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 9. 5. 1892

tung zu übernehmen, wogegen der Okkupationskredit um ebensoviel herabzu¬
mindern wäre.

   Die Konferenz erklärt sich mit dieser Modalität einverstanden, und nachdem
gegen die Einstellung der weiteren in suspenso belassenen Kosten keine Einwen¬
dung erhoben wird, erscheint rücksichtlich aller Voranschläge für die gemeinsa¬
men Angelegenheiten eine vollständige Einigung erzielt.

   Was den Termin für den Zusammentritt der Delegationen anbelangt, so
sprechen sich die beiden Ministerpräsidenten über Aufforderung des Vorsitzen¬
den übereinstimmend dahin aus, daß Sr. Majestät die Einberufung der Delega¬
tionen etwa für adie zweite Hälfte3 September vorzuschlagen wäre.

   Der Vorsitzende bringt schließlich die Frage des Ankaufes eines Palais
für die Botschaft in London neuerdings zur Sprache und gibt der Konferenz von
den Propositionen Kenntnis, welche diesfalls seitens der Interessenten gemacht
wurden. Demnach würden sich die Ankaufskosten auf etwa 600 000 fl. belaufen.

   Rücksichtlich der Beschaffung dieses Betrages Erklären sich die beiden Fi¬
nanzminister damit einverstanden, daß der k. u. k. gemeinsame Fi¬
nanzminister v. Källayb den nötigen Betrag aus den Zinsen der ge¬
meinsamen Aktiven vorstrecke, die entfallende Verzinsungs- und Amortisie-
rungsquote sowie einen entsprechenden Betrag für die Instandhaltung des
Gebäudes, etwa 9000 fl., wäre dann alljährlich in das Budget des Ministeriums
des Äußern einzustellen. cFür die Herstellung des Sommerpalais in Jeniköi wäre
nach genauer Feststellung der Pläne und Kosten in analoger Weise vorzugehen,
wozu die Minister schon im vorhinein die prinzipielle Zustimmung ausspre¬
chen.0

   Die beiden Ministerpräsidenten erklären sich mit diesem Vorgang prinzipiell
einverstanden.

   Die Sitzung wird sohin geschlossen.
                                                                                       Kälnoky

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 20. Juni 1892. Franz Joseph.

Nr. 60 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 9. Mai 1892

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der k. k.
Ministerpräsident Graf Taaife (16. 5.), der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Szapäry (14. 6.), der
k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (17. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM.
Freiherr v. Bauer (17. 5.), der k. k. Ackerbauminister Graf Falkenhayn (18. 5.), der kgl. ung.

a&#39;a Korrektur Kdlnokys aus den 20.
b&#39;b Korrektur Kälnokys aus erklärt der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay dazu bereit.
c&#39;c Einfügung Kälnokys.
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