Anhang Gemeinsamer Ministerrat, 17. 6. 1888
I. Vierter Entwurf eines neuen Wehrgesetzes
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_zusatz5.pdf.
Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 769 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. Juni 1888 RS. Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (23. 6.), Refe¬ rent: Obst. Navarini, Vorstand der zweiten Abteilung, der k. k. Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb (o. D.), Referent: Sektionsrat Bauerbargehr, der kgl. ung. Landesverteidigungs- minister FML. Freiherr v. Fejerväry (o. D.), Referent: Sektionsrat Kasics, der Vorstand der Militärkanzlei FML. Freiherr v. Popp (o. D.). Protokollführer: Hptm. in der Militärkanzlei v. Csanädy. Gegenstand: Vierter Entwurf eines neuen Wehrgesetzes. Protokoll über die unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät in der kgl. Burg zu Ofen am 17. Juni 1888 stattgehabte Konferenz. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten Ag. die Sitzung zu eröffnen und Ag. zu bemerken, daß noch einige, teils mehr, teils minder wichtige Punkte des Wehrgesetzentwurfes2 einer Besprechung bedürfen. Se. Majestät geruhen den § 3 Ag. vorzulesen3 und an den Ausdruck ,,beider jj Staatsgebiete" die Bemerkung zu knüpfen, daß wenn auch dieselbe Ausdrucks- .?/ weise im alten Wehrgesetze gebraucht wurde, selbe nicht begründet und"korrekt «/ war. "' ` ..======-> « 7 FML. Freiherr v. Fejerväry. Wenn der Ausdruck auch nicht korrekt ist, so bin ich doch der Meinung, daß man ihn auch jetzt belassen könnte, da die Streichung desselben gewiß Anlaß zu Debatten geben würde. Se. MajestätHgeruhen Ag. anzubefeKTen, daß die Frage, ob dieser Aus- , druck zu bleiben habe oder nicht, jedenfalls im Ministerrate zur Sprache zu bringen und demselben mitzuteilen sei, daß Allerhöchstderselbe diesen Aus- // druck nicht korrekt finde. " -----Ll. ITT. Dieser lautef(Se. Majestät geruhen Ag. die Alinea 2 vorzulesen4). Die Fassung: ,,auf den Kriegsstand" ist nicht richtig, denn es war schon der Fall da und er kann wieder eintreten, daß die Reserven nicht bis auf den Kriegsstand, sondern eine beliebige Anzahl von Reservejahrgängen einberufen werden, wel¬ che nicht den Kriegsstand ausmachen. FML. Freiherr v. Fejerväry liest die Textierung im ung. Entwür¬ fe,5 in welchem, ungleich der deutschen Übersetzung: ,,bis zur Höhe des Kriegs¬ standes" anstatt ,,auf den Kriegsstand" gesetzt erscheint. KA,, MKSM. 20-1/4 ex 1888. Vierter Entwurf eines neuen Wehrgesetzes. Zum reservierten Amtsgebrauche. Wien 1888, KA., MKSM. 20-1/4 ex 1888. Das Heer und Kriegsmarine sind zur Verteidigung beider Staatsgebiete der Monarchie gegen äußere Feinde und zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern bestimmt. - Vierter Entwurf 3. Die Reserve und Seereserve kann teilweise oder ganz nur auf Befehl des Kaisers (Königs) zur Ergänzung des Heeres und der Kriegsmarine aufden Kriegsstand einberufen werden. - Vierter Entwurf 5. Az üj vederötörveny tervezete. Összehasonlitva a vedöeröröl szölö 1868. 40. es az 1882. 39. törvenycikkek szövegevel. Titkos hivatalos hasznälatra keziratkeppen nyomatott (Der Ent- <pb/>770 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß die Stilisierung, wie sie im vorliegenden Entwürfe aufgenommen ist, nicht entspricht, da sonst nur die ganze Reserve, nicht aber Teile derselben einberufen werden könnten. FML. Graf Welsersheimb beantragt eine ähnliche Stilisierung wie die der ungarischen Reichshälfte. FZM. Freiherr v. Bauer stimmt dem Anträge bei und bemerkt, daß es sich darum handle, das Maximum des Standes auszudrücken. Se. Majestät geruhen Ag. anzuordnen, daß anstatt ,,auf den Kriegs¬ stand" - ,,bis zur Höhe des Kriegsstandes" zu setzen sei. FML. Graf Welsersheimb. Durch diese Änderung wird es notwen¬ dig, das ,,jedoch" in der 4. Alinea des § zu streichen. Se. Majestät stimmen Ag. zu. § 14. - Se. Majestät geruhen Ag. die 1. Alinea vorzulesen,6 sodann zu bemer¬ ken, daß das der allgemeine Grundsatz sei und als solcher feststehe. Die 2. Alinea Ag. vorlesend,7 knüpfen Allerhöchstderselbe hieran die Ag. Bemerkung, daß es zu erwägen sei, ob dieser Passus nicht ganz wegbleiben könne, da sonst nach jeder Volkszählung ein neues Gesetz erlassen werden müßte.2 FML. Graf Welsersheimb. Von gesetzlichem Standpunkt waltet gegen das Weglassen dieser Alinea kein Bedenken; jedoch lassen es folgende zwei Gründe wünschenswert erscheinen, daß der Passus aufgenommen werde: 1. erscheint15 auch die Höhe des Landwehr-Rekrutenkontingentes bezeichnet, was früher nicht der Fall war und 2. wäre0 nicht klar, welche Volkszählung unter der letzten gemeint war. FML. Freiherr v. Fejerväry. Die Motive, die mich bestimmen, dieses Alinea im Gesetze zu belassen, sind die, daß die Vertretungskörper in der genauen Feststellung des jährlichen Rekrutenkontingentes ein außerordentli¬ ches konstitutionelles Recht erblicken und das Auslassen der KontingentszifFer Streichung des Kaisers während es ja genüge, in der Anforderung des Rekrutenkontingentes von den Vertretungskörpem auf Basis einer neuen Volkszählung die geänderte Ziffer einzu¬ bringen. Streichung dadurch. Streichung nach dem alten Wehrgesetze. wurf eines neuen Wehrgesetzes. Verglichen mit dem Texte der GA 40 vom Jahre 1868 und 39 vom Jahre 1882 über die Wehrmacht. Zum reservierten Amtsgebrauche als Manuskript gedruckt). Budapest 1888 9, OL., K. 27, ad 13/MT., Karton 44. Das zur Erhaltung des Heeres und der Kriegsmarine erforderliche jährliche Rekrutenkontin¬ gent wird mit 103 100 Mann festgesetzt und ist zwischen den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern einerseits und den Ländern der ungarischen Krone anderseits nach der Bevölkerungszahl, u. zw. auf Grund des Ergebnisses der letzten Volkszählung, anzurepartieren. - Vierter Entwurf 6. Nach der in beiden Staatsgebieten der Monarchie am 31. Dezember 1880 vorgenommenen Volkszählung haben dermalen die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder ein jährliches Rekrutenkontingent von 60 389 Mann, die Länder der ungarischen Krone 42 711 Mann zu stellen. - Vierter Entwurf 6. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 771 dbei dem Umstande, als jetzt auch die Normierung des Kriegsstandes der Armee aus dem Gesetze eliminiert wirdd, gewiß Anlaß zu großen Debatten gäbe. Was die Einbringung eines neuen Gesetzes nach jeder Volkszählung anbelangt, erlaube ich mir anzuführen, daß bei jeder Änderung im Rekrutenkontingente auch bisher ein spezielles Gesetz nötig war, daß sonach, falls dieser Passus wegfiele, ein besonderes Gesetz jedenfalls eingebracht werden müßte. Findet dann im Jahre 1891 eine neue Volkszählung statt, so müsse dann auf Basis dieser Zählung das neue Gesetz für das Rekrutenkontingent wieder eingebracht wer¬ den. Se. Majestät finden Ag. zu bemerken, daß nachdem der Gesetzgebung die Votierung des Rekrutenkontingentes ohnehin züsteht, eigentlich die Ein¬ bringung eines bezüglichen speziellen Gesetzes überflüssig sei. Jedenfalls ist es eigentümlich, daß in ein Gesetz etwas aufgenommen werde, das einer fortwäh¬ renden Änderung unterliege. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß das, was früher der Kriegsstand von 800 000 Mann war, im neuen Gesetze die Festsetzung des jährlichen Rekru¬ tenkontingentes mit 103 100 Mann ist, und daß es keinen Schwierigkeiten unterliegen dürfte, den Vertretungskörpem dies plausibel zu machen. Aller- höchstderselbe geruhten hierauf Ag. zu genehmigen, daß die für beide Staatsge¬ biete aufgenommenen Ziffern belassen werden können. Die Alinea 3 des § 14 Ag. vorlesend,8 geruhen Se. Majestät zu bemerken, daß auf ungarischer Seite eine Vereinbarung noch nicht getroffen wurde; daß die Schwierigkeiten daher kämen, weil verschiedene Prinzipien von den Ministerien festgehalten würden. FML. Graf Welsersheimb. Ich habe bei Berechnung des Kontin¬ gentes dieselbe auf eine breitere Basis gestellt als das Reichskriegsministerium, bin aber zu ungefähr dem gleichen Resultate gelangt. Wenn die Neuorganisa¬ tion der Landwehr die Ah. Genehmigung erlangt, so wird nahezu der ganze erste Jahrgang in aktiver Dienstleistung bleiben, so daß die Landwehr eigentlich nur aus elf Jahrgängen bestehen wird, was bei der Berechnung des Kontingentes mit 9500 Mann einen jährlichen Ausfall von 500 Mann ergeben würde, da die Landwehr jährlich 10 000 Mann benötigte. Ich bin aber bereit, im Interesse des Heeres hierauf zu verzichten, falls ein ähnliches von seiten des ungrischen Landesverteidigungsministers geschieht. FML. Freiherr v. Fejerväry. Die Berechnung der Höhe des jähr¬ lichen Rekrutenkontingentes ist bei beiden Landwehren eine verschiedene. Nach der hier angestellten Berechnung benötigt die ungarische Landwehr ein jährliches Kontingent von 13 140 Mann. Würde dieses Kontingent nicht bewil¬ ligt, so müßte, um den vorgeschriebenen Effektivstand im aktiven Dienste zu erhalten, die Dienstzeit von 20 1/2 Monaten auf zwei Jahre erhöht werden. Es d"d Einfügung Fejervärys. 8 Zur Erhaltung der Landwehr der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg, wird ein Jahresrekrutenkontingent von 9500 Mann festgesetzt. - Vierter Entwurf 6. <pb/>772 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 bleibt nun eine offene Frage, ob dies im Verordnungswege durchgeführt werden könne, oder ob hiezu ein Gesetz notwendig sei; im letzteren Falle ist es fraglich, ob es überhaupt durchzubringen sein wird. Die Art der Ergänzung der Kavallerie und speziell die Erhöhung des Standes der Eskadronen von 40 auf 60 Mann, welche das Kontingent neuerlich um 720 Mann erhöhen, lassen mir als Minimum, wenn ich die Ziffer nach unten abrun¬ de, das jährliche Rekrutenkontingent mit 13 000 Mann annehmen. Dieses Kon¬ tingent kann auch ohne Anstand und ohne Schädigung des Heeres gedeckt werden. Die angestellte Berechnung des Reichskriegsministeriums als Basis genommen, ist das jährliche Stellungsergebnis der Länder der ungarischen Krone mit 56 000 Mann beziffert, wozu noch in Hinkunft - rund gerechnet - 4000 Mann mehr zu rechnen kommen, welche durch die Verlegung des Assent- jahres vom 20. auf das 21. Lebensjahr resultieren werden; das macht also in Hinkunft ein Gesamtkontingent von mindestens 59 000 Mann aus, hievon für das Heer das Rekrutenkontingent mit 43 000 Mann, für die ungarische Land¬ wehr 13 000 Mann, bleibt noch ein Rest von 3000 Mann als Ersatzreserve; es kann also von einer Benachteiligung des Heeres durch die zu hohe Kontingents¬ ziffer der Landwehr nicht die Rede sein. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß man die Höhe des Rekru¬ tenkontingentes nicht nach der Präsenzdienstzeit, sondern auf Basis des nor¬ mierten Kriegsstandes berechnen müsse. Überhaupt sei es notwendig, daß von allen drei Ministerien nach ähnlichen Grundsätzen vorgegangen werde. Wenn die Vertretungskörper sehen, daß in Österreich das Rekrutenkontingent mit 9500 Mann, in Ungarn aber mit 13 000 Mann festgestellt ist, so kann dieser Unterschied nur erschwerend für die Durchbringung des Gesetzes wirken. - ,,Woher kömmt dieser große Unterschied?" FML. Freiherr v. Fejerväry. Bezügüch der Ag. Bemerkung rück¬ sichtlich des Kriegsstandes als Basis des Rekrutenkontingentes erlaube ich mir au. anzuführen, daß dieser auch bei der Landwehr im allgemeinen als Basis dient, indem nämlich vom erforderlichen Kriegsstande zuerst die aus der Reser¬ ve stammenden Landwehrmänner in Abzug gebracht und nach dem Reste das jährliche Kontingent bestimmt wird. Überdies ist noch zu berücksichtigen,"daß die Kader stets vollzählig erhalten und nur durch Rekruten gedeckt werden müssen, und daß dabei die fixierte aktive Dienstzeit nicht überschritten werden kann. Bei den geringen Kader ist aber jeder Mann, der abgeht, sehr empfindlich. In der österreichischen Reichshälfte ist das Stellungsverhältnis ein günstige¬ res, es kommen auch bedeutend mehr Reservisten in die Landwehr als bei uns, daher zur Ergänzung des Kriegsstandes der öster. Landwehr auch ein geringeres Rekrutenkontingent genügt, und hauptsächüch liegt der Grund des höheren Kontingents bei der ungarischen Landwehr im Ergänzungsmodus der Kavalle¬ rie, die sich zum Unterschiede gegen die österreichische nur aus Rekruten ergänzt. Se. Majestät geruhen Ag. eine Besprechung über die von beiden Landwehren aufzustellenden Formationen anzuregen. Das Resultat dieser Besprechung ist, daß die beiden Landwehren ungefähr <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 773 die gleiche Anzahl von Bataillonen aufstellen und daß die ung. Landwehrbatail¬ lone 2. Linie äquivalent sind mit den Reservekompagnien der öster. Landwehr. FML. Freiherr v. Popp. Angenommen, daß die Bedeckung des Rekrutenkontingentes keinen Schwierigkeiten unterliegt, so wird durch die jährliche Einstellung der angeforderten Zahl der Grundbuchstand sehr hoch und weit über den normierten Kriegsstand anschwellen. FML. Freiherr v. Fejerväry. Mit einem jährlichen Rekrutenkon¬ tingente von 13 000 Mann wird der vorgeschriebene Stand nicht erreicht. FZM. Freiherr v. Bauer. Selbst wenn man die Absicht hätte, für die ungarische Landwehr die 13 000 Mann jährlich anzurepartieren, so wäre dies nicht möglich, da das Land nicht imstande ist, den Anforderungen des Heeres und der Landwehr zu genügen, wenn letztere das Kontingent mit 13 000 Mann festhält. Obst. Navarini. Das durchschnittliche Stellungsergebnis der Länder der ungarischen Krone beziffert sich mit zirka 56 000 Mann, ausschließlich der als voraussichtlich diensttauglich angenommenen 70 % der als Familienerhalter zeitlich Befreiten, die man auf 7-8000 Mann veranschlagen kann. Das Maxi¬ mum der Stellungspflichtigen eines Jahres beträgt sonach 63-64 000 Mann oder 4 Permille, welche Ziffer auch dem Maximum der übrigen Staaten entspricht. Von dem Rekrutenkontingente von 56 000 Mann entfallen auf das Kontingent des Heeres 43 000 Mann, auf jenes der ung. Landwehr 13 000 Mann, sonach Summa 56 000 Mann; es bleibt also nicht ein Mann für die Ersatzreserve, so daß man im Falle, als diese einberufen werden sollte, keinen Mann zur Disposi¬ tion hätte und die Einberufung eines vierten Präsenzjahrganges in Bosnien zur Regel würde. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß es sehr fatal wäre, wenn man - sei es im Frieden oder Kriege - keine Ersatzreserve zur Disposition hätte. Es müsse angestrebt werden, sie ausgiebig zu machen; jetzt müssen die Land¬ sturmleute mit 33 und 34 Jahren als erster Ersatz vor den Feind gehen. Obst. Navarini. Das jährliche Rekrutenkontingent der ungarischen Landwehr mit 13 500 gerechnet, ergibt in Summa einen Grundbuchstand der Landwehr mit 225 287 Mann, worunter 31 200 Mann Kavalleristen. FML. Freiherr v. Fejerväry. Bisher war das Stellungsergebnis 56 000 Mann, das Reichskriegsministerium schätzt selbst die Erhöhung des Stellungsergebnisses infolge Verlegung des Beginnes der Stellungspflicht auf das 21. Lebensjahr mit über 4000 Mann, es bleiben sonach nach Deckung beider Kontingente noch gering gerechnet 3000 Mann für die Ersatzreserve, welche übrigens durch die Einreihung der Familienerhalter etc. noch ein Plus von 22 000 Mann erfahrt. Übrigens werden durch den geänderten Rekrutierungs¬ modus noch die früher der Landwehr zugekommenen Überschüsse einzelner Ergänzungsbezirke zur Ausgleichung der Abgänge anderer Bezirke im Korpsbe¬ reiche verwendet, wodurch der Ersatzreserve neuerlich Kräfte zugeführt wer¬ den. Sektionsrat Kasics. Die Meinungsdifferenz, welche sich bezüglich der Feststellung des Rekrutenkontingents der kgl. ung. Landwehr zwischen dem <pb/>774 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 gemeinsamen Kriegsministerium und dem Landesverteidigungsministerium er¬ geben hat, ist nicht prinzipieller Natur, da allseitig anerkannt wird, daß der Ergänzungsbedarf des Heeres vor allem gesichert werden muß; die Meinungs¬ verschiedenheit besteht darin, daß die jährliche Leistungsfähigkeit der Länder der ung. Krone mit nur 56 000 Rekruten angenommen wird, während dieselbe nach Ansicht des Landesverteidigungsministeriums auf Grund der bisherigen tatsächlichen Stellungsergebnisse (nicht zu hoch) auf 59 000 Rekruten beziffert werden kann. Wie nämlich aus den Daten der Begründung des gemeinsamen Kriegsministeriums zum neuen Wehrgesetzentwurfe ersichtlich, haben die Län¬ der der ungarischen Krone in den schwächsten zehn Jahren 1875--1885 -- mit Hinweglassung des außerordentlich starken Stellungsergebnisses pro 1883 - insgesamt 551 790 Mann gestellt, das ergibt im Durchschnitte 55 179 Mann pro Jahr; hiezu die zu erhoffende Erhöhung des Stellungsergebnisses infolge Verle¬ gung der Stellungspflicht auf das 21. Lebensjahr, laut derselben Begründung 4580 Mann. - Diese Ziffer kann allerdings nicht mit voller Bestimmtheit ange¬ nommen werden, sie scheint jedoch keinesfalls übertrieben hoch, weikdas neue Wehrgesetz viele andere Vorteile sichert, wie: eine strammere Hinziehung der zahlreichen Absenten, strengere Bestrafung derselben im politischen Wege usw., welche voraussichtlich zur Erhöhung des Stellungsergebnisses gleichfalls beitra¬ gen werden. Der größte Vorteil für das Heer wird sich aber daraus ergeben, daß die Repartition des Rekrutenkontingents künftighin auf die Korpsbereiche und erst innerhalb dieser auf die einzelnen Stellungsbezirke erfolgt, wodurch die Nachteile des bisherigen Repartitionsmodus gänzlich aufgehoben werden und das Heer sein Kontingent jährlich voll erhalten wird. Es werden sonach von den sicher zu erhoffenden 59 000 Rekruten nach Deckung des Rekrutenkontingen¬ tes des Heeres mit zirka 43*000 Mann und jenes der Landwehr mit 13 000 Mann noch namhafte Überschüsse bleiben, deren größter Teil (77 %) ebenfalls in das Heer, resp. in die Ersatzreserve des Heeres gelangen wird. Dieser Überschuß steht für die Feldbataillone in Bosnien zur Verfügung. Aus den angeführten Daten geht andererseits hervor, daß die Berechnung des gemeinsamen Kriegs¬ ministeriums, daß bei einer Maximalleistungsfähigkeit der Länder der ungari¬ schen Krone von 4 Permille der Bevölkerung, d. s. rund 64 000 Rekruten jährlich, die für die bisher zeitlich Befreiten 70 % der Familienerhalter mit 8000 Mann doch zu hoch gegriffen sein dürfte und diese kaum die Zahl von 5000 um vieles übersteigen wird. Diese 5000 von der Maximalleistung nach der Bevölke¬ rungszahl von 64 000 abgezogen ergeben gleichfalls wieder, wie eingangs er¬ wähnt, 59 000 Rekruten. Se. Majestät geruhen Ag. die Frage zu stellen, wie hoch der Stand der ungarischen Landwehr sei? FML. Freiherr v. Fejerväry. Der Kriegsstand der ung. Landwehr- einfanteriee beträgt 131 000 Mann, hiezu die 10 % 13 000 Mann, macht Bedarf 144 000 Mann. Der vorhandene Grundbuchstand würde betragen 158 000 Mann. e-e Einfügung Fejervärys. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 775 Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß der Vorteil, ä conto der Fehlenden 10 % zuzuschlagen und noch ein weiteres Reservoir an Mannschaft zu haben, nicht einzusehen sei, da man diese der Ersatzreserve des Heeres entzieht, welches doch in erster Linie berücksichtigt werden muß, da es gewiß eine Illusion wäre, die Landwehr als gleichwertig dem Heere anzusehen. Je mehr die Landwehr sich mit großen Ständen und neuen Formationen belastet, desto mehr verdünnt sie sich. - Überdies tritt hier noch der Nachteil hinzu, daß der Überschuß der ung. Landwehrf absolut verlorengeht, während ein solcher von der öster. Landwehr zum Heere transferiert werden kann. FML. Freiherr v. Fejerväry. Der Überschuß beträgt im ganzen zirka 18 000 Mann. FML. Freiherr v. Popp. Wenn ich nach den Ausführungen Sr. Exzellenz des ung. Landesverteidigungsministers und des Herrn Referenten auch keinen Zweifel hege, daß die Rekrutenkontingente des Heeres und der ungarischen Landwehr durch das Stellungsergebnis ohne Anstand gedeckt werden können, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß durch diese jährli¬ che KontingentszifFer der Grundbuchstand der ung. Landwehr gegenüber dem normierten Kriegsstande nach Dotierung aller Formationen einen sehr bedeu¬ tenden Überschuß aufweisen wird. Dieser Überschuß wäre aber anderenfalls im perzentualen Verhältnisse (77 %) der Ersatzreserve des Heeres zugute gekom¬ men. Die Folgen dieses Überschusses bei der Landwehr, bzw. der Entgang bei der Ersatzreserve des Heeres, wird dann zur Folge haben, daß die Landsturm¬ männer im vorgerückten Alter als Ersatz des Heeres herangezogen und in erster Linie verwendet werden, während die jungen, direkt in die Landwehr eingereih¬ ten Leute des Überschusses gar keine Verwendung finden. Ich kann das nur als eine große Härte des Gesetzes bezeichnen. FML. Freiherr v. Fejerväry. Durch das neue Wehrgesetz wird die Ersatzreserve des Heeres ohnehin auf* 160-180 000 Mann vermehrt und unterliegt die Einstellung derselben auf die ersten Abgänge beim Heere keinem Anstande, während die Landsturmformationen die Einstellung solcher kaum ausgebildeter Leute nicht vertragen, weshalb für die ersten Abgänge ein Reser¬ voir von Leuten nötig ist. Se. Majestät geruhen Ag. an den öster. Landesverteidigungsminister die Frage zu stellen, ob bei der öster. Landwehr auch ein Reservoir von 20 000 Mann, ähnlich wie in Ungarn vorhanden sei? FML. Graf Welsersheimb. Es besteht auf den normalen Kriegs¬ stand ein Rechnungshabgang von 'mehr als' 100 Mann. Ich erlaube mir au. zu bemerken, daß der Beitrag des Rekrutenkontingents in beiden Reichshälften nach der Bevölkerungsziffer als Grundsatz feststeht. Wenn es nun geschähe, daß das Heer von einer Reichshälfte nicht den vollen Teil bekäme, so würde dies ein Streichung des Kaisers dem Heere. Korrektur Fejervärys aus um. Einfügung Welsersheimbs. Einfügung Welsersheimbs. <pb/>776 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 fundamentales Prinzip tangieren, andererseits liegt es aber im Interesse des Reichsteiles, daß der Stand der Landwehr nicht größer ist, als er benötigt wird, da ja die Reichshälfte für die Bedeckung der Kosten allein aufzukommen hat. Se. Majestät geruhen Ag. die Frage aufzuwerfen, wie also die Sache gelöst werden soll? FZM. Freiherr v. Bauer. Wenn ein Überschuß im Stellungsergeb¬ nisse wäre, könnte man das Rekrutenkontingent der ung. Landwehr mit 13 000 belassen, aber nach den Verhältnissen ist es nicht angängig. Die öster. Landwehr hat inkl. Tirol ein Kontingent von 11 700 Rekruten; da die ung. Landwehr wegen der Kavallerie ein größeres Kontingent bedarf, 13 000 aber zu viel ist, so wäre eine Zahl zwischen den beiden Ziffern zu beantragen, jedoch nur vorbehaltlich der weiteren Erfahrung zu fixieren. FML. Freiherr v. Fejerväry. Bedingt kann man es nicht in das Gesetz aufnehmen, sondern es müßte das Kontingent jetzt fixiert und wenn nötig, mit einem neuen Gesetze geändert werden. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß man vielleicht mit 12 000 das Rekrutenkontingent der ung. Landwehr fixieren könnte. FZM. Freiherr v. Bauer undObst. Na varini geben der Über¬ zeugung Ausdruck, daß mit diesem Kontingente das Auslangen gefunden wer¬ den könne. FML. Freiherr v. Fejerväry. Ich kann die Verantwortung hiefür nicht übernehmen, ich bleibe in dem Dilemma, entweder die beantragte Kontin¬ gentsziffer oder aber Verlängerung der Dienstzeit. Se. Majestät erwidern Ag., daß wahrscheinlicherweise das Rekruten¬ kontingent von 12 000 Mann doch die Beibehaltung der jetzigen Dienstzeit gestatte. Obst. Navarini. Da der Präsenzstand der ung. Landwehr 11329 Mann betrage, so könne mit einem Kontingente von 12 000 Mann bei der jetzigen Dienstzeit von 20 Monaten gewiß das Auslangen gefunden werden. Se. Majestät geruhen hierauf Ag. zuzugestehen, daß 12 500 Mann an¬ gesetzt werden können. FML. Freiherr v. Fejerväry bittet au. vorläufig die Frage in sus¬ penso lassen zu dürfen, um nach durchgeführter neuerhcher Berechnung dar¬ über au. Vortrag erstatten zu können. Se. Majestät geruhen Ag. diesen Antrag zu genehmigen und Ag. hin- zufügen, daß jedoch die Rücksichten für das Heer in erster Linie bleiben müssen. Allerhöchstderselbe bringen sodann die Deckung der Rückstände im Rekru¬ tenkontingente des Heeres (zirka 10 000 Mann in Ungarn) zur Sprache und geruhen Ag. zu beanständenj, daß die Abgänge gleichmäßig auf Heer und Landwehr kanrepartiert werden sollenk. j Korrektur des Kaisers aus bemerken. k`k Korrektur des Kaisers aus anzurepartieren seien. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 777 Obst. Navarini. Das Rekrutenkontingent des Heeres darf nicht in Frage gestellt werden, in erster Linie ist die Anforderung des Heeres zu decken, und in zweiter Linie erst jene der Landwehr. Se. Majestät geruhen Ag. zu bestimmen, daß diese Frage, 'welche nicht im Gesetze, sondern in der Durchführungsverordnung vorkommt, noch¬ mals zu verhandeln ist1. Hierauf geruhen Allerhöchstderselbe die letzte Ahnea des § 15 Ag. vorzule¬ sen9 und Ag. zu fragen, ob ,,aus den Ländern der ungarischen Krone" bleiben müsse? FML. Freiherr v. Fejerväry. Da dieser Ausdruck für alle "'bishe¬ rigen Wehrmgesetze verlangt worden ist, wäre er auch hier zu belassen. Se. Majestät. ,,Wenn Sie Wert darauf legen, so kann es bleiben." Auf den § 21 übergehend, geruhen Allerhöchstderselbe Ag. zu bemerken, daß es vielleicht möglich wäre, den Passus über die Ludovica-Akademie wegzulassen.10 FML. Freiherr v. Fejerväry. Die Aufnahme dieses Alinea er¬ scheint deshalb notwendig, weil im Gesetze über die Ludovica-Akademie eine Berufung auf das Wehrgesetz vom Jahre 1868 vorkommt, daher sonst dort eine Änderung durchgeführt werden müßte, dann weil mit diesem Alinea gleichzeitig die Änderungen in der Dienstzeit der Zöglinge der Ludovica-Akademie be¬ stimmt werden. Se. Majestät. ,,Stimmen sie jetzt mit den ähnlichen Bestimmungen des Heeres überein?" Obst. Navarini bejaht die Frage. FML. Freiherr v. Fejerväry beantragt die Einschaltung ,,bzw. in die ung. Landwehr" am Schlüsse der ersten Zeile.11 Obst. Navarini. Da die Einreihung der Zöglinge, wenn auch nur am Papier, in das Heer geschieht, ist die Einschaltung nicht zulässig. "FML. Freiherr v. Fejerväry weist daraufhin, daß die Ludovica- Akademie bereits im § 17 Punkt 9 Aufnahme gefunden." Se. Majestät. § 2512. ,,Künftighin wird bei der Bestimmung jener M Korrektur des Kaisers aus im Ministerrate zu diskutieren sei. m'm Einfügung Fejervärys. Einfügung Fejervärys. 9 Die für das Heer entfallenden Rekruten und Ersatzreservisten sind in jene Heereskörper einzuteilen, die sich aus den Ländern der ung. Krone, u. zw. aus dem Militärterritorialbezirke ergänzen, in welchem dieselben heimatsberechtigt sind. - Vierter Entwurf 7. ' 10 Die an der Landwehr-Ludovica-Akademie unentgeltlich oder auf Stiftungsplätzen herangebil¬ deten Zöglinge haben sieben Jahre, die gegen halbes Entgelt aufgenommenen ausgebildeten fünf Jahre und die gegen volles Entgelt herangebildeten vier Jahre, vom Tag des Austrittes aus der Anstalt gerechnet, in der Landwehr präsent zu dienen. - Vierter Entwurf 9. 11 Die Einreihung der absolvierten Zöglinge der Militärbildungsanstalten in das Heer (Kriegs¬ marine) wird durch die Militärbehörden nach den hierüber bestehenden Vorschriften verfügt. - Vierter Entwurf 9. 12 Welche öffentlichen oder mit dem Rechte der Öffentlichkeit ausgestattenen Lehranstalten des In- und Auslandes den inländischen Obergymnasien und Oberrealschulen als gleichgestellt zu <pb/> 778 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 Lehranstalten, die den Obergymnasien und Oberrealschulen gleichzuhalten sind, strenger vorzugehen sein, es wurden in dieser Beziehung zu viele Konzes¬ sionen gemacht." Obst. Navarini. Das wurde in den Sitzungen eingehend besprochen, aber es geht nicht recht an, Zugeständnisse, die mit dem Gesetze vom Jahre 1882 gemacht wurden, wieder zurückzunehmen. FML. Freiherr v. Fejerväry führt aus, daß im ganzen nur vier Privatschulen, sonst lauter Staatsschulen die Begünstigung genießen; daß der Perzentualsatz der Einjährigfreiwilligen aus den Handelsschulen ein ganz mini¬ maler sei, daß aber gerade die Handelsschüler, die zum größten Teile Juden seien, günstige Resultate erzielen, da sie deutsch können und fleißig lernen. Ich wäre also nicht imstande - führt der Minister fort - einen Antrag dahin zu stellen, diesen Anstalten die Begünstigung zu entziehen, da die Motive hiezu fehlen, indem, wie früher erwähnt, gerade die Handelsschüler ein günstiges Perzentualverhältnis zu Reserveoffizieren aufweisen. Obst. Navarini. Man sollte aber von solchen Schülern mindestens das Maturitätszeugnis verlangen. Sektionsrat Kasics. Eine Verschärfung besteht für sie ohnehin^ da sie von der bedingten Aufnahme als Freiwillige ausgeschlossen sind. FML. Freiherr v. Fejerväry. Ich glaube, daß nachdem der neue Entwurf die sehr erwünschten Verschärfungen, als: ausschheßlichen Militär¬ dienst, Präsentdienen im zweiten Jahr, nicht freie Wahl des Garnisonsortes etc. "aufgenommen hat", man eine Beschränkung der Begünstigungen nicht eintre- ten lassen sollte. FML. Freiherr v. Popp. Den Anstalten die innehabende Begünsti¬ gung wegzunehmen, geht nicht recht an, aber in Zukunft müßte die Beurteilung eine sehr rigorose sein. Se. Majestät geruhen pzu bestimmen, daß künftig strenger vorgegan¬ gen werde/ und hierauf die 4. Alinea -- betreffend die perzentuale Verteilung auf Heer und Landwehr -- Ag. vorzulesen.13 Allerhöchstderselbe regen die Frage Ag. 0`0 Einfügung Fejervärys. p'p Korrektur des Kaisers aus Ag. zuzustimmen. betrachten sind, dann in welcher Weise die wissenschaftliche Befähigung zum einjährigen Präsenzdienste vor der gemischten Prüfungskommission nachzuweisen ist, bestimmt der Minister für Landesverteidigung (Landesverteidigungsminister) in Einvernehmen mit dem betreffenden Fachminister mit Zustimmung des Reichskriegsministers (gemeinsamen Kriegs¬ ministers). - Vierter Entwurf 11. Jene Einjährigfreiwilligen, welche im Wege der Stellung assentiert wurden und nach dem Ergebnisse der Rekrutenrepartition, bzw. Kontingentsabrechnung, ihrer Altersklasse und Losreihe gemäß zur Landwehr entfallen, sind zur Landwehr einzuteilen und haben den einjährigen Präsenzdienst daselbst abzuleisten. Von jenen Einjährigfreiwilligen, welche nach ihrer Losreihe in die Ersatzreserve fallen, ist der einjährige Präsenzdienst, je nach ihrer Einteilung entweder im Heere oder in der Landwehr abzuleisten. Erhält die Landwehr nicht 10 (15) Prozent der im Stellungsjahre assentierten Einjährigfreiwilligen, so ist der Ausfall - wenn es der Minister für Landesverteidigung (Landesverteidigungsminister) als notwendig <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 779 an, ob mit Rücksicht darauf, daß in den letzten Jahren sich nicht zu wenig Einjährigfreiwillige zur Landwehr meldeten, dieser Passus wegbleiben könnte? FML. Freiherr v. Fejerväry. Das Partizipieren der Landwehr an dem Einjährigfreiwilligeninstitute nach der Losreihe, wie selbe nach heutigem Wehrgesetze besteht, hat sich als nicht zureichend erweisen. Nach diesem Mo¬ dus gelangten jährlich durchschnittlich nur beiläufig 70-80 Einjährigfreiwillige des streitbaren Standes zur kgl. ung. Landwehr, und auch von dieser unbedeu¬ tenden Ziffer kamen noch welche, aus diversen Gründen, in Abgang, so daß derzeit bei der ung. Landwehr noch ein Abgang von zirka 600 Offizieren des Beurlaubtenstandes besteht, und wenngleich dieser Abgang durch Kadett-Offi¬ ziersstellvertreter und solche Landsturmpflichtige, welche Offiziere waren, der Zahl nach gedeckt werden kann, so geschieht dies nur auf Kosten der Qualität. Weiters ist es eine Folge, daß die sämtlichen Kadett-Offiziersstellvertreter- Posten - 490 im Kriege - ausschließlich mit Unteroffizieren besetzt werden müssen. Um all diesen Übelständen abzuhelfen und eine nicht zu großen Schwankungen unterworfene Zahl von Einjährigfreiwilligen für die Landwehr zu sichern, werden 15 % der in einem Jahre assentierten Einjährigfreiwilligen der ungarischen Landwehr zugewiesen. Nach den statistischen Daten des Kriegsmi¬ nisteriums wurden von 1869-1887 aus den Ländern der ungarischen Krone insgesamt 24 588 Einjährigfreiwillige, d. i. 1294 oder nur 1300 per Jahr, assen¬ tiert; 15 % betragen sonach 195. Von diesem Stande die Mediziner, Pharmazeu¬ ten und Veterinäre abgezogen, dürften ungefähr 130, also beiläufig das Doppel¬ te der bisherigen Ziffer, für den streitbaren Stand bleiben. Immerhin würde dies - insbesondere nach den geplanten Verbesserungen der Einjährigfreiwilligen- institutition, welche eine zweckmäßigere Ausnützung derselben für die Wehr¬ macht gestatten sollen - eine den Anforderungen entsprechendere Vermehrung des Offizierskorps herbeiführen. Se. Majestät. ,,Es berührt nur eigentümlich, daß das Prinzip der An- repartition für das Heer und die Landwehr nach der Losreihe hiedurch wieder teilweise abgeändert wird." FML. Graf Welsersheimb. Im dienstlichen Interesse erscheint es wünschenswert, daß die Zahl der jährlich eintretenden Einjährigfreiwilligen eine gleiche bleibe. Am angenehmsten wäre es für die Landwehr, wenn sie gar keine Einjährigfreiwillige hätte, sondern daß die Abgänge in dieser durch Überset¬ zung von Reserveoffizieren aus dem Heere gedeckt würden. Für die ungarische Landwehr steht diesem hauptsächlich die daraus resultierende Schwierigkeit mit der Dienstsprache entgegen/ r Streichung und das hat mich auch bestimmt, mich mit dieser Bestimmung einverstanden zu erklären. bezeichnet - durch solche nach der Losreihe in das Heer gelangte Einjährigfreiwillige zu decken, welche sich zur Einteilung in die Landwehr melden. Erhält jedoch die Landwehr nach der Altersklasse und Losreihe mehr als 10 (15) Prozent der im Stellungsjahre assentierten Einjährigfreiwilligen, so ist der Überschuß im nächstfolgenden Jahre dem Heer gutzurechnen. - Vierter Entwurf 11-12. <pb/>780 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 Se. Majestät genehmigen Ag. die Belassung dieses Alinea und geruhen dann Ag., die letzte Alinea auf Seite 12 vorzulesen14 und hieran die Bemerkung zu knüpfen, daß daraufhingewirkt werden muß, daß nicht so viele Einjährigfrei¬ willige als Unteroffiziere in die Reserve übersetzt werden. Obst. Navarini. Dieser Übelstand wurde allgemein beklagt, nament¬ lich waren es die Einjährigfreiwilligen der Bauverwaltungs- und Verpflegsbran- che, die - als nicht entsprechend - in den Unteroffizierschargen in die Reserve des streitbaren Standes eingeteilt wurden und ganz unbrauchbar waren. Um diesem Übelstande vorzubeugen, wird in der Instruktion die Bestimmung aufge¬ nommen sein, daß Einjährigfreiwillige des Aktivstandes keine Unteroffiziers¬ charge bekleiden dürfen. Se. Majestät geruhen dies Ag. zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Die letzte Alinea des § 25 Ag. vorlesend,15 geruhen Allerhöchstderselbe zu bemerken, daß der Ausdruck ,,Beschluß" nicht entsprechend gewählt erscheint, daß dieser Satz umstilisiert werden könnte. FZM. Freiherr v. Bauer. Der Satz könnte lauten: ,,Das Erlöschen der Begünstigung etc. ... wird vom Minister etc. ... ausgesprochen." Se. Majestät Ag. genehmigt. § 26.16 ,,Warum wird eine ausländische der inländischen nautischen Schule gleichgehalten?" Obst. Navarini. Die Marinesektion hat erklärt, daß die nautischen Schulen fast durchwegs gleich sind und quasi als international betrachtet wer¬ den, weiter ist es ein Billigkeitsgrund, daß man dem Seemann, den sein Beruf hin und her wirft, auch die Studien im Auslande vollgiltig anrechnet. Se. Majestät geruhen Ag. die 4. letzte Ahnea vorzulesen17 und die Frage zu stellen, warum nicht alle diese Einjährigfreiwilligen als Seekadetten 2. Klasse in die Reserve übersetzt werden. FZM. Freiherr v. Bauer. Die Marine stellt an jene, die sie als See- 14 Diejenigen Einjährigfreiwilligen, welche nach Ablauf des Präsenzjahres die bezügliche Prü¬ fung bestehen und den sonstigen für die Erlangung der Offizierscharge erforderlichen Bedin¬ gungen entsprechen, werden auf den nach der Organisation erforderlichen Bedarf zu Reserve - bzw. nichtaktiven Landwehr-Offizieren, und wenn dieser Bedarf gedeckt ist, zu Kadetten ernannt. Jene Einjährigfreiwilligen, welche bei dieser Prüfung nicht entsprechen, haben ein zweites Jahr präsent zu dienen. Nach Ablauf des zweiten Präsenzjahres kann die Prüfung wiederholt werden, und es erfolgt alsdann, ohne Rücksicht auf das Ergebnis dieser Prüfung, die Übersetzung in die Reserve. - Vierter Entwurf 12. 15 Den Beschluß, womit das Erlöschen der Begünstigung des einjährigen Präsenzdienstes auf Grund des strategischen Erkenntnisses ausgesprochen wird, fällt der Minister für Landesver¬ teidigung (Landesverteidigungsminister) eventuell im Einvernehmen mit dem Reichskriegsmi¬ nister (gemeinsamen Kriegsminister). - Vierter Entwurf 13. 16 Berufsseeleute sind, welche das Maturitäts- oder Abgangszeugnis einer in- oder ausländischen nautischen Schule besitzen und mindestens ein Jahr auf Schiffen langer Fahrt oder der großen Küstenschiffahrt ihres Berufes eingeschifft waren. - Vierter Entwurf 13. 17 Die Einjährigfreiwilligen des Seemannsberufes, welche nach Ablauf des Präsenzjahres die bezügliche Prüfung bestehen, werden nach deren Ergebnisse entweder als Seekadetten 2. Klasse oder als Unteroffiziere in die Reserve übersetzt. - Vierter Entwurf 14. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 781 kadetten 2. Klasse in die Reserve übersetzt, außer der bestandenen Prüfung noch die Anforderung einer schon mitgebrachten höheren nautischen Bildung. Alle jene, welche die Prüfung bestehen, haben sonst nur den Anspruch, als Unteroffiziere in die Reserve übersetzt zu werden; im allgemeinen ist also die Ernennung zum Reserveunteroffizier in der Marine äquivalent mit der Ernen¬ nung zum Reserveoffizier im Heere. Se. Majestät geruhen Ag. den § 27 vorzulesen.18 ,,Ist es durchaus nö¬ tig, daß die Mediziner 1/2 Jahr bei der Truppe dienen?" FZM. Freiherr v. Bauer. Die Bestimmungen dieses § sind dem deutschen System nachgebildet; man hat den großen Vorteil, daß solche Einjäh¬ rigfreiwillige den Dienst bei der Truppe kennenlernen und orientiert über diesen in ihren eigentlichen Beruf treten. Das Mihtärsanitätskomitee ist sehr warm für diese Maßregel eingetreten. FML. Freiherr v. Fejerväry. Ich möchte nur betonen, daß auf diese Weise die Mediziner zwei volle Jahre szum Teile5 von ihren Studien verlieren, da es nur wenige geben wird, die mit 24 Jahren schon das Doktorat abgelegt haben. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß das ungarische Ministe¬ rium die doppelte Verpflichtung habe, auf den Vorschlag einzugehen, da es nur dem ung. Minister Trefort zu danken ist, daß das Josephinum nicht bestehe.19 § 34.20 Allerhöchstderselbe geruhen Ag. zu bemerken, daß die Bestimmung bezüglich des Eidams neu für die öster. Reichshälfte aufgenommen sei. FML. Graf Welsersheimb. Es ist kein Grund vorhanden, daß diesbezüglich die Bestimmungen der beiden Reichshälften verschieden seien, und da die früher Zeitlich-Befreiten nach dem neuen Wehrgesetze in die Ersatz¬ reserve eingeteilt werden, mithin weder für das Heer noch für die Landwehr ein Schade entsteht, waren es Opportunitätsgründe, daß man sich für das Mildere entschieden hat. Obst. Navarini. Die Zahl der befreiten Eidame ist eine minimale, zir¬ ka 40-50. s's Einfügung Fejervärys. 18 Einjährigfreiwillige, welche den medizinischen Studien obliegen und die Ernennung zu Reser¬ veärzten anstreben, haben ein halbes Jahr im Soldatenstande, u. zw. bei der Infanterie oder Jägertruppe, ein zweites halbes Jahr nach Erlangung des Doktordiploms als Assistenzarzt¬ stellvertreter bei Militärsanitätsanstalten aktiv zu dienen. - Vierter Entwurf 14. 19 8/MT. Ung.MR. v. 11. 4.1885. 1. Über die Abhilfe der sich in der militärärztlichen Körper¬ schaft erweisenden Mängel und die Errichtung einer dritten medizinischen Universität, OL., K. 27, Karton 39. 20 In Berücksichtigung ihrer Familienverhältnisse sind im Falle der Assentierung vom regelmäßi¬ gen Präsenzdienste im Frieden zu entheben und in die Ersatzreserve einzuteilen (§ 18 d): 1. der einzige Sohn eines erwerbsunfähigen Vaters oder einer verwitweten Mutter, oder in dessen Ermangelung der einzige Eidam, wenn die Verhältnisse, welche den Anspruch des letzteren begründen, nicht schon zur Zeit seiner Verehelichung bestanden haben. - Vierter Entwurf 18. <pb/>782 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 S,e. Majestät. § 40.21 Es möge nur aufgeklärt werden, warum im neuen Wehrgesetz die ,,Ersatzreserve" in diesem Passus wegblieb. Obst. Navarini. Sie ist im ,,Heer" oder ,,Landwehr" mit inbegriffen, wird daher nirgend speziell genannt. Se. Majestät. § 42.22 ,,Wie war die Abrechnung bis jetzt." Obst. Navarini. Bis jetzt erfolgte sie stets mit 31. Dezember, sie wur¬ de nunmehr vorgerückt, aber weiter als bis zum 31. August ist es, wegen der Nachstellungen, nicht möglich. Se. Majestät. § 45.23 ,,Warum ist die Stilisierung in beiden Reichshälf¬ ten verschieden?" Obst. Navarini. Die Ursache liegt in der Verschiedenheit der Strafge¬ setzbücher, aus welchen der Text genommen wurde. Sektionsrat Kasics. Aufgenommen mußte die Bestimmung deshalb werden, weil das bezügliche Gesetz für Kroatien nicht ein gleiches ist wie das von Ungarn. Se. Majestät geruhen Ag. den § 46 1. Alinea vorzulesen24 und zu be¬ merken, daß eine Ungleichheit im Worte ,,kann" und ,,wird", dann in der Anführung der Maßregeln in der ungarischen Spalte liege. FML. Freiherr v. Fejerväry. Ich möchte au. bitten, die Fassung dieses § in der Weise, wie er vorliegt, zu belassen, da sonst nach der Erfahrung im speziellen Falle nichts zu erreichen ist; die Minister lehnen die beantragten Maßregeln sonst ab, mit der steten Begründung, daß es gegen dies oder jenes Gesetz vorstoße. Aus dieser Ursache sind das imperative ,,wird" und die Maßre¬ geln aufgenommen. Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, daß Allerhöchstderselbe nichts gegen den Inhalt habe, aber daß es zu überlegen wäre, ob das nicht durch ein Extragesetz anzuordnen wäre. FML. Freiherr v. Fejerväry. Ich glaube, es wäre zu belassen. 2 Vor vollendeter Dienstpflicht erfolgt der Austritt aus dem Heer (Kriegsmarine) oder aus der Landwehr nur dann, a) wenn die Assentierung eine gesetzwidrige war, oder b) wenn eine unbehebbare Dienstuntauglichkeit eingetreten ist. - Vierter Entwurf 21. 22 Über die Deckung der für das Heer (Kriegsmarine) und für die Landwehr anrepartierten Rekrutenkontingente ist jährlich mit 31. August die Abrechnung zu bewirken. - Vierter Entwurf 22. 23 Wer in der Absicht, sich der Stellungspflicht zu entziehen (wer sich der Stellungspflicht zu entziehen trachtet), indem er das Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie verläßt oder während der Stellung sich außerhalb der Grenzen der Monarchie aufhält, macht sich eines Vergehens schuldig und wird mit strengem Arrest (Gefängnis) von einem Monate bis zu einem Jahre und an Geld von 100 bis 1000 Gulden bestraft. Außer dieser Strafe (und unabhängig von der Anwendung derselben) wird ein solcher Stellungsflüchtling bei der betreffenden Stellung außer der Altersklasse und Losreihe gestellt und bezüghch der Ablei¬ stung und Verlängerung der Dienstpflicht nach § 44 behandelt. - Vierter Entwurf 23. 24 Dort, wo sich die Wehrpflichtigen in großer Zahl der Stellung durch Flucht entziehen, kann der Minister für Landesverteidigung (wird der Landesverteidigungsminister) die zur Abhilfe geeigneten außerordentlichen Maßregeln im Verordnungsweg treffen. - Vierter Entwurf 23-24. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 783 Se. Majestät geruhen den öster. Landesverteidigungsminister Ag. zu fragen, ob er das ,,wird" akzeptiere? FML. Graf Welsersheimb bejaht die Ag. Frage und fügt hinzu, daß jedoch die weiteren Bestimmungen von jenseits nicht aufgenommen werden. Se. Majestät geruhen Ag. den § 48 vorzulesen25 und auf den Unter¬ schied hinzuweisen. Obst. Navarini. Dieser § ist dem ungarischen Strafgesetzbuch ent¬ nommen und hat sich der öster. Landesverteidigungsminister demselben ent¬ sprechend akkomodiert. Se. Majestät geruhen Ag. betreffend den § 49 zu bemerken, daß die Verschiedenheit wahrscheinlich wieder mit Rücksicht auf das Strafgesetz vor¬ handen sei, fragen jedoch Ag., warum die vorletzte Alinea nicht auch in der öster. Spalte aufgenommen worden sei? FML. Graf Welsersheimb. Das gleiche ist österreichischerseits schon eingangs gesagt. Se. Majestät geruhen noch Ag. das ,,kann" des letzten Passus durch ,,wird" ersetzen zu lassen und hierauf Ag. die vorletzte Alinea des § 50 vorzule¬ sen26 und zu bemerken, daß das Strafausmaß gegen früher sehr gering sei. Obst. Navarini. Die beiden Landesverteidigungsminister haben sich für einen milderen Strafsatz ausgesprochen, da ja den Verheirateten durch die Verehelichung keinerlei Begünstigung erwächst und auf sie keine Rücksicht genommen wird; und vom menschlichen Standpunkt war die Strafe, namentlich die Einreihung außerhalb der Altersklasse, zu hart, denn verheiratet war er einmal, und man hat nur noch Weib und Kind ins Unglück gestürzt. § 54.27Se. Majestät geruhen Ag. auf die gleiche Bemerkung zum § 12 hinzuweisen und - nach kurzer Diskussion - Ag. zu bestimmen, daß im § 54 anstatt ,,auf den Kriegsstand" ,,bis zur Höhe des Kriegsstandes (§ 12)" zu setzen sei. § 61. ,,Ist der Pkt. f28 begründet?" FML. Freiherr v. Fejerväry. Dieser Pkt. ist wörtlich der beste¬ henden Heiratsvorschrift entnommen. 25 Wer sich listiger Umtriebe bedient, um für sich eine in den §§ 25 bis einschließlich 34 dieses Gesetzes bestimmte, ihm zugekommende Begünstigung zu erlangen, macht sich eines Verge¬ hens schuldig und wird - insofern nicht die strengeren Bestimmungen des allgemeinen Strafge¬ setzes zur Anwendung kommen - mit strengem Arrest (Gefängnis) von einem Monate bis zu sechs Monaten und an Geld von 100 bis zu 1000 Gulden bestraft. - Vierter Entwurf 25. 26 Wer sich mit Übertretung des vorangeführten Verbotes verehelicht hat, wird an Geld mit 30 bis zu 300 Gulden bestraft. - Vierter Entwurf 27. 27 Jede Einberufung eines Reservemannes oder Ersatzreservisten zur Ergänzung des Heeres (Kriegsmarine) auf Kriegsstand zählt demselben dann für eine Waffenübung, wenn er beim Truppenkörper, zu welchem er einzurücken hatte, tatsächlich in die Dienstleistung getreten ist. - Vierter Entwurf 29. 28 Ohne militärbehördliche Bewilligung dürfen sich nicht verehelichen: ... f) die dauernd beur¬ laubte Landwehrmannschaft, welche die dritte Altersklasse noch nicht überschritten hat, mit Ausnahme jener, welche ihrer aktiven Dienstleistung noch vor dem Austritte aus der dritten Altersklasse entsprochen haben. - Vierter Entwurf 31. <pb/>784 Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 , Se. Majestät geruhen Ag. § 62 letzte Alinea vorzulesen29 und zu fra¬ gen, was unter Abmeldung zu verstehen sei? FML. Graf Welsersheimb. Unter dieser Abmeldung ist die im Heiratsorte, beim Bezirksamt oder Feldwebel zu verstehen, deren Unterlassung jetzt auch nach den militärischen Disziplinarvorschriften geahndet wird. Se. Majestät geruhen Ag. den § 63 2. Alinea vorzulesen30 und zu be¬ merken, daß die Verbindung der beiden Sätze ,,sobald es in der Öffentlichkeit ... und die Einberufung der ..." keine ganz glückliche sei. FML. Freiherr v. Fejerväry. Die ähnliche1 Stilisierung ist im deutschen Gesetze" auch. FML. Graf Welsersheimb. Man hat mit der Aufnahme des ersten Satzes die Judikatur erleichtern wollen; es muß sich nach diesem jeder küm¬ mern, was in der Monarchie geschieht, er wird also, sobald er es unterläßt, straffällig. Se. Majestät geruhen Ag. zu gestatten, daß die Stilisierung die gleiche bleibe. § 64.31 ,,Die Stilisierung ist hier auch eine verschiedene." FML. Freiherr v. Fejerväry.- In Ungarn werden die Nichtdienst¬ pflichtigen nach dem ungarischen Gesetze behandelt. FML. Graf Welsersheimb. Dieser § ist sehr wichtig, es ist nur schade, daß ungarischerseits nicht auch die gleiche Strenge wie diesseits ange¬ nommen wurde. Se. Majestät. § 66.32 ,,Die Verschiedenheit ist wahrscheinlich auch im 1 Korrektur Fejervärys aus gleiche. " Korrektur Fejervärys aus Wehrgesetze. 29 Außerdem sind die nichtaktiven Personen des Mannschaftsstandes, welche bei der Einrük- kung zur aktiven Dienstleistung die Abmeldung unterlassen, sowie die nichtaktiven Offiziere (Beamten), welche die vorgeschriebenen militärischen Meldungen nicht erstatten, nach den militärischen Disziplinarvorschriften zu ahnden. - Vierter Entwurf 32. 30 Alle im Ausland abwesenden Personen des Heeres (Kriegsmarine) und der Landwehr haben die Verpflichtung, sobald es in der Öffentlichkeit bekannt wird, daß die Monarchie von einem Kriege nahe bedroht und die Einberufung der Reserve und Landwehr erfolgt ist, ohne eine besondere Einberufung abzuwarten, unverweilt in die Heimat zurückzukehren. - Vierter Entwurf 32. 31 Die Entlassung zum Zwecke der Auswanderung kann den Angehörigen des Heeres (Kriegs¬ marine) vor vollendeter Dienstpflicht vom Reichskriegsminister (gemeinsamen Kriegsmini¬ ster, den Landwehrmännern vom Landesverteidigungsminister) erteilt werden. Die Auswan¬ derung von sonstigen Wehrpflichtigen, dann deijenigen, welche noch nicht in das stellungs¬ pflichtige Alter getreten sind, hängt von der Bewilligung des Ministers für Landesverteidigung ab. Dem Liniendienstpflichtigen, dann demjenigen, welcher noch nicht stellungspflichtig ist oder seiner Stellungspflicht nicht vollkommen Genüge geleistet hat, kann die Auswanderungs¬ bewilligung nur in dem Falle erteilt werden, wenn er mit seinen Eltern (überlebendem Eltem- teil) auswandert. - Vierter Entwurf 33. 32 Die auf Grund dieses Gesetzes verhängten Geldstrafen sind im Falle der Uneinbringlichkeit in die entsprechende Freiheitsstrafe, u. zw. in den Fällen der §§ 35, 44 und 50 in Arrest umzuwandeln; hiebei ist für einen Betrag bis zu 10 Gulden je ein Tag zu berechnen. - Vierter Entwurf 34. <pb/>Nr. V Konferenz, Ofen, 17. 6. 1888 785 Gesetze begründet, aber 10 fl. für einen Tag zu berechnen, finde Ich ungemein hoch, dadurch entgeht dem Taxfond ein Zufluß, da keiner zahlen wird." FML. Freiherr v. Fejerväry. Der Strafsatz ist nach dem Strafge¬ setzbuche. Ich bitte au. zwischen der 2. und 3. Alinea folgenden Satz einschalten zu dürfen: ,,Diese Beträge sind in die gesetzlich festgestellte Quote der Länder der ungarischen Krone einzurechnen." FML. Graf Welsersheimb macht bei dieser Gelegenheit die Bemer¬ kung, daß der Justizminister die Absicht kundgegeben hat, alle aus Verbrechen entspringende Strafgelder dem Militärtaxfond zufließen zu lassen, das aber wäre eine Maßregel, die die Gemeinden hart träfe, und es wären die Strafgelder nur von jenen dem Militärtaxfond zuzuwenden, bei welchen die Heimatszuständig¬ keit nicht ausgesprochen ist. Se. Majestät. ,,§ 67 handelt von der Verjährung und dürfte die Ver¬ schiedenheit in den Gesetzen begründet sein?" FML. Freiherr v. Fejerväry bejaht die Frage. Se. Majestät. Übergangsbestimmungen Pkt. 1 bzw. § 71.33 ,,Welcher Grund besteht für die Verschiedenheit in der Stilisierung, indem österreichi- scherseits die Lebensjahre, ungarischerseits die Jahrgänge benannt sind und auch die Zahl der Jahre verschieden ist?" FML. Freiherr v. Fejerväry. Um den Ausfall bei der Landwehr im Übergangsjahr für alle Fälle zu decken, wurden, ähnlich wie im Jahre 1869, wo fünf Altersklassen zur Stellung kamen, vier Jahrgänge einberufen. Was die Anführung der Jahrgänge anbelangt, so wurde auch hier, wie in allen bisherigen bezüglichen Gesetzen, der gleiche Modus eingehalten. FML. Graf Welsersheimb. Die Sicherung des Kontingentes in der österreichischen Landwehr geschieht durch Vorsorgen, die im Pkt. 9 ihren Ausdruck finden und eigentlich dieselben Maßnahmen bedeuten wie in Ungarn die Einberufung von vier Jahrgängen. Die Anführung des Lebensalters hat den Vorteil, daß es für jeden Zeitpunkt, in welchem das Gesetz in Kraft tritt, Geltung hat. Se. Majestät geruhen Ag. den Pkt. 7 (§ 77) vorzulesen34 Und daran die Bemerkung zu knüpfen, daß das Gesetz nicht rückwirkend ist, aber daß es sehr wünschenswert sei, daß dies der Fall wäre, wenn man gleich abhelfen will. FML. Graf Welsersheimb bemerkt, daß es möglich sei, daß wenn man diesen Pkt. ausließe, es nicht bemerkt werden würde. 33 Pkt. 1. Zu der auf die Kundmachung dieses Gesetzes folgenden Stellung sind jene Wehrpflich¬ tigen berufen, welche in dem betreffenden Jahre das 21.,'22. und 23. Lebensjahr vollendeten. § 71. Im Jahre 1889 sind die im Jahre 1868, 1867, 1866 und 1865 geborenen Wehrpflichtigen zur Stellung berufen. - Vierter Entwurf 36. 34 Die Verpflichtung der Reserveofliziere und -Kadetten zur jährhchen Teilnahme an den Waffenübungen (§ 54, zweiter Absatz) erstreckt sich nicht auf diejenigen, welche bei dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes den einjährigen Präsenzdienst bereits angetreten haben. - Vierter Entwurf 38. <pb/>786 Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 FML. Freiherr v. Fejerväry bezweifelt dies und bemerkt, daß es nicht recht anginge, Schärfen des Gesetzes rückwirken zu lassen. Se. Majestät geruhen Ag. die Belassung zu genehmigen und die Sit¬ zung Ag. zu schließen. Nr. VI Konferenz, Wien, 7. Mai 1891 RS. Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky, der k. u. k. gemein¬ same Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer, der k. k. Ministerpräsident und Leiter des Ministe¬ riums des Innern Graf Taaffe, der k. k. Minister für Landesverteidigung FZM. Graf Welsersheimb, der k. k. Handelsminister Marquis de Bacquehem, der k. k. Finanzminister Steinbach, der Chef des k. u. k. Generalstabes FZM. Freiherr v. Beck, der Generaladjutant und Vorstand der Militärkanzlei Sr. k. u. k. apost. Majestät GM. v. Bolfras, der Chef des Eisenbahnbureaus des k. u. k. Generalsta¬ bes GM. Ritter v. Guttenberg. Protokollführer: Major v. Sprecher der Militärkanzlei Sr. k. u. k. apost. Majestät. Gegenstand: Der Ausbau einer strategischen Bahn von Märamarossziget nach Stanislau und ln Fortsetzung derselben von Halicz nach Tamopol.1 Protokoll über die am 7. Mai 1891 unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät stattgehabte Konferenz. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten die Konferenz mit der Ag. Mitteilung zu eröffnen, daß es sich darum handle, die seit geraumer Zeit schwe¬ benden Verhandlungen über der Bau der Karpatenbahn Märamarossziget-Sta- nislau und der Bahn Hahcz-Tamopol endlich zum günstigen Ende zu führen. Se. Majestät geruhen hieran folgende Ag. Bemerkungen zu knüpfen: Die Verhandlungen zwischen dem k. k. Handelsministerium einerseits und dem Reichskriegsministerium andererseits haben bisher noch zu keiner Einigung geführt, während der ung. Handelsminister sich mit dem Projekte bereits einver¬ standen erklärte.2 Der Zweck dieser Konferenz ist es, die Minister der diesseitigen Reichshälfte von der eminenten militärischen Wichtigkeit dieser Bahnen zu überzeugen, einer Notwendigkeit, welche durch die politischen und militärischen Maßnahmen Rußlands, insbesondere durch die andauernden Truppenanhäufungen an der Nordostgrenze der Monarchie, nur noch erhöht wird. Se. Majestät geruhten Ag. hinzufügen, daß diese Bahnen nicht nur wichtig, sondern daß deren Bau mit Rücksicht auf die Fortschritte der Russen im Ausbau ihrer Wehrkraft geradezu dringend geworden ist. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß in längstens drei Jahren der Termin der gegenwärtigen Friedensperiode abgelaufen sein dürfte. Bis dahin müssen diese für unsere Schlagfertigkeit so wichtigen Bahnen ausge- KA., MKSM. 20-1/4 ex 1891. 26/MT. Ung.MR. v. 8. 8.1890. 9. In Angelegenheit der Eisenbahn Märamarossziget-Körös- mezö-Landesgrenze, OL., K. 27, Karton 48. <pb/>Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 787 baut sein. Eine Verzögerung im Beginne ihres Baues ließe die Befürchtung zu, daß selbe nicht rechtzeitig zur Benützung fertigstehen würden. Se. Majestät geruhten sodann, den Minister des Äußern aufzufordern, eine Darlegung der gegenwärtigen politischen Situation zu geben. Der Minister des Äußern. Alle Berichte konstatieren, daß gegen¬ wärtig eine aggressive Tendenz seitens Rußlands nicht besteht, daß aber auf jedem Gebiete fortdauernd mit größter Energie daraufhingearbeitet wird fertig¬ zuwerden. Der Kaiser von Rußland ist zwar als friedliebender Mann bekannt, welcher seine Friedensliebe bei jedem Anlasse manifestiert. Wenn aber das angedeutete Ziel der ,,Fertigkeit" erreicht würde, ist zu befürchten, daß der Kaiser sich zu Entschließungen gedrängt sieht, welche seinen Absichten und seiner Friedensliebe geradezu widersprechen. Die Verhältnisse in Frankreich, wo sich die Geister in lebhafter Bewegung befinden, können ebenfalls als Er¬ munterung der Russen zu gewalttätigen Aktionen aufgefaßt werden. Die allgemeine politische Lage drängt daher unaufhaltsam einer kriegeri¬ schen Lösung entgegen. Der Termin bis zu diesem Momente wird, wenn er sich auch nicht genau bestimmen läßt, naturgemäß ein immer kürzerer, und alle Versuche der konservativen Mächte, die Tendenz zu einer solchen Lösung zu beseitigen, sind an der exzessiv slawischen Strömung gescheitert, welche das jetzige Rußland beherrscht. Daher ist die politische Lage nach wie vor eine unsichere zu nennen, sie läßt sich nicht ändern und vermehrt das Gefühl, daß irgendein unvorherzusehender Zwischenfall den Krieg herbeiführen könne. Se. Majestät geruhten hieran anschließend Ag. zu bemerken, daß sämtliche Nachrichten auf eine raschere Tendenz in den russischen Rüstungen weisen und es gegenwärtig unmöglich scheine, dem Losschlagen der Russen mit diplomatischen und politischen Mitteln je wirksam zu begegnen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten hierauf Ag., dem Chef des Generalstabes das Wort zu erteilen, um die militärische Wichtigkeit der in Frage stehenden Bahnen zu beleuchten. Der Chef des Generalstabes. Bereits im Jahre 1887 wurde in dem Memoire betreffend den Ausbau des Eisenbahnnetzes für den Kriegsfall R3 seitens des Generalstabes auf die dringende Notwendigkeit des Ausbaues der Bahn Märamarossziget-Stanislau hingewiesen und dieselbe mit dem Bedürfnis begründet, durch die Schnelligkeit des Aufmarsches den Vorsprung der Russen in andern Kriegsvorbereitungen zu paralysieren. Aus finanziellen Gründen wurde vorderhand die Ausführung dieses Projektes damals fallengelassen. Seither haben sich die Verhältnisse vollständig, u. zw. zu unseren Ungunsten, geändert. Die Russen dürften in allem so große Fortschritte gemacht haben, daß sie uns nicht nur von Haus aus an Stärke weit überlegen sind, sondern auch in den Aufmarschterminen schon sehr nahe kommen. Statt den zwei Korps, welche früher an der Grenze standen, sind jetzt deren fünf bereit, sofort in 3 K. k. Chef des Generalstabes. Memoire betreffend den Ausbau des Eisenbahnnetzes zur RoQphlpimipnng des Aufmarsches der Armee im Kriegsfälle gegen Rußland v. August 1887, KA., MKSM., Separatfaszikeln, Fase. 69, Nr. 12. <pb/>788 Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 Aktion zu treten, statt wie ehedem vier sind 15-20 Reservedivisionen für die Feldarmee verfügbar, fünf große durchgehende Bahnlinien, davon vier doppel¬ gleisige, führen an unsere nordöstliche Grenze, so daß der russische Aufmarsch zwischen dem 22. und 28. Mobilisierungstage beendet sein dürfte - früher war dies gegen den 45. Mobilisierungstag hin der Fall. Unser Vorsprung beträgt daher nur mehr zwei bis höchstens acht Tage. Alle Einleitungen auf russischer Seite deuten ferner daraufhin, daß gleichzei¬ tig mit einem Anfalle von Norden her der Hauptstoß von Osten erfolgen wird. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen bringen wir aber unmöglich zeitgerecht so viele Truppen nach Ostgalizien, um den einbrechenden Russen daselbst im ersten Momente, d. i. bis zum sechsten- achten Mobilisierungstage, das Gleich¬ gewicht halten zu können. Die bisher verfügbaren Linien genügen eben für diesen Zweck umso weniger, als hiebei die Truppen nur bis Lemberg transpor¬ tiert werden können und dort auswaggonieren müssen, um hernach weiter vorzugehen. Es sei hier der Schwierigkeiten gedacht, an einem Punkte (Lemberg) täglich 40 000-50 000 Mann sozusagen durchzupressen, um diese Massen dann wieder zu entwickeln. Die Gefahr, zu spät zu kommen, liegt sehr nahe. Die Bahn Märamarossziget-Stanislau und ihre Fortsetzung Halicz-Tarnopol sind geeignet, diesem schwerwiegenden Übelstande abzuhelfen. Durch die Her¬ stellung derselben ist die Gewähr gegeben, daß bis zum 15. oder 16. Mobilisie¬ rungstage so viele Truppen nach Ostgalizien geworfen werden können, als mutmaßlich notwendig sind, um einen überraschenden Einfall der Russen zurückzuweisen. Es ist nicht zu verkennen, daß die Geldopfer beträchtlich sein werden. Angesichts der kolossalen Vorbereitungen aber, welche Deutschland und Rußland für den Kriegsfall treffen, ist es auch unsere Pflicht, das Möglichste zu leisten. Der Reichskriegsminister betont, daß die Verhältnisse den Bau der in Frage stehenden Linien immer dringender erheischen. Die Verzögerung im Baue derselben käme einem nicht zu rechtfertigenden Versäumnisse gleich. Wenn man auch den verschiedenen Nachrichten über russische Rüstungen nicht immer und unbedingt Glauben schenken muß, so ist doch durch den Zug der Eisenbahnen die Tendenz der Russen unzweifelhaft indiziert, und man ist zu der Annahme berechtigt, daß sie die Absicht haben, mit überwältigenden Massen in Ostgalizien einzubrechen. Um daher unsere Korps möglichst schnell dahinzubringen, ist speziell für das 7. und 12. Korps die Wichtigkeit der in Rede stehenden Linie so markiert, daß der Vorschlag, die Bahn Munkäcs-Stryj in eine doppelspurige Bahn umzuwandeln, durchaus nicht als ein genügender Ersatz betrachtet werden kann, ja man müßte militärischer- seits auch dann auf dem Ausbau der in Frage stehenden Linien beharren, wenn die Beskidenbahn wirklich zweigleisig wäre. Überdies würden die technischen Schwierigkeiten infolge der ungünstigen Trasse dieser Bahn fast die Kosten eines Neubaues erheischen. Es sei auch noch auf die unbedingt zu beseitigende Anomalie hingewiesen, welche in dem Umstande liegt, daß der militärisch wichtige Punkt Brzezan bis <pb/>Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 789 jetzt ohne Bahnverbindung ist, ein Umstand, welcher nur durch den Bau der Linie Halicz-Tarnopol in zweckmäßiger Weise behoben werden kann. Der Chef des Generalstabes bemerkt, daß die Beskidenbahn auf ungarischer Seite infolge des dort befindlichen Ruschterrains bei Legung eines zweiten Gleises neugebaut werden müßte, daß der große Tunnel nur für ein Gleis berechnet ist und daß auch die Strecke Stryj-Stanislau der galizischen Transversalabahna in diesem Falle ganz umgebaut werden müßte, um selbe leistungsfähig zu machen. Dies alles wäre in der gegebenen Frist von drei Jahren schwer durchzuführen. Se. Majestät der Kaiser geruhten nunmehr den Handelsminister zur Darlegung seiner Anschauungen aufzufordern. Der Handelsminister begründet den von ihm gemachten Vorschlag, die Bahn Munkäcs-Stryj in eine zweigleisige Bahn umzuwandeln, mit dem Hinweise auf die weit geringem Kosten, welche darauf für die diesseitige Reichs¬ hälfte erwachsen würden, wodurch es möglich wäre, im Rahmen des normalen Budgets zu bleiben. Im Laufe der letzten acht Jahre sind 88 000 000 Gulden, bnach Abschlag der Transversalbahn 54 000 000 fl.,b für militärische Bahnen ausgegeben worden, während die für volkswirtschaftliche Zwecke erbauten Bahnen in den verflosse¬ nen fünf Jahren auf vier Lokalbahnen beschränkt blieben und die Unterneh¬ mungslust stets auf spätere Zeiten vertröstet werden mußte. Durch die Linie Märamarossziget-Stanislau würde eine Ableitung des Verkehrs aus der Buko¬ wina und der Moldau zugunsten Ungarns stattfinden, welche eine schwere Schädigung der galizischen Transversalbahn (250 000 Gulden jährhch) mit sich brächte und durch keinen Tarifvertrag wirksam pariert werden könnte. Auf die von der Kriegsverwaltung gleichzeitig gewünschte Bahnlinie Halicz-Tamopol legen die galizischen Abgeordneten, wenigstens mit der angeregten Trasse, vom volkswirtschaftlichen Standpunkte keinen besonderen Wert. Es würden daher auch hier nationalökonomische Interessen ganz in den Hintergrund treten. Es ist zu befürchten, daß mit den diesmaligen außerordentlichen Anforderungen der Kriegsverwaltung ein Abschluß nicht erreicht sei. Der Handelsminister betont zum Schlüsse wiederholt die Notwendigkeit, eine größere Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen neben den militärischen Interessen nunmehr eintreten zu lassen. Der Chef des Generalstabes ist der Ansicht, daß man den Anfor¬ derungen für militärische Zwecke unmöglich eine Grenze stecken könne, betont aber, daß ein anderer Bahnbau, cd. h. ein weiterer Übergang über die Karpaten,0 im Nordosten der Monarchie für strategische Zwecke in der nächsten absehba¬ ren Zeit nicht beabsichtigt ist. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten, dem Finanzminister zur Besprechung des finanziellen Standpunktes das Wort zu erteilen. a'a Einfügung Becks. b'b Einfügung Becks. °"c Einfügung bzw. Korrektur Becks. <pb/>790 Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 Der Finanzminister bezeichnet die finanzielle Situation der diesseiti¬ gen Reichshälfte als gar nicht freundlich. Durch die Kosten dieser Bahnen kommt ein neues Element der Ungewißheit in den Staatshaushalt, welchem ohnehin mancherlei finanzielle Gefahren drohen. Das wahrscheinliche Scheitern der russischen Anleihebestrebungen wirkt verhängnisvoll auf den europäischen Markt. Wenn Rußland wirklich bemüßigt wäre, seine in England und Frank¬ reich deponierten Geldvorräte im Gesamtbeträge von 300 Millionen Franken auch nur zum Teile zurückzuziehen, so müßte man sich auf eine der schwersten Krisen gefaßt machen. Die eminente Wichtigkeit der in Frage stehenden Bahnlinien für militärische Bedürfnisse läßt sich zwar nicht bestreiten, der Finanzminister glaubt aber, daß zu den Kriegsvorbereitungen auch die finanzielle Rüstung gehöre, und verweist auf das Beispiel von Italien, wo durch die mißliche - vielleicht durch unpropor¬ tionierte militärische Ausgaben hervorgerufene - finanzielle Situation eine Schwächung der Wehrkraft eingetreten ist. Der Hinweis auf Deutschlands militärische Forderungen ist im Hinblicke auf dessen günstige finanzielle Lage nicht ganz gerechtfertigt. Hieran anknüpfend betont der Finanzminister, wie wünschenswert die Bildung eines Kriegsschatzes wäre. Um bei dem durchzufüh¬ renden Baue die finanziellen Interessen möglichst zu schonen, bittet der Finanz- minister, denselben auf eine längere Periode zu verteilen und vorerst nur die Linie Märamarossziget-Stanislau ins Auge zu fassen. Se. Majestät der Kaiser geruhten Ag. der Enuntiation des Finanz¬ ministers darin zuzustimmen, daß eine Budgetüberschreitung möglichst zu vermeiden sei. Se. Majestät gibt Sich der Hoffnung hin, daß es bei sorgfältiger Bauausführung und Kostenberechnung gelingen möge, die unabweislichen Ko¬ sten im normalen Budget zu bedecken. Der Handelsminister erlaubt sich im Anschlüsse an die Ausführun¬ gen des Finanzministers zu bemerken, daß bei Bedeckung der auf die diesseitige Reichshälfte entfallenden approximativen Kosten von 20 Millionen Gulden in einem Zeiträume von drei-vier Jahren jede volkswirtschaftliche Investition zurückbestellt werden müßte, was umso nachteiliger wäre, als noch nie so wenig Bahnen für volkswirtschaftliche Zwecke gebaut worden sind als gerade in den letzten Jahren. Es ist daher dringend erwünscht, vorerst die Bahn Märamaros- sziget zu bauen und deren Bedeckung (zirka 10 Millionen Gulden) in einem Zeiträume von vier Jahren in Aussicht zu nehmen. Der Handelsminister be¬ merkt schließlich, daß für die Trassierungskosten ein für die Bahn Divaca-Laak bestimmt gewesener Betrag zur Verfügung stünde. Der Reichskriegsminister bemerkt, daß sich die militärischen und die wirtschaftlichen Anforderungen an eine Bahn leider nicht immer decken, daß aber bei den jetzigen Verhältnissen erstere als die wichtigem erscheinen, und daß der Bau der Linie Hahcz-Tamopol nicht hinauszuschieben wäre. Der Chef des Eisenbahnbureaus des Generalstabes macht die au. Mitteilung, daß der ung. Handelsminister mit der Trassierung der ung. Strecke Märamarossziget-Landesgrenze sofort beginnen wird. Bezüglich der Dauer des Bahnbaues berechnet er, daß wenn mit dem großen Tunnel heuer im <pb/>Nr. VI Konferenz, Wien, 7. 5. 1891 791 Herbste begonnen würde, die Strecke Märamarossziget-Stanislau zu Ende des Jahres 1893 dem Verkehre übergeben werden könnte. Der Handelsminister bemerkt hierauf, daß eine Vorlage über den Bau der in Frage stehenden Bahnen erst im November 1891 zur verfassungsmä¬ ßigen Behandlung gelangen kann. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu konstatieren, daß die Überzeugung von der militärischen Wichtigkeit und von der Notwendigkeit der Bahnlinien Märamarossziget-Stanislau und Halicz-Tarnopol allerseits vor¬ herrscht. Se. Majestät geruhten zu betonen, daß der Bau dieser Linien in der kürzest möglichen Zeit wünschenswert ist, da bei der exponierten Lage Gali¬ ziens, bei der Gefahr, welche eine so große an der Grenze angehäufte Masse in sich birgt, Schnelligkeit in den ausreichenden Bahnen beruht. Se. Majestät beauftragen demgemäß: den Handelsminister, sofort die Trassierung der Linie (Märamarossziget) galizische Landesgrenze-Stanislau und Halicz-Tamopol durchführen zu las¬ sen; sich mit den übrigen notwendigen Vorarbeiten zu beschäftigen und mit der ung. Regierung in Verhandlung zu treten, um in allen notwendigen Fragen, auch bezüglich des Anschlusses, eine Verständigung zu erzielen, damit die zum sofortigen Baue, u. zw. in erster Reihe der Linie Stanislau-galizische Landes¬ grenze (Märamarossziget) notwendige Vorlage im November d. J. den Vertre¬ tungskörpern vorgelegt werden könne; den Finanzminister, sich sobald als tunlich mit der Beschaffung der zum Baue notwendigen Geldmittel zu befassen. <pb/><pb/>