Gemeinsamer Ministerrat, 1. 5. 1888
I. Vorlagen für die Delegationssession 1888
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z38.pdf.
Nr. 38 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 5. 1888 429 Posten in den eventuellen Kredit einzustellen, er die letztere Eventualität noch verhältnismäßig eher akzeptieren könne. Wenn nun diese Posten, die nach Abzug der durch die Streichung im Ordina- rium entfallenden noch 636 000 fl. betragen, auch in den Eventualkredit einge¬ stellt werden, so stellt sich der unbedingte Kredit auf 29 751 380 fl., der Eventu¬ alkredit auf 17 672 710 fl., zusammen: 47 424 090 fl. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza macht darauf auf¬ merksam, daß diese Gesamtsumme weit die von ihm gestern in Aussicht genom¬ mene Höhe des Kredites übersteige und die Ersparung fast durch die Summe 1 1/2 Millionen, die in das Extraordinarium überstellt wurde, erschöpft werde. Er müsse es sich noch Vorbehalten, eventuell seine Anschauungen noch in dem unter Ah. Vorsitze stattfindenden Ministerrate zu vertreten. Die Sitzung wird hierauf geschlossen und die Fortsetzung für morgen 1 Uhr anberaumt. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. Mai 1888. Franz Joseph. Nr. 38 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. Mai 1888 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (3. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (3. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (4. 5.), der k. u. k. gpmpingam,» Kriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer (6. 5.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Freiherr v. Orczy (23. 5.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (o. D.), der k. u. k. Marinekomman¬ dant Vizeadmiral Freiherr v. Stemeck (22.5.), der k. u. k. erste Sektionschefv. Szögyeny, der k. u. k. Sektionschef Lambert, der k. u. k. Marinegeneralkommissär Kleemann. Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Vorlagen für die Delegationssession 1888. KZ. 31 -RMRZ. 354 Protokoll des zu Wien am 1. Mai 1888 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Mini¬ sters des Äußern Grafen Kälnoky. Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er den Reichskriegsmini¬ ster ersucht, bekanntzugeben, wie sich die Gesamtsummen der Anforderungen der Kriegsverwaltung nach Berücksichtigung der gestrigen Beratungen und nach Feststellung der noch in suspenso belassenen Ziffernansätze stellen. Der Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer führt aus, daß den angestellten Berechnungen zufolge die Gesamtziffern sich wie folgt stellen: das Ordinarium des Heeres 97 718 765 fl., also um 6 440 581 fl. weniger als beantragt und um 1 875 075 fl. mehr als die vorigjährige Bewilligung. <pb/>430 Nr. 38 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 5. 1888 das Extraordinarium 20 946 666 fl., um 1 475 236 fl. mehr als beantragt und um 2 344 891 fl. mehr als im Vorjahre; der Okkupationskredit 4 423 000 fl., also um 1000 fl. weniger als im Vorjahre; der Spezialkredit u. zw. a) unbedingtes3 Erfordernis 29 690 980 fl. b) eventuelles Erfordernis 17 672 710 fl. Der Reichskriegsminister fügt dieser Darstellung hinzu, daß er im Ah. Auf¬ träge darauf aufmerksam machen müsse, daß mit Bezug auf die Verteilung einiger Posten in beiden Kategorien des Spezialkredites Se. k. u. k. apost. Maje¬ stät Sich noch eine weitere Erörterung dieser Frage für die morgige Sitzung vorzubehalten geruht habe. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza äußert sich dahin, daß er gegen die Ziffer des Ordinariums, obwohl dieselbe dem von ihm gegebe¬ nen Kriterium, nämlich der Erniederung der Bedeckungspost ,,Zollgefalle"b im heurigen Präliminare nicht Rechnung trage, eine Einwendung nicht zu erheben beabsichtige; dagegen müsse erc sich Vorbehalten, bei der morgigen Sitzung unter Ah. Vorsitze neuerdings die finanziellen Gründe geltend zu machen, welche ihn zwingen, noch eine gewisse Ermäßigung des Extraordinariums, Abstrich von 500 000 fl. erfahren [sic!]. Der Redner glaubt sodann die Aufmerksamkeit des Reichskriegsministe¬ riums darauf lenken zu sollen, daß es zur leichteren Behandlung der Vorlagen in den Delegationen von Vorteil wäre, wenn bei der Darstellung der Anforde¬ rungen der Kriegsverwaltung nicht, wie es in den der Konferenz vorgelegten Tableaus der Fall ist, alle Anforderungen zusämmengestellt und mit dem regel¬ mäßigen Budget pro 1888 verglichen würden, sondern wenn die regelmäßigen Anforderungen pro 1889 (Ordinarium, Extraordinarium und Okkupationskre¬ dit) gesondert summiert und nur diese Summe mit dem Budget pro 1888 verglichen, dagegen der Spezialkredit, der ja nicht das Budget pro 1889 belaste, gesondert aufgeführt und in den Erläuterungen zu demselben auf den im Jahre 1887d bewilligten Spezialkredit Rücksicht genommen werde. Der Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer be¬ merkt, daß er auf diese Andeutung bei Ausarbeitung der bezüglichen Vorlagen Rücksicht nehmen lassen werde. Der Vorsitzende geht sohin zur Beratung des Voranschlages für die Marine über. Der k. k. Marinekommandant Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck erörtert hierauf im einzelnen das Präliminare des Ordinariums und des Extraordinariums; letzteres bewege sich ganz im Rahmen der vorjähri¬ gen Bewilligung und weise gegen die letztere eine Verminderung von 7867 fl. auf. Korrektur mit Bleistift aus ungedecktes. Am Band mit Bleistift ein ? Am Rand mit Bleistift Tisza. Am Rand Korrektur aus 1877. <pb/>Nr. 38 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 5. 1888 431 Im Ordinarium komme von dem von ihm aufgestellten Präliminare der Betrag von 30 925 fl. durch die in den letzten Sitzungen erfolgte Ablehnung des Abend¬ mahles für die Mannschaft in Wegfall. Die erübrigende geringe Vermehrung gegen das Vorjahr resultiere hauptsächlich aus der angebahnten Erhöhung des Standes der Flottenoffiziere und der Subsistenzzulage für die Marinebeamten. Die Vermehrung des Standes der Flottenoffiziere, die übrigens nur sukzessive durchgeführt werde, sei einerseits durch die infolge Vermehrung der Torpedo¬ boote und andere neue Einrichtungen außerordentlich erhöhten Agenden un¬ ausweichlich geworden und sei auch mit Rücksicht auf das Erfordernis im Kriege dringend geboten, da die Flottenoffiziere einer längeren, ganz speziellen Ausbildung bedürfen und die Marine nicht auf Reserveoffiziere wie die Armee greifen könne. Bezüglich der Subsistenzzulage der Beamten seien die Verhältnis¬ se der Flotte von der Armee insofern verschieden, als die Marinebeamten sowie die Offiziere eingeschifft und an Bord mit ihnen die gleichen Schicksale teilen. Der Reichskriegsminister FZM. Freiherr v. Bauer aner¬ kennt die Richtigkeit letzteren Argumentes, wenngleich er bedauert, für die Militärbeamten mit Rücksicht auf die Finanzlage eine gleiche Begünstigung nicht habe erwirken können. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erklärt, daß er mit Rücksicht auf die außerordentliche Höhe, welche die Anforderungen der Kriegsmarine durch den großen Nachtragskredit und den so bedeutenden Spe¬ zialkredit erreichen, dringend eine Herabsetzung der Ansprüche beantragen müsse. Der Redner zählt nun eine Reihe von Posten im Ordinarium und Extraordinarium auf, an welchen nach seiner Ansicht eine Streichung möglich wäre, indem er gleich bemerkt, daß er für den Fall, als der Marinekommandant andere Posten zu Abstrichen für geeigneter hielte, auf den von ihm angegebenen Posten nicht bestehe, dagegen an der Notwendigkeit einer ausgiebigen Herab¬ setzung der Anforderungen für die Marine unbedingt festhalten müsse. Der Vorsitzende glaubt, daß es zu einer Einigung in der Sache am vorteilhaftesten wäre, wenn nicht nur das eigentliche Budget der Marine, son¬ dern die sämtlichen Anforderungen für dieselbe in Berücksichtigung gezogen und versucht werde, dem geäußerten Wunsche nach Herabminderung der An¬ sprüche entgegenzukommen. Der k. k. Marinekommandant Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck erklärt, in eine Herabsetzung des Ordinariums oder Extraordina- riums, welche ohnehin aufdas knappste bemessen wurden, ohne Schädigung der Marine und Störung der Grundlage, aufwelche die Entwicklung unserer Marine in den letzten Jahren gestellt wurde, nicht wilhgen zu können. Die Höhe der Nachtragskredite könne nicht gegen seine Anforderungen eingewendet werden, da der Nachtragskredit fast ausschließlich aufden Beschlüssen der Ministerkon¬ ferenz beruhe, welche ihn seinerzeit anstatt Flüssigmachung eines Spezialkredi¬ tes angewiesen habe, die zur Beschleunigung gewisser Herstellungen nötigen Summen als Überschreitungen zu rechtfertigen. Nachdem nun dieses Jahr die Delegationen früher zusammentreten, habe er die Ermächtigung des Reichs¬ kriegsministeriums zur Einbringung von Nachtragskrediten angesucht und mit <pb/>432 Nr. 38 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 1. 5. 1888 Zustimmung der beiderseitigen Regierungen erhalten. Die besondere Höhe des Spezialkredites beruhe zunächst auf der in letzter Zeit in den Vordergrund getretenen Möglichkeit, daß unsere Flotte außerhalb der Adria mit alliierten Flotten kooperieren werde und daß zu diesem Ende eine Teilung der Flotte in der Weise werde erfolgen müssen, daß beide Teile selbständig operieren können, während bei dem bisherigen Plane zunächst nur auf eine Verteidigung der Küsten der Monarchie Rücksicht genommen worden sei. Wenn von dieser Anforderung an die Flotte vom politischen Standpunkte aus abgesehen werden könne, so sei er bereit, im Spezialkredit eine bedeutende Ermäßigung eintreten zu lassen. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky bemerkt, es sei nicht zu leugnen, daß bei großen Verwicklungen im Oriente die Flotten eine wichtige Rolle zu spielen berufen sein werden und daß es sehr wünschenswert wäre, wenn auch unsere Flagge dabei vertreten wäre; in welchem Ausmaße aber dies geschehen könne, dafür müsse wohl die Leistungsfähigkeit unserer Finan¬ zen maßgebend sein. Sosehr er die Bestrebungen des Marinekommandanten in dieser Hinsicht zu unterstützen bereit sei, könne er doch die finanzielle Seite der Frage nicht übersehen und erscheine es ihm vor allem nötig, die bereits ange¬ bahnte Entwicklung der Flotte und die Durchführung der in Angriff genomme¬ nen Bauten sicherzustellen. Der k. k. Marinekommandant Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck gibt sohin die Summen an, welche er von obigem Gesichtspunkte aus bei den Posten des Spezialkredites in Abstrich bringen könnte, dies sind: 1. die Beschaffung eines Torpedoschiffes von 900-1000 Ton- 700 000 fl.; nen-Deplacement per 470 000 fl.; 100000 fl.; 2. bei der Beschaffung von drei Torpedoschiffen mit Zwil¬ lingsschraube ein Betrag von 20 000 fl.; 13 000 fl.; 3. bei der Beschaffung von 6 Torpedobooten 1. Klasse ein 20 000 fl. Betrag von 4. bei der Beschaffung von Maxim-Geschützen ein Betrag von 5. die Beschaffung der Ausrüstungsgegenstände für See¬ minen und Telegraphenstationen in Combur und Teodo per 6. die Beschaffung von Bojen und Vertäuungsmaterial für Teodo per Die Abstriche machen im ganzen 1 323 000 fl. aus. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erklärt mit Rück¬ sicht auf diese Abstriche, auf weitere Herabminderungen der Marine verzichten zu wollen. Der Spezialkredit für die Marine müsse jedoch so wie im vorigen Jahre vereinigt mit dem Spezialkredite für das Heer angesprochen werden. Es wird sonach das Marinepräliminare angenommen, u. zw.: das Ordinarium mit 9 098 467 fl., daher um 20 390 fl. höher als im Vorjahre; das Extraordinarium mit 2 137 280 fl., daher um 7867 fl. weniger als im Vorjahre; <pb/>Nr. 39 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 2. 5. 1888 433 der Spezialkredit mit 1 775 140 fl. der Nachtragskredit mit 772 187 fl. 61 kr. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky bespricht sodann den Nachtragskredit für das Ministerium des Äußern, welcher sich lediglich aus der im vorigen Jahre nicht eingestellten halbjährigen Subvention des österreichisch-ungarischen Lloyd pro II. Semester 1888, dem Erfordernisse zur Bestreitung der Kosten aus Anlaß der Erhebung der Gesandtschaft in Madrid zu einer Botschaft schon vom 1. Juli 1888 an und der Teuerungszulagen für die Beamten der k. u. k. Vertretungsbehörden in Ägypten zusammengesetzt. Derselbe wird im Betrage von 545 700 fl. genehmigt und die in der vorletzten Konferenz zum Zwecke der Berechnung offengelassene Post im Extraordina- rium des Ministeriums für ,,Ankauf und Adaptierung des Gesandtschaftshotels in Belgrad" erste Rate mit 45 500 fl. eingestellt, wodurch sich das Präliminare des Ministeriums des Äußern um 37 400 fl. erhöht. Nachdem noch das unbedeckte Erfordernis des Reichsfinanzministeriums mit 1 995 772 fl. und des gemeinsamen Obersten Rechnungshofes mit 129 170 fl. eingestellt wird, bringt der Vorsitzende die Frage des Termines der Ein¬ berufung der Delegationen zur Sprache. Die beiderseitigen Ministerpräsidenten bezeichnen mit Rücksicht aufden Stand der parlamentarischen Arbeiten den 4. oder 5. Juni als geeigneten Tag, und es einigt sich die Konferenz, Ah. Ortes den 4. Juni als Einberufungstag zu beantragen. Hierauf wird die Sitzung geschlossen. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. Mai 1888. Franz Joseph. Nr. 39 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 2. Mai 1888 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (27. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (17. 5.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (18. 5.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Frei¬ herr v. Bauer (18. 5.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Freiherr v. Orczy (23. 5 ), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (o. D.), der k. u. k. Marinekommandant Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck (22. 5.), der k. u. k. Sektionschef Lambert. Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Vorlage für die Delegationssession. KZ. 34-RMRZ. 355 Protokoll des zu Wien am 2. Mai 1888 abgehaltenen Ministerrates für ge¬ meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. <pb/>