Gemeinsamer Ministerrat, 11. 1. 1888
I. Beratung einiger in den letzten Ministerkonferenzen zur Sprache gebrachten Angelegenheiten
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_z33.pdf.
Nr. 33 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 1. 1888 405 erneuerte Beratung der Sache in den nächsten Tagen in einem Ministerrate der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder in Aussicht. Derk. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt macht noch darauf aufmerksam, daß die Kriegsleistungsverordnung nur einen Teil der zu erlassenden analogen Verfügungen bilde. Das Kriegsministerium habe letztere in einem Entwürfe zu einer weiteren Verordnung zusammengestellt und werde dieselbe beiden Regierungen mit der Bitte, dieselbe zu studieren, übermitteln. Eben sei ihm bekannt geworden, daß auch seitens der kgl. ung. Regierung eine solche Verordnung entworfen worden sei, dieselbe sei aber allgemeiner gehalten. Der kgl. ung. Landesverteidigungsminister FML. Freiherr v. Fejerväry bespricht die Gesichtspunkte, welche die kgl. Regierung bei Verfassung ihres Entwurfes geleitet haben, und ersucht, denselben seitens der Kriegsverwaltung in Erwägung zu ziehen, wie auch der von dem Reichskriegs¬ ministerium ausgearbeitete Entwurf Gegenstand des Studiums seitens der ung. Regierung bilden werde. Die Sitzung wird hierauf geschlossen. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 19. Jänner 1888. Franz Joseph. Nr. 33 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. Januar 1888 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (i.V. 21.1. Merkl), derk. u. k. gemeinsame Finanzmini¬ ster v. Källay (27. 1.). Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Beratung einiger in den letzten Ministerkonferenzen zur Sprache gebrachten Ange¬ legenheiten. KZ. 6 - RMRZ. 349 Protokoll des zu Wien am 11. Jänner 1888 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen die Sitzung mit dem Hin¬ weis zu eröffnen, daß es sich darum handle, einige in den letzten Ministerkonfe¬ renzen bereits in Anregung gebrachte Punkte zu besprechen, eventuell definitiv festzustellen. Zunächst wäre darüber schlüssig zu werden, ob die Delegationen im Mai dieses Jahres tatsächlich zu ihrer ordentlichen diesjährigen Session einzuberufen seien. Nachdem die beiderseitigen Ministerpräsidenten zu dieser Modalität bereits bei der ersten Anregung der Sache zugestimmt haben und der kgl. ung. Ministerpräsident auch noch dieselbe wärmstens befürwortet hat, liege <pb/>406 Nr. 33 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 1. 1888 kein Anstand vor, daß eine Entscheidung darüber im Schoße des gemeinsamen Ministeriums getroffen werde. Die Maßregel empfehle sich nicht nur als vorteil¬ hafter als die Einberufung der Delegationen zu einer außerordentlichen Session, sondern sei an und für sich im Interesse der finanziellen Ordnung wünschens¬ wert und wäre, womöglich, auch für die Zukunft beizubehalten. Derk. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky erlaubt sich auszuführen, daß die erste Anregung zu der Einberufung der Delegationen für Mai die Erklärung des k. k. Finanzministers gegeben habe, der Flüssigmachung des 16-Millionen-Kredites nur unter der Voraussetzung zustimmen zu können, als ihm durch die Einberufung der Delegationen Anfang Mai die Möglichkeit geboten würde, für die Bedeckung obiger Summe noch zu einer Jahreszeit Vorsorge zu treffen, wo größere Kreditoperationen durchgeführt werden könn¬ ten. Hieran habe sich erst die weitere Erwägung geknüpft, ob es nicht, um das Aufsehen, das mit Einberufung der außerordentlichen Session der Delegationen verbunden ist, zu vermeiden und um des Vorteils willen, den die rechtzeitige Votierung des gemeinsamen Voranschlages beider Regierungen bei Aufstellung ihrer Präliminarien bietet, vorzuziehen wäre, sofort die Einberufung der ordent¬ lichen diesjährigen Session der Delegationen für Mai in Aussicht zu nehmen. Der Minister des Äußern will, mit Rücksicht auf die unzweifelhaften Vorteile, welche vom Gesichtspunkte der Finanzwirtschaft die Berufung der Delegatio¬ nen für Mai biete, dagegen keinen Einwand erheben, wenn er auch nicht verkennen könne, daß die Perturbationen, zu denen schon erfahrungsgemäß kurze Beratungen der Delegationen Anlaß gegeben, bei einer längeren Dauer derselben wohl noch mehr zu besorgen seien. Derk. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt spricht sich dahin aus, daß zwar selbstverständlich die Budgetierung in einem späteren Momente immer eine sicherere bleibe, daß er aber gegen die Berufung der Delegationen im Mai nichts einzuwenden hätte und nur bitten müßte, daß die Angelegenheit möglichst bald entschieden werde, damit er sofort die nöti¬ gen, sehr umfangreichen Arbeiten für den Voranschlag einleiten könne. Der k. u. k. Reichsfinanzminister v. Källay hebt die Vorteile der früheren Einberufung der Delegationen von dem Standpunkte der Finanz¬ wirtschaft hervor, betont aber auch die Notwendigkeit einer baldigen Entschei¬ dung. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hierauf zu genehmigen, daß schon dermalen die Frage der Einberufung der Delegationen zu ihrer nächsten ordentlichen Session für die erste Hälfte des Monates Mai als definitiv im bejahenden Sinne entschieden zu betrachten ist und hievon die beiden Regierun¬ gen zu verständigen sind. Weiter geruhte Se. k. u. k. apost. Majestät auf Antrag des k. u. k. Ministers des Äußern Grafen Kälnoky zu gestatten, daß nun auch die Öffentlichkeit auf die frühere Einberufung der Delegationen unter dem Hinweis vorbereitet werden sollte, daß man hiemit einem oft schon sowohl in den Kreisen der Vertretungskörper als der Regierungen lautgewordenen Wun¬ sche nachkomme, die beiderseitigen Regierungen in die Lage zu versetzen, rechtzeitig ihr Budget einbringen und feststellen lassen zu können. <pb/>Nr. 33 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 1. 1888 407 Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten hierauf als zweiten Bera¬ tungsgegenstand die im Falle der Kriegsgefahr nötige parlamentarische Votie- rung und die Aufbringung der nötigen Geldmittel zu bezeichnen. Wenn sich auch im Augenblicke diesfalls kein definitiver Beschluß fassen lasse, so sei doch die Sache einer um so eingehenderen Aufmerksamkeit wert, als bei der Schwer¬ fälligkeit unseres konstitutionellen Apparates und der Möglichkeit, daß die Ereignisse sich sehr drängen und die Kriegsgefahr plötzlich kommen könnte, rechtzeitig alles so vorbereitet und eingerichtet werden müsse, daß man even¬ tuell nicht zu spät komme, insbesondere, daß die Zeit ausreiche, nicht nur zur Votierung, sondern auch zur tatsächlichen Beistellung der Geldmittel. - Weiter sei es notwendig, sich darüber zu einigen, daß bei Kriegsausbruch außer einer bestimmten Summe auch sofort die Vollmacht zur Flüssigmachung weiterer Geldmittel bei längerer Dauer des Krieges angesprochen werden müsse. Die neuerliche Einberufung der Delegationen zu letzterem Zwecke während der Dauer des Krieges in Aussicht zu nehmen, wäre keineswegs empfehlenswert. Derk. u. k. Reichsfinanzminister v. Källay erlaubt sich zu be¬ richten, daß zwischen den beiderseitigen Finanzministern bezüglich der zu ergreifenden finanziellen Maßnahmen volles Einverständnis erzielt, u. zw. die Entnahme eines Vorschusses von der Bank in Aussicht genommen worden sei. Falls die Ereignisse so drängen sollten, daß die für die Mitwirkung der Bank nötige Votierung in den Vertretungskörpern nicht abgewartet werden könnte, so wäre vielleicht für diese, jedenfalls wenige Tage währende Zeit ein allerdings nur ganz provisorisches Auskunftsmittel in der vorläufigen Ausgabe der zur Auswechslung gegen Banknoten bestimmten Staatsnoten zu finden. Bezüglich der nötigen Vorlagen sei vereinbart worden, daß alle für die Vertretungskörper der beiden Reichshälften bestimmten Vorlagen von den beiderseitigen Regie¬ rungen schon jetzt, u. zw. der auf Abänderung der Bankakte bezügliche Geset¬ zesentwurf in beiderseits identischem Texte fertiggestellt werde. Ebenso hätte die gemeinsame Regierung sofort an die Ausarbeitung des Textes der eventuell den Delegationen zu machenden Vorlage zu schreiten. Auch bezüglich der in der letzten Ministerkonferenz1 noch in Schwebe gelassenen Frage, ob von den Delegationen eine Vollmacht für die Flüssigmachung der notwendigen Gelder bei einer längeren Dauer zu verlangen oder die neuerliche Berufung der Delega¬ tionen im Bedarfsfälle in Aussicht zu nehmen, sei zwischen den beiderseitigen Finanzministem eine Einigung im ersteren Sinne zustande gekommen und der Text einer solchen Vollmachtsklausel vereinbart worden. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diese Darlegung zur Kennt¬ nis zu nehmen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sohin die Frage der Standes- vermehrung der Truppen in Gahzien zur Sprache zu bringen. Derk. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky glaubt, daß I GMR. v. 5. 1. 1888, RMRZ. 348. <pb/> 408 Nr. 33 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11.1. 1888 mit Bezug auf die augenblickliche politische Lage die Durchführung dieser Maßregel umso mehr aufgeschoben werden könne, als auch der Moment vorbei sei, wo dieselbe zum Zwecke eines moralischen Effektes nach außen hin hätte in Anwendung kommen können. Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt spricht sich auch seinerseits dafür aus, daß wenn nicht besonders dringende Ursachen vorlägen, vorerst von der Standesvermehrung Abstand genommen werde, da es sehr erwünscht sei, wenn die nötige Zeit zur Herstellung der Baracken gegeben würde. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu entscheiden, daß die Stan¬ desvermehrung der Truppen in Galizien in suspenso gelassen werde; dagegen wäre jedenfalls im Frühjahre die Verschiebung der aus Galizien sich ergänzen¬ den und außerhalb desselben gamisonierenden Regimenter nach Galizien vor¬ zunehmen. Diese Maßregel biete, als eine dauernde, mehr Vorteile, indem durch dieselbe sich zugleich später eine Standesvermehrung ausgiebiger gestalte. Das Eintreten dieser Maßnahme müßte aber auch politisch vorbereitet werden. Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky bemerkt, daß, nachdem Rußland erklärt habe, seinen Dislokationsplan unentwegt fort¬ setzen zu müssen, wir unsererseits die obige Maßregel damit motivieren können, daß das Territorialprinzip für unsere Armee bereits seit Jahren akzeptiert sei2 und die Dislozierung der aus Galizien rekrutierten Regimenter nach ihrer Heimat eine weitere Ausführung dieses Prinzips sei. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hierauf an den Reichskriegs¬ minister die Anfrage zu richten, welche Summen von dem 16-Millionen-Kredit bereits als gebunden zu betrachten seien? Derk. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt erlaubt sich zu erwidern, daß die für einmalige Bestellungen bestimmten Sum¬ men aus obigem Kredit größtenteils als gebunden betrachtet werden können, wenn auch bezüglich der Gegenstände, die nur nach und nach geliefert werden können, die weiteren Bestellungen immer erst nach Einlangen der Teillieferun¬ gen erfolgen. Eine Ersparung könne nur bei den Summen eintreten, welche für sechs Monate vom 1. Jänner laufenden Jahres zu den Zwecken und als Konse¬ quenzen der Standeserhöhung und Truppendislozierungen präliminiert waren und die in dem Maße entfallen, als diese Vorkehrungen nicht erfolgen. Nachdem Se. k. u. k. apost. Majestät noch die Berichte des k. k. Reichskriegsministers über die weiteren Entwürfe zu Verordnungen über Kriegsleistungen und über den Stand der Verhandlungen der rumänischen Regierung mit der Waffenfabriksgesellschaft in Steyr entgegengenommen, ge¬ ruhten Allerhöchstdieselben die Sitzung zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. Jänner 1888. Franz Joseph. 2 Hlavaö, Die Armeeorganisation der Jahre 1881-1883 238-275. <pb/>