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Gemeinsamer Ministerrat, 19. 12. 1887

Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 12. 1887       391

Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. Dezember 1887

    RS. (und RK.)

    Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der kgl. ung.
Ministerpräsident v. Tisza (14. 1.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (31. 12.), der k. u. k.
gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (2. 2.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmini¬
ster v. Kdllay (3. 1.), der k. k. Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb (3. 1.), der
k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (6. 1.), der kgl. ung. Landesverteidigungsminister FML.
Freiherr v. Fejerväry (o. D.).

    Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
    Gegenstand: Militärische Maßnahmen.

   KZ. 86 - RMRZ. 347

   Protokoll des zu Wien am 19. Dezember 1887 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

    Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen nach Eröffnung der Sitzung,
Bezug nehmend auf Bemerkungen, welche in der letzten Sitzung bezüglich der
Notwendigkeit, Galizien im Wege des Angriffes zu verteidigen, gemacht wur¬
den, darauf hinzuweisen, daß in allen militärischen Besprechungen sowohl
seitens der hiesigen als der deutschen Militärs immer ins Auge gefaßt worden
sei, den Krieg gegen Rußland, wenn er notwendig werden sollte, mit einem
offensiven Vorgehen zu beginnen und nicht auf einen Angriff zu warten.1 Dieses
offensive Vorgehen würde von beiden Armeen geschehen und zwar womöglich
noch früher seitens der deutschen Heeresleitung.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sodann den Reichskriegsminister zur
Beleuchtung des Verhältnisses der beiden von ihm in der gestrigen Sitzung
geforderten Summen, nämlich von 13 307 000 fl., welche ein für allemal, und
von 2 693 000 fl., welche unter der Voraussetzung einer sechsmonatlichen Dauer
der bezüglichen Maßnahmen angesprochen werden, aufzufordern.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt
entspricht diesem Ah. Aufträge, indem er zugleich erklärt, daß nach neueren

Rücksprachen und Erhebungen er in der Lage wäre, dadurch eine Erleichterung
in der Aufbringung der Summe von 13 307 000 fl. eintreten zu lassen, daß die
Kontrakte über die nötigen Bestellungen so abgeschlossen würden, daß die
Liquidierung bezüglich einiger daraus resultierender Forderungen erst im April
kommenden Jahres erfolgen und so die Deckung der ganzen Summe sich auf
vier Monate verteilen würde. Bezüglich der Summe von 2 693 000 fl. weist der
Reichskriegsminister darauf hin, daß dieselbe jene Beträge umfasse, die für die
Erhaltung der Truppen und Pferde während sechs Monaten nötig und daher,
je nachdem dieser Zeitraum eingehalten werde oder nicht, variabel sei.

i Die Entwicklung der Wehrkraft Rußlands seit 1878 unter besonderer Berücksichtigung seiner
       Rüstungen im laufenden Jahre 1887. Ende November 1887. Memorandum des Grafen Molt-
       ke. Vom deutschen Botschafter mitgeteilt v. 12. 12. 1887, HHSxA., PA. I, Karton 464.
<pb/>392 Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 12. 1887

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sodann die Frage der Einbe¬
rufung der Delegation für Mai kommenden Jahres anzuregen.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski legt in ana¬
loger Weise wie in der gestrigen Sitzung2 die Gründe dar, welche ihm diese
Einberufung für Anfang Mai für notwendig erscheinen lassen, indem er erneuert
betont, daß er eine Summe von 5 Millionen Gulden bereit wäre, zur Verfügung
des Reichskriegsministers ohne legislative Bewilligung zu stellen, daß er aber die
Deckung einer höheren Summe im Wege eines Anlehens verkehren und sich
hiezu die gesetzliche Grundlage noch in einer Jahreszeit, wo noch überhaupt Kre¬
ditoperationen möglich sind, schaffen müsse. Nachdem noch der kgl. ung.
Ministerpräsident v. Tisza und der Minister des Äußern
Graf Kälnoky den von ihnen zu dieser Angelegenheit in der gestrigen
Sitzung3 eingenommenen Standpunkt erörtert haben, geruhen S e. k. u. k.
apost. Majestät Ah. Ihre Zustimmung zur Einberufung der Delegatio¬
nen Anfang Mai kommenden Jahres zu erteilen, indem Allerhöchstdieselben
jedoch hervorheben, daß jedenfalls in erster Linie die Einberufung der ordentli¬
chen Session der Delegationen in Aussicht zu nehmen sei. Vorerst wäre aber
dieser Beschluß noch als ein höchst geheimzuhaltendes Internum zu betrachten.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erlaubt sich
zu bemerken, daß, was die jetzt geplanten Auslagen anbelange, es kaum auszu¬
weichen sein würde, von denselben zu sprechen, und da wäre es höchst wün¬
schenswert, wenn über die auf Anfragen zu erteilende Antwort ein Beschluß
gefaßt würde.

   Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza weist darauf hin, daß
erjedenfalls in der ersten Hälfte des Monates Jänner nach Wien kommen müsse,
um im Einvernehmen mit dem k. k. Finanzminister über die im Falle einer
Mobilisierung nötigen finanziellen Maßnahmen Beratungen zu pflegen, dann
wäre vielleicht der Moment gekommen, auch über die eben von dem k. k.
Finanzminister angeregte Frage schlüssig zu werden.

   Der k. u. k. Minister des Äußern Graf Kälnoky spricht
sich dahin aus, daß er auch von seinem Standpunkte wünschen müßte, wenn
ihm bald wieder Gelegenheit gegeben wäre, in einem gemeinsamen Ministerrate
den Stand der politischen Situation zu erörtern.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen die von dem kgl. ung. Mi¬
nisterpräsidenten angeregte Modalitäten zu genehmigen und zugleich Ah. Ihrer
Befriedigung Ausdruck zu geben, daß die endgiltige Feststellung der im Mobili¬
sierungsfalle zu treffenden finanziellen Maßnahmen für die nächste Zeit in
Aussicht genommen ist.

   Auf eine Anfrage Sr. k. u. k. apost. Majestät gibt der k. k. Landes¬
verteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb eine Über¬
sicht derjenigen Maßnahmen, welche im ersten Stadium im Sinne der bereits Ah.

2 GMR. V. 18. 12. 1887, RMRZ. 346.
 3 Siehe Anm. 2.
<pb/>Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 12. 1887  393

genehmigten Beschlüsse der militärischen Beratungen4 zu treffen wären. Eine
Berechnung der hiefür notwendigen Kosten, zu deren Deckung jedenfalls eine
Vorlage an den Reichsrat erfolgen müsse, werde in einem morgen stattfindenden
Ministerrate für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder vorge¬
legt und beraten werden.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diese Ausführungen zur
Kenntnis zu nehmen und zu betonen, daß die Zutransferierung und Akquirie-
rung der nötigen Offiziere zur k. k. Landwehr so rechtzeitig erfolge, daß diesel¬
ben sich in ihre Aufgabe hineinarbeiten können.

   Derkgl. ung. Landesverteidigungsminister FML. Freiherr
v. Fejerväry erwähnt, daß für die königlich ungarische Landwehr nur
Auslagen durch Anschaffung der ,,warmen Wäsche&quot; entstehen, worauf der
kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza bemerkt, daß diese Auslage
vorschußweise, ohne eine besondere Vorlage, gedeckt werden könne.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen sohin mit Rücksicht auf die
in der letzten Sitzung beschlossene Mitteilung über die gegenwärtige Ministerbe¬
ratung5 die Haltung der Presse gegenüber zur Sprache zu bringen und die
hierüber sich ergebende Diskussion dahin zu resümieren, daß jedenfalls auf die
Zeitungen wegen Unterlassung von Mitteilungen über militärische Maßnah¬
men, speziell über Truppenbewegungen, eingewirkt werden müsse und dieselben
noch zur Mäßigung und Ruhe, überhaupt zu einer Haltung zu ermahnen seien,
die sich ebenso von Kleinmut wie auch von unberechtigtem und schädlichem
Übermut und Provokation ferne halten soll.

    Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen nun auf die in der gestrigen Sitzung noch
offengelassene Frage der Höhe des dem Reichskriegsministerium zur Verfügung
zu stellenden Kredites einzugehen.

    Derkgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza führt aus, daß er zwar
nicht in die Details der einzelnen Anforderungen eingehen könne, daß er aber
dringend eine Ermäßigung der wenn auch nicht politisch, so jedenfalls durch
seine Höhe finanziell unerwartet herangetretenen Forderung erbitten müsse. Es
wäre wenigstens wünschenswert, eine Teilung der angesprochenen Summe in
der Weise wie im vorigen Jahre vorzunehmen, daß ein Teil schon jetzt bewilligt,
die Bewilligung des anderen Teiles aber noch von der weiteren Zustimmung der
beiderseitigen Regierungen abhängig gemacht werde.

   Nachdem in der hierauf folgenden Diskussion unter eingehender Bespre¬
chung einzelner Posten der Versuch gemacht wird, eine solche Scheidung der
zu bewilligenden Summe zu ermöglichen, nach den Aufklärungen, die diesfalls
seitens des k. k. Reichskriegsministers gegeben werden, aber ein ansehnlicherer
Betrag, der als Eventualkredit ausgeschieden werden könnte, nicht festgestellt
werden kann, erklärt der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza,

Protokoll der am 8. Dezember 1887 unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät in der
Hofburg zu Wien stattgehabten kommissionellen Beratung über die eventuell in Galizien zu
ergreifenden Maßnahmen militärischer Natur, KA., MKSM. 20-1/10-2 ex 1887.

Siehe Anm. 2.
<pb/>394 Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 12. 1887

 adaß er zwar auch ferner der Meinung ist, daß die Zweiteilung des Kredites
möglich und zweckmäßig wäre, doch wolle er angesichts dessen, daß sein
Verlangen von keiner Seite unterstützt wurde,3 auf seine Bitte zu verzichten und
der Bewilligung des Kredites in der angesprochenen Höhe von 10 Millionen
Gulden zustimmen [sic], worauf der Beschluß von der Konferenz in diesem
Sinne gefaßt wird.

    Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diesem Beschlüsse Ah. Ihre
Genehmigung zu geben und mit Rücksicht auf die beanstandete Höhe der
verlangten Summe zu betonen, daß je nach der Lage der Dinge mit der Bewilli¬
gung der Summe nicht notwendig auch die volle Ausgabe derselben impliziert
sei, da letzteres eben von dem Verlaufe der Ereignisse abhänge.

   Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski stellt die
Bitte, daß den beiderseitigen Finanzministerien von der Kriegsverwaltung so
bald als möglich eine Übersicht der Hauptsummen angegeben werde, deren
Deckung in den einzelnen Terminen angesprochen werden würde, um die
Finanzverwaltung in die Lage zu versetzen, nach diesem Plane ihre Vorsorgen
zu treffen. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza schließt sich
diesem Ansuchen an.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt
gibt die Zusage, daß er die gewünschte Übersicht entwerfen und mitteilen lassen
werde. Die Einhaltung derselben hänge natürlich auch von den Verhältnissen
ab. Im übrigen könne er schon jetzt bekanntgeben, daß er vor dem 20. Jänner
auf keine Summe reflektiere. Der k. k. Reichskriegsminister erwähnt noch, daß
für die Marine nichts angesprochen werde.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen dies unter Hinweis auf die
in letzter Zeit geschaffenen politischen Konstellationen, die auf die Aktion der
Marine einen wesentlichen Einfluß zu üben geeignet sind, zu bestätigen.

   Nachdem hiemit der unmittelbare Gegenstand der Beratung erschöpft ist,
halten es Se. k. u. k. apost. Majestät für notwendig, die Aufmerksamkeit der
Mitglieder der Konferenz noch auf einige Punkte zu lenken, deren baldige
Austragung erforderlich sei. Der erste dieser Punkte sei, die gesetzliche Grundla¬
ge zu schaffen, um alle Infanterie- und Jägerreservisten, die mit den neuen
Gewehren versehen werden sollen, je nachdem an sie die Reihe der Fassung der
Gewehre komme, zu Einübung in der Handhabung derselben zu berufen. Es
handle sich vorläufig zwar zunächst nur um das 10. und 9. Armeekorps, aber
man müsse sofort auch die jedenfalls mit der Zeit notwendige Einberufung der
Reservisten der anderen Korps ins Auge fassen.6

   Der k. k. Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsers-
heimb und der kgl. ung. Landesverteidigungsminister FML.

3-3 Korrektur Tiszas aus unter solchen Umständen.

6 Vortrag des Reichskriegsministers v. 5.12.1887, betreffend die Vornahme der Waffenübungen
       der Reservemänner zum Zwecke der Einschulung mit dem Repetiergewehr, KA., MKSM.
       4-1/5 ex 1887.
<pb/>Nr. 31 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 19. 12. 1887  395

Freiherr v. Fejerväry sprechen sich übereinstimmend dahin aus, daß
nach dem Wortlaute des Gesetztes bei jenen Reservisten, die bereits dreimal
einberufen waren, die Einberufung zu einer vierten Waffenübung ohne gesetzli¬
che Ermächtigung untunlich wäre und daher jedenfalls eine Vorlage an die
Legislativen erforderlich sei.

   Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt
erlaubt sich auf die Schwierigkeiten mit Rücksicht auf das Präliminare des
Reichskriegsministeriums aufmerksam zu machen, welche daraus entstehen
würden, wenn Reservisten, die zur Einübung der neuen Waffen berufen würden,
noch in demselben Jahre zu der ordentlichen Übung einberufen werden müßten.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß es keines¬
falls angehen würde, den Reservisten die kurze Zeit, die sie zur Einübung der
Waffen berufen würden, als ordentliche Übung anzurechnen. Dermalen handle
es sich aber vorläufig noch nicht um die finanzielle Frage, die einzurichten man
immer in der Hand behalte. Dringend aber sei es, die gesetzliche Voraussetzung
für die Einberufung aller Reservisten zu der Einübung mit den neuen Waffen,
u. zw. gleich auf breitester Grundlage, zu schaffen. Mit der Beratung dieser
Angelegenheit hätten sich die Ministerräte der beiden Teile der Monarchie
sofort zu beschäftigen.7 Der Entwurf der Vorlage wäre am besten vom Reichs¬
kriegsministerium auszuarbeiten und hiebei in Erwägung zu ziehen, ob nicht
sofort ins Gesetz, zur Beruhigung, die Zeitdauer, für welche die Einberufung in
Aussicht genommen sei, aufzunehmen wäre.

   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hierauf die dringende Notwendigkeit der
Fertigstellung der Kriegsleistungsverordnung zu betonen, damit dieselbe, wenn
auch nicht publiziert, doch im Vertrauen den betreffenden Behörden zum
Studium hinausgegeben werden könne.

   Weiter geruhen Se. k. u. k. apost. Majestät den kgl. ung. Ministerpräsidenten
auf eine Zusammenstellung aufmerksam zu machen, welche von dem k. k.
Ministerpräsidenten über die in der diesseitigen Reichshälfte für den Fall einer
Mobilisierung vorbereiteten Verordnungen angefertigt wurde8 und deren Ein¬
sichtnahme seitens des kgl. ung. Ministerpräsidenten wünschenswert wäre. Der
kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich zu bemerken,
daß auch ungarischerseits Vorarbeiten in dieser Hinsicht gemacht worden

seien.9
   Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen noch auf die rechtzeitige Be-

5/MT. Ung.MR. v. 22. 2. 1888. 8. Der Gesetzantrag bezüglich der Einberufung von Reservi¬
sten und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung zu Friedenszeiten, OL., K. 27, Karton

43.
Memoire über Ausnahmsmaßregeln zur Stärkung der Straf- und Polizeigewalt im Kriegsfall.
K. k. Chef des Generalstabes v. 14. 12. 1887. - Bemerkungen des k. k. Ministerpräsidenten
zu dem Memoire des Chefs des Generalstabes, KA., MKSM., Separatfastikelh Fase. 70, Nr.

45.
33/MT. Ung.MR. v. 29.12.1887.1. Entwurf des die im Kriegsfall erforderlichen außerordent¬
lichen Maßnahmen behandelnden Gesetzentwurfes und der Regierungsverordnung, OL., K.

27, Karton 43.
<pb/> 396 Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 1. 1888

 Stellung von Kohlenvorräten und Sicherung der nötigen Anzahl von Lokomoti¬
 ven hinzuweisen und sodann nach wiederholter Inaussichtnahme neuerlicher
 gemeinsamer Beratungen für die erste Hälfte des Monates Jänner die Sitzung
 zu schließen.

 Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen
 Wien, 19. Jänner 1888. Franz Joseph.

 Nr. 32 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. Januar 1888

     RS. (und RK.)
     Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (14. 1.), der k. k. Ministerpräsident Graf
 Taaffe (10. 1.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (10. 1.), der
 k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (11. 1.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager
 Freiherr v. Orczy (15. 1.), der k. k. Landesverteidigungsminister FML. Graf Welsersheimb (12. 1.),
 der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (13. 1.), der kgl. ung. Landesverteidigungsminister
 FML. Freiherr v. Fejerväry (o. D.).
     Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu.
     Gegenstand: Besprechung der politischen Situation.

   KZ. 3 - RMRZ. 348
   Protokoll des zu Wien am 5. Januar 1888 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen
Ministers des Äußern Grafen Kälnoky.

   Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er, anknüpfend an die in
den letzten Konferenzen gemachten Eröffnungen, den gegenwärtigen Stand der
politischen Situation darlegt. Nach den Ausführungen des Sprechers ist im
großen und ganzen an den Ursachen und Motiven, welche die Kriegsgefahr
bedrohlich erscheinen lassen, eine wesentliche Veränderung nicht eingetreten.
Durch das bekannte Organ des russischen Kriegsministers sind die Gründe
angegeben worden, die Rußland veranlaßt hätten, einen großartigen Disloka¬
tionsplan zu entwerfen, der zur Verschiebung eines beträchtlichen Teiles der
russischen Armee nach den westlichen Provinzen führen soll. Diese Verschie¬
bung wird mit der Notwendigkeit motiviert, die Vorteile möglichst auszuglei¬
chen, welche den Nachbarmächten aus ihrer leichteren Mobilisierungsfahigkeit
erwachsen. Die russische Regierung hat auch die Absicht, diesen Plan auszufüh-
r®n&gt; n°ch heuer sollen ein--zwei Divisionen mehr nach den Westprovinzen
dirigiert und bis zum nächsten Jahre soll der ganze Plan zur Ausführung
gebracht werden. Diese Projekte zeigen am besten, daß russischerseits die Ab¬
sicht besteht, eine so große effektive Truppenmasse an den Grenzen der Nach¬
barstaaten aufzustellen, daß hiedurch jederzeit auf die letzteren ein Druck
ausgeübt werden könne. Es müsse also im wesentlichen Punkte die Situation als
nicht geändert bezeichnet werden. Anders stehe es mit der Sprache, die von der
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