Anhang Gemeinsamer Ministerrat, 8. 12. 1887
I. die eventuell in Galizien zu ergreifenden Maßnahmen militärischer Natur
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_IV/pdf/oe_hu_mrp_IV_zusatz3.pdf.
Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 719 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. Dezember 1887 RS. Gegenwärtige: Se. kais. Hoheit der Generalinspektor des Heeres FM. Erzherzog Albrecht (12.12.), der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (12.12.), der k. u. k. gemeinsa¬ me Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (13.12.), als Referenten: FML. Ritter Merkl, Obst. Ritter v. Pitreich des Generalstabskorps, der Chef des k. u. k. Generalstabes FML. Freiherr v. Beck (16. 12.), als Referenten: FML. Galgötzy, Obst. Fiedler des Generalstabskorps, derk. k. Landesver¬ teidigungsminister FML. Graf Welsersheimb (21. 12.), der kgl. ung. Landesverteidigungsminister FML. Freiherr v. Fejerväry (19.12.), der Vorstand der Militärkanzlei Sr. Majestät Freiherr v. Popp (o. D.). Protokollführer: Hptm. v. Csanädy des Generalstabskorps in der Militärkanzlei Sr. Majestät des Kaisers. Gegenstand: die eventuell in Galizien zu ergreifenden Maßnahmen militärischer Natur.1 Protokoll der am 8. Dezember 1887 unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät in der Hofburg zu Wien stattgehabten komissionellen Beratung. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die bedrohliche politische Lage, das Verschieben von Truppen und Kriegsmaterial von seiten Rußlands gegen We¬ sten sowie die Vorbereitungen in Russisch-Polen haben den Chef des General¬ stabes veranlaßt, einige Anträge über Maßnahmen militärischer Natur, die unsererseits als Gegenmaßregel zu begreifen wären, zu stellen. Um diese Maßre¬ geln vom militärischen Standpunkte zu beurteilen, habe ich Sie versammelt. Die beiden Landesverteidigungsminister werden die zu beschließenden Maßnah¬ men, soferne sie wehrgesetzlicher oder finanzieller Natur sind, den Ministerrä¬ ten gegenüber zu vertreten haben. Minister Graf Kälnoky wird nunmehr einige Bemerkungen über die politische Lage machen. Der Minister des Äußern. In der Frage eines Krieges mit Ru߬ land steht unser Verhältnis zu Deutschland nicht nur in politischer, sondern vornehmlich in militärischer Beziehung in erster Linie. Das Hauptgewicht hegt in der Beantwortung der Frage, inwieweit wir in einem Kriege mit Rußland auf Deutschland zählen können. Unser Bundesvertrag2 mit Deutschland ist rein defensiver Natur, d. h. Deutschland hat die Verpflichtung, in dem Falle als wir von Rußland angegrif¬ fen werden, mit ganzer Kraft zur Niederwerfung der russischen Wehrkraft mitzuhelfen, und wir stehen Deutschland gegenüber, im Falle dieses von Ru߬ land angegriffen wird, in der gleichen Verpflichtung. Wird Deutschland von Frankreich angegriffen, so sind wir ebensowenig zu einer Hilfeleistung ver¬ pflichtet als Deutschland uns gegenüber im Falle anderer kriegerischer Ereignis¬ se, z. B. im Süden. Von größter Wichtigkeit für uns in einem Kriege mit Rußland ist daher, klar darüber zu werden, wer der Angreifer und wer der Angegriffene ist. Nun ist die Beurteilung dieser Frage möglicherweise sehr schwierig, dieselbe an sich sehr kompliziert. Es wird sich in einem solchen Falle KA., MKSM. 20-1/10-2 ex 1887. Pribram, Die politischen Geheimverträge Österreich-Ungams 6-9. <pb/>720 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 darum handeln, bei Zeiten die nötige Klarheit zu erlangen und sich darüber Gewißheit zu verschaffen, inwieweit wir auf eine Unterstützung Deutschlands rechnen können, da bei der Allgemeinheit der Abfassung des Vertrages gerade diese Frage Wandlungen unterworfen ist. Vor sieben bis acht Jahren hat man in Berlin die bestimmte Zusicherung gegeben, daß im Falle eines russischen Angriffes auf Österreich das deutsche Heer mit voller Kraft uns zur Seite stehen würde.3 Damals wurde Frankreich deutscherseits, ob des Mangels an Selbstgefühl als auch seiner inferioren Wehr¬ kraft wegen, nicht als ebenbürtiger Gegner betrachtet, ein Angriff seitens Frank¬ reichs nicht vorausgesetzt. Seit jener Zeit hat sowohl Rußland als besonders Frankreich auf militärischem Gebiete bedeutende Fortschritte gemacht, und Deutschland kann sich heute vor die Eventualität gesetzt sehen, einen Krieg gegen zwei mächtige Gegner - einen Doppelkrieg - führen zu müssen. Nach den Versicherungen Deutschlands ist im letzteren Falle eine Offensive gegen Frank¬ reich absolut nicht geplant, sondern beabsichtigt, den Angriff der Franzosen im Westen abzuwehren, das französische Heer anrennen zu lassen und je nach Umständen eventuell einen Gegenstoß zu machen, aber nicht nach Frankreich einzumarschieren. Aufwieviel Truppen deutscherseits wir zur Abwehr eines russischen Angriffes in diesem Falle rechnen könnten, entzieht sich derzeit noch der Beantwortung. Sichere Auskunft darüber wäre erst im gegebenen Falle, vor Ausbruch eines Krieges erhaltbar, da dies in erster Linie von der momentanen Situation abhän- gen wird. Was die Verläßlichkeit Deutschlands in Erfüllung der eingegangenen Bundes¬ pflicht anbelangt, so liegt nicht der mindeste Grund vor, dieselbe auch nur im geringsten in Zweifel zu ziehen. Ob Deutschland aber uns in einem Kriege, wo es vertragsmäßig nicht dazu verpflichtet ist, unterstützen wird, das allerdings entzieht sich der Beurteilung. Ohnejeden Zweifel liegt es im eigensten Interesse Deutschlands, in einem Kriege Österreichs mit Rußland die völlige Niederwer¬ fung des letzteren herbeizuführen, denn gelänge es Rußland, die österreichische Armee zu schlagen, so ist Deutschland dessen sicher, von dem moralisch geho¬ benen Rußland und von dem auf eine passende Gelegenheit lauernden Frank¬ reich angegriffen zu werden. Es scheint mir also klar, daß Deutschland aus eigenem Interesse und dem Gefühle der Selbsterhaltung gehorchend, im gegebenen Falle mit voller Energie und aller disponiblen Kraft uns zur Seite stehen wird. Was unsere politischen Beziehungen zu Rußland anbelangt, so haben sie sich in letzter Zeit in keiner Weise geändert, sie können als vollkommen normale bezeichnet werden, nur herrscht seit den bekannten Ereignissen in Bulgarien,4 die eine Kränkung des Selbstgefühles Rußlands herbeiführten und die unsere Monarchie als das Hindernis der Bestrebungen Rußlands im Oriente erblicken ließen, eine lebhafte Verstimmung in St. Petersburg. Ich halte die Zusammenzie- 3 Canis, Bismarck und Waldersee 78-79. 4 Diöszegi, Österreich-Ungams Außenpolitik während,der bulgarischen Krise 709-718. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 721 hung der Truppen in Russisch-Polen nicht für die Folge einer politischen Frage, sondern sie scheint mir die Durchführung einer längst geplanten Dislokations¬ änderung, die nur momentan mit größerer Kraft betrieben wird und die sich als Ziel gesetzt hat, soviel Truppen in Russisch-Polen zu dislozieren, daß Rußland mit diesen Kräften ohne vorhergegangene Mobilisierung imstande sei, in Gali¬ zien einzufallen und unseren Aufmarsch dortselbst unmöglich zu machen. Diese Drohung mit stabilen Garnisonen zu erreichen, scheint mir der Zweck der angeordneten Verschiebungen. -- Jedenfalls ist die gleiche Drohung, wie für uns, auch für Deutschland vorhanden. Die jetzt in Polen vorhandenen Truppen sind auf keinen Fall genügend, um einen Offensivkrieg mit denselben zu unternehmen, hiezu bedürfte Rußland noch mehrerer Korps, es scheint sonach aeine akute Kriegsgefahr3 nicht vorhan¬ den. Se. k. u. k. apost. Majestät. Ich halte die Darstellung des Mini¬ sters Grafen Kälnoky für eine sehr richtige und bin der Ansicht, daß wir in nächster Zeit einen Angriff Rußlands nicht zu befürchten haben. Dieses weiß ganz gut, daß es bei einem Angriffe auf uns auch mit Deutschland zu tun bekommen wird. Ich sehe vielmehr die Gefahr für uns im Oriente, wo Rußland - sei es durch revolutionäre Bewegungen, sei es durch andere Komplikationen - trachten wird, einen diplomatischen, eventuell militärischen Konflikt herbei¬ zuführen, in welchem Momente es dann fraglich wird, ob Deutschland sich nach dem Bundesvertrag noch für verpflichtet erachtet oder gewillt ist, uns beizuste¬ hen, obwohl Ich dies auch in einem solchen Falle nicht bezweifle. Der Minister des Äußern. Deutschland ist im Geben von Versiche¬ rungen ungemein vorsichtig, und es werden erst im gegebenen Falle bestimmte Zusicherungen erhältlich sein; namentlich hat man in Berlin mit Zusicherungen zurückgehalten, weil man befürchtete, daß Österreich sich Mann leichterb im Oriente zu tätlichen Eingriffen hinreißen lasse.5 Diesbezüglich sind im Oriente zwei Fälle denkbar. Entweder Rußland schrei¬ tet nicht militärisch ein oder es schreitet ein. Im ersteren Falle bleibt anders gearteten Einflüssen Rußlands im Oriente gegenüber unser Verhalten von den eigenen Entschließungen abhängig. Der zweite Fall, der des tatsächlichen Ein¬ greifens Rußlands, wurde mit den alliierten Mächten vorgesehen. Sollte Ru߬ land eine Okkupation beabsichtigen und selbe entweder durch eine Besetzung Rumäniens oder aber zu Wasser durchzuführen planen, so sind zur Wahrung der Integrität der Türkei auch andere Kräfte verfügbar. Eine diesbezügliche detaillierte Vereinbarung hat jedoch noch nicht stattgefunden; aber einer beab¬ sichtigten Landung russischer Truppen in Varna oder Burgas z. B. würde die englische und italienische Flotte entgegenstehen.6 a"a Korrektur Kälnokys aus ein akuter Kriegsfall. b`b Einfügung Kälnokys. 5 Die grosse Politik Bd. 6, 16. 6 Canis, a. a. O. 216. <pb/>722 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 Übrigens glaube ich - gestützt auf mir maßgebend erscheinende Berichte - eine Okkupation Bulgariens von seiten Rußlands, als nicht im Interesse desselben gelegen, für nicht geplant, wohl aber die Anwendung von anderen Mitteln, um die Lage zu komplizieren. Se. k. u. k. apost. Majestät. Nach diesen Erwägungen kommt man zum Schlüsse, daß es für uns ein Gebot der Notwendigkeit ist, solche sich ergebende Komplikationen kalt aufzufassen und zu beurteilen, vor allem aber ein militärisches Eingreifen im Oriente zu vermeiden, denn der Haupt- und Entscheidungsschlag kann doch nur an einem Punkte erfolgen. Es ist demnach notwendig, daß sowohl diplomatisch als militärisch im Einklänge vorgegangen werde. Vor allem aber wird es Aufgabe der Diplomatie sein, es zu vermeiden, eine solche Lage herbeizuführen, die uns zu mihtärischen Maßnahmen im Oriente zwängen. Unsere Stellung ist jetzt eine diplomatisch so ausgezeichnete wie lange nicht.0 Daß Rußland uns direkte angreift, scheint mir unwahrschein¬ lich, es wird vielmehr Versuche machen, uns im Oriente zu verwickeln, aber bei der Unberechenbarkeit der russischen Verhältnisse erscheint die Situation unsi¬ cher und nicht geklärt, und es ist unbedingt nötig, sowohl diplomatisch als militärisch mit Deutschland din unausgesetztem01 Kontakte zu bleiben und die Situation von Fall zu Fall zu besprechen. Der Minister des Äußern. Von seiten Deutschlands wurde, wie es scheint, nicht ohne Absicht die jetzige Phase mit auffallend vielem Lärm und 'ebensolcher0 Wärme in Szene gesetzt. Rußland habe momentan nicht genügend Truppen versammelt, um einen Offensivkrieg zu unternehmen, andererseits tritt noch die Ungunst der Jahreszeit zum Beginne eines Krieges hinzu, welche den Schluß berechtigt erscheinen lassen, daß Rußland noch zu keinem Entschlüsse diesbezüglich gelangt sei. Sehr wahrscheinlich ist es nun, daß Deutschland beabsichtigte, vor allem dem Kaiser Alexander, der sich der Gefährlichkeit der Situation nicht bewußt zü sein scheint, dieselbe vor Augen zu bringen und durch einen von dieser Seite zu fassenden Entschluß die Situation ins klare zu bringen. Gelingt dieser Versuch nicht, so wird die Gefahr insofeme akuter, als man in einigen Monaten auf einen Krieg gefaßt sein müsse. Se. k. u. k. apost. Majestät. Von eminenter Wichtigkeit erscheint der Zeitpunkt des Beginnes eines eventuellen Krieges. Ich kann den Ansichten, die in Berlin herrschen, daß ein Winterfeldzug aus operativen Gründen vorteil¬ hafter sei,7 Mich nicht anschließen. Die Diplomatie hätte jedenfalls zu trachten, den Beginn eines Krieges über den Winter hinauszuschieben. Der Minister des Äußern. Die diplomatische Lage mit Rußland ist 0 Streichung des Kaisers und Ich hoffe, daß unseren Alliierten ein aktives Eingreifen erspart bleibt. d"d Einfügung bzw. Korrektur des Kaisers aus im. °'e Korrektur Kälnokys aus solcher. 7 Ebd. 220. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 723 absolut normal, nicht einmal bezüglich Bulgariens, welche Frage ich übrigens prinzipiell getrennt von den übrigen Fragen behandle, besteht ein direkterf Streitpunkt. Es ist sonach ein konkreter8 Kriegsfall nicht vorhanden, es wäre denn, es käme von seiten Rußlands haus Anlaß der Situation auf derBalkanhalb- inselh ein Ultimatum, wo dann allerdings nur wenige Tage darauf die Kriegs¬ erklärung folgen könnte. Von unserer Seite geschieht nichts, um den Krieg herbeizuführen. Se. kais. Hoheit der Herr FM. Erzherzog Albrecht. Ich muß meine Überzeugung dahin aussprechen, daß alles geschehen muß, um mit dem Beginn des Krieges über den Winter hinauszukommen. Ich kann dem preußi¬ schen Generalstab gegen die erhofften Vorteile nur die Erfahrungen des Feldzu¬ ges 1849 und jene des Krieges 1812 entgegenhalten. Im ersteren war die Armee der Auflösung nahe und brauchte bis zum Juni, um sich wieder bis zur Opera- tionsfähigkeit zu erholen. Im Kriege 1812 - abgesehen von der vernichteten französischen Armee - erlitten das österreichische und das preußische Auxiliar- korps durch die klimatischen Einflüsse ungeheuere Verluste, so daß das österrei¬ chische Korps mit nur 1/3 der Mannschaft, das preußische Korps ebenfalls enorm geschwächt die Winterquartiere bezogen. Und heutzutage - dessen muß man sich klar sein - ist das Material ein viel verweichlichteres. Ich finde in einem Winterfeldzuge die größte Gefahr für den Enderfolg, denn gelänge es uns auch, im Winter einige Vorteile über die Russen zu erringen, so würden diese 'bis zum Frühjahre mittelst Eisenbahn' aus dem großen Reservoir ihres Reiches Truppen und Nachschübe aller Art gegen die durch die Winterkampagne geschwächte österreichische Armee in die Waagschale werfen. Ich halte dafür, daß über den Winter hinaus nur Vorbereitungen und Einleitungen getroffen werden, um zu Anfang des Frühjahres vollkommen gerüstet dazustehen, wenn die Ereignisse es verlangen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. den Chef des General¬ stabes zum Vortrage aufzufordem. Der Chef des Generalstabes. In der unter Euer Majestät Ah. Vor¬ sitze stattgehabten Konferenz über Vervollständigung des Eisenbahnnetzes am nordöstlichen Kriegsschauplatz8 habe ich mir erlaubt, unsere militärische Situa¬ tion in Galizien darzulegen jund damit jene Wünsche zu vereinigen, die bezüg¬ lich Ausführung und Vervollständigung des Eisenbahnwesens für die Beschleu¬ nigung unseres Aufmarsches nötig erachtet wurdenj. Das Mißverhältnis unserer f Einfügung Kälnokys. 8 Einfügung Kälnokys. h`h Einfügung Kälnokys. w Einfügung bzw. Korrektur Kälnokys aus zum Frühjahre, j'j Einfügung Becks. 8 Protokoll über die unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät am 30. Oktober 1887 stattgehabte Konferenz, betreffend den Ausbau des Eisenbahnnetzes zur Beschleunigung des Aufmarsches der Armee im Kriegsfälle gegen Rußland, KA., MKSM. 20-1/9-2 ex 1887. <pb/>724 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 Kräfte in Galizien gegen die russischen sowie die Besorgnis, kdaß bei Steigerung der russischen Truppenzahlk unseren Aufmarsch dortselbst gefährdet zu sehen, haben mich bestimmt, nach Einholung der höchsten Zustimmung Sr. kais. Hoheit des Herrn FM. Erzherzog Albrechts, die Maßnahmen zur Verbesserung unserer militärischen Lage in Galizien in einem au. Vortrage Euer Majestät zur Kenntnis zu bringen.9 Zur Beurteilung der Verhältnisse sind folgende Betrachtungen nötig: Die beiden in Galizien dislozierten Korps haben einen Stand u. zw. das 1. von 30 Bataillonen Infanterie (Jäger), das 11. von 29 Bataillonen, zusammen von 59 Bataillonen, mit einem Stande von 17 000 Gewehren, samt den in Stand gehöri¬ gen Urlauber jedoch 23 000 Mann. Würden alle in Galizien sich ergänzenden Regimenter dorthin verlegt, so gibt dies eine Vermehrung um 15 Bataillone, und die Besatzung von Galizien wäre damit auf einen Gefechtsstand von 30 000 Mann gebracht. Bezüglich der in Galizien befindlichen Landwehr erscheint es zur Sicherung ihrer Mobilisierung nötig, die Bataillonskaders auf einen Stand von 150 Aktiven zu bringen. Es ergibt sich sonach der Gesamtstand der Truppen in Gahzien mit 33 000 Mann. Allerdings ist diese Truppenzahl im Vergleiche zu den Truppen Rußlands im Warschauer und Kiewer Gouvernement (zwölf Divisionen ä 16 Bataillone = 192 Bataillone mit 81 000 Mann und drei Schützenbrigaden ä vier Bataillone = 8000 Mann), welche, die Wilnaer Besatzung nicht gerechnet, zirka 90 000 Mann betragen, eine sehr geringe und nur mit Rücksicht auf die Raumverhältnisse Rußlands und unsere Mobilisierungsvorsorgen haltbare. Unsere Nachrichten über 'die durchgeführten Truppenverschiebungen in Rußland kamen uns bereits teilweise schon im Oktober zu, sie wurden1 dann später auch von unseren Vertretungen, Attaches und von Deutschland bestätigt, stammen von Konfidenten, von welchen auch weiterhin gute Nachrichten ange¬ hofft werden können. Die wesentlichsten, schon bestätigten Nachrichten sind: die Verlegung der 13. Kavalleriedivision, dann einiger Reservebataillone, ferner von Artillerieabteilungen und Artillerieparks in die Grenzgebiete, Anstapelung von Verpflegs- und Ausrüstungsvorräten aller Art sowie endlich die Ausführung von permanenten und Feldbefestigungen, welche Maßnahmen auf eine beab¬ sichtigte Aktion von seiten Rußlands schließen lassen. Weiters sind in Aussicht gestellt: die Umwandlung der Schützenbrigaden in Divisionen zu acht, im Mobilisierungsfalle zu 16 Bataillonen (wie, ist unbekannt); die Formierung von drei Kavalleriekorps, endlich die Verschiebung von drei Infanteriedivisionen aus Nischnij-Nowgorod, Kasan und dem Kaukasus gegen die österreichische k"k Einfügung Becks. Einfügung bzw. Korrektur Becks aus Rußland, die. 9 Vortrag des Chefs des Generalstabes v. 3. 12. 1887, KA., MKSM. 20-1/10-2 ex 1887. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 725 Grenze. Kämen die Projekte zur Ausführung, so würden wir selbst zu einem ungünstigen Zeitpunkte gezwungen sein loszuschlagen. Ich bin seit dem Jahre 1882 in konstanter Fühlung mit dem preußischen Generalstabe und habe alle die Phasen, die Se. Exzellenz der Minister des Äußern berührte, durchgemacht. -- Im Jahre 1882 erhielt ich vom FM. Grafen Moltke und dem Generalquartiermeister Graf Waldersee ganz strikte Zusiche¬ rungen, daß in einem Kriege gegen Rußland Deutschland uns mit der Haupt¬ macht zur Seite stehen würde und daß am Rhein nur eine Defensive geplant sei. Dieser Periode folgte eine, in welcher Deutschland die Absicht festhielt, zuerst mit Frankreich fertigzuwerden, um sich dann mit voller Kraft gegen Rußland zu wenden,10 welche Absicht noch im vorigen Jahre vom Grafen Waldersee festgehalten wurde. - Heuer gab der preußische Generalquartiermeister der Ansicht Raum, daß unter allen Verhältnissen ziemlich bedeutende Kräfte gegen Rußland von ihrer Seite bereit stünden. Gegenwärtig scheint in Berlin die Ansicht zu herrschen, daß eine gemeinsame Offensive gegen den gefährlicheren Gegner, gegen Rußland, ihnen näher liege als eine solche gegen Frankreich, daß letzteres eventuell bei einem "raschen und" günstigen Ausgange "des russischen Krieges vielleicht abgeschreckt werde und" ganz entfallt.11 Man hat in Berlin die Befürchtung ausgesprochen, daß die derzeitige Besatzung von Galizien eine verhältnismäßig zu schwache sei und daß es zwei bis drei russischen Kavallerie¬ divisionen, in Galizien einbrechend, gehngen könnte, Lemberg zu überfallen, die Aufmarschbahnen zu zerstören und so den Aufmarsch in Galizien unmög¬ lich zu machen oder zu zerreißen, wodurch von Haus aus eine sehr ungünstige Situation geschaffen wäre. "Alle diese Bedenken haben bis zu einem gewissen Grade ihre Berechtigung, aber anderseits scheint," ohne die Sicherheit der deutschen Unterstützung in Zweifel zu ziehen, trotzdem eine gewisse Vorsicht bei den Truppenverschiebungen und sonstigen Maßnahmen geboten, um nicht durch eine vermeintliche Provokation als Angreifer angesehen zu werden. Was den Zeitpunkt der Eröffnung eines Feldzuges anbelangt, so muß ich auf die eminenten Schwierigkeiten eines Winterfeldzuges in Rußland, wo der Winter bis in den Mai dauert, hinweisen. Die Zusammensetzung unserer jungen Armee, die vielen in Disziplin und Ausdauer nicht gefestigten Neuformationen, unsere für eine Winterkampagne nicht berechnete Adjustierung einerseits, weiters die über Ende Jänner dauernden großen Arbeiten für die Mobilisierung und den Eisenbahn-Massentransport andererseits, sind Momente, die für die Bestim¬ mung des Kriegsbeginnes von hervorragender Bedeutung sind. Unsere Kampagne in Bosnien hat uns den nachteiligen Einfluß der klimati¬ schen Verhältnisse kennengelemt, und wir haben gesehen, daß einzelne Truppen m'm Einfügung Becks. Einfügung Becks. "'" Einfügung Becks. 10 Über die militärisch-politische Lage. Wien v. 1.12.1886. Beck FML., KA., MKSM., Separat¬ faszikeln, Fase. 69, Nr. 29. 11 Siehe Anm. 7. <pb/>726 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 in drei Wochen vollkommen abgenützt waren.12 Die Deutschen unterschätzen die Schwierigkeiten eines Winterfeldzuges in Rußland; ich glaube, sie fassen die Vorsorgen für Verpflegung, dann für die Trains in Anbetracht der Unwirtlich¬ keit Rußlands besonders zur Winterzeit zu leicht auf. Meiner Ansicht nach wäre alles daran zu setzen, um mit dem Beginne eines Feldzuges über den Winter hinauszukommen. Übrigens scheint mir auch von seiten Rußlands ein Krieg unmittelbar noch nicht geplant, wenn auch stets die Gefahr besteht, daß ein unbotmäßiger General auf eigene Faust etwas unter¬ nimmt und damit die ganze Sache ins Rollen bringt. Sollten jedoch die zwei oder drei Divisionen im Dezember nach Polen gezogen werden und die Umwandlung der Schützenbrigaden faktisch erfolgen, so wird der Kriegsfall im Jänner akut. Für diesen Fall - und FM. Graf Moltke und Graf Waldersee haben dem auch beigestimmt - hätte ein persönlicher Verkehr mit diesen in unauffälliger Weise stattzufinden, um zu diesem Zeitpunkte die Anerkennung des Kriegsfalles, die Festsetzung des Kriegsplanes in großen Zügen, endlich den Zeitpunkt des Beginnes des Feldzuges in bindender Weise zu vereinbaren. Ich bitte nunmehr Euere Majestät Ag. zu entscheiden, ob die im nachfolgen¬ den dargelegten Anträge als die ersten zu ergreifenden Maßnahmen genehmigt werden, damit deren Vorbereitung gleich oder rechtzeitig erfolgen könne. (Se. Exzellenz der Chef des Generalstabes liest die beantragten Maßnahmen, die weiterhin einzeln zur Beratung kommen, der Reihe nach vor.) Se. k. u. k. apost. Majestät. Diese Anträge müssen in zwei Kate¬ gorien geschieden werden; in solche, deren Durchführung sofort zu geschehen hätte, und in solche, welche nur vorbereitet, zur Durchführung noch eines weiteren Befehles bedürfen. Se. Majestät geruhen Ag., den Chef des Generalsta¬ bes zur punktweisen Vorlesung der Anträge aufzufordem. Der Chef des Generalstabes. Die Verlegung der Truppen der 2. Infanterietruppendivision von Wien (Tulln, Klosterneuburg, Bruck an der Leitha) nach Galizien und die damit im Zusammenhänge stehenden Verschie¬ bungen einiger Infanteriebataillone dortselbst. (Siehe: ,,Übersicht der Truppen¬ verlegungen". I. Infanterie.) Se. k. u. k. apost. Majestät. Ich glaube nicht, daß die politischen und militärischen Verhältnisse schon jetzt eine solche Verschiebung bedingen, es handelt sich demnach, schlüssig zu werden, ob diese Truppen im Falle der Notwendigkeit nach Galizien zu verlegen sein werden. Nachdem niemand gegen die Wahl der Truppen etwas vorbringt, geruhen Se. Majestät Ag. zu bestimmen: Die Verlegung der in der ,,Übersicht der Truppen¬ verlegungen", I. Infanterie bezeichneten Truppenkörper nach bzw. in Galizien ist vorzubereiten, bezüglich der Verlegung selbst aber ein weiterer Befehl abzu¬ warten. Der Chef des Generalstabes. Die Verlegung des Dragonerregi¬ ments Nr. 9 von Preßburg nach Rzeszöw und des Ulanenregimentes Nr. 7 von 12 Die Verluste der im Jahre 1878 mobilisierten k. k. Truppen 9. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 727 Nagymihäly nach Lemberg sowie die damit im Zusammenhänge stehenden Verschiebungen zweier Kavallerieregimenter in Galizien selbst (siehe Beilage), endlich eventuell die Verlegung des Ulanenregiments Nr. 8 von Neuhäusel nach Oleszyce und des Ulanenregiments Nr. 11 von Stockerau nach Trzebinia. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die Dislokationen für die beiden erstgenannten Regimenter sind schon ausgemittelt; es handelt sich noch um Ausmittlung der Dislokation für die Ulanenregimenter Nr. 8 und Nr. 11. Entschließt man sich einmal, Kavallerie nach Galizien zu schieben, so tut man dies gleich mit vier Regimentern. Es fragt sich nur, ob das Verlegen dieser Kavallerieregimenter sogleich zu erfolgen hat? Se. kais. Hoheit der Herr FM. Erzherzog Albrecht. Mit dem Hinaufschieben der Kavallerie wäre noch zu warten, jedoch gleich mit dem Barackenbau zu beginnen. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die Unterkunft für die in Rede ste¬ henden Kavallerieregimenter ist sogleich vorzubereiten, jedoch mit dem Hinauf¬ schieben desselben auf einen weiteren Befehl zu warten. Der Reichskriegsminister. Ich möchte mir erlauben, dem Gang der Besprechungen etwas vorzugreifen. Den Anträgen des Chefs des Generalstabes zustimmend, mußte ich die finanzielle Seite der Truppenverstärkungen (sowohl Truppenkörper als Stände) in Galizien in Rücksicht ziehen und ließ eine Berech¬ nung der Kosten unter der Annahme einer dreimonatlichen Dauer dieses Zu¬ standes anstellen. Diese Berechnung ergab das Erfordernis von 3 1/4 Millionen. Es zeigte sich vor allem die Notwendigkeit, gewisse vorbereitende Maßnah¬ men, welche jedoch mit Ausgaben verbunden sind, sogleich in Angriff zu nehmen und für die Bedeckung derselben vorzudenken. Aus dieser.Ursache erbitte ich mir au., ohne weitere Ermächtigung des Ministerrates, die Ag. Bewilligung, gewisse Maßnahmen sofort einleiten zu dürfen. Diese betreffen vor allem den Bau von Mannschaftsstall- und Verpflegsbaracken, deren Kosten ich zirka mit 11/2 Millionen in Anschlag bringe. Ich würde im Falle der Ah. Genehmigung die derzeit in Wien tagende Kommission unter Obst. Graf Gel¬ dern (Transaktion der Kasernen) gleich nach Feststellung der Dislokationsbe¬ dürfnisse von seiten des Generalstabes als Barackenkommission aktivieren und nach Galizien absenden. Weiters betreffen diese Vorsorgen die Mittel zum Ankäufe der Pferde, um alle Kavallerieregimenter um weitere 25 Pferde zu erhöhen, endlich die Sicherstel¬ lung der vom Generalstabe angeforderten Konservenvorräte für 18 Tage, von welchen erst solche für fünf Tage vorhanden sind. Auf die früher von Sr. Exzellenz dem Chef der Generalstabes erörterten Standesverhältnisse zurückgreifend, möchte ich bemerken, daß von den 12 000 im Stande der galizischen und der Regimenter Nr. 1 und 100 befindlichen Urlauber 8000 mit letztem Dezember in die Reserve treten, sonach die Einberu¬ fung der Urlauber nach diesem Zeitpunkte nicht genügen wird, um die Kompa¬ gnien auf einen Stand von 110 bis 120 Gewehre zu bringen. Es wäre dann in diesem Falle die Einberufung der beiden jüngsten Reservejahrgänge nötig, was infolge eines Ah. Befehles erfolgen kann. <pb/>728 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 Se. kais. Hoheit FM. Erzh. Albrecht. 120 Gewehre per Kom- pägnie ist das Minimum, unter das man bei den in Galizien herrschenden Verhältnissen nicht herabgehen kann. Mit weniger als 31 000 Mann ist man nicht imstande, Galizien gegen pstörende Einfalle, meistens vonp Kosaken zu halten, um den Aufmarsch gesichert durchführen zu können. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag., die Anträge des Reichs¬ kriegsministers bezüglich der sofort zu ergreifenden Maßnahmen zu genehmi¬ gen. Der Chef des Generalstabes. Die Verlegung der schweren Batterie¬ division Nr. 3 von Wien nach Järoslauq, dann der schweren Batteriedivision Nr. 2 von Wadowice nach Przemysl, endlich der in der ,,Übersicht der Truppen¬ verlegungen" unter IV und V benannten Genietruppen und Abteilungen der Festungsartillerie nach bzw. in Galizien. Se. k. u. k. apost. Majestät. Könnte man nicht die Verlegung der Genietruppen und der Festungsartillerieabteilungen sofort vornehmen? Die ersteren sowohl als besonders die Festungsartillerie scheint mir in Galizien dringend notwendig. Obst. Fiedler. Es fehlt in Przemysl an Unterkünften. Der Reichskriegsminister. Es wären die Unterkünfte für die techni¬ schen Truppen und die Festungsartillerie in erster Linie sicherzustellen. Se. k. u. k. apost. Majestät. Für die Verteidigungsinstandsetzung der Festungen wäre es eine große Beruhigung, wenn die technischen Truppen und die Festungsartillerie schon früher nach Gahzien verlegt werden, übrigens kann die Verlegung dieser Truppen nicht in die Kategorie der Maßnahmen provokatorischer Natur eingeteilt werden. Se. Majestät geruhen hierauf Ag. anzuordnen, daß die Unterkünfte der in Rede stehenden Truppen sogleich, u. zw. in erster Linie die der Genie- und Festungsartillerieabteilungen, vorzubereiten und die Verschiebung der in der ,,Übersicht der Truppenverlegungen" unter IV und V angeführten Truppen unabhängig von den anderen Verschiebungen, u. zw. sobald als möglich, durch¬ zuführen sein werden. Der Chef des Generalstabes. Einberufung der Verstärkungen zur Standeserhöhung von 120 Mann per Kompagnie der galizischen und der Regi¬ menter Nr. 1 und 100. Se. k. u. k. apost. Majestät. Diese Maßregel ist gleichfalls keine provokatorische und hat unabhängig von der Verschiebung der Truppen der 2. Division und so bald zu geschehen, als die Notwendigkeit hiezu eintritt, was, wie ich glaube, bald der Fall sein wird. Es sind sonach die Vorbereitungen zur Einberufung der nötigen Reservejahr¬ gänge sowie auch von seiten der beiden Korpskommanden die Vorsorgen bezüglich Unterkunft sofort zu treffen, mit der Einberufung aber ist auf einen weiteren Befehl zu warten. p'p Einfügung bzw. Korrektur Albrechts aus die. q Korrektur Becks aus Krakau. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 729 Se. Majestät geruhen hierauf Ag. die Frage zu stellen, ob diese Einberufung mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklänge stehe, worauf die anwesenden Minister erklären, daß die Einberufung der Reserven ein ausschließliches Recht Sr. Majestät sei. Der k. k. Landesverteidigungsminister. rDie Einberufung der Reservisten würde in einer Form zu erfolgen haben, welche den Bestimmungen des § 10 des Wehrgesetzes in dieser Beziehung entspräche/ Bezüglich der Stan¬ deserhöhung bei den Landwehrbataillonskadern hegen die Verhältnisse derge¬ stalt, daß jederzeit das ganze Rekrutenkontingent Sdes ersten Dienstjahres8 zur aktiven Dienstleistung einberufen werden kann. Heuer beträgt dasselbe zirka1 25 000 Mann, von diesen sind über" 8000 schon ausgebildet, und weitere 8000 vwürden eventuell zum Frühjahre auszubilden seinv. Die Standeserhöhung der Bataillonskader in Galizien stößt sonach auf keine gesetzlichen Hindernisse, sobald die Geldmittel hiezu bewilligt sind. Der Chef des Generalstabes. Die Erhöhung des Pferdestandes der Kavallerieregimenter um je 50 Pferde. Der Reichskriegsminister. Einer Erhöhung des Pferdestandes, wie sie im Vorjahre auf Titel 26 Remontierung stattfand, könnte ich nicht zustim¬ men, denn sie würde der Kavallerie sehr schaden. Nachdem die Verordnung bezüglich Ankaufes von 25 Pferden per Regiment schon ergangen ist, müßte noch für den weiteren Ankauf von ebensoviel Pferden vorgesorgt werden, was eine Summe von 300 000 Gulden beansprucht. Se. k. u. k. apost. Majestät. Der Ankauf von 25 Pferden mehr per Kavallerieregiment ist sofort zu veranlassen; von der in Aussicht gestellten Hinausgabe von Pferden hat es vorläufig selbstverständlich abzukommen. - Die Einberufung der durch den erhöhten Pferdestand bei den Kavallerieregimentern bedingten nötigen Mannschaft aus dem Reservestande ist sobald als nötig zu veranlassen. Der Chef des Generalstabes. Die Annahme des erhöhten Pferde¬ standes der Batteriedivisionen Nr. 3 und 22 gleich jenem der schweren Batterie¬ divisionen Nr. 1, 2 und 21. Se. kais. Hoheit Herr FM. Erzh. Albrecht. Die letztgenannten Batteriedivisionen sind mit ihren acht Geschützen vollkommen unbrauchbar, wie ich mich persönlich überzeugte, da sie kaum zwei-drei Mann zur Bedienung eines Geschützes zur Verfügung haben. Eine Mannschaftsaugmentierung scheint unbedingt nötig. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die schweren Batteriedivisionen Nr. 3 und 22 haben sofort den erhöhten Pferdestand, wie die schweren Batterie¬ divisionen Nr. 1, 2 und 21 ihn haben, anzunehmen, und alle fünf genannten r"r Einfügung Welsersheimbs. s's Einfügung Welsersheimbs. 1 Einfügung Welsersheimbs. u Einfügung Welsersheimbs. v'v Korrektur Welsersheimbs aus werden jetzt eingestellt. <pb/>730 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 Divisionen haben ebenfalls sogleich ihren Mannschaftsstand wnach Bedarf*' zu augmentieren. Der Chef des Generalstabes. Die Standesergänzung der Festungs¬ artillerie und der technischen Truppen auf den Stand von 150 Mann per Kom¬ pagnie. Der Minister des Äußern. (Nachdem über den Zeitpunkt und die Abteilungen der technischen Truppen, welche diese Standeserhöhung zu erfah¬ ren hätten, debattiert wurde, bemerkt Se. Exzellenz) Ich stimme nicht nur für die Standeserhöhung dieser technischen Truppen, sondern bin der Ansicht, da der Stand auch der Infanteriekompagnien als zu gering erkannt wurde, daß man die beabsichtigte Standeserhöhung aller Truppen in Galizien ohne Aufschub, sobald die Unterkünfte sichergestellt sind, ins Werk setzt. Der Chef des Generalstabes. Ich habe nur Bedenken, daß durch die sogleiche Durchführung dieser Maßnahmen die ganze Sache ins Rollen kommt. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die technischen Truppen sowie die Abteilungen der Festungsartillerie, welche auf den erhöhten Stand gesetzt wer¬ den sollen, müssen genau fixiert werden. Es entspinnt sich hierauf eine Debatte, deren Endergebnis dahin geht, die in Galizien befindlichen und dorthin zu verlegenden technischen Truppen und Abteilungen der Festungsartillerie sowie sechs Kompagnien des Eisenbahn- und Telegraphenregiments für die Standeserhöhung in Aussicht zu nehmen. Se. k. u. k. apost. Majestät, geruhen hierauf Ag. anzuordnen, daß die Vorbe¬ reitungen zur Standeserhöhung der in Galizien befindlichen und zur Verlegung dorthin in Aussicht genommenen Genietruppen und Abteilungen der Festungs¬ artillerie sowie von sechs Kompagnien des Eisenbahn- und Telegraphenregi¬ mentes sogleich zu treffen, bezüglich der Durchführung aber der Erhöhung ein weiterer Befehl abzuwarten ist. Der Chef des Generalstabes. Außer diesen Maßregeln wären noch Maßnahmen zu erwägen, die voraussichtlich in weiterer Folge in Bosnien und der Herzegowina notwendig werden dürften, so die Standeserhöhung der Trup¬ pen bei der 1. und 18. Infanterietruppendivision. Se. k. u. k. apost. Majestät. Ich glaube nicht, daß diese Maßre¬ geln nötig werden, ich hoffe, die Diplomatie wird imstande sein, Montenegro, Bosnien und Herzegowina uns ruhig zu erhalten. Der Reichskriegsminister. Ich vermisse in den Anforderungen des Generalstabes Andeutungen über eine Befestigung von Lemberg. Dieses im letzten Momente befestigen zu wollen, ist unmöglich. Se. kais. Hoheit FM. Erzh. Albrecht. Es handelt sich nicht darum, Lemberg zu einer Festung zu machen, sondern darum, sie gegen den Handstreich einfallender Kavalleriekörper zu sichern; ist es dann später nötig, so kann Lemberg ohne weiteres geräumt werden. w-w Einfügung des Kaisers. <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 731 Der Reichskriegsminister. Ich habe keine permanente oder provi¬ sorische Befestigung Lembergs vor Augen, sondern eine feldmäßige. Ich kenne die Situation in Lemberg von einer dort stattgehabten Befestigungskommission, sie ist schwierig, da man stets verleitet wird, mehr Punkte in die Befestigung einzubeziehen und dieselbe dadurch sehr ausgedehnt wird. Bedenkt man, daß Lemberg von der Grenze aus in einem forcierten Marsch von der Kavallerie erreicht werden kann, so erscheint in einem solchen Falle die Lage Lembergs, das erst für seine Sicherung zu sorgen hat, sehr bedenklich. Der Chef des Generalstabes. Wie es bis jetzt immer der Fall war, hat auch heuer der Korpskommandant den Auftrag,* für die Sicherung Lem¬ bergs ''gegen Handstreich binnen 48 Stundeny zu sorgen. Ob alle Vorbereitungen hiezu getroffen sind, ist zwohl vorauszusetzen, hier noch2 nicht bekannt; Geld wurde hiefür vom Korpskommandanten auch keines angesprochen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. anzuordnen, daß der Korpskommandant in Lemberg aufzufordern sei bekanntzugeben, in welcher Weise für die Sicherung der Stadt vorgesorgt werde, um dann ins klare zu kommen, ob er zu diesem Zwecke Geldmittel nötig habe. Bezüglich der Befestigung bei Jaroslau geruhen Se. Majestät Ag. zu bemer¬ ken, daß die Ausführung der Befestigungen nicht auf den letzten Moment gelassen werden können. Der Chef des Generalstabes. Der Plan hiezu ist fertiggestellt, er ist sehr einfach und zweckmäßig. Die Fortifikation besteht nur aus wenig Werken. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die Ausführung des Planes der Be¬ festigung bei Jaroslau ist ins Auge zu fassen. Der Reichskriegsminister. Von dem seinerzeit von den Delegatio¬ nen bewilligten 52-Millionen-Kredite13 wurden dem Reichskriegsministerium 49 Millionen überwiesen, von diesen wurden 29 Millionen verausgabt und 20 Millionen für nicht zur Ausführung gelangte Maßnahmen erübrigt. Es sind nun angesichts der politischen Trübung neuerdings von seiten des Generalstabes im Vereine mit der Kriegsverwaltung eine Reihe von Maßnah¬ men für nötig erachtet worden, deren Bedeckung sich auf 24 8/10 Millionen, inbegriffen jene 3 1/4 Millionen, für welche ich mir die Ag. Ausgabsbewilligung erbeten habe, belaufen. Da bei der Inanspruchnahme von Geldmitteln über 20 Millionen hinaus die Bewilligung der Delegationen nötig ist, wird es nötig sein, diese Anforderungen nochmals einer genauen Revision zu unterziehen. Der Chef des Generalstabes. Dieses Mehrerfordernis ergibt sich einesteils durch die gestellten höheren Verpflegsanforderungen, anderesteils x Streichung Becks gegebenen Falles. y'y Einfügung Becks. z'z Einfügung Becks. 13 Am 7. März 1887. Kolmer, Parlament und Verfassung in Österreich Bd. 4, 52-54. <pb/>732 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 durch die Einbeziehung der Ausgaben für die Standeserhöhung in Galizien, die eigentlich nicht davon zu bedecken wäre. Se. k. u. k. apost. Majestät. Neben der genauen Revidierung des Verzeichnisses der Anforderungen wird es sich auch darum handeln, diese in zwei Kategorien zu teilen: in solche, die weiteres anzuschaffen bzw. zu bestellen wären, und dann in solche, bezüglich welcher früher das Einvernehmen mit dem Ministerrate zu pflegen wäre. Der Minister des Äußern. Die 3 1/4 Millionen, deren sofortige Be¬ willigung sich Se. Exzellenz der Reichskriegsminister erbeten hat, sind eine verhältnismäßig nicht bedeutende Summe, und es kann die Verausgabung dieser und falls nötig, einer Summe von 5 bis 6 Millionen nachträglich dem Ministerrat gegenüber verantwortet werden. Bezüglich der übrigen Ausgaben wäre vorher mit den Ministern in Verkehr zu treten und die Sache einfach so darzustellen, daß die Kriegsverwaltung seinerzeit bei Besserung der Situation die Anschaffun¬ gen eingestellt hat und jetzt bei der gegenwärtigen Trübung der Verhältnisse die nötigen Anschaffungen wiederaufnimmt. Der Reichskriegsminister verliest nunmehr die im Verzeichnisse aufgenommenen Maßnahmen, zu deren Bedeckung die früher erwähnte Summe benötigt wird. Von der sich nun über die einzelnen Posten entspinnenden Debatte werden - da eine Revidierung derselben nochmals erfolgen wird - nur jene Posten besonders erwähnt, bezüglich welcher eine Ah. Entscheidung erflos- sen ist. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen Ag. anzuordnen, daß der Posten von 50 000 Gulden für die Anlage der Befestigungen bei Jaroslau in das erste Verzeichnis der dringendsten Bedürfnisse (3 1/4 Millionen) aufzunehmen, die Bestellung von Konserven und Zwieback sofort einzuleiten, hingegen die Posten für die Sicherstellung von Verpflegsvorräten in Galizien bis zum 15. Mobilisierungstage und für fünf Tage im Inneren der Monarchie zu streichen seien. Der Reichskriegsminister. Nach dem Wegfall der bezeichneten Po¬ sten, die zirka 9 Millionen betragen, ergibt sich noch ein Erfordernis von zirka 16 Millionen. Se. k. u. k. apost. Majestät. Das ganze reassumiert, ergeben sich zwei Kategorien von Anschaffungen bzw. Einleitung von Maßregeln. Die erste Kategorie, die dringendsten, müssen sofort in Angriff genommen werden, ohne eine Genehmigung des Ministerrates einzuholen, die zweite Kategorie begreift jene Maßnahmen in sich, bezüglich welcher früher das Einvernehmen mit den Ministem zu pflegen sein wird. Die beiden Landesverteidigungsminister werden die Finanzminister über die geplanten Ausgaben vorzubereiten und bezüglich der eventuellen Einberufung der Reservisten und Standeserhöhung der Land¬ wehrbataillonskader die Minister in Kenntnis zu setzen haben. Se. Majestät geruhen hierauf Ag., den k. k. Landesverteidigungsminister zur Vortragserstattung aufzufordem. Der k. k. Landesverteidigungsminister. Ich habe einen Ent¬ wurf der Vorbereitungsmaßnahmen, welcher sowohl Sr. kais. Hoheit des Herrn <pb/>Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 733 Erzherzog Rainerab- über welche hinausgehend übrigens bereits im Frühjahre die Verbesserung der Verhältnisse der Landwehr im allgemeinen vom Ministe¬ rium für Landesverteidigung zum Gegenstände präziser Anforderungen ge¬ macht, mit Rücksicht auf die Finanzlage von der Regierung aber nicht akzep¬ tiert wurde -ab als auch noch weitere Vorsorgen enthält, verfaßt und diese Maßnahmen nach der Dringlichkeit in drei Gruppen geteilt. Gruppe 1. Die Vermehrung der 82 Landwehrbataillonskader um je einen aktiven Offizier - u. zw. vorerst der galizischen 24 Bataillone, unter Umständen auch der übrigen -, Zutransferierung einer entsprechenden Anzahl Offiziere und Kadetten vom Heere. Die Vermehrung der Intendatur um die im Budget einge¬ stellte Zahl von sechs. Diese Maßnahme griffe der budgetmäßigen Bewilligung und der Einstellung um das hiebei aufgenommene Zeitinterkalare vor. Gestaltung provisorischer Akquisition von für Landsturmdienste im allge¬ meinen verfügbaren Offizieren des Ruhestandes oder außer Dienst zur Unter¬ stützung der Evidenz- und Verwaltungsoffiziere der 24 Landwehrbataillone in Galizien für die Dauer des Bedarfes. Diese Maßregel würde den Rahmen des Budgets überschreiten. Die provisorische Aufstellung der 22 Regimentskommanden der Landwehr¬ fußtruppen, bzw. Vermehrung des aktiven Offizierstandes um 22 Stabsoffiziere und 22ac Subaltemoffiziere (Regimentsadjutanten und Proviantoffiziere). - Zu¬ transferierung einer Zahl von Stabs- und Oberoffizieren vom Heere. Se. k. u. k. apost. Majestät. Das ist aber doch nur-eine Ad-hoc- Maßregel? Der k. k. Landesverteidigungsminister. Ich beabsichtige die Bedeckung hiefür als Nachtragskredit in das Ordinarium aufzunehmen, denn ich glaube, daß es nur im gegebenen Momente möglich sein wird, diese Maßre¬ gel durchzubringen. Se. k. u. k. apost. Majestät. Ich glaube nicht, daß es Ihnen gelin¬ gen wird, eine konstante Erhöhung um so viele Offiziere durchzubringen. Der Landesverteidigungsminister. Soferne nur die Regierung zu¬ stimmt, hoffe ich es beim Reichsrate durchzubringen. Se. k. u. k. apost. Majestät. adVor allem ist die Ad-hoc-Vermeh- rung zu sichemad. Der Landesverteidigungsminister. Die Vermehrung der dalmati¬ nischen und Tiroler Landwehrbataillone um je einen Rechnungsoffizier. Die Standeserhöhung per Regiments- bzw. Bataillonsstab um zwei bzw. einen Unter¬ offizier. Endlich die Wiedereinberufung der im Herbste 1887 ausgebildeten Landwehrrekruten, zirka 100 Mann per Bataillon, zur Erhöhung des Präsenz¬ standes der Landwehrbataillonskader in Galizien und der Bukowina. Die Er- ah-ah Korrektur Welsersheimbs aus welche übrigens vom Landesverteidigungsministerium schon eingebracht, aber bei der Regierung nicht durchgebracht werden konnten. ac Korrektur Welsersheimbs aus 44. ad"ad Korrektur des Kaisers aus Aber nicht um jeden Preis, damit vor allem die Ad-hoc-Vermehrung gesichert ist. <pb/>734 Nr. III Kommissionelle Beratung, Wien, 8. 12. 1887 gänzung der notwendigen Unteroffiziere würde durch Aktivierung freiwillig sich Meldender und Einberufung zu vierwöchentlicher (Waffenübungs-)Dienstlei- stung aus dem ua. Stande erfolgen. 2. Gruppe Einberufung der unausgebildeten Rekruten bis zur Zahl von 75-100 per Bataillon zur Ausbildung durch acht Wochen nebst einer Anzahl ua. Offiziere. Einberufung ua. Mannschaft und Offiziere der Landwehrfuß- und berittenen Truppen in Galizien zur Waffenübung auf vier Wochen, eventuell alle sechs Jahrgänge auf einmal (zirka 500-600 Mann per Bataillon). Schließlich 3. Gruppe: Einberufung von weiteren, nicht nach dem Gesetze vorausbestimmten Waffenübungsjahrgängen zur vorbereitenden Komplettierung auf den Kriegs¬ stand und Rückbehaltung der Waffenübungsmannschaften und Offiziere über die vierwöchentliche Dauer. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die letzten Maßnahmen begreifen schon die Mobilisierung in sich. Die Maßnahmen der Gruppe I sind, als unbedingt notwendig, beim Minister¬ rat in Antrag zu bringen. Die anderen beiden Gruppen sind, als noch nicht zur Durchführung in Aussicht genommen, im Ministerrate gar nicht zur Sprache zu bringen. Der Chef des Generalstabes. Es wären noch die Maßnahmen be¬ züglich der 'Einberufung von landsturmpflichtigen Leuten als Assistenz bei Grenz- und Eisenbahnwesen, die mit dem Kommandanten des 11. Korps schon vereinbart wurden, und die Frage der Ausrüstung der Landsturmformationen mit Pionierwerkzeugen zu erwähnen. Der k. k. Landesverteidigungsminister. Für die Ausrüstung der Landsturmformationen mit Pionierwerkzeug ist vorgesorgt. Überhaupt ist für diese Formationen alles, was möglich war, geschehen; aber man darf sich bezüglich der Verwendbarkeit des Landsturmes als Feldtruppe keiner Illusion hingeben, diesbezüglich muß der Landsturm erst den Beweis erbringen. Se. k. u. k. apost. Majestät. Die Zuteilung von Leuten zur Gen¬ darmerie in Galizien, wo diese eine große Autorität besitzt, ist jedenfalls eine zweckmäßige Maßregel, von der sich der beste Erfolg erhoffen läßt. Es wird sich nur darum handeln, die Sache praktisch anzufassen "und baldigst vorzuberei¬ ten". ae-ae Einfügung des Kaisers. <pb/>Nr. IHa Vortrag des Generalstabschefs, 3. 12. 1887 735 Nr. lila Vortrag des Chefs des Generalstabes v. 3. Dezember 1887 Beilage zum Prot. v. 8. 12. 1887 Unsere militärische Lage in Galizien hat sich schon seit längerer Zeit derart schwierig gestaltet, daß sie nur unter gewissen Voraussetzungen als annehmbar erscheinen konnte. Diese Vorausset¬ zungen waren eine rechtzeitige Standeserhöhung der Truppen im 1. und 11. Korpsbereiche bei eintretender Trübung der pohtischen Verhältnisse und jener Vorsprung im Aufmärsche, welcher uns durch bessere Mobilisierungseinrich¬ tungen sowie durch die vergleichsweise kurzen Transportdistanzen gewährt war. Auf diesen Vorsprung ist jetzt kaum mehr zu rechnen, weil die russischerseits stetig und energisch betriebene Entwicklung des Eisenbahnwesens, vereint mit dem sukzessiven Vorschieben der Armeekörper nach Westen, den gegnerischen Aufmarsch wesentlich erleichtern. In jüngster Zeit hat sich überdies die Situa¬ tion in den Grenzgebieten durch die Verlegung der 13. Kavalleriedivision und einiger Reservebataillone erheblich geändert. Auch das Eintreffen von zwei bisher an der preußischen Grenze gestandenen Kavallerieregimentern in der Gegend westlich Miechöw ist als bestimmt gemeldet, aber noch nicht zuverlässig konstatiert worden. Verschiedene Euerer Majestät bekannte Nachrichten stellen eine weitere Verstärkung der russischen Streitkräfte in der Grenzzone in Aussicht. Beson¬ ders beachtenswert sind die Gerüchte über die bevorstehende Verlegung eines Armeekorps in die Gegend von Lublin sowie bestimmte Meldungen über die Umwandlung der Schützenbrigaden in Divisionen. Solange jedoch hierüber genauere Daten nicht vorliegen, soll nur die momentan bestehende militärische Lage in Betracht gezogen werden. Die Gestaltung des für die ersten Mobilisierungstage maßgebenden Kräfte¬ verhältnisses auf Grund der Friedensdislokation ist in der diesbezüglichen Skizze (Beilage l)14 dargestellt, doch wurde das noch nicht ganz verbürgte Eintreffen zweier Kavallerieregimenter in der Gegend nördlich Krakau nicht berücksichtigt. Für richtige Folgerungen aus dieser graphischen Darstellung ist die Annahme unerläßlich, daß die Friedensstärke unserer Truppen jenen der russischen annähernd gleich seien - daß also bei den Fußtruppen der Stand um beiläufig 100 Mann per Bataillon, bei der Landwehr auf zirka 150 Mann per Bataillonskader erhöht worden sei, und daß bei den Batterien alle Geschütze bespannt wären, was dermalen bei den 13 der in Galizien stehenden Batterien nicht der Fall ist. Unter dieser Voraussetzung zeigt die Skizze, daß die Gegend um Krakau, also der westliche jener drei Räume, von deren Behauptung das Gelingen des Auf¬ marsches vorzugsweise abhängt, insofern weniger Anlaß zu Besorgnissen bietet, als die fortifikatorische Stärke von Krakau, die Möglichkeit des Eingreifens mit 14 Beilage 1 ist nicht zu finden. <pb/>740 Nr. Illb Übersicht der Truppenverlegungen, o. D. Nr. Mb Übersicht der Truppenverlegungen, o. D. Beilage zum Prot. v. 8. 12. 1887 Kommanden und Truppen zu verlegen Kriegseintei- von nach lung Anmerkung I Infanterie Wien 24. Infanterietruppendivision 2. Infanterietruppendivisionskommando 4. Infanteriebrigadekommando Infanterieregiment Nr. 10 (3 Bataillone) Wien - Jaroslau Bruck a/L. Infanterieregiment Nr. 90 (3 Bataillone) 3. Infanteriebrigadekommando Przemysl 2. Korps Wien Infanterieregiment Nr. 55 (3 Bataillone) Infanterieregiment Nr. 24 (3 Bataillone) Tulln Klo¬ sterneuburg Infanterieregiment Nr. 89 (3 Bataillone) Wien Radymno Stab und 2 Bataillone des Infanteriere¬ Jaroslau Rzeszöw 2. Infanterietruppendivision giments Nr. 40 1 Bataillon des Infanterieregiments Nr. Jaroslau Lancut 90 1 Bataillon des Infanterieregiments Nr. Sambor 77 Przemysl 1 Bataillon des Infanterieregiments Nr. Sanok 45 Przemysl II Kavallerie Preßburg Rzeszow 7. Kav.- Die Ermitt¬ Dragonerregiment Nr. 9 Truppen- lung von Ulanenregiment Nr. 7 Nagymihäly Lemberg division Unterkünf¬ ten für diese Ulanenregiment Nr. 13 Lemberg Brody- 11. Korps Truppen ist Brzezan bereits ein¬ Ulanenregiment Nr. 4 4. Kav.- geleitet. Truppen- Eine Eskadron Dragonerregiment Nr. division 10 Brzezan- Monaster- III Feldartillerie Monaster- zyska - Schwere Batteriedivision Nr. 3 zyska Tlumacz Schwere Batteriedivison Nr. 2 Brody Tamopol 8. Kav.- Truppen- Wien Jaroslau division Wadowice Przemysl 2. Infanterie¬ truppendivision 24. 2. Korps <pb/>Nr. Illb Übersicht der Truppenverlegungen, o. D. 741 Kommanden und Truppen zu verlegen Kriegseintei- von nach lung Anmerkung IV Genietruppen Geniekompagnie 8/2 Jaroslau 2. Korps Anfänglich zu Arbeiten Geniebataiilon 2/2 in Jaroslau (3 Kompagnien) designiert Geniekompagnie 4/1 Wien Anfänglich zu Verteidi- Geniekompagnie 20/1 Przemysl 1. Armee gungs- instandset- Geniebataillon 5/1 zung v. (3 Kompagnien) Przemysl designiert V Festungsartillerie Festungsartilleriekompagnie 5/2 Przemysl Lemberg 11. Korps Festungsartilleriekompagnie 4/2 Festungsartilleriebataillon Nr. 2 10. Korps Anfänglich (Stab, 1. und 2. Kompagnie) zu Arbeiten Festungsartilleriekompagnie 5/7 bei Oswi?- Festungsartilleriebataillon Nr. 7 cim- (Stab, 1., 2. und 3. Kompagnie) Trzebinia designiert Olmütz Krakau Anfänglich zu Verteidi- 3. Armee gungs- instandset- zung von Krakau designiert Josefstadt Lemberg Lem¬ berg Kriegsbesatzung von Josefstadt Przemysl Prze¬ mysl Theresien¬ stadt Olmütz Jaroslau Jaro¬ Krakau slau Kra¬ kau | <pb/>