Anhang Gemeinsamer Ministerrat, 30. 10. 1887
I. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes zur Beschleunigung des Aufmarsches der Armee im Kriegsfalle gegen Rußland
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692 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 der dem Entwürfe zuliegenden statistischen Daten verlangt, obschon durch die vorhandenen Daten alles geklärt ist. Finanzminister Ritter von Dunajewski hat au. angeführt, daß die Vervoll¬ ständigung der Daten zu dem Zwecke gewünscht wurde, um eine verläßlichere als die bisher gelieferte Grundlage für die Berechnung jener Kosten zu gewin¬ nen, welche das projektierte Versorgungsgesetz nach sich ziehen wird. Nach einer hierüber stattgehabten Debatte geruhten Se. Majestät den Wunsch auszusprechen, daß die diesbezüglichen Verhandlungen bald zum Ab¬ schlüsse gelangen. Das Reichskriegsministerium hat im Mai d. J. die Drucklegung der neuredi¬ gierten statistischen Begründung zum Gesetzentwürfe angeordnet und im Juli d. J. dieselbe an die beiden Landesverteidigungsministerien mit dem Ersuchen geleitet, die Zustimmung der betreffenden Regierungen zu dem Gesetze mit tunlichster Beschleunigung mitteilen und eröffnen zu wollen, ob das Reichs¬ kriegsministerium die Ah. Genehmigung zur verfassungsmäßigen Behandlung dieses Gesetzes in beiden Reichshälften erbitten soll, oder ob sich die Landesver¬ teidigungsministerien die Erstattung des Gesetzes bei der Legislative der betref¬ fenden Reichshälfte Vorbehalten. In der Zuschrift wurde auch hervorgehoben, daß ungeachtet der Kalkül auf breiteste Basis gestellt wurde, das Ergebnis der neuen Berechnung als ein sehr günstiges bezeichnet werden muß, daher nunmehr weder finanzielle noch sonsti¬ ge Bedenken dem Inslebentreten des allseits so dringend erwarteten Gesetzes entgegenstehen. Am 8. August d. J. hat das k. k. Ministerium für Landesverteidigung drei Exemplare des umgearbeiteten Gesetzentwurfes samt einer Abschrift der Zu¬ schrift des Reichskriegsministeriums zur Abgabe der Wohlmeinung dem Fi¬ nanzminister Ritter von Dunajewski übersendet und ersucht, eventuelle Beden¬ ken im Ministerrate zur Sprache zu bringen, damit bei Zusammentritt der Reichsvertretungen diese Angelegenheit dem Ziele zugeführt werden könne. Nr. II Konferenz, Wien, 30. Oktober 1887 RS. Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister der Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (9. 11.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmi¬ nister v. Källay (10. 11.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (10. 11.), der k. k. Ministerpräsi¬ dent Graf Taaffe (IM 1). der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (11.11.), der k. k. Minister für Landesverteidigung FML. Graf Welsersheimb (13. 11.), der kgl. ung. Landesverteidigungsmini¬ ster FML. Freiherr v. Fejerväry (14. 11), der k. k. Handelsminister Marquis de Bacquehem (12.11.), der kgl. ung. Minister für öffentliche Bauten und Kommunikationen v. Baross (17.11.), der Chef des k. u. k. Generalstabes FML. Freiherr v. Beck (17.11.), der Vorstand der Militärkanzlei Sr. Majestät Freiherr v. Popp (o. D.), der Chef des k. u. k. Eisenbahnbureaus Obst. Ritter v. Gutten- berg(17. 11.). <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 693 Protokollführer: Obstlt. v. Koller der Militärkanzlei Sr. Majestät. Gegenstand: Der Ausbau des Eisenbahnnetzes zur Beschleunigung des Aufmarsches der Armee im Kriegsfälle gegen Rußland.1 Protokoll über die unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät am 30. Oktober 1887 in Wien stattgehabte Konferenz. Se. Majestät der Kaiser geruhen in Ag. Eröffnung der Konferenz Ah. zu bemerken, daß der Gegenstand der heutigen Beratung allen Anwesenden durch das hinausgegebene Memoire2 vollkommen bekannt sein werde. Aller- höchstdieselben empfehlen die zur Besprechung gelangende Frage, als politisch wie militärisch gleich wichtig, der besonderen Würdigung. Se. Majestät fordern hierauf den Chef des Generalstabes Ag. auf, den Gegenstand in großen Zügen zu beleuchten. Der Chef des Generalstabes FML. Baron Beck. Die Auf¬ marscharbeiten für den Kriegsfall gegen Rußland geben mir genügendeAnhalts- punkte, um auch rücksichtlich der Eisenbahnen, welche in jedem modernen Kriege eine große Rolle spielen werden, im bezeichneten Falle aber eine Lebens¬ frage des ganzen Aufmarsches bilden, jene Wünsche zu präzisieren, welche die Armeeleitung für die nächsten Jahre hinsichtlich des Ausbaues und der Vervoll¬ ständigung unserer nördlichen Eisenbahnen hegt. Se. Majestät haben mir Ag. zu gestatten geruht, die aus erwähnter Ursache in einem au. Vortrag zusammen¬ gefaßten Anträge in ein Memoire zu übertragen, welches bei der Heiklichkeit der Frage, welche die möglichste Geheimhaltung erfordert, nur in einer sehr beschränkten Zahl vervielfältigt wurde und von welchem alle hier anwesenden Herren Kenntnis haben. Bevor ich die gestellten Anträge in großen Zügen zu begründen wage, erlaube ich mir nur hervorzuheben, daß sich die im vorliegenden Memoire gestellten Forderungen von den im verflossenen Winter unter dem Druck der Kriegsge¬ fahr gestellten Anforderungen sehr unterscheiden. - Die Frühjahrsarbeiten an den Aufmarschbahnen repräsentieren große Leistungen, welche wir nicht hoch genug anschlagen können, ebenso wie die damit verbundenen namhaften Opfer und das der großen Sache so förderliche Entgegenkommen von seiten der beiden Kommunikationsministerien. Aber diese Arbeiten und Herstellungen hatten doch vorherrschend nur den Zweck, die Durchführung der gegenwärtigen Kriegsfahrordnung zu ermöglichen und die Gefahren für den Betrieb großen¬ teils zu beseitigen; zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit selbst konnten diese Herstellungen nur wenig beitragen. Diese wird eben erst durch die vorliegenden Anträge beabsichtigt und mit ihr zugleich eine mögliche Sicherheit der Kriegs¬ fahrordnung, welche bei großem Zugsverkehr auf Hauptbahnen doch nur durch Doppelspurigkeit der Bahn zu erzielen ist. 1 KA., MKSM. 20-1/9-2 ex 1887. 2 K. k. Chef des Generalstabes. Memoire betreffend den Ausbau des Eisenbahnnetzes zur Beschleunigung des Aufmarsches der Armee im Kriegsfälle gegen Rußland. Wien, im August 1887, KA., MKSM., Separatfaszikeln, Fase. 69, Nr. 12. <pb/>694 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 Die Schwierigkeiten unseres Aufmarsches sind so oft schon hervorgehoben worden, daß ich mich wohl nur auf wenige Andeutungen beschränken darf; vor sechs Jahren noch war der Aufmarsch beinahe ausschließlich auf die Nordbahn und Karl-Ludwig-Bahn beschränkt, weil den damals bestandenen zwei Karpa¬ tenbahnen nur eine minimale Leistungsfähigkeit zuerkannt werden konnte. Die Gefahren dieses Aufmarsches von einem Flügel, nahe der Grenze, die leichte Unterbrechung etc. waren zu einleuchtend, um nicht alles aufzubieten, dieselben abzuwenden, um künftighin möglichst senkrecht auf die Aufmarschlinie, d. i. aus dem Zentrum von Ungarn in den Mittelraum von Galizien zu gelangen.3 Zwei Momente sind es hauptsächlich, welche ungeachtet alles dessen, was seit den letzten Jahren im Eisenbahnwesen geschehen, unseren Aufmarsch so sehr beeinflussen: 1. die Stärke der russischen Truppen in den an unsere Monarchie angrenzen¬ den Länderteilen und 2. der schwierige Verkehr auf unseren Karpatenbahnen. ad 1. Ich sehe von den mehr gegen Deutschland bestimmten Truppen im Wilnaer Gouvernement ganz ab und betrachte und vergleiche nur die Truppen im Warschauer und Kiewer Gouvernement. Es liegen daselbst gegenwärtig schon fünf Armeekorps, zwölf Infanteriedivisionen, siebeneinhalb Kavalleriedi¬ visionen - inklusive der aus dem Moskauer Militärbezirke verlegt werdenden 13. Kavalleriedivision -, dann drei Schützen- und zwei Sappeurbrigaden oder 229 Infanterie- und Schützenbataillone, 182 Eskadrons und 93 Batterien. Unse¬ re Friedensgamisonen sind dagegen in Galizien und in der Bukowina sehr schwach. Noch deutlicher sprechen folgende Ziffern: Im Gouvernement Warschau und Kiew stehen: 102 000 Mann Infanterie, 27 000 Reiter und 616 bespannte Geschütze. Die Ziffern unserer Truppen verschwinden dagegen. In diesen Zahlen liegt die große Gefahr. Wir können die Truppen in Galizien nur geringfügig vermehren: Mangel an Unterkünften, Schwierigkeit der Ausbil¬ dung bei der kurzen Dienstzeit, endlich unsere auf dem Territorialprinzip basie¬ rende Mobilisierung machen es unmöglich, ohne große Nachteile und große Kosten den Truppenstand wesentlich zu erhöhen. Nur in der Sicherheit, mög¬ lichst rasch und ungefährdet viele Truppen nach Galizien zu bringen, kann die teilweise Abhilfe gegen das Mißverhältnis gefunden werden. ad 2. Damit komme ich auf den zweiten Punkt, auf die ungenügende Lei¬ stungsfähigkeit unserer Gebirgsbahnen, auf die Gefährlichkeit des Betriebes, auf die unvermeidlichen Stockungen, welche sich auf eingleisigen Bahnen sofort auf die ganze Transportlinie ausdehnen, auf die ungenügende Zahl von Maschi¬ nen, von welchen den Aufmarschbahnen im Kriegsfälle gegen Rußland allein 459 Maschinen aus dem Innern der Monarchie zugeschoben werden müssen, auf 3 Protokoll des am 4. Februar 1883 unter Ah. Vorsitze Sr. k. u. k. apost. Majestät in der Hofburg zu Wien abgehaltenen gemeinsamen Ministerrates über mehrere Fragen militäri¬ schen Inhaltes, KA., MKSM. 20-1/6-4 von 1883. <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 695 den Mangel an Betriebspersonal, Maschinenführern usw. Die Details hierüber wird Oberst von Guttenberg besprechen, welcher übrigens durch eine erst kürzlich bewirkte Bereisung der russischen Eisenbahnen in der Lage ist, auch über deren Zustand und Erweiterung Auskunft zu geben. Wenn auch die gegenwärtige Zeitperiode den Anschein hat, daß in Rußland militärischerseits vollständige Ruhe herrsche, so bitte ich dem entgegen mir zu glauben, daß die Rüstungen und Vorbereitungen für den Krieg in unveränderter Weise in den westrussischen Gouvernements fortgesetzt werden und daß sich dieselben aus den hohen Präsenzständen der daselbst bereits garnisonierenden Truppenmassen, den vermehrten Magazinen und Vorräten, den mit allen Mit¬ teln beschleunigten Festungsbauten und den Arbeiten an den Eisenbahnen erkennen lassen. Die TruppenverSchiebungen dauern, wenn auch im kleinen, fort. Laut Konfidentenberichten wurde erst in jüngster Zeit wieder ein fliegender Munitionspark von Kiew gegen Lublin in Marsch gesetzt. Wir können diesen Gefahren nur durch einen möglichst raschen Aufmarsch begegnen, um wenigstens vor dem Eintritte der vollständigen Operationsbereit¬ schaft der russischen Armee das numerische Gleichgewicht auf kurze Zeit zu erlangen und um vor allem hintanzuhalten, daß die russische Kavallerie in Galizien in Massen einbricht und unseren Aufmarsch dortselbst, wenn nicht unmöglich macht, doch sehr erschwert. Es ist vielleicht möglich, daß uns die rechtzeitige Organisation des galizischen Landsturmes einige Vorteile gewährt. Hauptsache bleibt es aber doch, daß die Bahnen es möglich machen, in der kürzesten Zeit unsere gesamte Kavallerie und Teile der übrigen Truppen aschon in den ersten Tagen der Mobilisierung3 in den Aufmarschraum zu bringen. Se. Majestät der Kaiser geruhen hierauf den Oberst von Gutten¬ berg zu beauftragen, den Gegenstand en Detail zu besprechen. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage (von I bis I) Seite 1 bis 15. Se. Majestät bestimmen hierauf Ag., daß zur Besprechung der einzel¬ nen Linien übergegangen werden möge, und bringen die Linie Budapest-Lup- köw-Przemysl zur Beratung. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 15 bis 17 (von II bis II). Minister v. Baross führt aus, daß das Doppelgleis auf der Teilstrek- ke Aszöd-Hatvan im Jahre 1888 zur Ausführung gelangen werde, man überdies die Absicht habe, bezüglich Ausdehnung der Doppelspur von Hatvan bis Mis¬ kolc die nötigen Vorstudien zu machen. Außerdem werde die ungarische Regie¬ rung sich bemühen, über die Details der auf der Linie Miskolc-Mezölaborc auszuführenden Neuherstellungen genaue Orientierung zu gewinnen. Ehe in der besprochenen Frage eine Entscheidung getroffen werden kann, sei es vor allem notwendig, über die Wichtigkeit der im Memoire beantragten neuen Linien und Ergänzungsbauten vollkommen im klaren zu sein. Was speziell die Linie Büda- pest-Miskolc-Lupköw-Przemysl anbelangt, so bestehe bezüglich der Wichtig¬ keit der verschiedenen Teilstrecken dieser Aufmarschlinie eine Differenz zwi- a-a Einfügung Becks. <pb/>696 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 sehen den Anschauungen der Kriegsverwaltung und seinen eigenen. Redner betont, daß er zwar den ganzen Aufmarschkalkül nicht kenne, er aber von der Ansicht ausgehen müsse, daß die Teilstrecke Budapest-Miskolc für den Auf¬ marsch größere Bedeutung besitze als Miskolc-Lupkow. Se. Exzellenz denkt sich nämlich den Aufmarsch von dem Zentrum Budapest nach Mittelgalizien auf zwei großen Linien, welche von Budapest bis Miskolc zusammen laufen, dann aber sich teilen, indem die eine Linie die Richtung Szerencs-Legenymihäly-Lupköw-Przemysl, die andere jedoch die Richtung Kaschau-Abos-Eperies-Leluchöw-Tarnöw (respektive Rzeszöw) einschlägt. Dementsprechend müßte daher die Teilstrecke Budapest-Miskolc, um beide Aufmarschlinien speisen zu können, doppelgleisig hergestellt werden. Auf der Strecke Miskolc-Mezölaborc und Abos-Leluchöw könnte man sich dagegen behufs Hebung ihrer Leistungsfähigkeit mit einigen Ergänzungsbauten begnü¬ gen. Der Ausbau des Doppelgleises auf der ganzen 391 Kilometer langen Linie Budapest-Mezölaborc würde - die doppelgleisige Strecke Budapest-Aszöd (53 Kilometer) abgerechnet - mindestens 7 Millionen Gulden kosten. Zu diesen Kosten wären aber noch die Kosten für die Stationserweiterungen und neuen Betriebseinrichtungen hinzuzurechnen. Würde man sich dagegen darauf be¬ schränken, das Doppelgleis nur von Aszöd bis Miskolc zu legen, was zirka 2 500 000 fl. ausmachen dürfte, und auf der Strecke Miskolc-Mezölaborc drei¬ vier Ausweichen herzustellen, was zirka 200 000 fl. kosten dürfte, so könnte die ganze Aufmarschlinie Budapest-Lupköw - inklusive der Kosten der Erweite¬ rung einiger Stationen - mit 3 Millionen Gulden zu einer ganz leistungsfähigen und den militärischen Forderungen entsprechenden adaptiert werden. Dabei käme aber auch noch der zweite große Vorteil in Betracht, daß die Teilstrecke Budapest-Miskolc imstande wäre, auch die Aufmarschlinie Miskolc-Ka- schau-Leluchow etc. vollkommen zu speisen. Redner führt schließlich noch an, daß die ungarische Regierung die große Bedeutung der Eisenbahnen für die rasche Mobilisierung und Konzentrierung der Armee vollkommen würdige und auf den Ausbau des Eisenbahnnetzes den größten Wert lege; nur glaube sie, daß die Vervollständigung des Bahnnetzes allein das Mißverhältnis gegenüber Ru߬ land nicht ausgleichen könne und nur im Verein mit anderen Verfügungen das angestrebte Ziel zu erreichen sei.4 Die ungarische Regierung sei seit Jahren bestrebt, den Wünschen der Kriegs¬ verwaltung bezüglich der Eisenbahnen entgegenzukommen, und habe bereits große Opfer gebracht. Nun es sich um neue Opfer handelt, müsse wohl erwogen werden, ob das von der Kriegsverwaltung angestrebte Ziel sich nicht auf einfa¬ chere und wenig kostspieligere Weise erreichen lasse. Se. Exzellenz rekapituliert seine Anträge bezüglich der Linie Budapest-Lupköw und plädiert für deren Annahme. Obst. v. Guttenberg erlaubt sich zu bemerken, daß Se. Exzellenz der ungarische Kommunikationsminister von einer nicht ganz zutreffenden 4 Vgl. 29/MT. Ung.MR. v. 25. 10. 1887. 3. In Angelegenheit der aus strategischer Hinsicht erwünschten Ergänzung des Eisenbahnnetzes, OL., K. 27, Karton 43. <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 697 Voraussetzung ausgegangen sei. Die Linie Abos-Leluchow-Tarnöw sei in voll¬ stem Maße beim Aufmärsche in Anspruch genommen, indem selbe einen inte¬ grierenden Teil der Aufmarschlinie Preßburg-Sillein-Ruttka-Abos-Lelu- chöw-Neusandez-Gryböw-Zagorz-Przemysl bildet. Die von Sr. Exzellenz vor¬ geschlagene Aufmarschlinie Budapest-Miskolc-Kaschau-Abos-Leluchöw etc. sei allerdings kürzer als die vorgenannte, doch müsse in Erwägung gezogen werden, daß die im westlichen Ungarn mobilisierten Truppen eine eigene Auf¬ marschlinie bedürfen und nicht über Budapest instradiert werden können. - Was die Anträge Sr. Exzellenz bezüglich der Linie Budapest-Miskolc-Sze- rencs-Mezölaborc etc. betrifft, so könnte die Kriegsverwaltung daraus keinen Gewinn für die Besserung der Aufmarschverhältnisse ableiten. Das beantragte Doppelgleis Budapest-Miskolc wäre nahezu wertlos, wenn es nicht auch auf die Fortsetzungsstrecke Miskolc-Mezölaborc ausgedehnt werden könnte. Würde die Strecke Budapest-Miskolc doppelgleisig hergestellt, die Leistungsfähigkeit der Linie Miskolc-Mezölaborc aber nur durch Einschaltung von Ausweichen erhöht werden, so betrüge der ganze Gewinn für die gesamte Aufmarschlinie zwei Züge per Tag. Die Linie Budapest-Miskolc würde zur Hälfte brachliegen, da von ihr nur 16 Züge auf die eingleisige Strecke Miskolc-Mezölaborc hinüber¬ geleitet werden könnten und eine Speisung der Linie Miskolc-Kaschau-Abos keinen Vorteil brächte, weil wie schon erwähnt, in Abos die Züge der Auf¬ marschlinie Preßburg-Sillein-Abos-Leluchow etc. auf die Linie Abos-Lelu- chöw etc. übergehen. Alle von Budapest über Miskolc und Kaschau nach Abos instradierten Transporte müßten daher in Abos auswaggoniert und mittels Fußmärschen15 über die Karpaten nach Galizien dirigiert werden. Die Kriegsverwaltung betrachtet im Gegensatz zu der von Sr. Exzellenz dem ung. Kommunikationsminister zum Ausdrucke gebrachten Ansicht die Teil¬ strecke Miskolc-Mezölaborc als die weitaus wichtigere und muß ausdrücklich betonen, daß in dem Falle, als die ungarische Regierung nicht in der Lage wäre, die ganze Linie Budapest-Mezölaborc doppelgleisig herzustellen, vor allem das Doppelgleis auf der Strecke Miskolc-Mezölaborc oder wenigstens von Legeny- mihäly bis Mezölaborc zu legen wäre. Die Linie Budapest-Legenymihäly führt, die kurze Strecke nächst Gödöllö ausgenommen, fast durchwegs in der Ebene und hat die günstigsten Betriebsverhältnisse. Die schwierigere Strecke beginnt erst in Legenymihäly. Es ist daher naturgemäß, das in erster Linie für die am wenigsten leistungsfähige und für den Betrieb minder günstige Strecke etwas getan werde. Wäre die Linie Legenymihäly-Mezölaborc (und dadurch die ganze Strecke bis Przemysl) doppelgleisig, so könnte diese auf eine Leistungsfähigkeit von 24 fünfzigachsigen Doppelzügen in jeder Richtung und per Tag gebrachte Strecke durch die 16 hundertachsigen Züge der Linie Budapest-Legenymihäly und durch weitere Züge auf den Hilfslinien Hatvan-Fülek-Miskolc-Legenymi- häly und Budapest-Szolnok-Nyiregyhäza-Szerencs (letzere Linie bildet wohl einen Teil der Aufmarschlinie Budapest-Nyiregyhäza-Csap-Munkäcs-Lem- b Streichung Guttenbergs bzw. per Wagen. <pb/>698 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 berg, `welche aber durch die Hilfslinie Debreczin-Kirälyhäza-Bätyu teilweise gespeist werden kannc) alimentiert werden. Minister v. Baross führt an, er habe die Ausführung des Doppel¬ gleises auf der Strecke Budapest-Miskolc nur in der Voraussetzung vorgeschla- gen, daß von Miskolc an eine Teilung des Verkehrs, einerseits in die Richtung Szerencs-Legenymihäly-Lupköw, andererseits in der Richtung Kaschau-Or- lö-Tarnöw stattfinden könne. Se. Exzellenz sieht in der beabsichtigten Teilung des Verkehrs nur einen Vorteil für den Aufmarsch, denn selbst nach bewirkter Legung des Doppelgleises auf der I. ungarisch-galizischen Bahn würden die Betriebsverhältnisse schwierige bleiben. Die Bahn habe Steigungen von 25 Promille, und die von den Anschlußbahnen kommenden hundertachsigen Züge müssen immer in je zwei fünfzigachsige geteilt werden. Obst. v. Guttenberg erlaubt sich hierauf zu bemerken, daß der Kal¬ kül Sr. Exzellenz vollkommen richtig wäre, wenn die Möglichkeit bestünde, von der Linie Budapest-Miskolc aus auch die Linie Miskolc-Kaschau-Abos-Lelu- chow-Tamöw zu speisen. Dies sei jedoch, wie schon früher nachgewiesen, nicht tunlich. Redner hebt nochmals hervor, wie umso wichtiger die Strecke Legeny- mihäly-Mezölaborc im Vergleich zur Linie Budapest-Miskolc sei, und erklärt, die Kriegsverwaltung würde um den Preis des Doppelgleises auf der I. unga¬ risch-galizischen Bahn andere beantragte sehr wichtige Linien, z. B. die Grantal- Bahn, zum Opfer bringen. Obst. Guttenberg bemerkt weiters, daß die Betriebs¬ verhältnisse auf der I. ungarisch-galizischen Bahn dauf ungarischem Gebieted nicht so ungünstige sind, wie dies Se. Exzellenz Minister von Baross berührt hat. Man könne ohne Anstand mit 100 Achsen bis Mezölaborc fahren, und erst von dort aus müssen die Züge geteilt werden. Einige Schwierigkeiten bestünden allerdings auch am Beginn der Linie nächst Terebes, weil seinerzeit die Trasse, statt im Tale weiterzuführen, künstlich abgelenkt wurde. Minister Baross bemerkt, daß er von seiner Anschauung, die Auftei¬ lung des Verkehrs auf zwei getrennte Linien biete große Vorteile, nicht zurück¬ kommen könne. Se. Exzellenz führt auch an, daß die ungarische Regierung mit edem Kriegsminister betreff der bereits besprochenen Ausweichen auf der I. ungarisch-galizischen Bahn6 bereits in Verhandlung getreten sei. Se. Majestät der Kaiser geruhen Ag. zu bemerken, es bestehe bezüg¬ lich der Linie Budapest-Lupköw die Meinungsverschiedenheit darin, daß die Kriegsverwaltung die Strecke Miskolc- bzw. Legenymihäly-Mezölaborc, die ungarische Regierung dagegen die Linie Budapest-Miskolc für die wichtigere halte. Allerhöchstdieselben glauben, daß der Bau des Doppelgleises auf der Linie Legenymihäly-Mezölaborc nicht viel mehr kosten würde als auf der Strecke Aszöd-Miskolc, und geben es dem Minister v. Baross zu erwägen, ob c`c Korrektur Guttenbergs aus ist aber nur mit 15 Zügen in Anspruch genommen, während jetzt schon 22 verkehren können. d"d Einfügung Guttenbergs. e'e Einfügung von Minister Baross. <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 699 die militärischen Wünsche in dieser Richtung nicht berücksichtigt werden könn¬ ten. Minister Baross erlaubt sich anzuführen, daß die Strecke Aszöd-Mis- kolc 132 Kilometer, jene Miskolc-Mezölaborc aber 206 Kilometer, die Linie Legenymihäly-Mezölaborc allein 106 Kilometer lang sei, und gibt der Ansicht Ausdruck, daß die sogenannte untere Strecke viel billiger herzustellen sei als die obere. Se. Majestät der Kaiser leiten nun die Diskussion auf die Linie Jaslo-Rzeszow. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 17 bis 18 (von III bis III). Minister Marquis Bacquehem. Bezüglich der Linie Jaslo-Rze- szöw wurden im vertraulichen Wege Erhebungen gepflogen. Die Baukosten der zirka 71 Kilometer langen Linie würden approximativ 5 200 000 fl. betragen. Als Bauzeit müßten zwei Jahre angenommen werden. Im Vergleich zu der in kaum acht Monaten fertiggestellten Lokalbahn Debica-Rozwadow erscheint die Bauzeit vielleicht zu lang angenommen. Es muß jedoch bemerkt werden, daß für die letztgenannte Linie bereits eingehendere Vorstudien getroffen waren, für die Linie Jaslo-Rzeszöw aber bisher keine Projekte verfaßt wurden, überdies größere Terrainschwierigkeiten zu überwinden sind. So sehr die Regierung die militärische Wichtigkeit dieser Linie würdigt, so muß sie doch andererseits auch hervorheben, daß die erwähnte Bahn auf das finanzielle Ergebnis der nordöstli¬ chen Staatsbahnen einen nichts weniger als günstigen Einfluß nehmen würde. Die im Memoire angedeutete Möglichkeit, die Privatunternehmer für den Bahn¬ bau zu interessieren, trifft nicht ganz zu. Bei der geringen Ertragsfähigkeit der projektierten Linie ist kaum anzunehmen, daß sich ein ernster Bewerber fände, welcher ohne Staatsgarantie oder namhafte Subvention die Bahn ins Leben rufen würde. Abgesehen davon müßte aber für den Staatsbau, weil zeitgemäßer und billiger, plädiert werden. Se. Majestät der Kaiser bringen hierauf Ag. die Linie Oderberg- Oswi^cim-Podgorze (Doppelgleis) zur Besprechung. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 18 und 19 (von IV bis IV). Sollte es absolut nicht möglich sein, die ganze Strecke Oderberg-Podgorze in nächster Zeit doppelgleisig herzustellen, so könnte vielleicht wenigstens die wichtigste Strecke Oswi§cim-Podgorze die Doppelspur erhalten, damit die in Oswi^cim anlangenden 35 Züge der Nordbahn - bei Vermeidung der gefährde¬ ten Linie über Trzebinia - bis Krakau gebracht werden können. Unerlässig notwendig ist aber das Doppelgleis auf der zwei Verkehrsrelatio¬ nen dienenden Strecke Skawina-Podgorze (15 Kilometer). Se. Majestät geruhen Ag. zu fragen, weshalb die Nordbahn das Dop¬ pelgleis nur bis Oderberg ausgebaut habe. Minister Marquis Bacquehem erlaubt sich anzuführen, daß gele¬ gentlich der Verhandlungen der Regierung mit der Nordbahn wegen des neuen Übereinkommens einmal auch die Forderung auf Legung des zweiten Gleises bis Oswi?cim gestellt, diese Forderung aber später fallengelassen wurde, weil das <pb/>700 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 Zustandekommen der sogenannten mährisch-schlesischen Städtebahn wichtiger erschien. FML. Baron Beck bemerkt hiezu, daß die Nordbahn kein besonde¬ res Interesse und kein Bedürfnis habe, das Doppelgleis über Oderberg hinaus zu verlängern, da ihr großer Verkehr in der Richtung von und nach Wien erst in Oderberg - dem Einmündungspunkte der schlesischen Bahnen - aufhört bzw. beginnt. Se. Exzellenz plädiert hierauf auf das wärmste für die Anlage des Doppelgleises wenigstens zwischen Oswiqcim und Podgorze und bemerkt, der k. k. Handelsminister habe sich erbötig gemacht, im Jahr 1888 die Teilstrecke Skawina-Podgorze doppelgleisig herzustellen. Minister Marquis Bacquehem bestätigt, daß im Budget pro 1888 für das Doppelgleis in der Strecke Skawina-Podgorze 400 000 fl. eingestellt erscheinen. Das Doppelgleise auf der Linie Oswiqcim-Skawina würde weitere 11/2 Millionen, das zweite Gleis von Oderberg nach Oswiqcim 2 840 000 fl. kosten. Se. Exzellenz anerkennt die Notwendigkeit des zweiten Gleises auf der Linie Oswiqcim-Podgorze und Oderberg-Oswiqcim. Was erstgenannte Linie betrifft, dürften die Kosten in nächster Zeit nicht aufbringbar sein. Was die zweite Linie anbelangt, so wäre die Nordbahn zweifellos in der Lage, das Doppelgleis herzustellen; leider ist der günstige Moment versäumt, wo die Nordbahn dazu gezwungen werden könnte. Es erscheint sehr fraglich, ob diese Bahn freiwillig und ohne eine Kompensation zu verlangen, auf diese Forderung eingehen wird. Vielleicht wird sie die Inbetriebnahme von einigen dem Staate gehörenden Linien verlangen. Übrigens stößt die Anlage eines zweiten Gleises zwischen Oderberg und Oswiqcim auch auf bauliche Schwierigkeiten (z. B. die Seibersdorfer Schleife). Se. Majestät geruhen Ag. zu bemerken, es sei von der Nordbahn viel¬ leicht doch ein Entgegenkommen zu erwarten; sie habe ja auch die Bereitwillig¬ keit gezeigt, die Strecke Wadowice-Kalavarya zu bauen, ohne eine Kompensa¬ tion zu verlangen. FML. Baron Beck hebt hervor, wie wichtig es für den ungestörten Aufmarsch sei, die in Oswiqcim anlangenden 35 Züge der Nordbahn weiter bis Krakau zu führen, ohne auf die von den Russen sehr gefährdete Linie Oswiq- cim-Trzebinia-Krakau angewiesen zu sein. Se. Exzellenz vergleicht die beiden Linien Oderberg-Oswi?cim und Oswi?- cim-Podgorze miteinander und bemerkt, daß beide Linien, trotzdem beide eingleisig sind, doch eine sehr verschiedene Leistungsfähigkeit besitzen.. Die erstgenannte Linie sei eine Bahn ersten Ranges mit eng aneinander gereihten Stationen, weitläufigen, einem großen Verkehr genügenden Gleisanlagen und Betriebseinrichtungen in den Stationen, die zweite Linie aber eine Bahn zweiten Ranges mit sehr bescheidenen Betriebsanlagen. Trotz der Vorzüge der Linie Oderberg-Oswiqcim sei aber auch diese nicht imstande, die in Oderberg einlan¬ genden 55 Züge der Hauptbahn Wien-Oderberg weiterzuführen. Dermalen stünden zwar für den Aufmarsch einige Bahnen in Preußisch-Schlesien zur Verfügung, auf welche im Notfall ein Teil der in Oderberg ankommenden Züge hinübergelenkt werden könnte, doch sei auf diese Aushilfe nicht unter allen <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 701 Verhältnissen zu rechnen. Redner führt weiters aus, daß sich die Verhältnisse auch nach Fertigstellung der mährisch-schlesischen Städtebahn (Kojetein-Hul- lein--Meseritsch--Friedek--Teschen--Bielitz--Kalavarya) nicht viel bessern wer¬ den. Diese Bahn habe eine sehr ungünstige Trasse und schwierige Betriebsver¬ hältnisse. Se. Exzellenz betonen schließlich noch einmal, daß die Legung des zweiten Gleises auf der Linie Oderberg-Oswi^cim höchst erwünscht, auf der Strecke Oswi^cim--Skawina dringend notwendig und auf der Strecke Skawina--Podgor- ze unaufschiebbar sei. Obst. v. Guttenberg führt aus, daß die relativ geringe Leistungsfä¬ higkeit der Linie Oswiqcim-Podgorze in der zu großen Entfernung der Stationen voneinander und der ungenügenden Stationseinrichtung liege. 'Die Bahn seif nur für einen Maximalverkehr von 18 hundertachsigen Zügen per Tag und in jeder Richtung eingerichtet worden; grichtig gestellt.8 Dermalen haben die einzelnen Zwischenstationen nur je drei Gleise. Wolle man nun die Leistungsfähigkeit der Linie bis auf 34 Züge erhöhen, so müsse zwischen je zwei Stationen eine neue Station eingeschoben und es müssen in allen Stationen vierte Gleise angelegt werden. Diese Arbeiten dürften nicht viel weniger kosten als die ganze Doppelspur. Schließlich erwähnt Obst, von Gut¬ tenberg, daß die genannte Linie im breiten Weichseltal geführt sei und bei Anlage des zweiten Gleises gar keine Terrainschwierigkeiten zu überwinden wären. Se. Majestät der Kaiser geruhen nun auf die Grantal-Bahn über¬ zugehen und die projektierte Linie Popräd-Orlö der Besprechung zuzuführen. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 19 und 20 (von V bis V). Redner führt noch weiters aus, daß es auch notwendig sei, die Leistungsfähig¬ keit der Kaschau-Oderberger Bahn zwischen Sillein und Abos von 14 auf 15 Züge zu erhöhen, da dermalen von den 14 Zügen drei Fakultativzüge sind und je ein Zug für den Personenverkehr und für den Verpflegstransport reserviert sind; es bleiben daher nur neun Züge für den Aufmarsch. Ein Zug mehr per Tag ergibt aber in 14 Tagen eine Mehrleistung von 14 beförderten Bataillonen, was gewiß nicht zu unterschätzen ist. Wenn die Linie Popräd-Orlö nicht gebaut werden würde, so müßten zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Kaschau- Oderberger Bahn fünf Ausweichen, darunter drei unter sehr schwierigen Ver¬ hältnissen, hergestellt werden. Minister v. Baross spricht sich gegen den Bau der Grantal-Bahn und der Linie Popräd-Orlö aus und stellt für die projektierten zwei Linien folgende Baukosten auf. Umwandlung der Lokalbahn Gran-Nana-Leva in eine Hauptbahn 150 000 fl., Fortsetzung dieser Bahn von Leva in der Richtung Garamberzence per Kilometer 65 000 fl., macht für 52 Kilometer=3 400 000 fl., in Summa also f"f Korrektur Guttenbergs aus Ursprünglich sei die Bahn. 8-8 Korrektur Guttenbergs aus nach und nach habe man die Leistungsfähigkeit bis auf 22 Züge gesteigert. <pb/>702 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 3 550 000 fl. Die Linie Popräd-Orlö mit 63 Kilometer würde zirka 5 300 000 fl. kosten. Es wären daher im ganzen rund 10 Millionen Gulden auszugeben, um die Aufmarschlinie Budapest-Gran-Nana-Ruttka-Popräd-Orlö etc. nach dem Wunsche der Kriegsverwaltung einzurichten. Redner kommt wieder auf die Vorteile einer Aufmarschlinie Budapest-Mis- kolc-Kaschau-Orlo etc. zurück, betont, daß die Grantal-Linie auch aus ver¬ kehrspolitischen Gründen nicht zu empfehlen sei, indem es der Öster.-Ung. Staatseisenbahngesellschaft gelingen könnte, in das Verkehrsgebiet der Ung. Staatsbahnen einzudringen und den Verkehr von Budapest abzulenken, und bemerkt schließlich, daß die von Oberst von Guttenberg beantragten fünf Ausweichen zirka 250 000 fl. kosten würden. Se. Majestät der Kaiser geruhen nun die Frage der Anlage des zweiten Gleises auf der Linie Krakau-Lemberg der Beratung zuzuführen. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 20 und 21 (von VI bis VI). Redner führt weiter aus, daß die Herstellung des Doppelgleises auf der Linie Krakau-Lemberg umso notwendiger erscheint, als diese Bahn nach bewirktem Aufmärsche eine überaus wichtige und dem größten Verkehre dienliche Trans¬ versalbahn bildet. Dermalen können von den mittels Nordbahnen und k. k. Staatsbahnen nach Krakau gebrachten Zügen kaum zwei Drittel nach Osten weiterbefördert werden. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Karl- Ludwig-Bahn, wenigstens vorerst in der Strecke Krakau-Tamow, von 30 auf 48 Züge ist daher dringendst geboten. Minister Marquis Bacquehem. Die Herstellung des zweiten Glei¬ ses in der Strecke Krakau-Tamöw würde 3 620 000 fl., in der Strecke Tarnow-- Lemberg 10 850 000 fl. kosten. Es scheint ganz ausgeschlossen, daß die Karl- Ludwig-Bahn ohne der ausgiebigsten Staatshilfe imstande und willens wäre, diese Herstellungen zu bewirken. Für die Regierung gäbe es nur zwei Wege, um den Forderungen der KriegsVerwaltung zu entsprechen: 1. Entweder sie läßt auf Staatskosten das zweite Gleis aus strategischen Rücksichten hersteilen oder sie stellt der Karl-Ludwig-Bahn das nötige Geld zur Verfügung, was in bezug der Belastung des Staatsschatzes dasselbe bedeutet. Hiezu kämen aber noch die fortlaufenden Kosten der Erhaltung der neuen Anlage durch den Staat. 2. Der Staat bewilligt der Karl-Ludwig-Bahn eine bezüglich der normalen Verzinsung garantierte Investierungsanleihe, analog der der I. ung.-galizischen Bahn gestat¬ teten. Im ersten Falle würde der Staat unerschwingliche Opfer zu bringen haben, und im anderen Falle würde die Regierung im Parlamente bei den Linken und bei den Polen auf die hartnäckigste Opposition stoßen. Man würde sofort wieder die Frage der Verstaatlichung der Karl-Ludwig-Bahn aufrollen und speziell die Polen würden sich auf die alljährlich vom galizischen Landtag gefaßte Resolution bezüglich Verstaatlichung dieser Bahn berufen. Se. Majestät der Kaiser geruhen hierauf die Notwendigkeit der Überbrückung der Donau bei Komorn oder Preßburg hervorzuheben und die mißlichen Verhältnisse des 5. Korps zu beleuchten, welches durch die Donau <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 703 in zwei Gruppen geteilt ist, die ihre Vereinigung nur über Wien oder Budapest bewerkstelligen können. Minister v. Baross erlaubt sich anzuführen, daß die ung. Regierung die volle Berechtigung dieser Forderung würdige.5 Eine Brücke bei Komorn würde allein zirka 2 Millionen, die etwa 30 Kilometer lange Bahnverbindung Ujszöny-Neuhäusel 1 500 000 fl. kosten. Brücke und Bahn müßten vom Staat erbaut und betrieben werden, wozu auch verkehrspolitische Rücksichten nöti¬ gen würden. Die Brücke könnte gleichzeitig dem Eisenbahn- und Straßenver¬ kehr dienen. Was die Brücke bei Preßburg anbelangt, so ist die Frage bereits in ein vorgeschritteneres Stadium getreten. Die Bewerber um die Konzession der Eisenbahn Parndorf-Preßburg einerseits, die Stadt Preßburg anderseits wollen eine Lösung der Frage im günstigen Sinne herbeiführen. Am 16. November d. J. werden die Interessenten mit der Regierung über diese Angelegenheit beraten. Se. Majestät der Kaiser bringen nun Ag. die Frage bezüglich der projektierten neuen Karpatenbahn von Märamarossziget nach Stanislau zur Besprechung. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 23 und 24 (von VII bis VII). Redner erörtert noch die Frage, ob es sich empfehlen würde, statt der angetragenen neuen Karpatenlinie auf der Beskidenbahn das Doppelgleis her¬ zustellen, und kommt zu dem Schlüsse, daß eine neue Linie zweckentsprechen¬ der sein dürfte. Minister Marquis Bacquehem. Die Kosten der auf galizischem Boden befindlichen Teilstrecke der beantragtenten Linie würden sich auf zirka 9 600 000 fl. belaufen. Se. Exzellenz bemerkt weiter, daß der Bau dieser Linie ein schwieriger zu nennen wäre, bisher für dieselbe noch nie eine Vorkonzession erbeten wurde, daher die Kosten auch weit größer sein könnten als die auf Grund einer Rekognoszierung der wahrscheinlichen Trasse berechneten, führt ferner an, daß die Bauzeit mit zirka drei Jahren berechnet wurde, und bringt schließlich zur Ah. Kenntnis, daß die Realisierung des Bahnprojektes nur schädigend auf die Prosperität der galizischen Staatsbahnen wirken würde. Minister v. Baross. Die Kosten der auf ungarisches Gebiet fallen¬ den 91 Kilometer langen Teilstrecke würden sich ä Kilometer auf 110 000 fl., in Summa auf 11 Millionen Gulden stellen. Die Bahn würde durchaus schwieri¬ ges Terrain durchziehen. Se. Exzellenz würdigt die strategische Bedeutung der projektierten Linie, bemerkt aber, daß vom rein volkswirtschaftlichen und verkehrspolitischen Standpunkte eine andere Karpatenlinie, etwa in der Rich¬ tung auf Kimpolung vorzuziehen wäre. Redner führt sodann an, daß in jüngster Zeit eine Vorkonzession für eine Vizinalbahn Märamarossziget-Bocskö erteilt wurde, welche wohl als Teilstrecke der beantragten neuen Aufmarschlinie zu betrachten wäre, welche aber nur bescheidenen Zwecken dienen könnte. Für die Fortsetzung dieser Lokalbahn, gegen die galizische Grenze zu, existieren nicht [die] geringsten Aussichten. Minister von Baross spricht schließlich die Ansicht 5 Siehe Anm. 4. <pb/>704 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 aus, daß die Anlage eines zweiten Gleises auf der Beskidenbahn bei weitem nicht soviel kosten würde als eine neue Karpatenlinie. Se. Majestät geruhen hierauf Ag. zu bemerken, daß im Zusammen¬ hang mit der neuen Karpatenlinie auch die Verbindungsbahn aus dem nördli¬ chen Siebenbürgen in der Richtung gegen Szatmärnemeti zu besprechen wäre. Minister v. Baross erlaubt sich zur Ah. Kenntnis zu bringen, daß die ungarische Regierung sich mit der Kriegsverwaltung dahin geeinigt habe, die gewünschte Bahn von Des nach Zilah, im Anschlüsse an die Szilägysäger Eisenbahn Nagykäroly-Zilah, zu führen. Während die Linie Apahida-Des schon längere Zeit fertig ist und die Szilägysäger Bahn sich in der Bauausfüh¬ rung befindet, konnte bisher für die Verbindungslinie Des-Zilah nur die Vor¬ konzession erteilt werden. Ihre Baukosten sind mit 3 Millionen Gulden berech¬ net. Die Interessenten verlangen nun, daß der Staat sich an der Finanzierung der zu bauenden Linie mit 900 000 fl. beteiligt. Se. Exzellenz spricht die Hoff¬ nung aus, daß das erwähnte Projekt sich in nächster Zeit realisieren lassen werde. Obst. v. Guttenberg erlaubt sich anzuführen, daß die Kriegsverwal¬ tung eine Verbindungslinie von Des im Szamostale abwärts, in der Richtung gegen Szatmämemeti vorgezogen hätte, da aber indessen das Projekt der Szil¬ ägysäger Bahn realisiert wurde und mehr Hoffnung vorhanden war, einen Anschluß in der Richtung auf Zilah, statt der vom Kriegsministerium ursprüng¬ lich in Aussicht genommenen, zu erhalten, so hat man sich mit dem Projekte Des-Zilah befreundet. Die neue Linie wird den Charakter einer Bahn zweiten Ranges haben und für einen Maximalverkehr von zehn fünfzigachsigen Zügen per Tag und in jeder Richtung eingerichtet sein. Diese Leistung ist zwar keine große, immerhin wird ein Teil des 12. Korps auf dieser Linie nach Norden transportiert werden können. Obst, von Guttenberg erörtert bei dieser Gelegen¬ heit auch die Notwendigkeit, die Leistungsfähigkeit der Linie Debreczin-Kir- älyhäza-Märamarossziget von 13 neunzigachsigen Zügen auf 15 hundertachsi- ge zu heben, was durch Einschaltung von vier Kriegsweichen und Erweiterung einiger Stationen ohne große Kosten zu bewerkstelligen wäre. Minister Baross macht die Zusage, diese Wünsche berücksichtigen zu wollen. Se. Majestät der Kaiser geruhen Ag. zu bemerken, daß nun die Hebung der Leistungsfähigkeit der galizischen Staatsbahnen und der Kaschau- Oderberger Bahn zu besprechen wäre. Obst. v. Guttenberg Vide Beilage Seite 21 bis 23 (von VIII bis VH!). Se. Majestät der Kaiser geruhen hierauf die Frage der Erhöhung der Zahl der schweren Lokomotiven der Beratung zuzuführen und Ag. zu bemerken, daß diese Frage eigentlich die wichtigste sei. Die Monarchie habe relativ weniger Lokomotiven als Deutschland und Rußland, und in letzter Zeit habe sich die Zahl der schweren Maschinen eher vermindert als vermehrt. Obst. v. Guttenberg. Vide Beilage Seite 24 bis V 27 (von IX bis IX). Redner fügt noch bezüglich der Bremswagen hinzu, daß die beiden Regie- <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 705 rungen der Kriegsverwaltung die Zusage gemacht haben, künftighin bei Neuan¬ schaffungen darauf zu dringen, daß mindest die Hälfte der Waggons Bremsen habe. Minister Marquis Bacquehem führt aus, daß die österreichischen Staatsbahnen auf 5500 Kilometer nur 992 Maschinen, also 0,179 per Kilometer haben. Die österreichischen Privatbahnen haben durchschnittlich 0,27 Maschi¬ nen per Kilometer, weisen also ein ähnliches Verhältnis wie die russischen Bahnen auf. Se. Exzellenz gibt nun einige Details über die Zahl der Maschinen bei den österreichischen Privatbahnen und führt schließlich an, daß Österreich, um Deutschland gleichzukommen, 1300 Lokomotiven (darunter auf den Staats¬ bahnen 831), um Rußland gleichzukommen, 504 Lokomotiven anschaffen mü߬ te. Die Beschaffung von 504 Lokomotiven würde allein 15 Millionen Gulden kosten. Minister v. Baross führt aus, daß auch in Ungarn das Verhältnis bezüglich der Zahl der schweren Lokomotiven nicht günstig sei. Mit Deutsch¬ land könne man nicht in Konkurrenz treten, und was Rußland betrifft, so hat dasselbe wohl mehr Maschinen, 0,27 per Kilometer gegen 0,20 in Ungarn dafür müsse man aber die kolossalen Distanzen in Betracht ziehen, welche die russi¬ schen Transporte bei einem Aufmarsch zu durchlaufen haben. Ungarn hat inklusive der gemeinsamen Bahnen 1523 Lokomotiven, darunter 84 Eilzugsma- schinen, und 214 Maschinen zweiten Ranges, somit bleiben 1228 Lokomotiven für die Kriegszüge. Die ungarischen Staatsbahnen allein haben 719 Maschinen, darunter 569 für Kriegszwecke. Obst. v. Guttenberg erlaubt sich auf eine Anfrage Sr. Majestät au. anzuführen, daß bei den Bergstrecken zwei, bei der Beskidenbahn sogar drei Lokomotiven per Zug gebraucht werden. Se. Majestät der Kaiser geruhen hierauf Ag. den Ah. Wunsch aus¬ zusprechen, die Frage der Vermehrung der schweren Lokomotiven möge unaus¬ gesetzt im Auge behalten werden. FML. Baron Beck erlaubt sich, das bisher Besprochene teilweise re¬ kapitulierend, folgendes hervorzuheben: Was die von Sr. Exzellenz dem Minister von Baross berührten großen Entfer¬ nungen in Rußland betrifft, so hat es damit seine Richtigkeit, nur sei zu beden¬ ken, daß Rußland bereits einen großen Teil seiner Armee in den westlichen Gouvernements disloziert hat. In der Anhäufung dieser Truppenmassen nahe an unserer Grenze liegt eben für uns die große Gefahr. Rußland kann mit überlegenen Kräften in Galizien zu einer Zeit einbrechen, wo wir erst mit dem Aufmärsche beginnen, und unseren Aufmarsch hindern oder doch sehr emp¬ findlich stören. Es muß daher das Streben der Kriegsverwaltung dahin gerich¬ tet sein, unsere Aufmarschlinien nicht nur leistungsfähiger zu machen, sondern auch abzukürzen. Dermalen sind einzelne Truppen sechs-sieben Tage unter¬ wegs, bis sie in den Aufmarschraum gelangen. Nach den geographischen und strategischen Verhältnissen haben die aus Ungarn nach Galizien führenden Bahnen bei einem Aufmarsch den weitaus größeren Teil der Armee zu befördern. Es wurden daher im Aufmarschelaborate <pb/>706 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 alle Linien bis an die äußerste Grenze ihrer Leistungsfähigkeit ausgenützt. Die Ansicht Sr. Exzellenz des Ministers von Baross, die Linie Abos-Orlö-Tarnöw sei für den Aufmarsch nicht in Anspruch genommen worden, basiert demnach auf einem Mißverständnisse. Würde die Linie Budapest-Miskolc doppelgleisig hergestellt werden, so könnte allerdings auch die Aufmarschlinie Abos-Orlö- Tamöw (Rzeszöw) teilweise von Budapest aus über Miskolc und Kaschau alimentiert werden, unbedingt notwendig erscheint das aber nicht, denn wird die Grantal-Bahn nicht gebaut, so kann sich die Kriegsverwaltung nach wie vor mit der Waagtal-Linie, Kaschau-Oderberger Bahn und der Linie Budapest- Hatvan-Losonc-Ruttka behelfen. Für die Kriegsverwaltung ist es übrigens gar nicht wünschenswert, daß sich in Budapest so große Massen behufs Abtransportierung konzentrieren; deshalb legt sie auch gar keinen besonderen Wert auf die Herstellung des Doppelgleises auf der Linie Budapest (Aszöd)-Miskolc, wenn nicht auch die Fortsetzung bis Mezölaborc das Doppelgleis erhält. Im Interesse der Monarchie und der Armee kann ich nicht oft genug betonen, wie überaus dringend und notwendig es erscheint, die Leistungsfähigkeit unserer Bahnen zu erhöhen und dadurch unse¬ ren Aufmarsch zu beschleunigen. In voller Berücksichtigung der von den beiden Herren Kommunikationsministern gegen die militärischen Anträge vorge¬ brachten Bemerkungen und gemachten Einwendungen und bei aller Bemühung, die mihtärischen Wünsche den Rücksichten auf die finanzielle Situation der Monarchie unterzuordnen, könnte die Kriegsverwaltung von folgenden Forde¬ rungen nicht ablassen: 1. Doppelgleis auf der Linie Budapest-Lupkow (Przemysl). Mit der Anlage des zweiten Gleises wäre auf der Strecke Legenymihäly-Mezölabore zu begin¬ nen, mit der Legenymihäly-Miskolc fortzusetzen und zuletzt die Strecke Hat- van-Miskolc in Bau zu nehmen. 2. Neubau der Linie Jaslo-Rzeszöw, um einen neuen Auswaggonierungs- punkt an der Karl-Ludwig-Bahn zu gewinnen und zu vermeiden, die Transporte schon auf der galizischen Transversalbahn auszuwaggonieren. Die Kriegsver¬ waltung hält nicht starr an den Punkten Jaslo und Rzeszöw fest und würde auch eine andere Verbindungslinie zwischen den beiden Aufmarschlinien Gryböw- Tamöw und Zagörz-Przemysl dankbarst entgegennehmen. 3. Doppelgleise zwischen Oswiqcim und Podgorze und wenn erreichbar auch zwischen Oderberg und Oswiqcim. Se. Exzellenz führt schließlich an, daß hiezu noch kleinere Ameliorierungsar- beiten kommen, welche relativ nicht viel kosten dürften. Se. Majestät der Kaiser geruhen Ag. den Wunsch auszusprechen, daß die vom Chef des Generalstabes bezeichneten drei Linien Budapest-Lup- köw (Przemysl), Oswiqcim-Podgorze und Jaslo-Rzeszöw zum Gegenstände eingehendster Studien gemacht werden. Se. Majestät betonen nochmals die eminente Wichtigkeit dieser Linien. Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich auszuführen, daß das Me¬ moire des Chefs des Generalstabes den Zweck verfolgt, die Bedeutung der Eisenbahnen für den Aufmarsch der Armee darzutun und den Nachweis zu <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 707 liefern, daß je mehr Bahnen hierfür zur Verfügung stehen, desto besser dies sei. Die ungarische Regierung würdigt im vollen Maße die Anträge der Kriegsver¬ waltung und ist nach wie vor bereit, Opfer zu bringen. Alles das zu leisten, was im Memoire beantragt wird, ist aber leider unmöglich: Hiezu wären hohne die Lokomotiven in Betracht zu ziehen11 zirka 34 Millionen nötig. Üie kgl. ung. Regierung ist auch überzeugt davon, daß mit zweckmäßiger Benützung dessen, was heute schon ausgebaut ist, der Zweck mit unverhältnismäßig geringeren Opfern zu erreichen ist.1 Von den im Memoire angeführten neuen Linien sind einige, wie die Grantal-Bahn und die neue Karpatenlinie Märamarossziget-Sta- nislau, den ungarischen Interessen in nationalökonomischer und verkehrspoliti¬ scher Beziehung eher schädlich als nützlich. So z. B. würde die letztgenannte Linie nur eine Konkurrenzbahn der Beskidenlinie werden, einer Verkehrsader, welche sich in 100 Jahren noch nicht mit 2% verzinsen wird. Se. Exzellenz stellt an Se. Majestät die ehrerbietigste Bitte, Ag. gestatten zu wollen, daß die ungarische Regierung, nach reiflicher und eingehender Erwä¬ gung der im Memoire ausgesprochenen Wünsche, einen diesbezüglichen Gegen¬ antrag stelle und denselben in Form eines au. Vortrages Sr. Majestät unterbrei¬ te. Se. Exzellenz erklärt weiter, die Regierung werde sich bemühen zu leisten, was möglich ist, und auch trachten, die einzelnen Linien nach der Reihe ihrer Wichtigkeit einzuteilen. Schon jetzt aber müsse erklärt werden, daß das Budget pro 1888 absolut keine neue Belastung verträgt. In den kommenden Jahren wird man sich bemühen, bei anderen Titeln des Budgets Ersparungen zu machen und die unerläßlichen Eisenbahnbauten auszuführen. Die Realisierung der übrigen Wünsche der Kriegsverwaltung auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens muß der ferneren Zukunft Vorbehalten bleiben. Se. Majestät der Kaiser geruhen dem Ministerpräsidenten von Tisza die au. erbetene Ermächtigung wegen Erstattung eines Vortrages. Ag. zu erteilen, finden es ganz richtig und nützlich, daß die beiden Regierungen sich in der besprochenen Frage genau orientieren und darüber etwas positives be¬ schließen, und erwarten Ag., daß wenn einmal Klarheit in die Sache gebracht sein wird, es möglich sein werde, ein Programm aufzustellen, nach welchem in den nächsten Jahren vorgegangen werden kann. Allerhöchstdieselben hoffen auch, daß die Meinungsverschiedenheiten über den Wert der einzelnen militäri¬ schen Linien sich ausgleichen und der Vortrag der ungarischen Regierung Anlaß geben werde, die Diskussion über die Eisenbahnen bei Erreichung eines Endre¬ sultates fortzusetzen. Minister v. Dunajewski erlaubt sich zu erklären, daß die Realisie¬ rung der vom Generalstabe gestellten Anträge Österreich allein 50 Millionen Gulden kosten würde. So viel für eine einzige Provinz auszugeben, um sie zu schützen, sei nicht jmöglich, ohne die Beschützung anderer zu vernachlässigenj. Se. Exzellenz der Handelsminister habe bereits gesagt, daß er vorerst nur im h'h Einfügung Tiszas. w Einfügung Tiszas. Korrektur Dunajewskis aus zu empfehlen. <pb/>708 Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 vertraulichen Wege und mit Hilfe seiner Beamten Erhebungen gepflogen habe. Vielleicht ergeben die weiteren Studien und Verhandlungen günstigere Resultate und gestatten, ohne zu großen finanziellen Opfern für den Staat, einen oder den anderen Wunsch zu realisieren. Bei den Bahnen in Galizien kommt zweierlei in Betracht, je nachdem die zu erbauende oder zu ameliorierende Linie dem Staate gehört oder Privatbesitz ist. Was die erstbezeichnete Kategorie betrifft, so muß konstatiert werden, daß speziell die Linie Jaslo-Rzeszow wirtschaftlich wertlos ist. Die Gegend zwischen den genannten zwei Orten hat weder Industrie noch Handel; das investierte Kapital wäre wirtschaftlich hinausgeworfen. Vielleicht ist es möglich, eine nützlichere Trasse zu finden. Was die Privatbahnen anbe¬ langt, so ist die Frage noch schwieriger als bei den Staatsbahnen. Soll man Geld an die Karl-Ludwig-Bahn verschenken? Ohne Entgelt wird dieselbe aber sicher sich nicht herbeilassen, neuerdings zu bauen. Insolange die Regierung mit den Privatbahnen nicht verhandelt hat, ist es ihr nicht möglich, klar zu sehen. Vielleicht wird dies in drei-vier Wochen möglich sein. Schon heute kann jedoch erklärt werden, daß es ganz ausgeschlossen erscheint, noch im Jahr 1888 seitens des Staatsschatzes finanzielle Opfer zu bringen. Wir haben jetzt eine sehr ge¬ spannte Finanzlage und sehr schwierige Kreditverhältnisse, und Nachtragskre¬ dite wären kaum durchzubringen. Was soll man dem Vertretungskörper sagen? Se. Majestät geruhen hierauf Ag. zu bemerken: ,,Die Wahrheit". Auch mit der letzten Forderung bezüglich des Rüstungskredites sei man ganz offen hervorgetreten. Minister v. Dunajewski erlaubt sich weiter anzuführen, man habe schon im laufenden Jahre die Privatbahnen zu Ergänzungsbauten gedrängt, nun soll man von neuem drängen. Auf die Dauer sei dies nicht möglich. Se. Exzellenz hebt hervor, daß er mit seinen Forderungen an die Bahnen ohnehin schon auf der Schneide des Gesetzes stehe. Die Sachlage wäre eine ganz andere, wenn die Regierung nach einem fixen Programme vergehen könnte. So z. B. sei noch vor Erbauung der galizischen Transversalbahn das Einvernehmen mit der Kriegs¬ verwaltung gepflogen worden. Kaum sei jedoch die Bahn fertiggestellt gewesen, habe die Kriegsverwaltung neue Forderungen erhoben. Die Regierung hätte diesen Forderungen viel leichter entsprechen können, wenn sie früher gestellt worden wären. Mit der Nordbahn steht die Frage ebenso. Seinerzeit wäre es möglich gewe¬ sen, das Doppelgleis auf der Linie Oderberg-Oswiqcim durchzuführen, jetzt dürfte es schwer sein, die Nordbahn dazu zu bewegen. Se. Exzellenz bittet noch einmal, ein fixes Programm zu entwerfen. Se. Majestät geruhen hierauf Ag. zu bemerken, es sei der Zweck des Memoires, ein Programm festzustellen. FML. Baron Beck bemerkt, er wolle durchaus nicht in Abrede stel¬ len, daß die Kriegsverwaltung immer mehr fordere. Leider sei sie gezwungen, bei ihren Forderungen eine gewisse Politik zu beobachten: wenn zuviel auf einmal gefordert werden würde, so würde man nichts erhalten, darum ist man genötigt, öfter mit kleineren Forderungen hervorzutreten. Se. Exzellenz führt weiters an, daß seit Jahren militärischerseits der Antrag gestellt wurde, gewisse <pb/>Nr. II Konferenz, Wien, 30. 10. 1887 709 Kommunikationen in Galizien zu bauen oder zu verbessern. Nach vergeblichen Drängen sei es endlich heuer unter dem Hochdurck der Kriegsgefahr gelungen, die verlangten Bauten hergestellt zu sehen. Was die Bemerkung Sr. Exzellenz des Finanzministers betreffs der galizischen Transversalbahn betrifft, so bedür¬ fen dieselben einiger Aufklärung: Die Linie Stanislau-Husiatyn war bereits vollkommen fertiggestellt, als die Kriegsverwaltung gehört wurde. Wenigstens zehnmal wurde sich militärischer- seits gegen die Art des Baues und der Anlage der Transversalbahn verwahrt. Statt gut, aber teuer wollte man billig bauen und hat schlecht gebaut. Ähnlich verhalte es sich auch mit anderen Bahnen. Wir sind stets gezwungen, mit neuen Forderungen hervorzutreten, weil wir dazu durch die Rüstungen und Vorkeh¬ rungen der fremden Staaten gedrängt werden. Noch vor 15 Jahren glaubten wir den Krieg gegen Rußland mit 400 000 Mann führen zu können ;6 heute müssen wir in Galizien fast 1 Vz Millionen Soldaten konzentrieren. Naturgemäß haben ` sich auch die Forderungen an die Eisenbahnen ins enorme gesteigert. Se. Exzel¬ lenz führt als Beispiel Italien an, welches sein Eisenbahnnetz in jüngster Zeit in militärische Hände gebracht hat und jetzt alte Sünden sühnt. Wir beschränken uns ohnehin nur auf die Sicherung unserer Nordostfront. Se. Majestät der Kaiser geruhen Ag. zu bemerken, Allerhöchstdie- selben sehen Ah. ein, daß nicht alle Forderungen sogleich berücksichtigt werden können. Es sei ja auch möglich, daß wir einmal gezwungen werden, gegen eine andere Front Stellung zu nehmen. Im jetzigen Zeitpunkt müssen wir aber unsere volle Aufmerksamkeit der Nordostfront zuwenden. Minister v. Dunajewski wendet sich gegen die Methode der Kriegsverwaltung ,,viel zu verlangen, um etwas zu erlangen". Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt kommt auf die Be¬ merkungen Sr. Exzellenz des Finanzministers zurück und führt aus, daß an eine Stabilität der militärischen Wünsche nicht gedacht werden kann, weil sie sich mit der Sachlage ändern. Wenn andere Staaten Maßnahmen treffen, die uns bedrohen, so können wir nicht Zurückbleiben. Wir können heute noch nicht wissen, was wir in zehn Jahren verlangen werden. Unsere Forderungen bezüg- lich der Gestaltung und Leistungsfähigkeit unserer Aufmarschbahnen gegen Nordosten sind jetzt ganz andere als früher. Vor noch nicht allzulanger Zeit haben die russischen Aufmarschlinien ihre Hauptrichtung gegen Krakau ge¬ nommen; jetzt konvergieren die russischen Bahnen mehr gegen Ostgalizien. Der Vorwurf der Instabilität unserer Anschauungen ist daher kein gerechter. Die Verhältnisse diktieren, und wir müssen gehorchen. Hieraufentspinnt sich noch eine kurze Diskussion bezüglich der projektierten Linie Rzeszöw-Jaslo, welche zum Teil das bereits zu Protokoll Gebrachte wiederholt. Se: Majestät der Kaiser geruhen nochmals, die Wichtigkeit der Li¬ nie Jaslo-Rzeszöw hervorzuheben, und betonen, wie notwendig es sei, eine neue Vgl. Lutz, Politik und militärische Planung in Österreich-Ungarn 23-44. <pb/>710 Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 Auswaggonierungsstation an der Karl-Ludwig-Bahn zu gewinnen und diese Bahn durch stärkere Kräfte gegen Zerstörungen durch den Gegner zu schützen. Allerhöchstdieselben geruhen ferner Ag. zu bemerken, daß wir in Galizien in Friedenszeiten aus wiederholt erörterten Gründen nicht Truppen anhäufen können und gezwungen sind, dies in den kritischen Tagen vor Ausbruch des Krieges zu tun. Rußland ist in dieser Beziehung nicht gebunden. Wir können auch nicht vorzeitig die Garnisonen in Galizien durch Truppenzuschübe aus dem Innern der Monarchie verstärken; dies gäbe den Russen das Signal, in Galizien einzurücken. Hierauf geruhen Se. Majestät die Beratung Ag. zu schließen. Das Protokoll beendet: Wien, 2. November 1887. Nr. Ha Vortrag betreffend den Ausbau der Eisenbahnen gegen Rußland, Wien, im Oktober 1887 Beilage zum Prot. v. 30. 10. 1887 I Welch hervorragenden Einfluß die Eisenbahnen auf die Kriegsführung überhaupt und insbesondere auf die Konzentrierung der Armee zu Beginn des Krieges ausüben, ist im Memoire,7 den Ausbau des Bahnnetzes gegen Rußland betreffend, in kurzen Worten dargelegt und bedarf, glaube ich, keiner näheren Begründung. Wohl aber bedarf es zur Veranschaulichung der Aufmarschver¬ hältnisse der öster.-ung. Monarchie und Rußlands, welche im Memoire nur oberflächhch berührt werden konnten, einer eingehenden Erörterung der gegen¬ seitigen Wehrverhältnisse und jener Mittel, welche zur Ansammlung der Streit¬ kräfte an der Grenze erforderlich sind, nämlich der zum Aufmärsche dienenden Eisenbahnen. Rußland vermag zu einem Krieg in Europa ein Heer von 1326 Bataillonen mit 1 156 300 Gewehren, 1005 Eskadronen mit 148 000 Reitern, 448 Batterien mit 3462 Geschützen aufzustellen, in welchen Zahlen die zur europäischen Armee gehörigen, dermalen in Asien dislozierten Truppen nicht inbegriffen sind. Eigenthche Operationsarmee: 1024 Bataillone = 914 000 Gewehre, 910 Eskadronen =136 000 Reiter, 404 Batterien = 3112 Geschütze. Dementgegen ist der Maximalkriegsstand unserer Armee ein unverhältnismä¬ ßig geringer. Von dieser Truppenzahl sind in den Grenzbezirken im Frieden disloziert: in den Militärbezirken Warschau und Kiew: 7 Siehe Anm. 2. <pb/>Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 711 229 Bataillone mit 102 000 Mann Friedensstand 182 Eskadronen mit 27 000 Reitern Friedensstand 93 Batterien mit 616 bespannten Geschützen. Die beiden genannten russischen Militärbezirke allein formieren im Kriege: 339 Bataillone mit 295 600 Gewehren 182 Eskadronen mit 27 000 Reitern 105 Batterien mit 836 Geschützen, wobei bemerkt wird, daß die Kavallerie schon im Frieden auf vollem Kriegs¬ stande steht. Der Friedensstand der russischen Truppen in den Grenzbezirken beträgt demnach ein Vielfaches an Infanterie, Artillerie und Kavallerie von jenem der k. u. k. Truppen, und ganz ähnlich ist die Verhältniszahl der Kriegsstände in den beiderseitigen Grenzländern. Die angeführten Ziffern sind ein erdrückender Beweis, wie ungleich die Machtverhältnisse beider Staaten überhaupt und insbesondere in den Grenzlän¬ dern sind, daher das Gleichgewicht und umso mehr die Überlegenheit für die Monarchie nur durch die rascheste Vermehrung der Truppen in Galizien und durch praktische Operationen gleich nach vollendetem Aufmarsch erreicht werden kann. Wenn auch zugegeben werden muß, daß die Militärbezirke Warschau und Kiew eine viel größere Ausdehnung und insbesondere größere Tiefe haben als jene von Krakau und Lemberg, so vermag dies doch die ungeheuere Differenz umso weniger auszugleichen, als die russischen Truppen von ihren Hauptgarni¬ sonen Warschau, Ivangorod, Brest-Litowsk, Radom, Luck, Dubro, Maschi- busch, Zitomir, Kiew etc. - von denen ein Teil ganz nahe an der Grenze gelegen ist - acht leistungsfähige Bahnlinien zur TruppenverSchiebung gegen Galizien zu Gebote stehen; vier derselben führen unmittelbar zur Grenze selbst. öster.-ungarischerseits hingegen könnten in der ersten Phase der Mobilisie¬ rung nur schwache Kräfte entgegengestellt werden. Betrachtet man nun die Aufmarschverhältnisse näher, so findet man - wie im Memoire erörtert ist -, daß Rußland zum Aufmärsche seiner Streitkräfte - abgesehen von kleinen Nebenlinien - sechs große Eisenbahnlinien benützen kann, u. zw.: 1. Petersburg-Warschau-Ivangorod oder Granica 2. Moskau-Warschau-Ivangorod 3. Bialystok-Brest-L.-Rowno 4. Wilna-Baranovnice-Rowno 5. Kiew (Charkow)-Zdolbunov 6. Odessa-Zmerinka-Proskurow. Hiezu kommt noch durch die in neuester Zeit erfolgte Betriebseröffnung der Strecke Gomel-Brjansk bis Brest-L. die 7. Linie Orel-Gomel-Brest-L. <pb/>712 Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 Alle diese Linien haben sehr günstige Betriebsverhältnisse, indem größere Steigungen als 8%o nicht Vorkommen und alle Stationen, von denen keine unter 1,2 Kilometer lang ist, eine derartige Ausdehnung haben, daß bei eventuellen Verkehrsstockungen mehrere Züge in einer Station zurückgehalten werden können, ohne hiedurch den durchgehenden Verkehr zu hemmen, was von ganz bedeutender Wichtigkeit ist, außerdem ist nahezu jede Station Wasserstation. Diese Verhältnisse bilden einen großen Sicherheitskoeffizienten für einen unge¬ störten regelmäßigen Verkehr, von welchem der sichere, zielbewußte Aufmarsch der Truppen wesentlich abhängt, weil sonst jede Vorausbestimmung bezüglich Ansammlung und Verwendung der im Aufmarschraum eintreffenden Truppen illusorisch wird. Nicht unerwähnt kann ich hiebei lassen, daß, wie ich mich vor kurzem persönlich überzeugt habe, der Dienst sehr exakt gehandhabt wird und daß die Bahnen in sehr gutem Bauzustand sind. Überhaupt herrscht in Rußland seit den letzten zwei Jahren eine fieberhafte Tätigkeit im Eisenbahnwesen, wovon schon die Höhe der Budgets pro 1886 und 1887 Zeugnis gibt, welches für Eisenbahn- und Hafenbauten im Jahre 1886 52 643 000, im Jahre 1887 48 414 000 Rubel aufweist. Die meisten der neuerbauten Bahnlinien dienen hauptsächlich militä¬ rischen Zwecken, wie z. B.: Melkin-Siedlec, Bialystok-Baranovnice, Brest- Chelm, Gomel-Brjansk. In neuester Zeit wurde über militärische Anforderung der Bau der Linie Zmerinka-Mogilev-Novoselica angeordnet, um eine neue Zufahrtslinie bis zur Grenze zu. erhalten. Für die bestehenden, den Aufmarschzwecken dienenden Bahnen wurde im laufenden Jahre eine eingehende Untersuchung des Bauzustandes und die Aus¬ wechslung aller schadhaften Schienen und Schwellen angeordnet, welche letzte¬ re in großem Umfange vollzogen wurde; außerdem wurden auf allen wichtigen Linien zwischen je zwei Stationen Kriegsausweichen von 11/2 Kilometer Länge eingeschaltet und derart eingerichtet, daß sie nur der Besetzung mit Personal bedürfen, um als Stationen funktionieren zu können. Die Blindbahnen der im Unterbau doppelspurig angelegten Linien sind so vorbereitet, daß das Legen des zweiten Gleises sofort erfolgen kann. In den einspurigen Strecken der Linie Petersburg-Warschau sind alle Objekte auch in der Eisenkonstruktion doppel¬ gleisig und liegen zwischen Warschau und Landrowo die Schienen für das zweite Gleis kilometerweise bereit. Um auch bezüglich der Fahrbetriebsmittel die Kriegsfahrordnung rasch einführen und insbesondere die Truppen der Militärbezirke Warschau und Kiew ehestens abschieben zu können, wurde vom Staat eine große Zahl von Lokomotiven angekauft, welche in Warschau, Brest und Kiew ausschließlich für Kriegszwecke in Reserve gehalten und im Bedarfsfälle von den Eisenbahn¬ truppen bedient werden. In allen Stationen der Aüfmarschlinien sind ungeheue¬ re Vorräte von Brennmaterial aufgehäuft, welche für einen monatelangen Kriegsverkehr hinreichen. Aus alledem geht hervor, daß man die Vorbereitungen Rußlands in keiner Weise unterschätzen darf, und daß es unsererseits der größten Anstrengung bedarf, eine russische Invasion hintanzuhalten, was - wie nachfolgende Darle- <pb/>Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 713 gung zeigen wird - bei den dermaligen Aufmarschverhältnissen der Monarchie, wenn nicht besondere Umstände, wie z. B. ein mächtiger Bundesgenosse, uns helfend zur Seite stehen, nahezu unmöglich ist. Die aufliegenden generellen Längenprofile unserer Aufmarschlinien zeigen deutlich, daß außer der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn alle Linien höchst ungün¬ stige Niveauverhältnisse haben, u. zw. beschränken sich die ungünstigen Stei¬ gungen und Gefalle nicht auf einzelne Stellen, sondern dehnen sich meist auf lange Strecken, wenn nicht über die ganzen Linien aus. So wechseln z. B. bei der galizischen Transversalbahn Anstieg und Gefalle bis 25 %o kontinuierlich ab; dieselbe Maximalsteigung befindet sich bei der I. ung.-galizischen Eisen¬ bahn; die Kaschau-Oderberger Bahn hat lange Strecken mit 14 %o Steigung; bei beiden Bahnen wechseln ebenfalls wiederholt Steigung und Gefalle. Die Beski¬ denbahn ist insoferne etwas günstiger, als sie einerseits kontinuierlich steigt, andererseits ebenso fällt, dafür aber beträgt die Maximalsteigung in kurzer Strecke 29 %o. Bezüglich der Stationseinrichtungen läßt auch nur die Nordbahn einen Ver¬ gleich mit jenen der russischen Bahnen zu. Bei allen übrigen Bahnen waren sie bis in jüngster Zeit derart, daß der beanspruchte Kriegsverkehr überhaupt nicht möglich war. Erst im heurigen Jahr wurden sie - dank der gütigen Einflußnahme der Herren Ressortminister - bei den Hauptaufmarschlinien entsprechend er¬ weitert, was auch bei den übrigen Bahnen in den nächsten Jahren geschehen wird. Selbstverständlich mußte man sich hiebei, um die Auslagen möglichst zu beschränken, nur mit dem für die fahrplanmäßigen Zugskreuzungen unbedingt Notwendigen begnügen und blieb bei der Festsetzung der Stationslängen und Gleiszahl bedeutend unter jenen Ausmaßen, welche bei anderen Staaten nor¬ miert sind. Alle diese Verhältnisse üben den ungünstigsten Einfluß sowohl auf die Lei¬ stungsfähigkeit der Bahnen als auch auf die Sicherheit des Betriebes. Ich war selbst wiederholt Zeuge, daß im gewöhnlichen Friedensverkehr kaum normal belastete Lastzüge mit dem geschulten Zugsbegleitungspersonal größere Stei¬ gungen nicht bewältigen und im Gefalle nicht aufgehalten werden konnten. Bedenkt man nun, daß im Kriegsfälle zur Durchführung der Kriegsfahrordnung der Maschinenstand der galizischen Staatsbahnen von 145 auf 394, jener der I. ung.-galizischen Bahn von 29 auf 137, der Kaschau-Oderberger Bahn von 88 auf 190, jener des ungarischen Teiles der Beskidenbahn von 8/29 auf 45/77 Lokomotiven gebracht werden muß, daß somit der überwiegend größere Teil des Lokomotivenpersonals mit den Streckenverhältnissen ganz unvertraut ist, so läßt sich leicht ermessen, daß auf solchen Linien Verkehrsstörungen nahezu unvermeidlich sind, welche aber unberechenbar rückwirken können auf das gesamte Aufmarschkalkül. Und bei diesen höchst ungünstigen Verhältnissen muß noch die Heeresleitung die schwere Verantwortung auf sich nehmen, Doppelzüge verkehren zu lassen, um eine halbwegs entsprechende Leistungsfä¬ higkeit herauszubringen, denn würde dies nicht geschehen, so könnten z. B. auf der galizischen Transversalbahn oder I. ung.-galizischen Eisenbahn täglich höchstens vier Bataillone Infanterie oder ein Kavallerieregiment befördert wer- <pb/>714 Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 den. Der Transport einer Infanterie- oder Kavallerietruppendivision würde somit allein fünf Tage in Anspruch nehmen. Nach den gegenwärtigen Verhältnissen und vorausgesetzt, daß der Auf¬ marsch des k. u. k. Heeres ohne Störung vor sich geht, gestaltet sich der Auf¬ marsch in den einzelnen Zeitabschnitten beiläufig folgender Art: Am 10. Mobilisierungstag sind in den Grenzbezirken kriegsbereit: in Rußland 329 Bataillone mit 285 500 Gewehren 451 Eskadronen mit 68 000 Reitern 128 Batterien mit 974 Geschützen Von dieser Truppenzahl kann der größte Teil der Kavallerie und beiläufig die Hälfte der Infanterie nahe der Grenze stehen. Am 15. Mobilisierungstag operationsbereit: 402 Bataillone mit 347 000 Gewehren 451 Eskadronet mit 68 000 Reitern 175 Batterien mit (hiezu eigentlich noch 1 350 Geschützen 87 Bataillone mit 80 000 Gewehren Festungstruppen) 13 Batterien mit 104 Geschützen Am 20. Mobilisierungstage: 495 000 Gewehren 72 500 Reitern 562 Bataillone mit 1 830 Geschützen 481 Eskadronen mit 235 Batterien mit Am 25. Mobilisierungstage: 722 Bataillone mit 627 000 Gewehren 511 Eskadronen mit 77 000 Reitern 295 Batterien mit 2 310 Geschützen Am 36. Mobilisierungstage kann die ganze russische Operationsarmee im Aufmarschraume konzentriert sein. Die öster.-ung. Armee ist in keiner Phase der Mobilisierung der russischen Armee numerisch auch nur annähernd gewachsen. Diese Zahlen, bei deren Feststellung die Leistungsfähigkeit der Bahnen, Kriegsbereitschaft der Truppen und die Transportdauer von den Gamisonsor- ten genauestens berücksichtigt wurden, zeigen, daß Rußland bei den dermaligen Verhältnissen in jedem Stadium des Aufmarsches bedeutend im Vorteile ist, welcher Vorteil bei der überwiegenden Leistungsfähigkeit der russischen Bah¬ nen - trotz der großen Entfernungen, welche die Truppen der rückwärtigen Provinzen zurückzulegeri haben - sich naturgemäß von Tag zu Tag steigert. <pb/>Nr. Ila Vortrag, Wien, Oktober 1887 715 Der Kampf mit Rußland kann daher nur dann mit Aussicht auf Erfolg an der Reichsgrenze aufgenommen werden, wenn dem k. u. k. Heere die Möglich¬ keit geboten wird, seine Operationsarmee zu konzentrieren und die Offensive zu beginnen, bevor Rußland in der Lage ist, von seiner großen numerischen Überlegenheit Gebrauch zu machen. Das einzige Mittel, dieses für die Verteidi¬ gung der Monarchie so hochwichtige Ziel zu erreichen, liegt - da bezüglich der raschen Erlangung der Kriegsbereitschaft der Truppen schon bis zur äußersten Grenze der Möglichkeit gegangen wurde und eine wesentliche Vermehrung der Truppen des Grenzgebietes im Frieden aus mancherlei Gründen untunlich ist - in der Vermehrung und Verbesserung der Aufmarschlinien. Das Memoire weist alle jene Bahnbauten und Ameliorierungen auf, durch welche das angestrebte Ziel erreicht werden könnte, und es wurde bei der Zusammenstellung desselben genau erwogen, wie dem militärischen Bedürfnisse mit möglichster Schonung der Staatsfinanzen entsprochen werden könnte. Durch die Vermehrung der Aufmarschlinien und Erhöhung der Leistungsfähig¬ keit derselben von 76 auf 107 Züge pro Tag könnte das k. u. k. Heer mit überlegenen Kräften an der Reichsgrenze auftreten und hätte viel früher seine Streitmacht konzentriert. I II Übergehend auf die einzelnen Linien erlaube ich mir dieselben in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit aufzuführen, muß daher in erster Linie die Not¬ wendigkeit des Doppelgleises auf der Linie Budapest-Miskolc-Legenymihäly-- Mezölaborc hervorheben. Die Notwendigkeit, wenigstens eine leistungsfähige, betriebssichere Aufmarschlinie zu besitzen, welche in das Zentrum des Auf¬ marschraumes führt, erscheint wohl im Memoire und auch in den heutigen Ausführungen begründet. Der Lage nach entspricht diesen Bedingungen die I. ung.-galizische Eisen¬ bahn am besten, weil sie in das Zentrum Galiziens führt und durch die Festung Przemysl gedeckt ist, wo Truppen und Kriegsmaterial vollkommen geschützt ausbarkiert werden können. Sie ist aber dermalen nicht leistungsfähig und kann es, insbesondere als Gebirgsbahn, überhaupt nur durch die Doppelspur werden; denn nur bei doppelspurigen Bahnen ist der Verkehr nach beiden Richtungen voneinander unabhängig, können somit die Züge in regelmäßigen Intervallen, ohne Rücksicht auf Kreuzungen einander folgen und involvieren Zugsverspä¬ tungen nach einer Richtung nicht auch Störungen im Verkehre der Gegenrich¬ tung. Die wichtigste Strecke ist hiebei naturgemäß die Bergstrecke, und es wäre höchst erwünscht, daß - nachdem das Doppelgleis auf öster. Gebiete schon im Bau ist - womöglich Szerencs-Mezölaborc, mindestens aber die Strecke Lege- nymihäly--Mezölahorc im künftigen Jahre doppelspurig hergestellt würde. In den folgenden Jahren wären dann die Strecke Szerencs bzw. Legenymihäly- Miskolc und Miskolc-Hatvan zu bauen, wobei vorausgesetzt wird, daß der Bau der Strecke Aszöd-Hatvan für künftiges Jahr eine beschlossene Sache ist. Mit größeren Kosten dürfte nur die Bergstrecke verbunden sein, da im übrigen Teile die Erdarbeiten für den Unterbau gering sind und der Grund <pb/>716 Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 streckenweise schon Bahneigentum ist. In der Strecke Miskolc-Szerencs sind sogar schon sämtliche Objekte im Unterbau, dann streckenweise Einschnitte und Dämme für die Doppelspur hergestellt. II HI Hand in Hand mit der Herstellung des Doppelgleises Legenymihäly- Mezölaborc müßte der Bau der Linie Jaslo-Rzeszow erfolgen, weil sonst die auf der galizischen Transversalbahn kommenden Truppen von Zagörz nicht mehr weitergeführt werden könnten; auch wird durch diese Linie die Möglichkeit geboten, bei Rzeszöw ehebaldigst eine größere Truppenmacht zum Schutze dieses Punktes und der Karl-Ludwigs-Bahn auswaggonieren zu können. Diese Linie sollte daher ebenfalls womöglich im kommenden Jahre gebaut werden, und bieten auch hier die Terrainverhältnisse dem Bahnbau keine Schwierigkeiten. Wenn die Detailstudien der Trasse es wünschenswert machen, könnte als Abzweigungspunkt anstatt Jaslo eine andere nahegelegene Station gewählt werden. HI FV Der nächst wichtigste Teil ist die Herstellung des Doppelgleises von Oderberg über Oswiqcim nach Podgorze, um die Leitungsfähigkeit der Nord¬ bahn, wie sie dermalen von Wien bis Oderberg besteht, bis Krakau auszudeh¬ nen, wobei mit der Strecke Oswi^cim-Podgorze begonnen werden sollte, um ehebaldigst wenigstens alle Züge, welche jetzt die der feindlichen Einwirkung sehr ausgesetzte Strecke Oswi^cim-Trzebinia-Krakau passieren müssen, gesi¬ chert bis Krakau fortführen zu können, was gegenwärtig wegen der viel geringe¬ ren Leistungsfähigkeit der Strecke Oswiqcim-Skawina-Podgorze (22 Züge ge¬ gen 35) nicht möglich ist. Auch diese Herstellungen unterliegen bezüglich des Terrains keinen besonderen Schwierigkeiten. IV V In weiterer Folge wäre die im Memoire sub 3. genannte Verbindung durch das Grantal, dann von Popräd direkte nach Orlö zu bauen; für beide Strecken sind keine besonderen Bauschwierigkeiten. Mit dem Bau der Grantal- Bahn müßte gleichzeitig das schon bestehende Stück derselben in eine Haupt¬ bahn umgestaltet werden. Durch die direkte Verbindung Popräd-Orlö würde der große Umweg und die schwierige Bergstrecke von Popräd über Abos nach Orlö sowie die den Betrieb erschwerende, enge Kopfstation Abos vermieden werden; diese Verbindung würde beiläufig 60,7 Kilometer lang, gegen 165,6 wirklicher, oder 217 Kilometer virtueller Länge beim Wege über Abos, und könnte mit einem stetigen Gefalle von 3-5 %o hergestellt werden. Wird die Doppelspur Hatvan-Miskolc ehestens gebaut, so kann die Ausführung der Grantal-Linie einem späteren Zeitpunkte Vorbehalten werden, weil die durch das Doppelgleis sehr leistungsfähig werdende Linie Budapest-Miskolc mit Hilfe der Linie Hatvan-Ruttka die Aufmarschlinie 3 und 4 (nach Rzeszöw und Przemysl) speisen kann, wenngleich es immerhin mißlich ist, hiezu auf eine Linie beschränkt zu sein. V <pb/>Nr. Ha Vortrag, Wien, Oktober 1887 717 VI Die Legung des Doppelgleises Krakau-Lemberg könnte - wie im Me¬ moire angedeutet - im künftigen Jahre mit der Strecke Krakau--Tarnöw begon¬ nen und alljährlich auf eine angemessene Strecke fortgesetzt werden. Beifügen muß ich, daß gegenwärtig in der Strecke Tarnöw-Jaroslau die Kriegsfahrord¬ nung sogar Drillingszüge enthält, was, obwohl die Karl-Ludwigs-Bahn günstige Betriebsverhältnisse hat, immerhin bedenklich ist. VI VIII Bezüglich der Hebung der Leistungsfähigkeit einzelner Strecken der galizischen Staatsbahnen und der Kaschau-Oderberger Bahn erlaube ich mir zu erwähnen, daß das Bedürfnis hiefür bei den Staatsbahnen für die Strecken Zwardön-Suche-Neusandez-Orlö, dann Stroze-Tarnöw und Stroze-Jaslo bzw. Abzweigung nach Rzeszöw, bei der Kaschau-Oderberger Bahn, je nachdem die Linie Popräd-Orlö gebaut wird oder nicht, für Ruttka-Popräd oder Ruttka- Abos-Orlo besteht. Bei den Staatsbahnen ist durch die heuer ausgeführten Erweiterungsbauten die angestrebte Leistung für die Strecken Zwardön-Su- cha-Neusandez-Orlö und Stroze-Tarnöw bereits ermöglicht. Es erübrigt daher nur noch die Einschaltung zweier Ausweichen zwischen Stroze und Jaslo, u. zw. zwischen den Stationen Stroze und Wola-Uzanska, dann dieser Station und Zagorz. Bei der Kaschau-Oderberger Bahn beschränken sich die Arbeiten - den Bau der Linie Popräd-Orlö vorausgesetzt - auf die Herstellung einer Ausweiche zwischen Liptöüjvär und Vazsecz. Sollte jedoch die Poppertal-Bahn nicht gebaut werden, so müßten außer der genannten noch weitere drei Ausweichen hergestellt werden, u. zw. zwischen Popräd und Käposztafalu, zwischen Margitfalu und Kisladna und zwischen Hethärs und Pusztamezö. Zwei derselben bedingen aber, da sie in sehr große Steigungen fallen, besonders konstruierte kostspiehge Anlagen. VIII Die Wünsche der Heeresleitung wegen einer Donauüberbrückung bei Ko- morn oder Preßburg wurden dem kgl. ung. Kommunikationsministerium schon wiederholt mitgeteilt und bedürfen keiner näheren Erörterung. VII Was endlich die angestrebte neue Aufmarschlinie gegen Ostgalizien betrifft, so erscheint ihre Notwendigkeit im Memoire und durch die vorbespro¬ chenen Aufmarschverhältnisse beider Staaten eingehend begründet. Der Wert der Linie ist so groß, daß ohne Zögern vorläufig mit der Trassierung derselben begonnen werden sollte. Die angegebene Richtung derselben gegen Stanislau wird dadurch bedingt, daß sie vor der feindlichen Einwirkung gesichert sein muß, was durch ein Anknüpfen der Linie gegen Kolomea oder gar gegen Czernowitz oder Suczawa nicht erreicht würde, u. zw. umso weniger, sobald russischerseits die Linie Zmerinka-Nowoselica ausgebaut ist. Der Bau der Linie Maramarossziget-Stanislau könnte, um die Ausgaben großer Summen in kurzer Zeit zu vermeiden, in mehreren Jahresabschnitten sukzessive erfolgen. Selbst kleine Abschnitte jährlich - beiderseits an die beste¬ henden Bahnen anbindent - gebaut, würden in nicht zu ferner Zeit zum Ziele <pb/>718 Nr. Ila Vortrag, Wien, Oktober 1887 führen, und wäre das Reichskriegsministerium gewiß gerne bereit, die Arbeit durch Beigabe von Militärarbeitsdetachements des Eisenbahnregiments zu un¬ terstützen. Selbstverständlich müßte auf die längerwährenden Arbeiten des Gebirgsüberganges gehörig Rücksicht genommen werden. VII IX Zum Schlüsse erlaube ich mir nur noch einige Worte in betreff des Fahrparkes der öster.-ung. Monarchie beizufügen. Wie im Memoire dargelegt, steht in der Monarchie das Verhältnis der Maschinenzahl zu den Bahnlängen ziffernmäßig weit hinter jenem Deutschlands und Rußlands zurück, wobei noch bemerkt werden muß, daß sich die im Memoire angegebenen Daten bezüglich Rußlands auf das Jahr 1885 beziehen, seither aber der Fahrpark der neueröffne¬ ten Linien und die eingangs erwähnten Maschinenreserven zuzuzählen sind, daß somit das Verhältnis dermalen jedenfalls noch bedeutend günstiger ist, als im Memoire angegeben; dies wurde in demselben nur deshalb nicht berücksichtigt, weil positive Daten über den jetzigen Lokomotivstand in Rußland noch fehlen. In der Praxis ist aber das Verhältnis in Österreich-Ungarn noch viel ungünsti¬ ger, als die Zahlen darstellen, weil wir bei den vielen Gebirgsbahnen zu den Zügen, welche in Deutschland und Rußland mit einer schweren oder zwei leichten Lokomotiven fortgebracht werden, in den Gebirgsstrecken drei und vier schwere Maschinen brauchen, der Lokomotivbedarf daher ein verhältnis¬ mäßig viel größerer ist. Wie groß der Unterschied zwischen dem Maschinenbe¬ darf im Frieden und im Kriege für jene Linien ist, auf denen die volle Kriegs¬ fahrordnung eingeführt werden muß, läßt sich schon aus den früher angeführten Beispielen einiger Bahnen entnehmen. Der Grund, daß sich das Verhältnis der Lokomotivzahl zur Bahnlänge in den letzten Jahren eher ungünstiger als besser gestaltet, liegt darin, daß alle neuen Bahnen zur möglichsten Verminderung der Anlagekosten stets ein Minimum von Fahrbetriebsmitteln und die in neuerer Zeit entstehenden vielen Sekundär¬ bahnen überdies nur Lokomotiven beschaffen, die für den großen Militärtrans¬ port ganz ungeeignet sind. Wie dringend notwendig aber eine Besserung der Verhältnisse auch in dieser Richtung ist, geht daraus hervor, daß selbst die deutsche Heeresverwaltung bei den günstigen Betriebsverhältnissen und dem Reichtum an Lokomotiven die Zahl derselben für ungenügend hält und eine stete Vermehrung anstrebt. Bezüghch des Wagenparkes möchte ich nur das dringende Bedürfnis der Vermehrung der Bremswagen betonen, weil die gegenwärtige Zahl derselben, ebenfalls mit Rücksicht auf die vielen Gebirgsbahnen, unzureichend ist. IX <pb/>