Gemeinsamer Ministerrat, 20. 4. 1887
I. Inanspruchnahme eines Teiles des mit dem Ah. sanktionierten Delegationsbeschlusse vom 7. März 1887 bewilligten Kredites von 28 Millionen
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350 Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 Vermittlungsantrag des kgl. ung. Ministerpräsidenten formuliert und der Ver¬ such gemacht werde, in der Sitzung unter Ah. Vorsitze auf Basis desselben zu einer Verständigung zu gelangen. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erklärt, daß er durch den Vermittlungsantrag seine staatsrechtlichen Bedenken nicht geho¬ ben erachte, daß er aber, falls derselbe die Zustimmung des k. k. Ministerrates, die ja jedenfalls noch eingeholt werden müßte, finden würde, nicht auf seinem Widerstande beharren wolle, jedoch unter der Voraussetzung, daß mit den jetzt eventuell zu bewilligenden Summen die Anforderungen der Kriegsverwaltung an die Finanzen der beiden Reichshälften für dieses Jahr zum Abschlüsse gelangen. Der Vorsitzende glaubt auch, daß möglicherweise in dem Vermitt- lungsantrage die Basis zur weiteren Diskussion gefunden werden könne, und ersucht den kgl. ung. Ministerpräsidenten um eine Formulierung derselben. Der kgl. ung. Ministerpräsident faßt seine Anschauungen dahin zusammen, daß die Auslagen für die Vollendung der fortifikatorischen Ma߬ nahmen sowie diejenigen Ausgaben, welche sich als lediglich dazu bestimmt charakterisieren lassen, um das aus dem 23-Millionen-Kredite Angeschaffte in statu quo zu erhalten, aus dem Eventualkredit bestritten werden sollen. Nach seiner Schätzung würden sich diese Summen beiläufig um 3 Millionen herum belaufen. Jene Beträge, die sich als einfache Überschreitungen des fixen Kredites oder aber als im voraus erfolgte Verausgabungen für ohnehin zu bestreitende Erfordernisse darstellen, und unter letztere rechne er auch die gesamten Voraus¬ erhebungen von Raten für die Marine, wären als Überschreitungen bei Vorlage des ordentlichen Budgets an die Delegationen zu rechtfertigen. Diese Auslagen nehme er mit beiläufig 2 Millionen an. Die Bestreitung der nicht in diese Kategorie gehörigen Anforderungen hätte dermalen zu unterbleiben. Der kgl. ung. Ministerpräsident betont, daß diese Anträge lediglich seiner persönlichen Ansicht entstammen und für dieselben erst im Falle der Annahme die Zustimmung des kgl. ung. Ministerrates eingeholt werden müßte, was übri¬ gens dann in kürzester Frist erfolgen könne.4 Die Sitzung wird hierauf geschlossen. Kälnoky [Ah. E. fehlt] Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. April 1887 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (10. 5.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taalfe (28. 4.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister FZM. Graf Bylandt-Rheidt (5.6.), der k. u. k. gemeinsame Finanzmini- 4 Siche Anm. 4. <pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 351 ster Källay (29. 4.), der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski (28. 4.), der k. u. k Marinekom¬ mandant Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck (30. 4.). Protokollführer: Hof- und Ministerialrat Ritter v. Khu. Gegenstand: Inanspruchnahme eines Teiles des mit dem Ah. sanktionierten Delegationsbe- schlusse vom 7. März 1887 bewilligten Kredites von 28 Millionen. KZ. 39 - RMRZ. 341 Protokoll des zu Wien am 20. April 1887 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen die Sitzung mit der Erklä¬ rung zu eröffnen, daß Allerhöchstdieselben sich prinzipiell der von der gemein¬ samen Regierung in den bisherigen Verhandlungen über den Gegenstand vertre¬ tenen Auffassung anschließen müssen und die Berechtigung des Standpunktes, welcher seitens der beiderseitigen Regierungen diesfalls eingenommen worden sei, nicht anerkennen können. Vor allem sei es verfehlt, sich nur mit der Frage zu beschäftigen, wie sich die dermaligen Anforderungen mit den Worten des Gesetzes in Harmonie bringen lassen, und hiebei die Erwägungen, ob die Anforderungen angesichts der gegenwärtigen Lage begründet und notwendig sind, ganz außer acht zu lassen. Im übrigen sei es auch nicht wichtig, daß der Text des eigentlichen Beschlusses der Delegationen die Bewilligung der Anfor¬ derung ausschließe; es mögen wohl im Verlaufe der Delegationsverhandlungen Erklärungen abgegeben worden sein, die als Begründung einer so schroffen Trennung der Kredite, wie sie jetzt angenommen werde, dienen könnten; doch diese seien nicht maßgebend, sondern der Wortlaut der Beschlüsse. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza glaubt mit seinem gestern gestellten Vermittlungsantrag an die äußerste Grenze dessen gegangen zu sein, was zur Berücksichtigung der Anforderung der Kriegsverwaltung nach der Sachlage tunlich ist. Der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe spricht sich in glei¬ chem Sinne bezüglich der Haltung der k. k. Regierung aus. Derk. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erlaubt sich zu konstatieren, daß auch die Note, welche seitens des Kriegsministeriums an die beiderseitigen Regierungen gerichtet worden sei, keine Aufklärungen ent¬ hielt, die zur Begründung der Notwendigkeit der Maßnahmen, die nur summa¬ risch in der beigegebenen Liste aufgezählt wurden, hätte dienen können. Bei aller Anerkennung übrigens der Nützlichkeit und Ersprießlichkeit der gestellten Anträge habe die Regierung doch absolut nicht die Verpflichtung umgehen können, vor allem ihre legale Berechtigung zur Befriedigung der Anforderungen aus dem Eventualkredite gewissenhaft zu prüfen, und da hätte einer bejahenden Beantwortung der Text der Delegationsbeschlüsse im Zusammenhalte mit der Erklärung des Ministers des Äußern, daß die dermalige Lage nicht nur nicht verschlimmert, sondern eher gebessert sei, sowie der mit Rücksicht auf die bekannte Weise des Zustandekommens derselben jedenfalls zur Interpretation der Beschlüsse dienliche Bericht des Ausschusses entgegenstanden [sic!], in welchem der Eventualkredit als ein Teil des im Notfälle nicht zu umgehenden <pb/>352 Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 Mobilisierungskredites bezeichnet wurde. Gestützt auf diese Ausführungen und analogen Äußerungen des Reichskriegsministers im Budgetausschusse der Dele¬ gation des Reichsrates, habe der Redner auch im gleichen Sinne den Eventual¬ kredit bei Beratung des Gesetzes über die Deckung desselben als eine Art Kriegskredit bezeichnet und gerade im Hinblick auf die Mißlichkeit, einen für gefahrdrohende Zeiten bestimmten Kredit im entscheidenden Augenblicke wie¬ der im Parlament zur Sprache zu bringen, es erreicht, daß von der beabsichtigten Trennung beider Kredite abgesehen würde. Da die jetzt angesprochenen Summen fast nur solche Posten enthalten, welche denselben Charakter tragen wie diejenigen, welche in dem 23-Millionen- Kredit aufgenommen wurden, so sei die k. k. Regierung der Ansicht gewesen, daß wenn die gemeinsamen Minister die Überzeugung erlangt hätten, mit dem 23-Millionen-Kredite für die dadurch zu erreichenden Zwecke zu niedrig gegrif¬ fen zu haben, so müßte eben die gemeinsame Regierung die Verantwortung für die nach ihrer Auffassung noch notwendigen Mehrauslagen übernehmen und dieselben, wie dies sonst auch bei bedeutenden Überschreitungen der prälimi- nierten gemeinsamen Auslagen geschehe, vor den Delegationen vertreten. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky hebt den Ausführun¬ gen des k. k. Finanzministers gegenüber hervor, daß weder der Wortlaut des Delegationsbeschlusses noch die Intention, in der die betreffende Vorlage ausge¬ arbeitet worden sei, berechtigt, den Eventualkredit als einen Kriegskredit anzu¬ sehen. Man habe auch bezüglich dieses Kredites die Notwendigkeit vorausge¬ setzt, auf einen gewissen Teil desselben bei Fortdauer der Unsicherheit in der politischen Situation zur Fortsetzung der eingeleiteten präparatorischen Ma߬ nahmen greifen zu müssen. Die Trennung der Kredite sei hauptsächlich nur aus dem Grunde erfolgt, weil man den Umfang und die Art der Verwendung des zweiten Kredites erst von den späteren Verhältnissen abhängig machen wollte. Was die politische Situation anbelangt, so habe er zwar die Besserung derselben konstatiert, aber andererseits betont, daß bei Fortbestand aller Quellen der Unruhe auch das plötzliche Umschlagen der momentan herrschenden friedli¬ cheren Stimmung in ihr Gegenteil als möglich in Berücksichtigung gezogen werden müsse. Se. k. u. k, apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß bei Ver¬ teilung der Summen in die beiden Kredite man von der Erwartung ausgegangen sei, daß in kürzerer Frist, bis zum Frühjahre etwa, sich die Situation in einer oder der anderen Weise entschieden geklärt haben werde und man so entweder mit den vorbereitenden Maßnahmen ganz aufhören oder sofort mit den Kriegs¬ vorbereitungen werde Vorgehen müssen. Nun dauere aber die unsichere Situa¬ tion in gleicher Weise fort, und man müsse eben notwendigerweise an die Bestreitung von Mehrauslagen denken, welche in das System der im 23-Millio¬ nen-Kredite vorgesehenen Auslagen gehören und um welche man allerdings letzteren Kredit seinerzeit hätte erhöhen sollen, wenn man diese Entwicklung der Dinge vorausgekannt hätte. Welcher Vorteil für die Finanzen der Monar¬ chie aber daraus resultiere, wenn diese notwendigen Auslagen, statt sie aus dem <pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 353 besonders votierten Kredite zu bestreiten, als Überschreitungen behandelt wür¬ den, sei nicht wohl abzusehen. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erlaubt sich zu bemerken, daß durch die Behandlung der jetzt noch notwendigen Auslagen als Überschreitungen nach Auffassung der k. k. Regierung die richtige rechtli¬ che Grundlage für Behandlung dieses Gegenstandes gewonnen würde. In den letzten Ministerkonferenzen habe er bereits darauf hingewiesen, daß bisher selbst bei sehr bedeutenden Überschreitungen des gemeinsamen Budgets eine Einvernahme der beiden Regierungen nicht erfolgt sei. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen darauf hinzuweisen, daß es sich bei früheren Überschreitungen des gemeinsamen Budgets nicht um bewußte Überschreitungen gehandelt habe; jetzt würde man aber geradezu den Beschluß fassen, eine Überschreitung vorzunehmen, und es sei sehr fraglich, ob dieser Vorgang auch vom Standpunkte des konstitutionellen Rechtes als korrekter angesehen werden könnte als die vom gemeinsamen Ministerium vertretene Modalität. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza glaubt vor allem konstatieren zu müssen, daß er mit der Bedeckung der ganzen jetzt angeforder¬ ten Summe sich weder auf dem Wege der Entnahme aus dem 28-Millionen- Kredite noch auf irgendeine andere, wie z. B. die von dem k. k. Ministerrate angeregte, Weise einverstanden erklärt hätte. Er habe nur bezüglich einiger Beträge, wo eine solche Vorgangsmodalität nach seiner Anschauung sich even¬ tuell rechtfertigen lasse, gestern die Bedeckung auf zwei verschiedene Modalitä¬ ten beantragt, u. zw. habe er die zur Vollendung der fortifikatorischen Auslagen sowie die zur Instandhaltung der angeschafften Vorräte notwendigen Kosten als aus dem 28-Millionen-Kredite bestreitbar bezeichnet, wobei er bei letzterer Post nur an die zur anderweitigen Verwertung der an einzelnen Orten aufgestapelten Vorräte erforderlichen Transportkosten, durchaus nicht aber an Neu- oder Ergänzungsanschaffungen solcher Vorräte gedacht habe. Von anderen Posten, welche jedenfalls das gewöhnliche Budget belasten würden und die also gewis¬ sermaßen nur im voraus bestritten werden sollen, wie Auswechslung der dreijäh¬ rigen Konserven, die Anschaffung neuartiger Patrontaschen und sämtliche Anforderungen für die Marine, mit Ausnahme der Anschaffung des neuen Torpedobootes, habe er gemeint, daß dieselben sich als Überschreitungen des Budgets mit der Erklärung, daß um den Betrag desselben das neue Budget entlastet sei, rechtfertigen ließen. Se. k. u. k. apost. Majestät erachten es nach diesen Darlegungen für notwendig, die Anforderungen der Kriegsverwaltung Post für Post durchzu¬ gehen, um bei jeder zu konstatieren, ob und in welche der beiden Kategorien sie aufgenommen werden könne. Der k. u. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt er¬ bittet sich vorerst das Wort zu einigen allgemeinen Bemerkungen, in denen er daraufhinweist, daß es allerdings möglicherweise zweckmäßiger gewesen wäre, gleich bei Feststellung des ersten Kredites auf eine höhere Summe zu greifen; wenn dies aber nicht geschehen sei, so sei in erster Linie die von den beiderseiti- <pb/>354 Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 gen Regierungen selbst aus Rücksichten auf die möglichste Schonung der Finanzen angeregte Erwägung maßgebend gewesen, nicht mehr zu verlangen, als tatsächlich in den drei-vier Monaten zur Ausgabe gelangen könne; nun müßten aber die in Ausführung begriffenen militärischen Vorbereitungsma߬ nahmen ausgeführt, erhalten und eventuell komplettiert werden. Was die allge¬ meine Situation betreffe, so möge allerdings in den politischen Beziehungen eine gewisse Detente eingetreten sein, dieselbe habe aber im Auslande noch zu keinem Nachlassen in den militärischen Maßnahmen geführt, und solange diese in so großem Umfange, wie dies tatsächlich der Fall sei, fortdauern, sei es auch unsererseits unmöglich, die militärischen Vorbereitungsmaßregeln abzubre¬ chen. Was die angeregte Behandlung einiger Auslagen als Überschreitungen anbelange, so vermöge er den auch praktischen Nutzen für die Finanzen um so weniger einzusehen, als er eben auch wegen Beischaffung der zur Bestreitung der Überschreitungen notwendigen Summen sich an die beiderseitigen Regierungen wenden müßte, und wenn diesem Ansinnen nicht entsprochen werden könnte, die Sache unausführbar bliebe. Wissentliche Überschreitungen seien bisher im Kriegsbudget mit Ausnahme eines einzigen Falles, wo es sich um Befestigungsarbeiten in Trient gehandelt habe, niemals vorgekommen, und in diesem Falle sei ein Ministerratsbeschluß eingeholt worden; alle anderen Überscheitungen beruhen auf Preisfluktuatio¬ nen oder auf anderen Verhältnissen, die der Minister nicht beherrsche, der überhaupt die genaue Höhe derselben erst gelegentlich der Schlußrechnungen kennenlerne. Der Reichskriegsminister geht nun zur Besprechung der einzelnen Anforderungen über. Die für fortifikatorische Maßnahmen in Krakau, Prze- mysl, Pola, Trebinje, Bilek und Mostar beanspruchte Summe beläuft sich auf 1 525 000 fl. und hat den Zweck, die Fortsetzung der Verteidigungsinstandset¬ zung der genannten fortifikatorischen Objekte bis zu denjenigen Maßnahmen fortzuführen, welche ihrer Natur nach erst im Falle der wirklichen Kriegsgefahr vorgenommen werden können. Die Zulässigkeit der Entnahme dieser Auslagen aus dem 28-Millionen-Kredite sei seitens des Herrn kgl. ung. Ministerpräsiden¬ ten bereits in der gestrigen Sitzung zugestanden worden. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. TiSza bestätigt dies. Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt weist nun bei der Post für ,,Beschaffung von Bekleidungs- und Ausrüstungssorten" darauf hin, daß mit der unter dieser Post enthaltenen Auslage von 1 000 000 fl. für Fußbekleidung 200 000 Paar Schuhe beschafft werden sollen, was nur durch Verwertung der Resultate neuer Versuche erreichbar sei. Bei der weiter hieher gehörigen Forderung für Patrontaschen, auch per 1 000 000 fl. wiederholt der Reichskriegsminister seine bereits gestern gegebenen Erläuterungen, um darzu¬ tun, daß einerseits die Erfolgung der neueren Patrontaschen notwendigerweise gleichzeitig mit der Übergabe der neuen Repetiergewehre an die drei Armee¬ korps erfolgen müsse, andererseits aber bei dem letzten Budget ein bestimmter Betrag hiefür nicht eingesetzt werden konnte, da damals weder die Einrichtung noch der Preis der neuen Patrontaschen festgestellt war. Der mit 500 000 fl. <pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 355 eingestellte Betrag zur Ergänzung der Bekleidung und Ausrüstung der Land¬ wehr- und Landsturmmänner der Spezialwaffen und Branchen im Heere sei unbedingt notwendig, um einen der hauptsächlichsten Vorteile der neuen Land¬ sturmeinrichtung für das k. k. Heer wirklich nutzbringend zu machen. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen hervorzuheben, daß mit der letzteren Post die in einer weiteren Rubrik angesprochene Summe von 180 000 fl. für Beschaffung von Pioniersäbeln zur Ausrüstung der Landsturmmänner der Spezialwaffen im unmittelbaren Zusammenhänge stehe. Wenn es auch möglich sei, vielleicht die Summe für Fußbekleidung für das nächste Budget zu reservie¬ ren und den zur Bestreitung der neuartigen Patrontaschen auszulegenden Betrag als Überschreitung zu rechtfertigen, so sei die Summe von 680 000 fl., von der überhaupt die Möglichkeit abhänge, die betreffenden Landwehr- und Land¬ sturmmänner im Notfälle heranzuziehen, so dringlich, daß sofort für die Dek- kung derselben Vorsorge getroffen werden müsse. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza glaubt daran fest- halten zu müssen, daß wenn auch die Anschaffung der neuartigen Patronta¬ schen eventuell als Überschreitung des Budgets bestritten und gerechtfertigt werden könnte, die Auslagen für Fußbekleidung jedenfalls erst beim kommen¬ den Budget ordnungsmäßig angesprochen werden müßten und mit der Fortset¬ zung der für Bekleidung und Ausrüstung der Landwehr- und Landsturmmän¬ ner noch nötigen Anschaffungen bis zu dem Momente gewartet werden solle, wo die Kriegsgefahr wirklich näher tritt. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen darauf hinzuweisen, daß ein solches Zuwarten nicht möglich sei, da man sonst jedenfalls zu spät käme, und daß daher unter allen Umständen schon dermalen ein Beschluß über den Betrag von 680 000 fl. gefaßt werden müsse. Über Ersuchen des kgl. ung. Ministerpräsi¬ denten geruhen Se. k. u. k. apost. Majestät zu gestatten, daß vorerst in der Erörterung der einzelnen Positionen fortgefahren werde. Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt geht demgemäß zur Besprechung der zur Ergänzung der Vorräte an Waffen, Artille¬ riematerial, Munitions- und Artillerie- und Trainwagen, dann Artilleriebespan¬ nung beanspruchten Posten über und bemerkt bezüglich der für 900 Infanterie¬ munitionswagen nötigen Summe von 360 000 fl., daß im ganzen 1800 Muni¬ tionswagen erforderlich seien, von denselben seien nur 900 zur Bestreitung aus dem ersten Kredite von 23 Millionen eingesetzt worden, da eben nur eine solche Anzahl bis jetzt fertigzustellen war, nun müßten aber unbedingt auch die weiteren 900 angefertigt werden. Was die für Trainfuhrwerke und Beschirrung für neun Abteilungen der Feldartillerie nötige Summe von 150 000 fl. betreffe, so stehe dieselbe sowie die bei der späteren Rubrik der Verpflegsvorsorgen vorkommenderi Forderungen für Feldverpflegsanstalten per 348 000 fl. im Zu¬ sammenhänge mit der durch Einreihung der Landwehr in die Aktion der gemeinsamen Armee sich ergebenden Notwendigkeit zur Vorsorge für ein neues Korps der Armee und könnte von diesen Anforderungen nicht abgesehen <pb/>356 Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 werden, wenn man nicht überhaupt auf die durch das neue Landsturmgesetz1 indirekt erreichte Vermehrung der Armee verzichten wolle. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza bemerkt, daß diese Anforderungen nur im Falle des Eintrittes der Kriegsgefahr aus dem Eventual¬ kredite bestritten werden könnten. Dermalen seien sie weder aus letzterem zu entnehmen noch als Überschreitung des Budgets zu behandeln, sondern gehör¬ ten einfach als neue Ansprüche in das Extraordinarium des nächsten regelmäßi¬ gen Budgets. Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt be¬ spricht nun die in der Rubrik ,,Vorkehrungen im Interesse des Verpflegs- und Trainwesens" enthaltenen Posten; der eine derselben repräsentiere die Beschaf¬ fung der Bespannungen für den Belagerungspark, der andere die Bestreitung der Wagenplachen für Landfuhrwerke. Durch besondere Ausnützung aller Verhält¬ nisse sei es der Kriegsverwaltung gelungen, mit unverhältnismäßig geringen Kosten einen vollständigen Belagerungspark zu beschaffen, nun handle es sich aber darum, die Bespannungen herzustellen, um im Falle der Notwendigkeit die einzelnen Teile derselben auch wirklich an die anzugreifenden Festungsobjekte herantransportieren zu können. An Wagenplachen seien aus dem 23-Millionen- Kredite diejenigen, die für Verpflegsmagazine nötig sind, beigestellt worden, da man aber im großen Maße bei der Verführung der Naturalien auf die Unterstüt¬ zung durch Landfuhrwerke werde greifen müssen, seien auch Wagenplachen für letztere notwendig und im geringsten Ausmaße angesetzt. Übergehend auf die Rubrik ,,Verpflegsvorsorgen" beruft sich der Reichskriegsminister bezüglich der in diese Rubrik gehörigen Posten zur Forterhaltung der Vollzähligkeit der Naturalienvorräte per 820 000 fl. und zur Forterhaltung der Vollzähligkeit der Vorräte an Zwieback und Fleischkonserven per 840 000 fl. auf die detaillierten Aufklärungen über das Verpflegswesen im allgemeinen und die Konditionie¬ rung der Verpflegsvorräte, die er in der gestrigen Sitzung gegeben, indem er daraufhinweist, daß der kgl. ung. Ministerpräsident bereits die Zulässigkeit der Bestreitung ersterer Post aus dem Eventualkredite anerkannt habe. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza bemerkt, daß er die Entnahme der zur Erhaltung der Naturalienvorräte nötigen Beträge aus dem zweiten Kredite nur soweit gerechtfertigt ansehe, als es sich um die Kosten der zur Verwertung der dermalen an einzelnen Punkten aufgehäuften Vorräte nöti¬ gen Verteilung derselben, also um die Transportkosten handle. Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt erwi¬ dert, daß außer den Transportkosten auch auf die Ergänzung der durch Kalo und Schwindung eintretenden Verluste Rücksicht genommen werden müsse. Die beiden Posten seien auf das eingehendste durchstudiert worden, und reprä¬ sentieren die Ansätze das Minimum dessen, was zur Erhaltung des Status quo nötig sei. Der Reichskriegsminister erwähnt, daß die weiter in dieser Rubrik enthaltene Post für Beschaffung des Verpflegstrains für ein neues Armeekorps 1 Gesetz vom 6. Juni 1886 betreffend den Landsturm, RGBl. Nr. 60. - GA. XX vom Jahre 1886 betreffend den Landsturm, Magyar Törv£nytär 1884-1886 363-367. <pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 357 bereits oben besprochen wurde, und daß außerdem noch in dieser Rubrik für Beschaffung von Magazinsäcken 160 000 fl. und für tingierte Decken für freila¬ gernde Vorräte 120 000 fl. angesprochen werden. Übergehend zu der letzten Rubrik ,,Sonstige militärische Vorkehrungen" per 746 000 fl. führt der Reichskriegsminister aus, daß in derselben eine Post Kund¬ schaftswesen per 70 000 fl., dann die bereits gestern mit der Notwendigkeit, wenigstens die in erster Linie an der Grenze befindlichen Artillerieabteilungen mit der nötigen Bespannung zu versehen, motivierten Anforderungen für vier¬ einhalbmonatliche Verpflegung der bereits früher beschafften Artilleriepferde per 45 000 fl. und Einziehung von Reservisten der Kavallerie per 105 000 fl. eingestellt seien; von der weiter in dieser Rubrik enthaltenen Post für Einzie¬ hung der Reservisten bei sämtlichen Infanterieregimentern in Galizien und Nordmähren auf 28 statt auf 13 Tage bemerkt der Reichskriegsminister, daß nachdem Se. Majestät bereits die Herabsetzung der ersten Periode der Einberu¬ fung auf 13 Tage anzubefehlen geruht habe, jedenfalls von der präliminierten Summe per 216 000 fl. ein Teilbetrag von 70 000 fl. in Wegfall komme. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß vorläufig wohl von der Einsetzung der ganzen Post Abstand genommen werden könne.2 Der k. k. Reichskriegsminister FZM. Graf Bylandt be¬ gründet hierauf noch weiter die in obige Rubrik gehörigen Posten, für Standes¬ erhöhung der Verpflegsanstalten per 30 000 fl., für Überstandführung der im Februar einberufenen Rekruten durch drei Monate per 130 000 fl. und für die viereinhalb monatliche Verpflegung der bereits früher beschafften 50 Pferde zu den Kavallerieregimentern per 150 000 fl. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen nun die Anfrage zu stellen, ob bezüglich der Anforderungen für die Marine eine Einigung bezüglich der Behandlung und Rechtfertigung derselben als Überschreitungen des Budgets erzielt sei. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erlaubt sich zu be¬ merken, daß nach seiner persönlichen Auffassung allerdings die dermalige Bestreitung dieser Auslagen mit dem gerechtfertigt werden könne, daß die bezüglichen Auslagen nur als eine durch die Verhältnisse bedingte Vorausnah¬ me von Summen anzusehen sei, welche jedenfalls in dem Extraordinarium der nächsten Budgets figuriert hätten, welch letztere um diese Summen entlastet seien. Die Anschaffung des neuen Torpedobootes könne jedenfalls erst nach Bewilligung im nächsten Budget erfolgen. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erklärt sich bereit, diesen Standpunkt im k. k. Ministerrate zu vertreten. Der k. k. Marinekommandant Vizeadmiral v. Sterneck gibt die Aufklärung, daß mit den jetzt angesprochenen Summen nur die Herstel¬ lung der Schlagfertigkeit der beiden Turmschiffe bis zum kommenden Frühjah- Vortrag des Reichskriegsministers v. 5.12.1887 betreffend die Vornahme der Waffenübungen der Reservemänner zum Zwecke der Einschulung mit dem Repetiergewehr, KA., MKSM. 4-1/5 ex 1887. <pb/>358 Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 derselben erfolgen könne. Es würden daher noch immer Anforderungen in den nächsten Budgets für diese beiden Schiffe Vorkommen. Derkgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza bemerkt, daß es sich nur darum handle, ob die nächsten Budgets in der Höhe der jetzt angesproche¬ nen Summen entlastet sein würden. Der k. k. Marinekommandant, Vizeadmiral Freiherr v. Sterneck bestätigt dies. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen nunmehr die Rekapitulie- rung der einzelnen Forderungen für das Heer anzuordnen, um eine Einigung darüber zu erzielen, welche Posten aus dem Eventualkredite zu übernehmen und welche als Überschreitungen zu rechtfertigen oder vorläufig ganz zurückzustel¬ len wären. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza spricht sich dahin aus, daß er bereits in seinen früheren Anträgen so weit als möglich gegangen sei. Der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe schließt sich dieser Auffassung an. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski betont, daß den beiderseitigen Regierungen bei Mitteilung der Anforderungen gar keine Daten gegeben worden seien, um die absolute Notwendigkeit der Ansprüche der Kriegsverwaltung vertreten zu können. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen zu bemerken, daß eingehen¬ de Besprechungen und Motivierung der militärischen Maßnahmen in den No¬ ten an die beiderseitigen Regierungen, schon mit Rücksicht auf den ganz fachli¬ chen Charakter der bezüglichen Daten, wohl nicht am Platze gewesen wären; die gemeinsamen Ministerkonferenzen seien bestimmt, solche Aufklärungen zu bieten, und es sei ja tatsächlich auch vom Reichskriegsminister die Unerläßlich- keit der Fortsetzung und Ergänzung der Vorbereitungsmaßnahmen in einge¬ hender Weise erörtert und den Teilnehmern der Konferenz Gelegenheit geboten worden, sich ein Urteil hierüber zu bilden. Es wurde hierauf in eine neuerliche Diskussion der angesprochenen Posten eingetreten, eine Einigung zwischen den differierenden Standpunkten bei den einzelnen Positionen jedoch nicht erzielt. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erlaubt sich nun, unter Hinweis auf den Umstand, daß mit Rücksicht auf den fachmänni¬ schen Charakter der Motivierung der einzelnen Positionen es allerdings schwie¬ rig sei für die Mitglieder der beiderseitigen Regierungen, bezüglich jeder einzel¬ nen Post sich über den höheren oder minderen Grad der Notwendigkeit und Dringlichkeit derselben zu entscheiden, den Antrag zu stellen, daß eine Einigung zunächst über die Gesamtsumme zu erzielen wäre, welche überhaupt der Kriegs¬ verwaltung für die von ihr zu Zwecken des stehenden Heeres als notwendig bezeichneten militärischen Vorbereitungsmaßnahmen noch zur Verfügung ge¬ stellt werden könne, allerdings in der Voraussetzung, daß hiemit die Ansprüche der Kriegsverwaltung für dieses Jahr ihren Abschluß fanden; selbstverständlich den Fall ausgenommen, wo ein wirkliches Nähertreten der Kriegsgefahr die <pb/>Nr. 25 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 20. 4. 1887 359 Flüssigmachung weiterer Mittel rechtfertigen würde. Die zu vereinbarende Summe wärejedoch von der gemeinsamen Regierung in einer besonderen Note von den beiderseitigen Regierungen anzusprechen, in welcher das gemeinsame Mini¬ sterium ausdrücklich erklären würde, daß sich die dringende und unabweisbare Notwendigkeit ergebe, mit gewissen militärischen Maßnahmen weiter vorzuge¬ hen. Diese Summe wäre dann auch ganz dem Eventualkredite zu entnehmen. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza erklärt, daß er für den vorliegenden Fall zum Zwecke der Erleichterung einer Einigung dieser Modalität zustimmen wolle, daß aber aus derselben keinerlei Präjudiz für künftige Fälle gezogen werden dürfe. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen unter Hinweis darauf, daß die gemeinsamen Minister sich bereits in den letzten Konferenzen zur Übernah¬ me der Verantwortung für die Dringlichkeit und unabweisbare Notwendigkeit der proponierten Maßnahmen bereit erklärt haben, die von dem k. k. Finanzmi¬ nister beantragte Vorgangsweise zu genehmigen und nun die Frage der Höhe der zu gewährenden Summe zur Diskussion zu stellen. Bei den sich hieran knüpfenden Erörterungen bildet vorerst die in der gestri¬ gen Sitzung von dem kgl. ung. Ministerpräsidenten angedeutete Summe von 5 Millionen Gulden den Gegenstand der Diskussion. Nachdem jedoch seitens des Reichskriegsministers darauf hinge¬ wiesen wird, daß nach approximativer Berechnung derjenigen Posten, welche eventuell vorläufig zurückgestellt werden können, noch immer die Summe von 5 Millionen sehr bedeutend hinter dem Erfordernisse zurückbleibe, insbesonde¬ re, wenn auch die Anschaffung der neuartigen Patrontaschen aus derselben erfolgen solle, einigt sich die Konferenz dahin, daß die Höhe der von den beiderseitigen Regierungen in der oben angegebenen Weise seitens der gemein¬ samen Regierung anzusprechenden, aus dem Eventualkredite zu deckenden Summe für die Erfordernisse des stehenden Heeres auf 6 Millionen zu fixieren wäre.3 Die angesprochenen Auslagen für die Marine, mit Ausnahme der Anschaf¬ fung des neuen Torpedobootes, sind als Überschreitungen des Budgets zu behandeln und letztere damit zu rechtfertigen, daß die bezüglichen Beträge, die ohnehin das Extraordinarium des nächsten Budgets belastet hätten, dermalen mit Rücksicht auf die herrschenden Verhältnisse im voraus verausgabt werden mußten, daß aber, wenn auch in den nächsten Budgets Posten für die beiden Turmschiffe noch erscheinen, doch die Ansprüche für dieselben um die gegen¬ wärtige verausgabte Summe entlastet seien. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhen diese Vereinbarungen zu ge¬ nehmigen und die Sitzung zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 15. Mai 1887. Franz Joseph. Am Rand mit Bleistift Beschluß. <pb/>