Gemeinsamer Ministerrat, 8. 1. 1886
I. Die mit der Erneuerung des Zoll- und Handelbündnisses zwischen beiden Reichshälften zusammenhängenden Fragen sowie die Angelegenheit der Erneuerung der Handelskonvention mit Rumänien
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286 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 dieser Unternehmung habe Schritte gemacht, um sich über die Intentionen der Regierung hinsichtlich der Erneuerung des Lloydvertrages zu informieren. Es sei auch aus dem Grunde notwendig, wenigstens prinzipiell über die Frage jetzt schon schlüssig zu werden, weil im Zoll- und Handelsbündnisse Artikel 6 des Vertrags- und Subventionsverhältnisses des Lloyd Erwähnung geschieht. Derk. k. Handelsminister Freiherr v. Pino stellt die Antwort auf jene Note für die nächste Zeit in Aussicht. Auch der kgl. ung. Handelsminister hofft bald in der Lage zu sein, die Ansicht der kgl. ung. Regierung über den Gegenstand dem Ministerium des Äußern darzulegen. Die Sitzung wurde hierauf geschlossen. Kälnoky Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 26. Jänner 1886. Franz Joseph. Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. Januar 1886 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. u. k. gemeinsame Minister des Äußern Graf Kälnoky (o. D.), der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (18. 1.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (25. 1.), der kgl. ung. Finanzminister GrafSzapäry (20. l.),derk. k. FinanzministerRitterv. Dunajewski (25. l.),derk. k. Handelsminister Freiherr v. Pino (25. 1.), der kgl. ung. Handelsminister Graf Szechenyi (21. 1.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Glanz. Gegenstand: Die mit der Erneuerung des Zoll- und Handelsbündnisses zwischen beiden Reichs¬ hälften zusammenhängenden Fragen sowie die Angelegenheit der Erneuerung der Handelskonven¬ tion mit Rumänien. KZ. 4 - RMRZ. 330 Protokoll des zu Wien am 8. Jänner 1886 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte die Sitzung mit der Frage zu eröffnen, über welche Gegenstände eine Einigung bei den vorhergegangenen Ministerberatungen bereits erzielt worden sei und in welchen Punkten Mei¬ nungsverschiedenheiten bestehen und eine Entscheidung demnach noch getrof¬ fen werden müßte. Der k. k. Handelsminister Freiherr v. Pino erlaubte sich zu berichten, daß, was zunächst die Revision des Zolltarifes anlangt, eine vollstän¬ dige Einigung zwischen den beiderseitigen Ministern erzielt worden sei, mit Ausnahme der Melasse, für welchen Artikel österreichischerseits die Zollfreiheit beantragt, aber ungarischerseits nicht angenommen wurde,1 und der österreichi- i 31/MT. Ung.MR. v. 18.12.1885.10. Weisung zur Revision des Zolltarifes, OL., K. 27, Karton 40. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 287 sehen Proposition wegen des Petroleums, die überhaupt noch nicht zur Diskus¬ sion gelangt sei. Es sei in Aussicht genommen worden, daß die Ausgleichung der Differenz wegen der Melasse anläßlich der Verhandlung über den Petro¬ leumantrag in Beratung gezogen werden würde. Der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry wies darauf hin, daß der Antrag hinsichtlich des Petroleums so spät den ungarischen Ministern zugekommen sei, daß die Zeit zur notwendigen Einvernehmung von Experten fehlte.2 Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte die Frage zu stellen, ob diese Punkte auf schriftlichem Wege ausgetragen werden und ob auf demselben Wege auch die notwendigen Vereinbarungen über die neue Stilisierung des Zolltarifes und des Einführungsgesetzes dazu erfolgen würden. Die Erledigung der noch unausgetragenen meritorischen Punkte könnte nach dem Dafürhalten des kgl. ung. Ministerpräsidenten v. Tisza wohl schriftlich eingeleitet werden, doch dürfte auch eine mündliche Beratung voraussichtlich noch notwendig werden. Für die Feststellung des Textes des Tarifs und des einschlägigen Gesetzes dürfte nach den Ausführungen des k. k. Handelsministers Pino der Korrespondenzweg genügen. Se. k. u. k. apost. Majestät hatte die Gnade, auch die Frage zu berühren, ob der neue Zolltarif gleichzeitig mit den anderen auf das Bündnis bezüglichen Vorlagen eingebracht werden würde. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza glaubt, daß alle Vor¬ lagen womöglich gleichzeitig an die Kammern gelangen sollten, ohne daß dies aber speziell bezüglich des Zolltarifes absolut notwendig wäre, da schon einmal während der Dauer des gegenwärtigen Zoll- und Handelsbündnisses im Jahre 1882 ein neuer Zolltarif abgesondert zur Vorlage und Annahme ge¬ langt sei. Über die Frage der Erneuerung des Bankprivilegiums und der daran ge¬ knüpften Bedingungen berichtete der k g 1. ung. Finanzminister Graf Szapäry, daß eine vollständige Einigung zwischen den beiderseitigen Mini¬ stern erzielt worden sei, bis auf zwei Punkte, die noch in Schwebe sind und sich auf die Verteilung der von der Bank für das Plus des Notenumlaufes zu entrich¬ tenden besonderen Abgabe und der auf die Bank entfallenden Einkommen¬ steuer beziehen. Da aber diese beiden Differenzen nur die Regierungen unterein¬ ander und nicht das Verhältnis zur Bank, über welches man beiderseits im Reinen ist, berühren, so glaubt Graf Szapäry, daß, vorbehaltlich der Austra¬ gung der beiden Differenzen, die Verhandlungen mit der Bank inzwischen finalisiert werden sollten. Nach dem Ersuchen der österreichischen Regierung verhandelte die ungarische Regierung zum ersten Mal am 28. Januar 1885 über den Zoll des Petroleums, und dann stand dieselbe Frage bei weiteren elf Gelegenheiten auf der Tagesordnung des ungarischen Ministerrates. Nummern der Protokolle: 5/MT., 6/MT., 7/MT., 9/MT., 10/MT., 11/MT., 17/MT., 27/MT., 32/MT, 33/MT., 34/MT., OL., K. 27, Karton 40 bzw. 41. <pb/>288 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski entgegnet, daß man die Frage als ein Ganzes betrachten müsse, und nach außen nicht bloß mit einem Teile hervortreten könne. Er biete gerne die Hand zur Beschleunigung der Entscheidung, aber er könne es nicht für tunlich erachten, die Verhandlun¬ gen mit der Bank zum Abschlüsse zu bringen, während möglicherweise eine Verständigung über die Differenzpunkte zwischen den Regierungen nicht zu¬ stande komme und dann alles wieder zurückgenommen werden müßte. Se. k. u. k; apost. Majestät geruhte zu bemerken, daß eine Ver¬ ständigung über die beiden Differenzpunkte wohl in kürzester Frist erfolgen könnte. Allerhöchstderselbe hatte die Gnade, die Frage zu stellen, ob noch Meinungsverschiedenheiten mit der Bank beständen? Die beiden Finanzminister berichteten, daß wohl noch einige Schwie¬ rigkeiten vorhanden seien, die aber für das Zustandekommen der Verständi¬ gung mit der Bankleitung nicht von ausschlaggebender Bedeutung erscheinen. Der kg 1. ung. Ministerpräsident v. Tisza sprach sich, was den Modus procedendi in der Bankfrage anlangt, im gleichen Sinne aus wie Graf Szapäry., Auch er ist der Ansicht, daß, um Zeit zu gewinnen, unbeschadet der Regelung der das Verhältnis mit der Bank ohnedies nicht tangierenden Differen¬ zen, wenigstens die anderen Fragen mit der Bank ohne weiteres in Verhandlung gezogen werden. Nach Ansicht des k. k. Ministerpräsidenten Graf Taafte müßte bei den Verhandlungen der Bank doch Versicherung gegeben werden können, daß wenn sie die von ihr verlangten Zugeständnisse macht, die Sache dann auch fertig wäre. Wollte man aber in die Verhandlungen mit der Erklärung eintreten, daß das Perfektwerden noch von der Austragung von Differenzen zwischen den Regierungen abhänge, so würden sich daraus Schwierigkeiten bei den Verhandlungen voraussichtlich ergeben. Graf Taaffe ist daher aus den vom Finanzminister Ritter von Dunajewski entwickelten Gründen der Ansicht, daß es sich erst dann empfehle, an die Bank heranzutreten, wenn die Regierungen untereinander selbst ganz einig sind. Wenn auch erst dann, wenn alles fertig sei, davon die Rede sein könne, die Vorlagen in den Parlamenten einzubringen oder zur Ah. Sanktion zu unterbrei¬ ten, so meinte doch der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza, daß in der Zwischenzeit alles wenigstens vorbereitet werden sollte. Der Finanzminister Ritter v. Dunajewski erwiderte, daß letz¬ teres ohnedies geschehe; sobald man sich vollständig geeinigt haben werde, was in kürzester Zeit geschehen könne, sei er bereit, die Zuckerenquete zu veranlas¬ sen und die Antwortsnote an die Bankleitung zu richten. Diese letztere Bemerkung veranlaßte den kgl. ung. Ministerpräsi¬ denten v. Tisza zu der Frage, ob dieselbe dahin zu verstehen sei, daß die beiden Regierungen sich vorher nur über die Differenzen in der Bankfrage oder das ganze Ausgleichsoperat verständigt haben müßten. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erwiderte, daß man sich über das Ganze vorher verständigt haben müsse. Er rekapituliert den Hergang der Verhandlungen über Erneuerung des Ausgleiches, zu welchem <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 289 die kgl. ung. Regierung die Anregung gegeben habe. Bei diesen Verhandlungen seien Initiativanträge auf Änderung des Status quo nur von ungarischer Seite ausgegangen. Die k. k. Regierung habe diese Anträge geprüft und sei hiebei zu dem Ergebnis gelangt, daß daraus neue Lasten für die diesseitige Reichshälfte erwachsen, was er durch den Hinweis auf die Banknotenfrage, adie Verteilung der bei der Bank für Hypothekgeschäfte entrichteten Steuer" sowie durch Ziffer¬ ansätze hinsichtlich der Verzehrungssteuern belegen könne. Unter diesen Ver¬ hältnissen sei es begreiflich, daß die k. k. Regierung den Standpunkt einnehmen müsse, nicht weiter vorzugehen, bevor nicht ein Überblick über das Ganze gewonnen werden könne, umsomehr als in neuer Zeit auch in öster. Kreisen vielfach Stimmen laut werden, die mit Rücksicht auf die bei jedem Ausgleiche aus dem Verhältnis zur anderen Reichshälfte stets wachsenden finanziellen Opfer die Zweckmäßigkeit und den Vorteil des gemeinsamen Zollgebietes über¬ haupt in Frage stellen, eine Ansicht, die er nicht teile, die er aber als Politiker nicht einfach außer acht lassen könne, sondern auf deren Bekämpfung er vorbereitet sein müsse. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza will auf die vom Fi¬ nanzminister Ritter von Dunajewski vorgebrachten Berechnungen nicht näher eingehen. Daß aber die östliche Reichshälfte bei den Verzehrungssteuern, insbe- sonders bei der Zuckersteuer nicht nur nicht im Vorteil, sondern immer noch im Nachteil sei, glaube er als gewiß annehmen zu können. Was den Hinweis auf das abgesonderte Zollgebiet anlangt, so könne er die Ansicht, daß bei jedem Ausgleich die ungarischen Interessen hauptsächlich Berücksichtigung finden, um so weniger als begründet anerkennen, als die hohen Industrialzölle des 1878er Tarifes, die im Jahre 1882 eingeführten und die jetzt wiedergeplanten weiteren Erhöhungen wohl nicht im ungarischen, sondern mehr im österreichi¬ schen Interesse liegen. Gegenüber dieser letzteren Bemerkung glaubte der k. k. Finanzmini¬ ster Ritter v. Dunajewski auf die Finanzzölle hinweisen zu sollen. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza hob nochmals her¬ vor, wie sehr die Zeit dränge, u. daß, wenn die Erneuerung nicht bis Ende dieses Jahres zustande komme, man ungarischerseits genötigt sein würde, zur Kündi¬ gung zu schreiten, wodurch dann eine Verständigung viel schwerer werden würde. Ohne auch von seiner Seite auf die vom k. k. Finanzminister aufgestellten Ziffemansätze über die Opfer der öster. Reichshälfte für den Ausgleich entgeg¬ nen zu wollen, bemerkte der kgl. ung. Finanzminister Graf Sza- päry, daß, wenn nur die Antwort in der Banksteuerfrage gewünscht würde, dem baldigst entsprochen werden könnte. Er möchte nur davon entschieden abraten, alle andere Angelegenheiten wegen der noch unentschiedenen Petro¬ leumfrage zurückzustellen, da es in diesem Falle schwer fallen würde, alles rechtzeitig fertig zu machen. a_a Einfügung Dmäjewskis. <pb/>290 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erwiderte, daß auch in der Frage der Zuckersteuer nicht werde vorgegangen werden können, weil dieselbe mit der Fage der Melasse und des Petroleums in Verbin¬ dung gebracht werden müsse. Es sei für die k. k. Regierung unmöglich, von dem von ihm bezeichneten Standpunkte abzugehen. Er sei übrigens bereit, zur Beschleunigung der Entwicklungen der ung. Regierung in der Petroleumfrage die schriftlichen Elaborate über die chemischen Untersuchungen zur Verfügung zu stellen, - worauf der kgl. ung. Finanzminister Graf Szapäry bemerkte, daß es sich ungarischerseits weniger um die Resultate der chemischen Untersuchungen als um die Einvernehmung der Interessenten handle. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza würde wenigstens wünschen, daß die Ausarbeitungen für die schon vereinbarten Fragen, wie der Tarif und die Bankvorlagen, in der Zwischenzeit fertiggestellt würden. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski erklärt sich dazu vollkommen bereit. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte es als wünschenswert zu be¬ zeichnen, daß die Entscheidung über die noch in Schwebe befindlichen meritori- schen Punkte möglichst beschleunigt und inzwischen die Ausarbeitungen für die bereits bereinigten Fragen fertig gemacht werden. Eine weitere Angelegenheit, die noch nicht entschieden ist, bezieht sich auf die Ausdehnung des Bankprivilegiums auf die okkupierten Provinzen. Derk. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski weist auf das Gesetz vom 20. Dezember 1879 über die Einbeziehung Bosniens und der Her¬ zegowina in das allgemeine Zollgebiet hin, welches im § 6 bestimmt, daß die in der Monarchie geltenden Vereinbarungen über Münzwesen, die Staatsnoten und das Privilegium der Bank auch auf diese beiden Länder Anwendung finden sollen, aber mit dem Vorbehalte, daß bezüglich des letzteren das mit der Bank abzuschließende Übereinkommen der legislativen Genehmigung unterliege. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza ist mit der legislati¬ ven Regelung der Sache einverstanden, wünscht aber, daß dieselbe nicht im Bankgesetze, sondern durch eine abgesonderte Vorlage erfolge - ein Vorgang, welcher der staatsrechtlichen Stellung der okkupierten Länder entspreche und auch darum angezeigt sei, um die allgemeine Bankfrage im Parlamente nicht in die voraussichtliche Debatte über das Verhältnis Bosniens hineinzuziehen. - Die Diskussion, welche sich an diese Bemerkungen knüpft, führte zu der Verständigung darüber, daß im Sinne des zitierten Gesetzes zunächst eine Vereinbarung mit der Bank über die Ausdehnung ihres Privilegiums auf Bosnien und die Herzegowina erfolgen und daß darüber eine eigene Vorlage, gleichzeitig mit den übrigen und gleichlautend für beide Reichshälften, eingebracht werden soll. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza brachte die Frage der 80-Millionen-Schuld an die Bank zur Sprache, bezüglich deren die beim letzten Ausgleich getroffene Stipulation auf weitere zehn Jahre zu prolongieren wäre. Er ist der Ansicht, daß in dieser Frage jede der beiden Regierungen für sich die notwendige Ermächtigung von den Legislativen einholen soll. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 291 Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski ist mit die¬ sem Vorgänge einverstanden, unter der Voraussetzung jedoch, daß überhaupt die Verständigung zustande komme; würde diese Voraussetzung nicht zutreffen, so müßte, wie dies s. Z. vereinbart wurde, der auf die ungarische Reichshälfte entfallende Anteil von ihr an die österreichische Regierung gezahlt werden. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza machte darauf auf¬ merksam, daß eine weitere Frage, die noch zu besprechen sei, das Vorgehen der Regierungen beider Reichshälften auf veterinärpolizeilichem Gebiete in Seu¬ chenfällen betreffe. Diese Frage müßte gleichzeitig mit der Einbringung der auf das Zoll- und Handelsbündnis bezüglichen Vorlagen gelöst werden;3 es sei die Ansicht, daß ein Gesetz dafür nicht notwendig sei, sondern daß die Regelung durch ein Abkommen zwischen den beiderseitigen Ministerien erfolgen könne. Der k. k. Ministerpräsident Graf Ta affe bemerkte, daß es in¬ folge der Erkrankung des Ackerbauministers Grafen Falkenhayn, dessen Res¬ sort die Angelegenheit ebenfalls berühre, noch nicht möglich war, dieselbe definitiv auszutragen. Infolge der Besserung in dem Befinden des Ackerbaumi¬ nisters hoffe er die Sache dieser Tage im österreichischen Ministerrate zur Entscheidung zu bringen, worauf sofort eine entsprechende Mitteilung an das kgl. ung. Handelsministerium ergehen werde. Die Verständigung über diesen Gegenstand soll nach Ansicht der beiderseitigen Minister nicht auf schriftlichem Wege, sondern durch Besprechungen zwischen den Referenten der Ressortmi¬ nisterien erfolgen. Der k. k. Finanzminister Ritter v. Dunajewski wies darauf hin, daß auch die Salzfrage noch einen Punkt bilde, bezüglich dessen eine Rücksprache zwischen den beiderseitigen Finanzministerien wünschenswert wäre. Es handle sich darum, daß in den Kammern sich dringende Wünsche nach billigerem Viehsalz geltend machen dürften. Dieser Punkt könnte zwischen den betreffenden Referenten besprochen werden, womit der kgl. ung. Fi¬ nanzminister Graf Szapäry sich einverstanden erklärte. Derkgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza schlug vor, daß, vor¬ behaltlich der Verständigung über die noch unentschiedenen Differenzpunkte in anderen Fragen, mittlerweile der Gesetzentwurf über die Verlängerung des Zoll- und Handelsbündnisses vorbereitet werde. Seiner Ansicht sollte darin gesagt werden, daß von Kündigung abgesehen und das bestehende Bündnis auf weitere zehn Jahre mit den gleichzeitig zu bezeichnenden Änderungen prolon¬ giert werde. Der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe ist damit einverstan¬ den, daß der Gesetzentwurf einstweilen vorbereitet werde. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhten die Frage zu stellen, ob vie¬ le Änderungen im Texte des Bündnisses vorgenommen werden? Die beiderseitigen Handels- und Finanzminister berichteten, daß allerdings einige Punkte entfallen, andere modifiziert werden. 12!MT. Ung.MR. v. 8.6.1885.2. Betreffend der Erneuerung des Zoll- und Handelsbündnisses, OL., K. 27, Karton 39. <pb/>292 Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza wies darauf hin, daß im Zoll- und Handelsbündnis auch die Lloydfrage insoweit tangiert werde, als daselbst die Bestimmung enthalten sei, daß das gemeinsame Ministerium des Äußern die Aufsicht über den Lloyd führe und die Subvention im Etat desselben verrechnet werde. Derk. k. Handelsminister v. Pino meint, daß diese Bestimmung unverändert zu bleiben hätte, wenn der Lloyd als ein gemeinsames Institut aufrechterhalten werde. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky hob hervor, daß er in der gestrigen Ministerberatung die Bitte um eine baldige Beantwortung der Note gestellt habe, welche er vor einigen Wochen an die beiden Ministerpräsi¬ denten gerichtet habe, um vorläufig wenigstens eine prinzipielle Entscheidung über die Frage der Erneuerung des Lloydvertrages anzuregen. Se. Majestät hatte die Gnade zu bemerken, daß eine baldige Entschei¬ dung über die Lloydfrage erwünscht sei und daß bei dem künftigen Vertragsver¬ hältnis mit dem Lloyd auf die an der Hand der Erfahrungen für notwendig erkannten Verbesserungen Bedacht genommen werden möge. Die beiden Ministerpräsidenten v. Tisza und Graf Taaffe nehmen vorbehaltlich etwa hindernder Zwischenfalle die Zeit vom 31. Jänner bis 2. Februar für die nächste mündliche Beratung behufs Austragung der noch schwebenden Fragen in Aussicht. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte den Wunsch auszusprechen, daß in der Zwischenzeit alle Redaktionen oder sonstigen Ausarbeitungen vorbe¬ reitet werden mögen, damit dann nurmehr diejenigen Punkte übrigbleiben, wo noch Meinungsverschiedenheiten sind, die nicht ausgetragen werden konnten. Allerhöchstderselbe geruhte sodann sich über den Stand der Frage des Han¬ delsvertrages mit Rumänien zu erkundigen, welche in der gestrigen Ministerbe¬ ratung zur Erörterung gelangt ist. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky berichtete, daß die ge¬ genwärtige Handelskonvention mit Rumänien infolge beiderseitiger Kündigung am 1. Juni d. J. ablaufe und daß demnach die Zeit nicht genügen dürfte, um bis dahin einen neuen Vertrag mit Rumänien zu verhandeln, abzuschließen und nach erfolgter parlamentarischer Genehmigung in Kraft zu setzen. - Um den Eintritt der Vertragslosigkeit zu vermeiden, werde es notwendig sein, für die provisorische Verlängerung des gegenwärtigen Vertrages Vorsorge zu treffen. Bis jetzt sei eine Verständigung zwischen den Regierungen beider Reichshälften über das Ausmaß der Forderungen, die für den künftigen Vertrag an Rumänien zu richten wären, und der Konzessionen, die von unserer Seite dafür diesem Lande in Aussicht gestellt werden könnten, noch nicht angebahnt worden. Es sei daher in der gestrigen Ministerberatung vereinbart worden, daß zur Ausar¬ beitung dieser Grundlagen des künftigen Vertrages die Zoll- und Handelskonfe¬ renz Ende nächster Woche im Ministerium des Äußern zusammentreten4 und daß zugleich die rumänische Regierung aufgefordert werden soll, sich darüber Bindreiter, Die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen 257. <pb/>Nr. 14 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 8. 1. 1886 293 zu äußern, ob auch sie bereit ist, in Verhandlungen über die Erneuerung des Vertragsverhältnisses einzutreten. Nach Einlangen der Antwort der rumäni¬ schen Regierung könnten dann die Verhandlungen aufgenommen werden, und es würde im Verlaufe derselben, wenn sich zeigte daß die Geneigtheit zur Verständigung vorhanden ist, die Frage der Verlängerung vorgebracht werden. Freilich sei die Stimmung für eine Verständigung keine günstige und sei er eben deshalb auch hinsichtlich des Ausganges der Verhandlungen besorgt; es lasse sich nicht bestimmt voraussehen, ob wir die Verlängerung werden erlangen können. Andererseits würde die Vertragslosigkeit die übelsten Folgen nach sich ziehen, die sich mehr noch für uns als für Rumänien fühlbar machen dürften. Der kgl. ung. Handelsminister Graf Szechenyi wies darauf hin, daß im Laufe der zehnjährigen Dauer der gegenwärtigen Handelskonven¬ tion der Handel zwischen Rumänien und Siebenbürgen fast ganz aufgehört habe infolge der Schikanen, welchen derselbe von rumänischer Seite ausgesetzt sei und die auch jetzt noch stattfinden. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte zu bemerken, daß an dem Handelsverträge mit Rumänien wohl die diesseitige Reichshälfte sehr interes¬ siert sei. Derk. k. Handelsminister Freiherr v. Pino erlaubt sich her¬ vorzuheben, daß der Export der Monarchie nach Rumänien bei 60 Millionen Gulden jährlich betrage. Der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza sprach sich dahin aus, daß der rumänische Vertrag auch für die ungarischen Länder, allerdings in geringerem Maße, Wert habe. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky bemerkte, daß es für Rumänien hauptsächlich darauf ankomme, wie seine Getreide- und seine Vieh¬ ausfuhr behandelt werden. Die Gereiztheit, welche auf rumänischer Seite zutage trete, datiere von dem Augenblicke an, wo der Viehverkehr unsererseits be¬ schränkt worden sei.5 Nach dem Dafürhalten des k. k. Handelsministers Freiherr v. Pino würde die Gewährung von Erleichterungen im Viehverkehr österrei- chischerseits keinem Anstande unterliegen. Der kgl. ung. Handelsminister Graf Szechenyi hob die Not¬ wendigkeit hervor, in dieser Richtung bei den ungenügenden und unsicheren veterinärpolizeilichen Verhältnissen in Rumänien besondere Vorsicht zu beob¬ achten. Der Minister des Äußern Graf Kälnoky hielt es, abgesehen von den wirtschaftüchen Interessen, auch vom politischen Standpunkte für wichtig, eine Besserung des Verhältnisses anzubahnen. Der Vieh- und besonders der Schweinehandel habe für Rumänien eine solche Bedeutung, daß die Verhet¬ zungen, welche aus unserer Grenzsperre hauptsächlich Nahrung schöpfen, auch auf die politischen Beziehungen zurückwirken müssen, und es sei daher drin- Rutkowski, Gustav Graf Kälnoky 491-493. <pb/>294 Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. 9. 1886 gend zu wünschen, daß durch eine entgegenkommende Haltung in diesen für Rumänien vitalen Fragen die Grundlage für die Ausgleichung der dort unleug¬ bar bestehenden Mißstimmung gegeben werde. Se. k. u. k. apost. Majestät geruhte hierauf die Sitzung zu schließen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 26. Jänner 1886. Franz Joseph. Nr. 15 Gemeinsamer Ministerrat, Budapest, 25. September 1886 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident v. Tisza (5. 10.), der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe (2. 10.), der k. u. k. gemeinsame Kriegsminister Graf Bylandt-Rheidt (4. 10.), der k. u. k. gemeinsame Finanzminister v. Källay (5. 10.), der k. k. Finanzminister v. Dunajewski (6. 10.), der erste Sektionschef im k. u. k. Ministerium des Äußern v. Szögyeny (1. 10.), der Leiter der k. u. k. Marinesektion Vizeadmiral Freiherr v. Stemeck (5.10.), der Sektionschef im k. u. k. Kriegsministe¬ rium und Chef der Militärintendantur Lambert (5. 10.). Protokollführer: Ministerialrat Tarkovich. Gegenstand: Gemeinsamer Voranschlag für 1887. KZ. 70-RMRZ. 331 Protokoll der am 25. September 1886 in Budapest abgehaltenen gemeinsamen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des k. u. k. gemeinsamen Ministers des Äußern Grafen Kälnoky. Nachdem die Sitzung eröffnet wurde, ergriff der öster. Finanzmini¬ ster v. Dunajewski das Wort. Er möchte vor Eintreten in die Verhand¬ lung des gemeinsamen Voranschlages eine Aufklärung über die politische Lage erbitten. Zur Begründung dieser Bitte führt er an, daß angesichts der schwieri¬ gen finanziellen Lage, der man im Jahre 1887 entgegensieht, und des großen, 16 Millionen Gulden betragenden Mehraufwandes für die gemeinsamen Ausla¬ gen, der teils aus den Mehrforderungen, teils aus dem Zurückbleiben der Bedek- kung resultiert, das Verlangen gerechtfertigt erscheint zu erfahren, inwiefern die erhöhten Forderungen, wovon der Hauptteil auf das Heeresbudget entfallt, durch die politische Situation begründet erscheinen. Tatsächlich herrsche in der Bevölkerung eine Mißstimmung und Beunruhigung, mit welcher man - mag dieselbe auch ungerechtfertigt sein - rechnen müsse. Die Bevölkerung will erfahren, daß nachdem für die Heeresausrüstung in den letzten Jahren so bedeutende finanzielle Opfer gebracht wurden, wie die politische Lage der Monarchie beschaffen sei, für welche neuere Opfer verlangt werden. Sprecher sei überzeugt, daß der Herr Minister des Äußern in den Delegationen diesbezüg¬ lich vollkommen beruhigende Aufklärungen wird geben können, die anderen Minister aber befinden sich diesem Verlangen gegenüber bei ihrer parlamentari¬ schen Verantwortung in einer schwierigen Lage, da sie infolge der besonderen <pb/>