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[Tagesordnungspunkte]

Gemeinsamer Ministerrat, 15. 6. 1871

Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871                      329

   An dieses Expose knüpfte Reichsfinanzminister v. Lönyay
den Antrag, den Delegationen unter Darstellung obigen Sachverhalts eine Vorla¬
ge zu erstatten, worin für das gemeinsame Finanzministerium anläßlich des Ab¬
schlusses des Konsortial-Vorschußgeschäftes und der Beausgabung der hiemit
verbunden gewesenen Kosten im Gesamtbelaufe von 577 220 fl. 74 kr. die
Indemnität und zur Bedeckung der fraglichen Kosten ein Nachtragskredit in der¬
selben Höhe gegen dem in Anspruch genommen wird, daß ein Teilbetrag von
382 157 fl. 34 5/10 kr. mittels Heranziehung des von der kgl. italienischen Regie¬
rung zum Ersätze der für ihre Rechnung gezahlten Ruhe- und Versorgungsgebüh¬
ren gewidmeten Deposites, der restliche Teilbetrag von 270 842 fl. 65 5/10 kr.
aber durch Ersparung an dem kurrenten Ordinarium der Landarmee pro 1870
seine Deckung erhalte.

   Nachdem Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn mit
Rücksicht auf die Ergebnisse des Rechnungsabschlusses pro 1870 das Vorhan¬
densein von Ersparungen im vorjährigen Ordinarium der Landarmee zugegeben
hatte, erklärte sich die Konferenz mit dem Anträge des Reichsfinanzministers und
speziell auch mit dem obigen zur Vorlage an die Delegationen bestimmten Expo¬
se einverstanden und ermächtigte den Reichsfinanzminister zur Erstattung eines
au. Vortrages wegen Ah. Genehmigung zur Einbringung der bezüglichen Vorlage,2
womit die Sitzung geschlossen wurde.

                                                                                                  Beust

[Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 15. Juni 1871. Franz Joseph.

          Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. Juni 1871

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn
(o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (22. 6.), der kgl. ung. Ministerpräsident GrafAndrässy
(o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Hohenwart (o. D.).
    Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim.
    Gegenstand: Militärpensionsnormale.

   KZ. 1618-RMRZ. 114
   Protokoll des zu Wien am 15. Juni 1871 abgehaltenen Ministerrates für ge¬
meinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.

2 Au. Vortrag des Reichsfinanzministers v. 14. 6. 1871 in betreff der Erwirkung eines Nach¬
        tragskredites zur Deckung der Kosten des im Jahre 1870 abgeschlossenen Consortial-Vor-
        schußgeschäftes. HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 2009/1871.
<pb/>330 Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871

   Seine Majestät der Kaiser geruhte die Sitzung zu eröffnen,
indem Allerhöchstderselbe, anknüpfend an den die Vorlage eines Militärpensi¬
onsnormales betreffenden Beschluß der Delegationen, eine Reihe von Entwürfen
aufzählte, welche der Kriegsminister aus Anlaß dieses Beschlusses zur Ah. Ge¬
nehmigung unterbreitet habe.1 Es seien dies: a) Ein Normale über die Versorgung
der Offiziere, Militärgeistlichen, Militärbeamten und der sonstigen im Gagebe¬
zug stehenden Personen des k. k. Heeres; b) ein Normale betreffend die Militär¬
versorgung der Unteroffiziere und Soldaten; c) ein Normale über die Superarbi¬
trierung der Offiziere und d) ein solches über die Superarbitrierung der
Unteroffiziere und Soldaten.

   Es sei nun die Frage zu entscheiden, wie diese Normalien formell behandelt
werden sollen? Ob nämlich alle oder nur ein Teil als Gesetz zu betrachten, somit
der Vertretung, u. zw. welcher Vertretung vorzulegen kommen? Nach der vorlie¬
genden Fassung sei der Entwurf als Armeeverordnung ausgearbeitet worden und
müsse, wenn die legislative Behandlung des Gegenstandes eintreten soll, jeden¬
falls in der Weise umgearbeitet werden, daß in die bezügliche Gesetzesvorlage
nur die Prinzipien aufgenommen werden, während die Detailbestimmungen der
Durchführungsverordnung Vorbehalten bleiben, wohin nach Ansicht Seiner Ma¬
jestät die ganzen Superarbitrierungsnormen gehören.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn besprach hier¬
auf die Genesis der vorliegenden Entwürfe und gelangte zu dem Schlüsse, daß
wenn die legislative Behandlung des Pensionsgesetzes, wogegen er nichts einzu-
wenden habe, Platz greifen sollte, derselbe Vorgang wie bei dem Wehrgesetz,
Militärstrafgesetz, Pferdekonskriptionsgesetz usw. einzuhalten und der Gesetz¬
entwurf den beiden Ministerpräsidenten zur Vorlage an die beiden Legislativen
mitzuteilen wäre. Die Superarbitrierungsnormen (als Gegenstand administrativer
Natur), welche lediglich dazu bestimmt seien, den Modus bei Konstatierung der
Dienstuntauglichkeit zu regeln, halte auch er zur Vorlage an die Vertretung nicht
geeignet.

    Reichskanzler Graf Beust rekapitulierte hierauf an der Hand
des bezüglichen Protokolls das Ergebnis der über denselben Gegenstand bereits

         Au. Vortrag des Reichskriegsministers vom 15. 5. 1871 Nr. 1561 um Ag. Sanktion des Ent¬
         wurfes eines neuen Normale betreffend die Versorgung der Offiziere, Militärgeistlichen, Mi¬
         litärbeamten und der sonst im Gagebezuge stehenden Personen des Heeres, dann des Norma¬
         le betreffend die Militärversorgung der Unteroffiziere und Soldaten des Heeres, sowie um die
         Ah. Ermächtigung diese beiden Entwürfe der verfassungsmäßigen Behandlung Zufuhren zu
         dürfen. KA. MKSM. 74-3/2/1871.
         Au. Vortrag des Reichskriegsministers vom 15. 5. 1871 Nr 1560, womit der Entwurf einer
         neuen Vorschrift zur Superarbitrierung der Offiziere, Militärbeamten und sonstigen im Gage¬
         bezuge stehenden Personen des k. k. Heeres dann der Entwurf einer neuen Superarbitrie¬
         rungsvorschrift für die Unteroffiziere und Soldaten au. unterbreitet und um Ag. Genehmi¬
         gung dieser beiden Vorschriften gebeten wird. KA. MKSM. 74-3/1/1871.
<pb/>Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871         331

am 5. November v. J. unter Ah. Vorsitze stattgefundenen Besprechung.2 Schon
damals habe man erkannt, daß sich die Mitwirkung der Legislative nicht umge¬
hen lasse, und habe man gerade in der gesetzlichen Regelung der Pensionsan¬
sprüche des Militärs einen Vorteil für die Armee selbst erblickt, deren Pensions¬
etat, sobald er sich als Ergebnis eines bestehenden Gesetzes darstelle, füglich
nicht mehr einen Gegenstand der Diskussion und Herabminderung in den Dele¬
gationen bilden könne.

   Seine Majestät der Kaiser geruhte nunmehr den Präzedenzfall
des Pensionsgesetzes für die gemeinsamen Zivilbeamten zur Sprache zu bringen,
welches gleichfalls zur Vorlage an die Legislativen bestimmt, demnach den
Delegationen, durch deren Beschluß es hervorgerufen wurde, zur Kenntnis ge¬
bracht und sofort in Wirksamkeit gesetzt wurde, und stellte die Frage, ob ein
analoger Vorgang nicht auch mit dem Militärpensionsnormale eingehalten wer¬
den könnte.

   Reichsfinanzminister v. Lönyay anerkannte die Möglich¬
keit, bestritt aber die Notwendigkeit eines gleichen Vorganges. Das Zivilpensi¬
onsnormale sei den Delegationen zumeist deshalb mitgeteilt worden, weil diesel¬
ben wissen wollten, nach welchen Grundsätzen bei der Pensionierung der
gemeinsamen Beamten vorgegangen werde. Mit dieser Mitteilung hätten sich
dieselben aber begnügt und im übrigen selbst auf die Vorlage des Gesetzes an die
Legislativen hingewiesen, welche Vortragender im Wege der beiden Ministerprä¬
sidenten tatsächlich auch bereits eingeleitet habe. Bis zur Annahme des Gesetzes
seitens der Legislativen konnte daher das Gesetz, welches sich übrigens an die
bisher eingehaltenen Normen anlehnt, nur provisorisch in Wirksamkeit gesetzt
werden. In betreff des Militärpensionsnormales sei die Sache nicht so prägnant,
weil auf die Mitteilung desselben seitens der Delegationen nicht so sehr gedrun¬
gen und nur im allgemeinen der Wunsch nach gesetzlicher Regelung der Militär¬
versorgungen ausgesprochen wurde.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn konstatierte,
daß das Militärpensionsnormale wesentlich neue Bestimmungen enthalte, na¬
mentlich darin, daß hinfort eine dauernde Pension nur nach zehn Jahren verliehen
werde, ferner, daß man von der Pensionsbemessung nach Quinquennien abge¬
gangen sei und den im Zivilpensionsnormale vorgeschriebenen Berechnungsmo¬
dus angenommen habe. Ein Novum von der höchsten Wichtigkeit sei auch die
Versorgung der Unteroffiziere und Soldaten, denen die Pensionsfähigkeit zuge¬
standen werden müsse, wenn man der Armee alte Unteroffiziere erhalten will.
Die Frage der Unteroffiziersversorgung hänge aber mit der aus der allgemeinen
Wehrpflicht sich ergebenden Einführung der Taxen für die zum Militärdienst
nicht Tauglichen zusammen. Diese Taxen sollen die Basis für die Versorgung der
Unteroffiziere bilden, und es sei daher auch hinsichtlich der Taxeinführung eine

2 Siehe GMR. v. 5. 11. 1870, RMRZ. 89. Gegenstand: VIII.
<pb/>332 Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871

Gesetzesvorlage und in letzterer Beziehung eine baldige prinzipielle Entschei¬
dung nötig.

   Seine Majestät der Kaiser geruhte die Schwierigkeit zu beto¬
nen, welcher die gleichlautende Durchbringung des Militärpensionsgesetzes in
beiden Legislativen unterliegen dürfte, wodurch sich Ministerpräsi¬
dent Graf Andrässy veranlaßt sah, auf die von Seiner Majestät ange¬
regte Mitteilung des Gesetzes an die Delegation zurückzukommen. Da diesen
Korporationen ein Gesetzgebungsrecht nicht zustehe, so wäre die Sache mit der
Mitteilung des Gesetzes an die Delegationen zwar noch keineswegs abgemacht,
aber gleichwohl könne es gerade im Interesse der gleichförmigen Gesetzesannah¬
me in den Legislativen nur von Nutzen sein, wenn es möglich wäre, einen Modus
zu finden, um den Delegationen davon Kenntnis zu geben und vielleicht eine
Wohlmeinung zu provozieren. Sei die Sache in den Delegationen einmal Vorge¬
legen und von dieser Seite ein Einverständnis bekundet worden, so werde dies
unwillkürlich auf die Anschauungen der in letzter Linie maßgebenden Legislati¬
ven günstig wirken.

   Ministerpräsident Graf Hohenwart erkannte gleichfalls
die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorganges, obschon sich die Möglichkeit
nicht verkennen lasse, daß die Delegationen die Verhandlung des Gegenstandes
im Vorhinein ablehnen werden.

    Reichskanzler Graf Beust gab diesem Zweifel noch bestimm¬
teren Ausdruck, doch könne es nur einen guten Eindruck auf die Delegationen
machen, wenn sie sich überzeugen, daß ihren Wünschen faktisch Rechnung ge¬
tragen wurde.

    Ministerpräsident Graf Andrässy bemerkte fortfahrend,
daß die Einführung der vom Kriegsminister angedeuteten Untauglichkeitstaxen
nur im Gesetzgebungswege erfolgen könne.

    Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erörterte sonach
den Kostenpunkt und gab die Aufklärung, daß die neuen Normen (mit Einschluß
der Versorgung der Unteroffiziere und Soldaten) dem Staatsschatz eine Auslage
von circa 200 000 fl. verursachen würde. Demgegenüber käme aber in Betracht,
daß der gegenwärtige Pensionsetat stetig heruntergehe, so daß eine Mehrbela¬
stung des Staatsschatzes nicht eintreten werde.

    Seine Majestät der Kaiser hatte die Gnade, ergänzend beizufü¬
gen, daß die beabsichtigte Unteroffiziersversorgung eigentlich nur eine Umände¬
rung der jetzigen Invalidenversorgung sei.

    Reichsfinanzminister v. Lonyay knüpft an seine obige Be¬
merkung an und sprach sich nochmals gegen die Behandlung des Militärpensi¬
onsgesetzes nach Analogie des Zivilpensionsnormales aus, indem er als weiteres
Bedenken gegen die provisorische Einführung des ersteren die wesentlich neuen
Bestimmungen des Gesetzes, namentlich die radikale Neuerung durch Hineinbe-
ziehung der Unteroffiziere und Soldaten vorbrachte.
<pb/>Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871  333

   Ministerpräsident Graf Hohenwart sprach sich in bezug
auf die analoge Behandlung beider Gesetze und die Frage der Vorlage oder Nicht¬
vorlage an die Delegationen in merito gleichfalls abrätlich aus, denn die Sache
liege beim Militärpensionsnormale doch anders als bei jenem für die gemeinsa¬
men Zivilbeamten. Bei der Vorlage des letzteren handelte es sich um die Informa¬
tion der Delegation über die angewendeten Normen behufs der Geldbewilligung,
während im neuen Militärpensionsgesetz ganz neue Gesichtspunkte hervorgezo¬
gen werden.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn betonte noch¬
mals die Wichtigkeit für die Armee des Unteroffizierspensionsgesetzes und damit
im Zusammenhänge des Untauglichkeitstaxgesetzes, worauf Seine Maje¬
stät der Kaiser geruhte auch das Unteroffiziersversorgungsgesetz zu
erwähnen3 und den beiden Ministerpräsidenten die baldige Durchbringung dieses
als Vorlage schon eingebrachten Gesetzes anzubefehlen geruhte.

   Ministerpräsident Graf Andrässy gab als Grund der Verzö¬
gerung des Gesetzes in Ungarn die durch die zustimmenden Erklärungen einiger
Anstalten und Gesellschaften nunmehr behobenen Zweifel mehrerer Abgeordne¬
ten wegen der Tunlichkeit der zwangsweisen Verhaltung der Anstalten zur Unter¬
bringung ausgedienter Unteroffiziere an, worauf Seine Majestät der
Kaiser die Gnade hatte, die Diskussion auf ihren Ausgangspunkt mit der
Bemerkung zurückzufuhren, daß die Mitteilung des Militärpensionsgesetzes an
die Delegationen heuer in keinem Falle erfolgen könne, nachdem die vorgelegten
Entwürfe nach den eingangs angeführten Ah. Andeutungen noch umgearbeitet
werden müssen. Zugleich geruhte Seine Majestät den Ah. Beschluß dahin zu fas¬
sen, daß Allerhöchstderselbe dem Kriegsminister befehlen werde, aus den vorlie¬
genden zwei Pensionsnormalentwürfen für die Offiziere und Unteroffiziere einen
förmlichen Gesetzentwurf zusammenzustellen und darüber das Einvernehmen
mit den beiden Ministerpräsidenten zu pflegen, wonach sodann durch die letzte¬
ren die Einbringung des Gesetzes in den beiden Legislativen zu erfolgen hat.4

   Seine Majestät der Kaiser hatte sonach die Gnade, noch einige
spezielle Fragen in bezug aufdas zu erlassende Pensionsgesetz der Konferenz zur
Begutachtung mitzuteilen, nämlich a) ob eine Bestimmung über die Versorgung
der Witwen und Waisen aufzunehmen sei, b) ob die Vorschrift auch auf solche
Militärbranchen anzuwenden sei, welche aus anderen Fonds bezahlt werden, na¬
mentlich auf die bei Hof Bediensteten, dann auf die Gendarmerie und die Pferde-

Über Unteroffiziersversorgungsgesetz siehe GMR. v. 14. 3. 1871, RMRZ. 106. Anm. 8.
Die betreffenden Gesetzesvorschläge werden bis Ende 1871 im Kriegsministerium erarbei¬
tet: au. Vortrag des Chefs der Marine-Sektion v. 30. 11. 1871 Nr. 1646; au. Vortrag des
Reichskriegsministers v. 15. 12. 1871 Nr. 4401 KA. MKSM. 74-3/3/1871. Ah. E. v. 20. 1.
1872: Ich habe den vereinbarten Entwurf eines Versorgungsgesetzes für die Personen des
Heeres und der Kriegsmarine durch Reichskriegsminister, behufs verfassungsmäßiger Be¬
handlung an die beiden Ministerratspräsidien leiten lassen, wovon Ich Sie in Kenntniß setze.
Ebd.
<pb/>334 Nr. 48 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 15. 6. 1871

zuchtanstalten, und c) ob die im vorliegenden Entwurf des Kriegsministers ent¬
haltene Bestimmung über die günstigere Rückwirkung des neuen Normales auf
die schon im Pensionsbezuge stehenden Militärpersonen beibehalten werden
könne?

   Die Frage ad a) wurde, nachdem Reichskriegsminister Frei¬
herr v. Kuhn den jetzigen Stand der bezüglichen Normen, wonach die
Offizierswitwen von Pensionen ausgeschlossen sind und solche nur als Gnaden¬
sache erlangen können, Kinder jedoch mit geringen Erziehungsbeiträgen beteilt
werden, dargelegt, im übrigen aber einen etwaigen Ah. Befehl zur Aufnahme der
erwähnten Bestimmung in das Gesetz als eine gewiß freudig begrüßte Satisfakti¬
on für die Armee bezeichnet hatte, aufAbraten des Reichsfinanzmini¬
ster v. Lönyay, welcher auf die entgegenstehenden Schwierigkeiten,
auf die Zweckmäßigkeit des Kautionsprinzipes und auf das in rücksichtswürdi¬
gen Fällen immer offenstehende Auskunftsmittel der Gnadengaben hinwies, de¬
ren Gesamtbelauf ohnehin schon zwei Millionen betrage, von der Konferenz ver¬
neint. Dagegen wurde die Frage ad b) nach der Aufklärung des
Ministerpräsidenten Grafen Hohenwart, daß die Pension
der Gendarmerieoffiziere auch bisher stets nach gleichen Normen wie jene des
Militärs bemessen wurden, bejaht. Über die Frage ad c) entspann sich eine länge¬
re Diskussion.

    Seine Majestät der Kaiser geruhte sich selbst dahin auszuspre¬
chen, daß sich die rückwirkende Kraft dieses Gesetzes schwer rechtfertigen lasse.
Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn machte für diese
Bestimmung den in der Armee bestehenden, der Billigkeit entsprechenden Usus
geltend, daß Aufbesserungen der Gebühren auch zurückwirken können, und
wollte die Streichung des bezüglichen Passes der Legislative anheimstellen; da¬
gegen berief sich Reichsfinanzminister v. Lonyay auf das
Prinzip, daß Gesetze überhaupt nicht zurückwirken können, und stellte die Zu¬
rückweisung der fraglichen Bestimmung durch die Legislative in sichere Aus¬
 sicht, während Ministerpräsident Graf Hohenwart gegen
 den Kriegsminister das Beispiel des Zivilpensionsnormales anführte, welchem
 seinerzeit auch keine rückwirkende Kraft beigemessen wurde.

    Schließlich geruhte Seine Majestät der Kaiser dem Kriegs-
 minister noch die Anfertigung eines Gesetzentwurfes über die Taxverpflichtung
 der Militärdienstuntauglichen anzubefehlen und sodann die Sitzung aufzuheben.

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 [Ah. E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
 Wien, 24. Juni 1871. Franz Joseph.
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