- I. Beibehaltung des damaligen Standes bei der Kavallerie
- II. Pferdekonskriptionsgesetz
- III. Pferdeausfuhrverbot
- IV. Mannschaftsentlassung bei der Infanterie
- V. Mehrerfordernis für Monturen im Extraordinarium pro 1870
- VI. Ludovicealfond
- VII. Nachtragskredit für die Militärgrenze
- VIII. Militärpensionsgesetz
- IX. Pensionsgesetz für die gemeinsamen Zivilbeamten
- X. Zinsfußerhöhung für die Salinenscheine
Gemeinsamer Ministerrat, 5. 11. 1870
I. Beibehaltung des damaligen Standes bei der Kavallerie
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf.
II. Pferdekonskriptionsgesetz
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=2.
III. Pferdeausfuhrverbot
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=3.
IV. Mannschaftsentlassung bei der Infanterie
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=6.
V. Mehrerfordernis für Monturen im Extraordinarium pro 1870
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=7.
VI. Ludovicealfond
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=8.
VII. Nachtragskredit für die Militärgrenze
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=8.
VIII. Militärpensionsgesetz
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=9.
IX. Pensionsgesetz für die gemeinsamen Zivilbeamten
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=11.
X. Zinsfußerhöhung für die Salinenscheine
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I2/pdf/oe_hu_mrp_I2_z23.pdf#page=12.
152 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 gung der immerhin 14 Tage erheischenden umfangreichen Operate begonnen werden könne. Die Konferenz erkannte zugleich die Notwendigkeit, das Expose samt Zifferansätzen zu dem Extraordinarium für das Jahre 1870 nach Maßgabe des heutigen Beschlusses modifizieren zu lassen und in das Expose eine Bemer¬ kung aufzunehmen, wonach für das vorläufig nur bis Ende Dezember mit monat¬ lich 830 000 fl. festgesetzte, infolge des heutigen Beschlusses sich aber für die nächsten Monate nach anzustellender Berechnung geringer gestaltende Verpflegs- erfordemis anläßlich des erhöhten Standes die Kreditbewilligung nach Maßgabe des Bedarfes auch über den letzten Dezember d. J. in Anspruch genommen wird. Schließlich machte der Reichsfinanzminister v. Lönyay anknüpfend an die in der Denkschrift über die dalmatinischen Auslagen vorkom¬ menden Andeutungen über die Ausscheidung der nicht streng militärischen Aus¬ lagen darauf aufmerksam, daß dieser Passus mit Rücksicht auf die in der Ministerkonferenz vom 29. Oktober beschlossene Wiedereinstellung von 75 000 fl. für Pazifizierungsauslagen und Naturalienunterstützung nunmehr zu streichen wäre,5 worauf die Sitzung geschlossen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 11. November 1870. Franz Joseph. Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. November 18701 RS. (undRK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Graf Beust (o. D.), der k. k. Ministerpräsident Graf Potocki (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (20. 11.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics (o. D.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (17. 11.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.), Sektionschef v. Früh. Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: I. Beibehaltung des dermaligen Standes bei der Kavallerie. II. Pferdekonskripti¬ onsgesetz. III. Pferdeausfuhrverbot. IV. Mannschaftsentlassung bei der Infanterie. V. Mehrerforder- nis für Monturen im Extraordinarium pro 1870. VI. Ludovicealfond. VII. Nachtragskredit für die Militärgrenze. VIII. Militärpensionsgesetz. IX. Pensionsgesetz für die gemeinsamen Zivilbeamten. X. Zinsfußerhöhung für die Salinenscheine. GMR. v. 29. 10. 1870, RMRZ. 86. Gegenstand: III. Aufden Ministerrat verweisen Diöszegi, Österreich-Ungarn und der französisch-preußische Krieg 1870-1871 176; Lutz, Österreich-Ungarn und die Gründung des Deutschen Reiches 351. <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 153 KZ. 4344 - RMRZ. 89 Protokoll des zu Wien am 5. November 1870 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. I. Seine Majestät der Kaiser geruhte, die Besprechung mit der Hindeutung auf die durch die vorgeschrittene Zeit gebotene Fixierung des außergewöhnlichen Extraordinariums pro 1870 behufs Vorlage an die Delegatio¬ nen einzuleiten und anknüpfend an den Ministerratsbeschluß vom 2. November d. J. zunächst die Einstimmigkeit zu konstatieren, mit welcher sich die Konferenz für die von dem Kriegsminister beantragte Reduzierung des Mannschafts- und Pferdestandes bei der Artillerie ausgesprochen hatte.2 Seine Majestät geruhte da¬ her, die sofortige Ausführung dieses Beschlusses mit dem Bemerken anzubefeh¬ len, daß in die Reduzierung selbstverständlich auch das Fuhrwesen einzubezie¬ hen sei. Was die Kavallerie anbelange, so habe Seine Majestät aus dem Sitzungsproto¬ kolle entnommen, daß man die Beibehaltung des dermaligen erhöhten Standes von 130 Mann per Eskadron in Aussicht genommen habe, und es frage sich nun, wie die Sache gegenüber den Delegationen anzufassen sei, nachdem - wie aus dem Expose hervorgehe - in der das Extraordinarium betreffenden Vorlage für den erhöhten Stand nur bis Ende dieses Jahres vorgedacht wurde und die beab¬ sichtigte Maßregel eigentlich eine Änderung des im Ordinarium ersichtlich ge¬ machten Normalfriedensstandes involviert. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn teilte sofort das Ergebnis der inzwischen angestellten Berechnungen über das sich aus dem er¬ höhten Kavalleriestande ergebende Mehrerfordemis mit und bezifferte dasselbe um 2 700 000 fl. höher, als unter diesem Titel in dem letztvotierten Budget - wel¬ ches wenigstens die ungarische Delegation als Normalbudget angenommen habe -- eingestellt wurde. Diese Ziffer gelte jedoch nur für das Jahr 1872 und die fol¬ genden Jahre; im Jahre 1871 müßte noch jener Betrag von 1 200 000 fl. hinzuge¬ schlagen werden, welcher im Grunde früherer Ministerberatungen aus dem Ordi¬ narium des nächsten Jahres Rubrik ,,Remontierung" mit Rücksicht auf die diesjährigen außergewöhnlichen Pferdeeinkäufe gestrichen worden sei, nunmehr aber bei Beibehaltung des erhöhten Kavalleriestandes als Friedensstand wieder einzustellen wäre. Reichsfinanzminister v. Lonyay bemerk¬ te, daß sich dieses Plus aus dem Erlös von dem Verkaufe der Artilleriepferde hereinbringen lasse, das effektive Mehrerfordemis also nur 2 700 000 fl. betragen werde. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erklärte hierauf die Beibehaltung des erhöhten Kavalleriestandes als Normalfriedensstand noch¬ mals für militärisch dringend geboten, zumal der bisherige Friedensstand von 98 Mann per Eskadron der Kriegsverwaltung nur durch die Budgetabstriche der letz- 2 GMR. v. 2. 11. 1870, RMRZ. 88. <pb/>154 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 ten Jahre aufgenötigt wurde. Bei diesem geringeren Stande könne man infolge eines plötzlichen Ausmarsches nur 25 000 Mann Kavallerie ins Feld stellen, wäh¬ rend man bei dem erhöhten Stande doch wenigstens auf 442 000 Mann rechnen könne. Nach den Erfahrungen des letzten Krieges aber glaube er den entschei¬ denden Wert einer ausgiebigen geschulten Kavallerie nicht besonders nachwei- sen zu müssen. Nachdem nun das Ordinarium des nächstjährigen Heeresbudgets bereits gedruckt und eine Änderung daher nicht recht möglich sei, so werde der erhöhte Kavalleriestand den Gegenstand einer abgesonderten Vorlage zu bilden haben. Reichskanzler Graf Beust resümierte den Gang der Minister¬ beratung vom 2. November, indem er bemerkte, wie bei der beschlossenen Redu¬ zierung der Artillerie Gründe politischer Zulässigkeit und finanzieller Ersparung, dagegen bei dem Antrag auf Erhöhung des Kavalleriestandes Gründe militäri¬ scher Notwendigkeit den Ausschlag gegeben hätten. Es werde nun darauf ankom¬ men, auch den Delegationen diese Notwendigkeit begreiflich zu machen, und von denselben mittels einer abgesonderten Vorlage die prinzipielle Entscheidung über die Frage des erhöhten Kavalleriestandes zu erwirken, welche sodann im beja¬ henden Falle die nachträgliche Einstellung der entfallenden Ziffer ins Ordinari¬ um bedingen werde. Auch Reichsfinanzminister v. Lönyay sprach sich in die¬ sem Sinne aus, mit dem Beisatze, daß im Falle verneinender Entscheidung die Kosten des erhöhten Kavalleriestandes, solange derselbe bestehen wird, auch über den 1. Jänner 1871 aus dem außergewöhnlichen Extraordinarium bzw. aus jener monatlichen Verpflegsquote zu bestreiten sein werden, in bezug auf welche nach früheren Besprechungen die Delegationen von der Regierung um die Kre¬ ditbewilligung für die Zeit als die Verhältnisse es erfordern, angegangen werden sollen. Nachdem noch Finanzminister v. Kerkäpoly die Erhöhung des Kavalleriestandes für wohlmotiviert erklärt und der Hoffnung auf Genehmi- gung der Delegationen Ausdruck gegeben hatte, geruhte II. Seine Majestät der Kaiser den Ah. Beschluß im Sinne der Anträge des Reichskanzlers und Reichsfinanzministers zu fassen und sofort die Erlassung des Pferdekonskriptionsgesetzes durch die an die Vertreter der beiden Landesministerien gerichtete Frage über den Stand der diesfalligen Vorarbeiten zur Sprache zu bringen.3 Zugleich geruhte Seine Majestät den Ah. Willen auszu¬ sprechen, daß das Gesetz jedenfalls noch während der gegenwärtigen Sitzungs¬ periode der beiden Legislativen eingebracht werde. Finanzminister v. Kerkäpoly erklärte dieses in Ungarn ohne Schwierigkeit erreichbar. Wie er unterrichtet sei, sei die Frage im ungarischen 3 Verhandlungen über das Pferdekonskriptionsgesetz siehe GMR. v. 2. 11. 1870, RMRZ. 88. Anm. 3. <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 155 Finanz- und Landesverteidigungsministerium schon verhandelt worden und sei¬ en die vorgenommenen Modifikationen am Entwürfe keineswegs prinzipieller Natur. Ministerpräsident Graf Potocki gab die Erklärung ab, daß die Sache auch hier bereits im Stadium der Kommissionsberatung sich befin¬ de, daß es aber wegen der gebotenen Gesetzesgleichformlichkeit unerläßlich sei, die ungarischerseits vorgenommenen Modifikationen kennenzulemen. Seine Majestät der Kaiser geruhte hierauf den Minister von Kerkäpoly zu beauftragen, dem Grafen Andrässy die endgültige Verhandlung im ungarischen Ministerrate und die baldige Mitteilung der vorgenommenen Abänderungen an den diesseitigen Ministerpräsidenten im Ah. Namen zu emp¬ fehlen.4 III. Weiters hatte Seine Majestät die Gnade, der Konferenz von ei¬ nem au. Vortrage des Reichskriegsministers wegen Aufhebung des Pferdeaus¬ fuhrverbotes Mitteilung zu machen.5 Es sei zunächst eine Frage politischer Natur, ob die Situation schon so weit sei, daß es nicht nach einer oder der anderen Rich¬ tung Lärm mache, wenn wir jetzt schon vor Europa mit der Aufhebung des Ver¬ botes treten. Bis noch habe keiner der übrigen Staaten die Aufhebung verfügt. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Bei seinem au. Vortrage sei er von der Absicht geleitet worden, durch Aufhebung des Aus¬ fuhrverbotes auch die Konkurrenz ausländischer Käufer beim Verkaufe der Artil¬ leriepferde zu ermöglichen und somit bessere Preise zu erzielen, damit ihm von den Vertretungen nicht der Vorwurf der Verschleuderung der Pferde gemacht werden könne. Das gleichfalls in Anregung gebrachte Auskunftsmittel der Pfer¬ deunterbringung bei Privaten scheine ihm bei uns nicht recht durchführbar,6 zu¬ mal jetzt bei heranbrechendem Winter, wo die Landleute kaum geneigt sein wer¬ den, Pferde ins Futter zu nehmen, die sie nicht beschäftigen können. Wenn übrigens für das Frühjahr nicht friedliche Konstellationen zu erwarten sind, so wäre es besser, die Pferde über den Winter ganz zu behalten, anstatt im Frühjalu- neue zu kaufen, die erst einexerziert werden müssen. Der ungarische Ministerrat behandelt am 10. 3.1871 die Angelegenheit des Gesetzentwurfes über die Deckung des Pferdebedarfes. Nr. 6/1871 MOL. Sektion K-27. Daraus geht hervor, daß der Entwurfdes Gesetzesvorschlages aufGrund von Beratungen mit dem Kriegsministe¬ rium und Vertretern des k. k. Landesverteidigungsministeriums ausgearbeitet wurde, daß er aber erst dann mit Genehmigung Seiner Majestät dem Reichstag unterbreitet wird, wenn hinsichtlich der Prinzipien mit den besagten Ministerien eine endgültige Vereinbarung zu¬ stande gekommen ist. Im Ministerrat vertraten jedoch mehrere den Standpunkt, in Ungarn sei der Pferdebestand so beträchtlich, daß im Mobilisierungsfalle der Pferdebedarf auch ohne vorherige Konskription bzw. Enteignung gedeckt werden könne. Au. Vortrag des Reichskriegsministers v. 4. 11. 1870. [Nr. 4493], womit die Aufhebung des bestehenden allgemeinen Pferdeausfuhrverbotes ag. beantragt wird. KA. MKSM. 75-3/1. Die Unterbringung der Pferde bei Privaten empfahlen Reichsfinanzminister Lönyay und der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager GrafFestetics im GMR. v. 2. 11. 1870, RMRZ. 88. <pb/>156 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 Reichskanzler Graf Beust: Über die politische Situation im Frühjahr könne jetzt noch kein sicherer Schluß gezogen werden; die heutige Lage gestatte den Verkauf, und da unterliege es keinem Zweifel, daß die Konkurrenz fremder Käufer die Verkaufspreise in die Höhe treiben werde, und in diesen hö¬ heren Preisen werde man zum wenigsten teilweise eine Kompensation finden für die Pferdeverteuerung bei unvermutetem Wiederbedarf im Frühjahre. In dieser Erwägung scheine sich ihm die Gestattung der Ausfuhr zu empfehlen, zumal da¬ mit die Regierung zugleich ein Verteidigungsmittel in der Hand habe, wenn die Delegationen die Verkaufspreise als zu niedrig bemängeln sollten. Ministerpräsident Graf Potocki: Man möge trachten, ein ausländisches Konsortium zu gewinnen, welchem man die Ausfuhr für den Fall bewilligt, daß es eine gewisse größere Anzahl Pferde abnimmt. Vortragender glaube, daß z. B. in Deutschland sich ein Mangel an Pferden sichtbar machen werde. Den Vorwürfen der Delegationen könne man übrigens auch damit entge¬ gentreten, daß bei den bisherigen Verkäufen die neuangeschafften Pferde behal¬ ten und nur die ausrollierten verkauft wurden, die selbstverständlich nur zu billi¬ geren Preisen Abnehmer fanden. Finanzminister v. Kerkäpoly sprach sich nur für die bedingte Aufhebung des Ausfuhrverbotes, nämlich nur rücksichtlich der vom Kriegsmini¬ sterium verkauften Pferde aus, mit dem Bemerken, daß man das Augenmerk auf die deutschen Landwirte richten solle, welche für die ihnen kraft des Pferdekon¬ skriptionsgesetzes abgenommenen und nicht mehr zurückgestellten Pferde si¬ cherlich einen Ersatz benötigen werden. Seine Majestät der Kaiser geruhte die Frage aufzuwerfen, wie eine solche bedingte Ausfuhr zu kontrollieren sei? Worauf Reichskriegs¬ minister Freiherr v. Kuhn auf die Kenntlichkeit der ärarischen Pferde an den Brandzeichen und auf die Erfolgung besonderer Ausfuhrzertifikate für die verkauften Militärpferde hindeutete. Reichskanzler Graf Beust bemerkte, daß für unseren Zweck die Ausstellung von ausnahmsweisen Ausführzertifikaten genüge und daß man dabei das Aufsehen vermeide, welches die förmliche Aufhebung des Verbotes im jetzigen Momente vielleicht doch noch machen werde. Zwar würden dadurch noch weitere Ausnahmsgesuche hervorgerufen werden und die Willfahrung nicht zu umgehen sein, es sei dies aber der allgemeinen Aufhebung vorzuziehen. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Eine solche Ausnahme müsse er sich sogleich für die Fohlen erbitten. Er werde dieserwegen von allen Seiten bestürmt, namentlich aus Tirol und Salzburg, wo teils unsere Leute mit Fohlen Handel in das Ausland treiben, teils Weideplätze für bayerische Pferdeherden verpachtet werden, die nun infolge des Verbotes nicht wieder zu¬ rückgeführt werden können. Seine Majestät habe über seinen au. Antrag die Aus¬ fuhr von einjährigen Fohlen zwar schon gestattet, nunmehr aber richte sich die Agitation auf die zwei- bis dreijährigen Fohlen, indem man auf die zollvereins- ländische Tarifierung, wo unter Fohlen - dreijährige Pferde verstanden werden, <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 157 verweise und von uns dieselbe Definition verlange. Die Verweigerung dieser Bit¬ te, während man dem Reichskriegsministerium die Ausfuhr bewillige, werde die bestehende Verstimmung in den erwähnten Ländern steigern. Seine Majestät der Kaiser hatte sonach die Gnade, die Ertei¬ lung von Ausfuhrzertifikaten für die verkauften Militärpferde ohne Aufhebung des allgemeinen Ausfuhrverbotes zu genehmigen und zu gestatten, daß noch fer¬ nere Ausfuhrerleichterungen für die Fohlen gewährt werden, in welcher Bezie¬ hung die Anregung von dem diesseitigen Ministerium auszugehen habe. IV. Seine Majestät geruhte ferner als gleichfalls mit der politischen Frage zusammenhängend den au. Vortrag des Reichskriegsministers zur Sprache zu bringen, worin die Ermächtigung erbeten wurde, für die am 1. Oktober einbe- rufenen und bisher über den Stand geführten Rekruten bei der Infanterie, für de¬ ren Beköstigung im außergewöhnlichen Extraordinarium vorgesorgt werden mußte, nunmehr die älteren Leute zu entlassen und die Rekruten sofort auf den Stand zu führen. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn rekapitulierte den Ministerratsbeschluß, auf welchen sich die Sistierung der Urlauberentlas¬ sung bei der Infanterie gründete. Nach der sonst üblichen Gepflogenheit hätten am 1. Oktober die Rekruten einberufen und die älteren Diener entlassen werden sollen. Man habe aber, um der momentanen Wehrkraft für den Fall eines plötzli¬ chen Ausmarsches nicht zu schwächen, von der Urlauberentlassung Umgang ge¬ nommen, woraus sich die Notwendigkeit ergeben habe, den im laufenden Ordi- narium nicht bedeckten Beköstigungsaufwand für die Rekruten ins Extraordinarium einzustellen. Aber auch hier reiche die Bedeckung nur für die Zeit der achtwöchentlichen Abrichtungsdauer, nämlich bis Ende November, und bei der immerhin zwei Wochen in Anspruch nehmenden Durchführung solcher Befehle empfehle es sich jetzt schon Beschluß zu fassen, ob der gegenwärtige Stand bei der Infanterie auch über den letzten November beizubehalten sei, wo dann für die Beköstigung neuerdings vorgedacht werden müsse. Vortragender bemerkte noch, daß der heurige Vorgang auch in der Folge eingehalten werden würde und für das nächste Jahr das entfallende Mehrerfordemis für Verpflegung bereits im Ordinarium ersichtlich gemacht worden sei. Da politische Bedenken von keiner Seite vorgebracht wurden, so geruhte Seine Majestät der Kaiser die beantragte Urlauberentlassung bei der Infanterie zu genehmigen, zugleich mit dem Bemerken, daß es sich für die Zukunft empfehlen werde, die Absendung der Rekruten von den Ergänzungsbe¬ zirksstationen zu den Regimentern schon in der siebenten Abrichtungswoche ein¬ zuleiten, damit zwischen die Rekruteneinrückung und Urlauberentlassung das richtige Wechselverhältnis gebracht werde und die sich alljährlich im Oktober ergebende Verminderung des Präsenzstandes nicht mehr eintrete. <pb/>158 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 V. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erbat sich hierauf das Wort, um das in dem beiliegenden Ausweis lit. D zu dem außerge¬ wöhnlichen Extraordinarium des Jahres 18707 über die im Ministerrat verabrede¬ te Summe von 2 295 859 fl. eingestellte Mehrerfordemis für Monturen und Rü¬ stungen im Betrage von 6 853 925 fl. zu begründen und den Nachweis zu liefern, daß diese Monturen, welche zur Ausfolgung der den Regimentern in den letzten Jahren nicht hinausgegebenen Guthabungen, dann zur Vervollständigung ihrer Augmentationsvorräte und zum Ersatz für die gleich zu Anfang eines Krieges sich ergebende Abnützung bestimmt sind, unter allen Umständen bereit gehalten werden müssen, um im Falle eines Kriegsausbruches wenigstens die 6. Bataillo¬ ne und einen Teil der Ersatzreserve mit der gebotenen Schnelligkeit marschbereit machen zu können. Bisher seien die Verhältnisse so gewesen, daß die Sachen zum mindesten drei Monate vor Beginn des Krieges bestellt werden mußten. Dies gehe nun, abgesehen von dem durch die letzten Erfahrungen gelehrten plötzli¬ chen Entbrennen der Kriege schon wegen unseres parlamentarischen Apparates nicht mehr an. Eine Diskussion über die Geldvotierung in den Delegationen wür¬ de unsere Politik verraten, zudem könnten die Delegationen im Momente des Geldbedarfes auch nicht immer sogleich einberufen werden. Diese Verhältnisse würdigend, habe Seine Majestät die Berechnung der Anschaffungskosten für die benötigten Vorräte angeordnet, als deren Folge sich eben das erwähnte Mehrer¬ fordemis darstelle. Nachdem sofort Sektionschef v. Früh die einzelnen Positionen dieses Mehrerfordemisses erörtert und erklärt hatte, geruhte Seine Maje¬ stät der Kaiser als weiteres Motiv für die Anschaffung eines Vorrates an Montur und Rüstung die Tatsache hinzustellen, daß unsere Industrie bei einem plötzlichen Kriegsausbrüche gar nicht imstande wäre, das Benötigte binnen der Zeit des Bedarfes herzustellen. Reichsfinanzminister v. Lönyay erkannte auch seinerseits die Notwendigkeit, das bisher Versäumte nachzuholen. Ein Staat, der aggressive Politik treibe, sei wohl in der Lage, den Angriff erst dann zu beginnen, wenn er in jeder Beziehung gerüstet dasteht, unsere Politik sei aber eine Defensive, wir müßten auf Angriffe stets gefaßt sein, und diese Lage erheische es, uns in den Stand zu setzen, daß wir dem Gegner sofort entgegentreten können. Vortragender konstatiert, daß sich das bisher rund auf 53 Millionen veran¬ schlagte Extraordinarium nach der Annahme des Antrages der Kriegsverwaltung vermehren werde, und bezifferte dieselbe in dieser Voraussetzung folgenderma¬ ßen: a) Summe der einmaligen Ausgaben zur Steigerung der Wehrpflicht 31 260 399 fl. b) Dalmatinische Auslagen 4 020 370 [fl.] c) Nachtragskredit für die Jahre 1868 und 1869 6 046 417 [fl.] d) Summe des bereits Verausgabten 19 112 524 [fl.] Zusammen 60 439 710 fl., was mit Hinzurechnung der Auslagen 7 Beilage zu diesem Protokoll. HHStA., PA. XL, Karton 285. <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 159 für den erhöhten Stand der Kavallerie mit 2 300 000 [fl.] ein Gesamtmehrerfor- demis von 62 739 710 fl. ergeben würde. Da gegen die Mehreinstellung für Monturen und Rüstung von keiner Seite Einwendungen erhoben wurden, so geruhte Seine Majestät den diesfälligen An¬ trag des Kriegsministers zum Beschlüsse zu erheben, mit dem durch die Anfrage des Grafen Potocki über die Zulässigkeit eventueller Abstriche an der Summe von 62 Millionen hervorgerufenen Beisatze, daß diese Gesamtsumme des Extra- ordinariums gegenüber den Delegationen als ein integrierendes Ganzes, welches ohne Beeinträchtigung des beabsichtigten Zweckes nicht vermindert werden kann, zu vertreten wäre. VI. Seine Majestät der Kaiser hatte hierauf die Gnade, an¬ knüpfend an die im Ministerratsprotokolle vom 30. Oktober enthaltenen Bemer¬ kungen des Reichsfinanzministers über die Erwähnung des Ludovicealfondes im Expose des Kriegsministers zu betonen, es möge die Frage so gestellt werden, daß sie nach dem Wunsche des Grafen Andrässy in den Delegationen ohne aber¬ malige Diskussion vorübergehe.8 Reichsfinanzminister v. Lönyay gab die Aufklärung, daß der Ludovicealfond unter den Einnahmen der Bildungsanstalten wohl angeführt werden mußte, daß man aber zur Beruhigung der ungarischen Delegation, von welcher die bezügliche Motion ausging, in dem Expose eine Bemerkung über das Schweben von Verhandlungen bezüglich der Übergabe des Fondes an Ungarn aufgenommen habe. Nach einer kurzen Diskussion über die Zweckmäßigkeit der Einstellung oder Weglassung des Ludovicealfondes unter den Einnahmen der Bildungsanstalten, wobei sich der ungarische Finanzminister für den korrekteren Weg der Einstellung aussprach und wobei der Reichs- kriegsminister erwähnte, daß von der ungarischen Regierung ungari¬ sche Zöglinge, für deren Plätze die Einkünfte des Ludovicealfondes stiftungsmä¬ ßig verwendet werden, in neuester Zeit nicht in die Militärbildungsanstalten entsendet wurden, geruhte Seine Majestät vorbehaltlich der erwähnten Bemer¬ kung über die Übergabsverhandlungen noch die Aufnahme einer Erklärung in das Expose in dem Sinne anzubefehlen, daß in die eigenen Einnahmen der Bildungs¬ anstalten nur der pro rata der noch vorhandenen ungarischen Zöglinge entfallen¬ de Teil der Einkünfte des Ludovicealfondes aufgenommen wurde. VII. Seine Majestät der Kaiser geruhte weiters die Nach¬ tragsforderung für die Militärgrenze zur Sprache zu bringen. Reichs finanzminister v. Lönyay sprach sich dahin aus, es werde nichts erübrigen, als die Bedeckung des Defizits von beiläufig einer halben Million in das Budget einzustellen, nachdem er in einer Besprechung mit Oberst König die Überzeugung von der Unausführbarkeit seines in dem Ministerrat vom GMR. v. 30. 10. 1870, RMRZ. 87. Anm. 2. <pb/>160 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 30. Oktober gestellten Antrages auf Einbringung des heurigen Defizits durch Steigerung des Holzerträgnisses im nächsten Jahre gewonnen habe.9 Er könne sich aber nicht verhehlen, daß die Delegationen, wiewohl aus verschiedenen Gründen, die Ausgabe beanstanden werden. Wäre die mit Rücksicht auf die Grenzinkorporierung neuzuregelnde Quotenffage in der diesseitigen Reichshälf¬ te, wie es drüben bereits erfolgte, ausgetragen, so ließe sich nach einer wenig¬ stens im Verrechnungswege durchführbaren Trennung der Administration von den eigentlichen Truppenkosten auch diese Sache leicht ins Reine bringen. Es wäre daher gut, wenn der Gesetzentwurfüber die Quote in der diesseitigen Legis¬ lative wenigstens eingebracht würde, bevor sich die Delegationen versam¬ meln.10 Finanzminister v. Kerkäpoly äußerte gleichfalls die Überzeu¬ gung, daß man die Votierung des Grenzdefizits in der ungarischen Delegation verweigern werde, wenn die Regierung nicht gleichzeitig auch die Quotenfrage ernstlich in Angriff nehme. Ministerpräsident Graf Potocki bemerkte, die Frage des Defizits sei auch in der diesseitigen Delegation heikel und könne leicht zu aber¬ maligen irritanten Diskussionen Anlaß geben, die lieber zu vermeiden wären. Es sei also gewiß zweckmäßig, die Quotenregelung noch vor dem Zusammentritt der Delegationen im Reichsrate einzubringen, aber höchst fraglich, ob es sich werde durchsetzen lassen, daß die Annahme mit der gewünschten Schnelligkeit erfolge. Seine Majestät geruhte Ag. anzubefehlen, daß das Defizit in das Budget jedenfalls eingestellt werde und VIII. noch die Frage des Militärpensionsnormales als Gegenstand der heutigen Besprechung zu bezeichnen,11 in der zweifachen Beziehung, ob und welchem Vertretungskörper das Normale zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen sei. Allerhöchstderselbe sei von der verfassungsmäßig gebotenen Ingerenz der Legislativen beim Zustandekommen eines solchen Gesetzes nicht vollkommen überzeugt, da konsequent sodann auch die Mitwirkung der Vertretung bei den Militärgebührenreglements verlangt werden könne, was offenbar nicht im Geiste der Verfassung liege. Auch verkenne Seine Majestät nicht die Schwierigkeit, bei der Verhandlung des Gesetzes in zwei verschiedenen Legislativen die gebotene Gleichheit und Übereinstimmung zu erreichen, zumal eigentlich in den Legislati¬ ven ein Vertreter der Militärverwaltung gar nicht zugegen sein könne. GMR. v. 30. 10. 1870, RMRZ. 87. Anm. 4. Über die Regelung der Quotenfrage im Zusammenhang mit der Provinzialisierung der Mili¬ tärgrenze siehe GMR. v. 4. 8. 1870, RMRZ. 73. Anm. 9. Über die Regelung der Quotenfrage der cisleithanische Ministerrat: 6. 11. 1870. AVA, Ministerratsprotokolle 1870. Karton 3, Nr. 157. [KZ. 3816], Siehe auch GMR. v. 30. 10. 1870, RMRZ. 87. Anm. 1. Behandlung der gemeinsamen Pensio¬ nen geschah schon 1868. GMR. v. 21. 10. 1868, RMRZ. 21. In: Dm Protokolle des gemein¬ samen Ministerrates der österreichisch-ungarischen Monarchie 1/1 107-110. <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 161 Reichsfinanzminister v. Lönyay wiederholte seine schon in dem Ministerratsprotokoll vom 30. Oktober niedergelegte Ansicht über die Sache,12 dahingehend, daß es schwer sein werde, dem von beiden Delegationen ausgesprochenen Wunsche nach Vorlage eines Militärpensionsgesetzes an die Legislativen bei ihrem bevorstehenden Wiederzusammentritt aus dem Wege zu gehen. Es würde gewiß die Frage aufgeworfen werden, ob und was für eine Folge die Regierung diesem Wunsche gegeben habe, und er glaube, daß die Position der Regierung günstiger sei, wenn sie im Expose die Vorlage des Gesetzes zur verfas¬ sungsmäßigen Behandlung spontan in Aussicht stelle, als wenn sie es auf eine Erneuerung der Admonition ankommen lasse. Reichskanzler Graf Beust führte das Beispiel anderer Staaten an, wo das Militärpensionsgesetz den Kammern in der Tat vorgelegt wurde. Aber auch abgesehen von dieser Gepflogenheit scheine ihm die Regelung der Pensi¬ onsbezüge des Militärs mittels Gesetz in des letzteren Interesse selbst zu liegen, weil, wenn das Pensionsgesetz einmal bestehe, die aufgrund desselben in An¬ spruch genommene Kreditbewilligung von den Delegationen nicht verweigert werden könne. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Den Delega¬ tionen stehe nach seiner Meinung kein Recht zu, über die Ausmaße der Pensionen im einzelnen zu entscheiden. Übrigens sei der im Kriegsministerium ausgearbei¬ tete Entwurf des Normales fertig, und es bedürfe nur noch der Ah. Genehmigung des Entwurfes, den er Sr. Majestät demnächst vorlegen werde. Reichsfinanzminister v. Lönyay: Es sei immerhin denkbar, daß die Delegationen am Pensionsetat einen Normalabstrich vornehmen, und das sei offenbar unbequemer als die Vorlage des Entwurfes an die Legislativen. Finanzminister v. Kerkäpoly: Das Pensionsgesetz für die ge¬ meinsamen Beamten, welches zur Vorlage an die beiden Reichsvertretungen be¬ stimmt sei, präjudiziere einigermaßen auch das Militärpensionsgesetz. Insoweit nämlich unter den gemeinsamen Beamten auch der Kriegsminister aufgeführt werde und hiemit in bezug auf die Regelung des Pensionsbezuges des obersten Leiters der Armeeverwaltung die Ingerenz der Legislativen anerkannt sei, so scheine es ihm logisch, diese Ingerenz auch gegenüber der Armee selbst anzuer¬ kennen. Was die eigentlichen Militärgebühren betreffe, so liege deren Anerken¬ nung ja schon in der Votierung der Budgetansätze. Seine Majestät der Kaiser hatte hierauf die Gnade, sich dahin auszusprechen, daß Allerhöchstderselbe in der Voraussetzung, daß die Ingerenz der Legislativen auf innere Armeeangelegenheiten über die Regelung der Pensi¬ onsbezüge nicht hinauserstreckt werde, der Einbringung des bezüglichen Geset¬ zes nicht entgegen sein wolle, und sonach gegen die Aufnahme eines die verfas¬ sungsmäßige Behandlung in Aussicht stellenden Passus in das Expose kein Hindernis obwalte. 12 Ebd. <pb/>162 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 IX. Im Zusammenhang mit der Frage des Militärpensionsnormales hatte Seine Majestät der Kaiser die Gnade, auch den Ah. Ihm vorlie¬ genden Entwurf des Pensionsgesetzes für die gemeinsamen Zivilbeamten zur Be¬ sprechung zu bringen.13 Mit der beschlossenen Vorlage des Militärpensionsnor¬ males an die Legislativen scheine Seiner Majestät auch der formelle Vorgang für die Zustandebringung des gemeinsamen Zivilpensionsgesetzes vorgezeichnet. Wohl bestehe, wie Seine Majestät unterrichtet sei, der Antrag, das Gesetz sofort auch vor der Legislativenbehandlung im Reichsrat und im ungarischen Reichstag zur praktischen Anwendung zu bringen und dasselbe den Delegationen einstwei¬ len nur zur Kenntnis mitzuteilen; ein solcher Vorgang sei aber nicht ohne konsti¬ tutionelle Bedenken, und es könne höchstens in Erwägung gezogen werden, ob man die Versorgungsansprüche der fraglichen Beamten und ihrer Angehörigen überhaupt in Form eines den Legislativen vorzulegenden Gesetzes regeln müsse, oder ob nicht etwa, was allerdings praktischer wäre, der einfache Normalienweg genüge. Reichskanzler Graf Beust bemerkte, daß dies nach dem Wort¬ laute der betreffenden Delegationsresolutionen kaum ausführbar erscheine, daß man aber immerhin versuchen könne, ob die Delegationen sich mit einem im Administrationsweg zu erlassenden und ihnen bloß zur Kenntnisnahme mitzutei¬ lenden Normale nicht etwa doch begnügen. Dies wäre jedenfalls einfacher, denn die Schwierigkeiten des Zustandekommens eines gleichlautenden Gesetzes in den zwei getrennt verhandelnden Legislativen bestünden hier ebenso wie bei dem Militärpensionsgesetz und würden sich noch in dem Maße vermehren, als es schwer sei, einer Körperschaft, welcher kein Vertreter des Ministeriums des Äu¬ ßern gegenübersteht, das Verständnis für gewisse Verhältnisse dieses Ressorts beizubringen. Es ergebe sich auch hier wie bei dem Militärpensionsgesetz die Frage, wer das Gesetz in den Legislativen eigentlich vertreten solle. Ministerpräsident Graf Potocki, welchem auch der ungari¬ sche Finanzminister beistimmte, sprach sich dahin aus, daß es, wenn anderseits die Vorlage an die Legislative ins Auge gefaßt werde, gar nicht nötig sei, den Gesetzentwurf früher den Delegationen zur Kenntnis zu bringen, sondern, daß in Au. Vortrag des Reichsfinanzministers über die Ruhe- und Versorgungsbezüge der gemeinsa¬ men Zivilbeamten v. 15. 9. 1870. HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 3636/1870. Den Entwurfver¬ weist der Herrscher zur weiteren Behandlung. Erneuter Vortrag des Reichsfinanzministers v. 12. 11. 1870. Ebd. KZ. 4396/1870. Darin beruft sich der Reichsfinanzminister aufseinen au. Vortrag vom 15. September und den Ministerrat vom 5. November undfertigt aufdie dort verlauteten Wünsche des Herrschers hin seinen neuen Entwurf. Ah. E. 13. 11. 1870. Die ge¬ meinsamen Pensionen behandelt der ungarische Ministerrat am 9. 10. 1870, Gegenstand: 7: Gesetzesvorschlag zur Behandlung der Pensions- und Versorgungsansprüche der Beamten des gemeinsamen Ministeriums und Obersten Rechnungshofes und ihrer Familienmitglieder. Die detailliertere Behandlung des Vorschlages verschiebt er aufeine spätere Ministerbera¬ tung. In den darauffolgenden Monaten kommt esjedoch nicht dazu. <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 163 Erwiderung auf die gebrachten Resolutionen die einfache Hindeutung auf die Vorbereitung der Gesetzesvorlage für die beiden Legislativen genüge. Reichsfinanzminister v. Lönyay beantragte, es möge den Delegationen eröffnet werden, daß die gemeinsame Regierung in dem Entwurf eine Zusammenstellung und teilweise Neugestaltung der zerstreut vorfindigen Normen über das Pensionswesen veranlaßt habe und daß der Entwurf als interimi¬ stische Norm von Seiner Majestät genehmigt worden sei, an welche sich die Re¬ gierung halten werde, bis ein weiterer legislatorischer Akt erfolgt. Diesem Anträge trat auch Reichskanzler Graf Beust bei, mit dem Zusatze, daß die Delegationen zugleich auf die formellen Schwierigkeiten bei Zustandebringung eines Gesetzes im Wege der Legislativen aufinerksam zu machen wären. Seine Majestät der Kaiser hatte hierauf die Gnade zu geneh¬ migen, daß im Sinne des obigen Antrages vorgegangen werde. Was den Entwurf selbst betrifft, so geruhte Seine Majestät nachstehende sachliche Bemerkungen zu machen. Der Artikel II involviere eine Beschränkung des Gnadenrechtes des Monarchen und wäre daher zu streichen. Bei Artikel IV hätte der die Aufbesse¬ rung gesetzlicher Gebühren betreffende Passus aus demselben Grunde zu entfal¬ len. Der dem Pensionsgesetze für die cisleithanischen Minister nachgemachte § 6, betreffend das Pensionsausmaß von 4000 fl. für die gemeinsamen Minister und den Präsidenten des gemeinsamen Obersten Rechnungshofes, wäre wegzulassen oder zum mindesten in nochmalige Erwägung zu ziehen, da dieses ohne Rück¬ sicht auf die Dauer der Dienstzeit stipulierte Pensionsausmaß in der diesseitigen Reichshälfte seinerzeit einen sehr üblen Eindruck gemacht habe. Desgleichen hät¬ te im § 8 lit. b das Wort verfassungsmäßig wegzubleiben, da z. B. Änderungen im Konsularstatus nicht unbedingt im verfassungsmäßigen Wege erfolgen müssen. Endlich gelte das zu § 6 Gesagte auch von dem die Pensionen der Witwen der gemeinsamen Minister und des Rechnungshofspräsidenten betreffenden § 22. X. Schließlich bat Reichsfinanzminister v. Lönyay noch einen Gegenstand Vorbringen zu dürfen, nämlich das momentane Verhältnis der emittierten Salinenscheine zu den Staatsnoten, worüber dem gemeinsamen Fi¬ nanzminister, im Sinne des § 12 des 46. ungarischen Gesetzartikels vom Jahre 1868 die Kontrolle ebenso zustehe wie über die gemeinsame Staatsschuld über¬ haupt.14 Er habe nun schon seit längerer Zeit ein stetiges Abnehmen im Umlaufe der Salinenscheine, deren Stand bereits auf 64 Millionen gesunken sei, bemerkt. GA. XLVI/1868 § 1: Gemäß XV/1867 wird die Behandlung der schwebenden Staatsschul¬ den ,,dem gemeinsamen Finanzminister übertragen, der sie durch eine Sektion seines Mini¬ sterium gesondert verwalten lässt". § 2: ,,Zur Kontrolle dieser Verwaltung wählen sowohl die Länder der ungarischen Krone als auch die im Reichsrat vertretenen Länder jeweils für sich eine aus sechs Mitgliedern und drei Ersatzleuten bestehende Kontrollkommission." § 12 zählt im einzelnen diefachlichen Aufgaben der Kontrollkommissionen auf. Vgl. Gesetz über die Gebahrung und Controle der gemeinsamen schwebenden Schuld v. 10. 6. 1868. RGBl. Nr. 53/1868. <pb/>164 Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 und halte sich verpflichtet, den anwesenden Finanzminister der diesseitigen Reichshälfte auf dieses mit dem Gesetze nicht vereinbarliche Mißverhältnis zwi¬ schen der Salinenschein- und Staatsnotenzirkulation mit dem Anträge auftnerk- sam zu machen, durch eine Erhöhung, auf 5 bis 5 'A % des noch vom Finanzmi¬ nister Brestei15 reduzierten Zinsfußes den Salinenscheinen wieder eine größere Nachfrage zuzuwenden. Finanzminister Freiherr v. Flolzgethan: Obschon die¬ ser Gegenstand eigentlich in die Kompetenz des cisleithanischen Ministerrates gehöre, so wolle er dem Reichsfinanzminister eine Antwort doch nicht vorent¬ halten. Es heiße an einer Gesetzesstelle allerdings, daß das Verhältnis der Sali¬ nenscheine, dann der Staatsnoten und Münzscheine nicht alteriert werden solle, was aber offenbar nur die Bedeutung habe, daß die gesetzlich mit 412 Millionen stipulierte Gesamtsumme dieser Zirkulationsmittel nicht überschritten werden solle, vorbehaltlich eines gewissen Schaukelsystems, vermöge dessen zwischen dem Umlauf der Salinenscheine und Staatsnoten eine Wechselwirkung derart besteht, daß wohl weniger, nie aber mehr als 100 Millionen Salinenscheine im Umlaufe sein dürfen. Eine weitere Beschränkung sei im Gesetze nicht enthalten, als daß nicht mehr Staatsnoten emittiert werden sollen, als Salinenscheine zu¬ rückströmen. Durch das Zurückströmen dieser Scheine werde der Ausgleich kei¬ neswegs verletzt und es sei reine Opportunitätsfrage, ob sie poussiert werden sollen. Die Ansichten darüber seien geteilt. Die Finanzkreise wünschen die Erhöhung des Zinsfußes, andere wieder perhorreszieren sie. Vortragender neige sich der letzteren Ansicht zu und halte die Zinsfußerhöhung weder für zweckmäßig noch für notwendig. Nicht für zweckmäßig, weil der Zinsfuß bei guten Papieren jetzt 7-8 % betrage, die Zinsfußerhöhung auf 5 XA % die Salinenscheine also nicht beliebter machen werde, zu einer Zinsfixßerhöhung auf 7-8 % aber kein Geld vorhanden sei; nicht für notwendig, weil man im großen Verkehre jetzt das Geld für bessere Geschäfte benötige und, sobald die Fluktuationen des Verkehres sich anders gestalten, die Salinenscheine von selbst wieder Abnehmer finden werden. Die Zinsfußerhöhung für die Salinenscheine könne unter Umständen für das Pu¬ blikum sogar schädlich werden, indem die Hinausgabe dieser Papiere, die an der Börse sich manifestierende Geldknappheit zu einer wahren Geldklemme hinauf¬ zuschrauben geeignet sei. Finanzminister v. Kerkäpoly: Es bestehe allerdings ein Ge¬ setz, daß Staatsnoten und Salinenscheine zusammen 412 Millionen nicht über¬ steigen sollen, aber ein anderes Gesetz bestimme zugleich das Verhältnis der Staatsnotenzirkulation zu jener der Salinenscheine. Dieses Verhältnis von 312 zu 100 sei allerdings nicht inalterabel und erlaube vielmehr einen Wechsel, derselbe dürfe aber nicht zur Regel werden. 15 Brestei (Brestl), Rudolf, 30. 12. 1867 - 12. 4. 1870 k. k. Fincmzminister, <pb/>Nr. 23 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 11. 1870 165 Bisher habe Vortragender die Sache aus Rücksicht auf den durch den Krieg hervorgerufenen Geldmangel nicht berührt, länger aber dürfe er die Außerachtlas¬ sung des Gesetzes nicht hingehen lassen. Es komme noch ein Umstand in Be¬ tracht. Im ungarischen Gesetze, wo von Ungarns Anteil an den Zinsen der Staats¬ schuld die Rede ist, werde ausdrücklich zugesagt, daß sich dieser Anteil auch auf die Verzinsung der Salinenscheine in der Summe von 100 Millionen beziehe. Man werde daher mit Recht fragen, wie Ungarn zu einem Zinsenanteil von 100 Millio¬ nen komme, wenn der effektive Umlauf der Salinen nur 64 Millionen betrage? Finanzminister Freiherr v. Holzgethan: Diese Ausle¬ gung des Gesetzes könne er nicht annehmen, denn sie stehe im Widerspruch mit der bisherigen Auslegung, wonach die Salinenscheine nicht mehr, wohl aber we¬ niger als 100 Millionen ausmachen dürfen. Letztere sei auch die einzige mögli¬ che Auslegung, jede andere führe zu abnormen Konsequenzen, denn die diessei¬ tige Reichshälfte wäre sonst der jenseitigen auf Diskretion ergeben. Ungarn könne nach dortiger Auffassung z. B. verlangen, daß die zurückgeströmten 36 Millionen Salinen am 1. Jänner 1871 begeben sein müssen, und die diesseitige Finanzverwaltung müsse sich dann azu jedem beliebigen Zinsfüße bequemen3, was sicherlich nicht im Geiste des Gesetzes liege. Auf die Bemerkung des unga¬ rischen Finanzministers über Ungarns Zinsenanteil müsse er entgegnen, daß die¬ se Quote vorbehaltlich der bewußten 150 000 fl. Hypothekardarlehen einen fixen, keiner Veränderung unterliegenden Anteil bilde, der auch durch eine eventuelle Schuldenverminderung auf dieser Seite nicht berührt werde. Reichsfinanzminister v. Lönyay: Seine Pflicht gehe nicht weiter, als auf die wahrgenommene Unzukömmlichkeit aufmerksam zu machen, das Übrige sei Sache der cisleithanischen Regierung. Er könne aber nicht umhin, die Zinsfußerhöhung auf 5 14 % nochmals, u. zw. schon deshalb zu empfehlen, damit man eine Entschuldigung gegenüber der Staatsschulden-Kontrollkommis- sion habe, wenn die Anhäufung der Salinenscheine in den Händen der Regierung beanstandet werden sollte. Ministerpräsident Graf Potocki hob hervor, daß man bei der Frage wegen Passierung der Salinenscheine das bevorstehende Anlehen für Rüstungszweck mit in Kombination ziehen müsse. Der Staat werde das benötigte Geld gewiß nur teuer bekommen, und da sei es nicht politisch, durch die Hinaus¬ gabe der Salinenscheine die Geldknappheit zu steigern und hiemit den Geldmarkt zu verteuern. Reichsfinanzminister v. Lönyay wiederholte die schon im Ministerrate vom 10. September gemachte Andeutung, daß das Extraordinarium pro 1870 anstatt durch eine Anleihe lieber durch die Hinausgabe von Kassenan¬ weisungen, die in das nämliche Verhältnis zu den Staatsnoten kommen könnten wie die Salinenscheine, daher die von der Zirkulation zurückkommende, Theil Korrektur aus zu jedem Preis losschlagen. b-b Einßigung Lönyays. <pb/>166 Nr. 24 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. 11. 1870 diese[r] Anweisungen durchb Staatsnoten gedeckt werden mögen, die anstelle der infolge der Emission der Salinenscheine und Einschränkung der Notenemission der Nationalbank eingehenden Noten treten würden.16 Finanzminister Freiherr v. Holzgethan bekämpfte die¬ sen Antrag, weil dem Geldmärkte dadurch 70 Millionen entzogen werden würden, was einem völligen Ruine gleichkomme. Nachdem schließlich auch Mini¬ ster Graf Festetics die sukzessive Wiederemission der Salinenschei¬ ne empfohlen hatte, geruhte Seine Majestät die Sitzung zu schließen. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ofen, 26. November 1870. Franz Joseph. Nr. 24 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 6. November 1870 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler GrafBeust (o. D.), der k. k. Ministerpräsident GrafPotocki (o. D.), der Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn (o. D.), der Reichsfinanzminister v. Lönyay (20.11.), der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics (o. D.), der k. k. Finanzminister Freiherr v. Holzgethan (17. 11.), der kgl. ung. Finanzminister v. Kerkäpoly (o. D.). Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Politische Mitteilung des Reichskanzlers. KZ. 4345-RMRZ. 90 Protokoll des zu Wien am 6. November 1870 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.1 Reichskanzler Graf Beust erbat sich das Wort zu einem Vortra¬ ge über zwei nach der gestrigen Konferenz an ihn gelangte Berichte politischer Natur, welche es vielleicht erheischen werden, den auf die militärischen Fragen bezüglichen Teil der gestrigen Besprechung wieder aufzunehmen. Der eine rühre vom Konsul in Jassy her und enthalte die auf vertrauliche Mit¬ teilungen basierte Meldung von Rüstungen Rußlands gegen die Türkei,2 der an¬ dere sei auf telegrafischem Wege von dem Konsul in Odessa eingelangt3 und si- 16 GMR. v. 10. 9. 1870, RMRZ. 83. 1 Über den Ministerrat siehe Lutz, Österreich-Ungarn und die Gründung des Deutschen Rei¬ ches 351-352. 2 Bericht von dem Konsul in Jassy (Rumänien): Konsul Montlong an Beust v. 2. 11. 1870, Nr. 22. HHStA., PA. XXXVIII, Karton 189. 3 Telegramm von dem Konsul in Odessa (Rußland): Generalkonsul v. Cischini an Beust v. 5. 11. 1870. Ebd. <pb/>