Gemeinsamer Ministerrat, 4. 7. 1869
I. Formeller Vorgang bei Eröffnung der Delegationen
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z54.pdf.
II. Nachtragskredit des Kriegsministeriums für das laufende Jahr
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z54.pdf#page=3.
III. Verwendung österreichischer Generalstabsoffiziere bei den Vorarbeiten für die türkische Bahn
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z54.pdf#page=4.
304 Nr. 54 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 7. 1869 Oberst König und Direktor Wessely, aus ungarischen und kroatischen Re¬ präsentanten zu bestehen und einvemehmlich mit dem Reichskriegsmi¬ nisterium ein Operat auszuarbeiten habe, welches genügen werde, um dem ungarischen Ministerium den Anhalt zu geben, damit dasselbe, anknüpfend an den bekannten Beschluß des ungarischen Landtages, der Legislative eine beruhigende Erklärung gebe, in welcher Beziehung Seine Majestät anzu¬ deuten geruhte, daß es wünschenswert sei, sich in dieser zwischen Ungarn und Kroatien gemeinsam dargestellten Angelegenheit auf den Verkehr mit dem ungarischen Landtag zu beschränken.8 Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 12. Juli 1869. Franz Joseph. Nr. 54 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. Juli 1869 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (7. 7.), der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (7. 7.), Sektionschef Ritter v. Früh. Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: I. Formeller Vorgang bei Eröffnung der Delegationen. II. Nachtragskredit des Kriegsministeriums für das laufende Jahr. III. Verwendung österreichischer Generalstabs¬ offiziere bei den Vorarbeiten für die türkische Bahn. KZ. 1935 -RMRZ. 54 Protokoll des zu Wien am 4. Juli 1869 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬ fen Beust. I. Reichskanzler Graf v. Beust eröffnete die Besprechtmg mit der Mitteilung: Seine Majestät der Kaiser hätte die Gnade gehabt, ihm gegenüber die Festsetzung eines Programmes für die Eröffnung der in Kür- Au. Vortrag v. Beust v. 15. 7. 1869 HHStA., PA. I, Karton 560, Nr. 527/RK. Und das gleiche Schriftstück Kab.Kanzlei, KZ. 2523/1869 au. Vortrag v. Beust wegen Einbe¬ rufung einer Kommission zur Prüfung des Waldverkaufes der Militärgrenze. Ah. Entschließung über die sofortige Einberufung der Kommission zur Prüfung des Waldverkaufes in der Militärgrenze v. 17. 7. 1869 ebd. Die Ah. Entschließung v. 17. 7. 1869 sendet Beust an Kuhn mit der Aufforderung, die notwendigen Maßnahmen zur Entsendung der Kommission tun zu wollen: Beust an Kuhn v. 19. 7. 1869 KA., KM., Präs. 35-13/1/1869. Über den Beamten im Kriegsministerium Oberst Gustav König und den Waldexperten Joseph Wessely GMRProt. v. 11. 7. 1868, RMRZ. 19. Anm. 5 und GMRProt. v. 7. 5. 1869, RMRZ. 43. Anm. 8. <pb/>Nr. 54 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 7. 1869 305 ze zusammentretenden Delegationen in Anregung zu bringen und sich da¬ hin auszusprechen, daß es sich empfehlen werde, dem Beginne der Bera¬ tung dieser Körperschaften einen Empfang bei Seiner Majestät in der Weise vorausgehen zu lassen, wie solcher auch bei dem ersten Delegationen¬ zusammentritt in Wien am Anfänge des Jahres 1868 stattgefunden habe.1 Vortragender bemerkte sofort, wienach allerdings das Bedenken nahelie¬ ge, daß ein solcher Empfang im November vorigen Jahres, wo die Delega¬ tionen in Pest tagten, nicht stattgefunden habe, und diese formelle Un¬ gleichmäßigkeit bei der eifersüchtigen Empfindlichkeit der Ungarn leicht zu Mißdeutungen Anlaß geben könne, demgegenüber komme anderseits aber auch der Umstand in Betracht, daß die für November einberufenen Delegationen nicht als neukonstituierte Körperschaft, sondern nur in Fort¬ setzung der ersten Delegation tagten, während die fraglichen Vertretungs¬ körper sich heuer aufgrund von Neuwahlen, und soweit es sich um die un¬ garische Delegation handle, sogar nach Vorhergehung neuer Reichstags¬ wahlen versammle. Da nun eine Delegationseröffnung durch Seine Maje¬ stät ebenso den dargestellten Verhältnissen entspreche, wie sie geeignet sei, die Feierlichkeit des Momentes zu erhöhen, so sei Vortragender sehr dafür, daß Seiner Majestät in dieser Richtung eine au. Bitte unterbreitet werde, halte es aber zur Vermeidung eines möglichen Konfliktes für angezeigt, sich bezüglich des angedeuteten Bedenkens vorerst mit Graf Andrässy ver¬ traulich ins Einvernehmen zu setzen. Hiemit erklärten sich auch die beiden Reichsminister einverstanden, wo¬ bei Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke An¬ laß nahm, auch darauf hinzuweisen, wie es zugleich wünschenswert sei, daß sich die Regierungsvertreter noch vor dem Beginn der Delegationsbe¬ ratungen sowohl untereinander als auch mit den der Regierung ergebenen Delegierten verständigen mögen, um einerseits die Rollenverteilung und die zu befolgende Taktik festzusetzen, anderseits auf die Zusammensetzung der Subkomitees, dann die Präsidentenwahl und die Führung in denselben in der Richtung Einfluß zu nehmen, damit dem Zustandekommen einer Ko¬ alition, wie sie sich namentlich in der Delegation des Reichsrates im No¬ vember vorigen Jahres gebildet habe und bei dem wenig kulanten Wesen einiger Delegierten auch heuer nicht ausgeschlossen sei, nach Möglichkeit vorgebeugt werde.2 Die Delegation wird üblicherweisejährlich einmalfür die Annahme des Budgetsfür das nächste Jahr einberufen. RGBl. Nr. 146/1867 §§ 10, 26; bzw. GA. XII/1867 §§ 3, 46. -- 1868 kam es jedoch zu zwei ordentlichen Sessionen, im Januar in Wien zur Abstimmung über das Budget des laufenden und im November in Pest über das des kommenden Jah¬ res. Es handelt sich um die nachdrücklich für eine Verringerung des Militärbudgets eintre¬ tenden liberalen Abgeordneten, auf die nicht einmal der Präsident der Delegation Kaiserfeld Einfluß hat. Kolmer, Parlament und Verfassung in Österreich, Bd. 1 360. <pb/>306 Nr. 54 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 7. 1869 II. Freiherr v. Becke ging sofort auf die im Bürstenabzüge beiliegende Vorlage des gemeinsamen Kriegsministeriums über die Notwendigkeit eines Nachtragskredits von 3 790 000 fl. zum Ordinarium des Heeres¬ budgets für das Jahr 1869 über3 und betonte, wie es sich heute nur um das formelle Moment, nämlich darum handeln könne, daß - nachdem der Kriegsminister eine solche Vorlage einseitig nicht machen könne - das ge¬ meinsame Ministerium seine Zustimmung und Bereitwilligkeit, für dassel¬ be einzustehen, ausspreche, und daß dieser Beschluß Seiner Majestät dem Kaiser protokollarisch zur Kenntnis gebracht werde.4 Sachlich lasse sich wohl nichts einwenden, nachdem die Budgetge¬ barung auf dem Prinzip des Virementsverbotes beruhe, woraus sich im Falle der unzulänglichen Bedeckung einzelner, namentlich solcher Erfordemis- titel, welche, wie die gegenwärtige, bei der fluktuierenden Natur der Natu¬ ralpreise im vorhinein nicht genau berechenbar sind, die Notwendigkeit von Nachtragskrediten von selbst ergebe, wenn nicht schließlich eine Stockung eintreten soll. Hier komme noch dazu, daß der Reichskriegsminister schon anläßlich der bei der letzten Delegationsverhandlung vorgenommenen Budgetabstriche sich die eventuelle Inanspruchnahme eines Nachtrags¬ kredites Vorbehalten habe. Bei der schlagenden Nachweisung des Mehrbedarfes lasse sich die Ein¬ bringung dieser Nachtragsforderung nicht umgehen, obschon Vortragender sich nicht verhehlen könne, daß dieselbe keinen guten Eindruck hervorbrin¬ gen und dem Einwurf der Uneinbringlichkeit begegnen werde. Überhaupt sei auch bezüglich der Budgetberatung für das Jahr 1870 die Befürchtung nicht ausgeschlossen, daß - so wohlgerüstet auch der Kriegsminister zur Vertretung seiner offen dargelegten Details dastehe - dennoch der Armee¬ stand als solcher und das Budget in seiner Totalität angegriffen und den Anforderungen der Regierung ein finanzielles non possumus entgegenge¬ setzt werden könnte. Man solle daher mit allem Eifer dagegen arbeiten, daß eine solche Stimmung in den Delegationen die Oberhand gewinne. Diese Betrachtungen wurden von sämtlichen Konferenzmitgliedem als richtig anerkannt. Und entspann sich hierauf eine kurze Diskussion, wobei die Untunlichkeit der weiteren subsidiarischen Herbeiziehung des Militär- stellvertreterfondes, der erhalten werden müsse; ferner die Modalität der Vorlage des gemeinsamen Kriegsministeriums über die Notwendigkeit eines Nachtrags¬ kredites für das Jahr 1869, Wien Juli 1869. HHStA., PA. XL, Karton 284. Es ist in Wirklichkeit eine rechtlich bestreitbare Bemerkung Beckes, daß nämlich der Kriegsminister eine solche Vorlage einseitig nicht machen könne, läßt sich aber auch als Deklaration der gemeinsamen Verantwortung der gemeinsamen Minister verstehen, die wiederum GA. XII/1867 §27 erklärt. Vgl. eben darüber GMR. v. 21. 10. 1868, RMRZ. 21. Becke bestand immer darauf, daß der militärische Nachtragskredit an die Zustimmung des Finanzministers gebunden sei. GMR. v. 30. 6. 1868, RMRZ. 18; GMRv. 11. 7. 1868, RMRZ. 19. <pb/>Nr. 54 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 7. 1869 307 Kapitals- und Zinsenrückzahlung des dem Stellvertreterfonde entnomme¬ nen Vorschusses zur Bedeckung des vorjährigen Armeedefizits, worüber soeben eine Vorlage im Kriegsministerium ausgearbeitet werde,5 endlich die im Vergleich zur letzten Delegationsverhandlung - wo sämtliche Mini¬ ster über das Budget einig waren - heuer, wo über das Extraordinarium für die Marine und über die Gagenerhöhung vom Major aufwärts geteilte Mei¬ nungen herrschen, weniger günstige Sachlage andeutungsweise erwähnt wurden, und in deren Verlauf speziell Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn darauf aufmerksam machte, wie die in Rede stehende Nachtragsforderung geeignet sei, die Richtigkeit seiner ursprüng¬ lichen Budgetansätze, die sich auf das Gutachten einer eigens berufenen und in ihren Anträgen hinsichtlich der Mannschaftskost sogar noch weiter als die Erfordernisansätze des Kriegsministers gehenden Enquetekommis¬ sion stützen, in das wahre Licht zu stellen, worauf Reichskanzler Graf Beust noch die Bemerkung machte, daß es zweckmäßig sein dürfte, zur Anbahnung niederer Zufuhrskosten für Armeeviktualien mit den Eisenbahnverwaltungen in Verhandlung zu treten. Sonach wurde die Vorla¬ ge des Kriegsministeriums mit der über Motion des Reichsfinanzministers Freiherrn v. Becke beschlossenen Weglassung der sachlich nicht gebotenen und die Verhandlung in den Delegationen möglicherweise nur erschweren¬ den Hindeutung in Alinea 2 und 3 der Beilage zu Titel 20 auf die Möglich¬ keit, daß infolge weiterer Preissteigerungen selbst der verlangte Nachtrags¬ kredit nicht ausreichen könnte, angenommen. III. Schließlich erwähnte Reichskanzler Graf v. Beust der Schwierigkei¬ ten, welche die türkische Regierung der vom Baudirektor Pressei eingelei¬ teten Verwendung österreichischer Generalstabsoffiziere bei den Trassie¬ rungsarbeiten für die türkische Eisenbahn entgegensetzt, mit dem Bemer¬ ken, daß die ganze Angelegenheit durch den Botschafter Haidar Effendi dadurch verfahren worden sei, daß derselbe der einschlägigen Mitteilung an die Pforte den Charakter einer amtlichen Anfrage der österreichischen Re¬ gierung gegeben habe, während das Ganze als eine Privatangelegenheit und Gefälligkeitsdienst von unserer Seite darzustellen gewesen sei,6 worauf Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erwiderte, daß nunmehr nichts anderes erübrigen werde, als die für die Trassie¬ rungsarbeiten bestimmten Offiziere unter Garantie des Wiedereintrittes zeitlich zu verabschieden und so gleichsam des militärischen Charakters für die Dauer dieser Funktion zu entkleiden, was allerdings von der Bewilli¬ gung Seiner Majestät des Kaisers abhänge. Über den Stellvertreterfond GMRProt. v. 30. 6. 1868, RMRZ. 18. Anm. 5. Über den türkischen Eisenbahnbau: GMR. v. 12. 4. 1869, RMRZ. 41; GMR. v. 30. 4. 1869, RMRZ. 42. Wilhelm Pressei, Oberinspektor der Südbahngesellschaft; Hai¬ dar efendi, türkischer Botschafter in Wien. <pb/>308 Nr. 55 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10. 7. 1869 Nachdem noch Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke hinzugefugt, daß der Grund des Widerspruches der türkischen Regierung in ihrer Absicht zu suchen sei, die eigenen Offiziere, die aber Direktor Pressei nicht brauchen könne, zu beschäftigen, wurde die Sitzung geschlossen. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 12. Juli 1869. Franz Joseph. Nr. 55 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 10. Juli 1869 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe, der Reichsfmanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister FML. Freiherr v. Kuhn, Sektionschef v. Hofmann. Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: I. Besprechung über die in den Delegationen zu befolgende Taktik. II. Petition der Stadtgemeinde Olmütz um Stadterweiterung. KZ. [fehlt] - RMRZ. 55 Protokoll des zu Wien am 10. Juli 1869 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬ fen Beust. [I.] Reichskanzler Graf Beust eröffnete die Bespre¬ chung, indem er mit Hindeutung auf die morgen stattfindende Eröffnung der Delegationen die bereits in der Sitzung des gemeinsamen Ministerrates vom 4. Juli1 zur Sprache gebrachte Notwendigkeit betonte, den Einfluß der Regierung bei den ihr ergebenen Delegierten nunmehr in der Richtung gel¬ tend zu machen, daß die aus der Mitte der Delegationen zu erwählenden Subkomitees zur Vorberatung der einzelnen Partien des gemeinsamen Bud¬ gets in einer der glatten Geschäftsabwickelung fördersamen Weise zusam¬ mengesetzt und dadurch der Wiederholung des im November vorigen Jah¬ res speziell bei der Delegation des Reichsrates eingetretenen Falles vorge¬ beugt werde, daß das oppositionelle Element in einzelnen Subkomitees die Oberhand gewinne, wo es sodann schwer sei, im Plenum die Ansätze der Regierung gegen die Anträge der Berichterstatter durchzubringen. Da die eigentliche Beratung der Delegationen füglich nicht vor dem Em¬ pfange bei Seiner Majestät dem Kaiser beginnen, letzterer aber aus Rück¬ sicht für die ungarischen Delegierten, welche sich morgen bloß auf die 1 GMR. v. 4. 7. 1869, RMRZ. 54. <pb/>