Gemeinsamer Ministerrat, 4. 6. 1869
I. Extraordinarium des Militärbudgets für das Jahr 1870
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z51.pdf.
286 Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 6. 1869 - Protokoll II an seinem Präliminare festhaltenden und eventuell selbst auf die Ent¬ sendung einer Enquetekommission zur Prüfung der Marinefrage hin¬ deutende Vertreter der Kriegsmarine nicht erzielt werden und mußte die Schlußfassung über diesen Teil des Marinebudgets, der Entscheidung Sei¬ ner Majestät des Kaisers in einem unter Ah. Vorsitze abzuhaltenden neuer¬ lichen Ministerrate Vorbehalten bleiben,3 wogegen bezüglich des Ordina- riums im Marinebudget, einschließig der Frage über die Gagenerhöhung der Marineoffiziere, von seiten der Konferenzmitglieder keine Einwendungen erhoben wurden. Womit die Sitzung geschlossen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 6. Juni 1869. Franz Joseph. Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. Juni 1869 - Protokoll II RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe, der Reichsfmanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (8. 6.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics, der k. k. Finanzminister Brestei, Sektionschef im Kriegsministerium Ritter v. Früh. Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Extraordinarium des Militärbudgets für das Jahr 1870. KZ. 1922-RMRZ. 51 Protokoll des zu Wien am 4. Juni 1869 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬ fen Beust. Als Grundlage der Beratung diente der aus 19 Posten bestehende Summarausweis über das mit 6 750 150 fl. bezifferte Extraordinarium des nächstjährigen Militärerfordemisses, wie solches in der abschriftlich beilie¬ genden Zusammenstellung des Kriegsministers aufgeführt erscheint.1 Bevor jedoch in die Detailverhandlung eingegangen wurde, erklärte Finanzminister Brestei für nötig, im vorhinein sich über die 3 GMR. v. 5. 6. 1869, RMRZ. 52. Außerordentliches Erfordernis des Heeres für das Verwaltungsjahr 1870, Wien, 29. 5. 1869. Siehe Beilage zu diesem Protokoll. HHStA., PA. XL, Karton 284. <pb/>Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 6. 1869 - Protokoll II 287 Frage klar zu werden, wie es mit den sub Post 11 bis inklusive 16 eingestell¬ ten Erfordernissen für die Militärgrenze im Gesamtbeträge von 934 690 fl. zu halten sei? Nach seiner Meinung gehöre dieser einen Teil der regelmäßi¬ gen Verwaltungskosten bildende Betrag weder in das Extraordinarium noch überhaupt in das den Delegationen vorzulegende Militärbudget, sondern sei aus den eigenen Einnahmen der Militärgrenze durch höhere Verwertung anderer Objekte zu bestreiten. Inwiefern sich in der Grenzverwaltung bei dem passiven Stande der Grenze wie in den früheren Jahren, so auch pro 1870 ein Defizit ergebe, so finde dies in dem ohnehin in das Ordinarium der Kriegsverwaltung eingestellten Staatszuschuß die Bedeckung. In letzterer Beziehung wünschte Finanzminister v. Lonyay noch aus¬ gesprochen zu wissen, daß der Staatszuschuß hinkünftig die beiläufige Höhe der bisherigen Grenzsubvention, die im Jahre 1868 mit 1 004 009 und im Jahre 1869 mit 874 687 bewilligt wurde, nicht übersteigen sollte. Nachdem dem Anträge des Finanzministers Brestei mit Hinweis auf die leichte Möglichkeit einer höheren Präliminierung der Grenzeinnahmen auch Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn schließlich zustimmte, so wur¬ de die Streichung des erwähnten Betrages aus dem Extraordinarium zum Beschlüsse erhoben, worauf Finanzminister Brestei die An¬ deutung machte, wienach er überhaupt bei der heutigen Verhandlung den Standpunkt vertreten werde, daß das gesamte Budget des Kriegsministers einschließlich des Extraordinariums höchstens um den halben Betrag der Gagenerhöhung für die Offiziere höher ausfalle als das Budget für das Jahre 1869 und daß sonach in dem vorliegenden Erfordernis-Aufsatze noch wei¬ tere umfassende Streichungen nötig seien. Bei der sofort begonnenen punktweisen Erörterung des Extraordinariums stellte sich folgendes Ergebnis heraus: Post 1: Komplettierung des neuen erforderlichen Trainmateriales mit 116 000 fl. wurde unverändert ange¬ nommen. Zu Post 2: Anschaffung von Karten für Kriegsfälle mit 3000 fl. und Post 3: Anschaffung von Baumaterialien samt Werkzeugen zu den praktischen Eisenbahnbauübungen des Pionierregimentes mit 5300 fl. machte Finanzminister Brestei unbeschadet der prinzipiellen Zustimmung zu diesen Ausgaben die Bemerkung, daß so geringe Beträge wie die er¬ wähnten sich für selbständige Ausgabsposten des Extraordinariums, wel¬ ches dadurch nur unnötig beschwert werde, nicht eignen, vielmehr sich die Einstellung in verwandte Rubriken des Ordinariums empfehle, wo die Bestreitung aus Interkalarien leicht erfolgen könne. Er beantrage also die Überweisung in das Ordinarium. Die Konferenz erklärte sich hiemit einver¬ standen. Bei Post 4: Anschaffung von zwei Donaukriegsdampfem nach dem Monitorsysteme mit 400 000 fl. ergab sich eine Differenz zwischen Finanz¬ minister Brestei und dem Reichskriegsminister, indem ersterer diese An¬ schaffung mit Hinweis auf die erfolgte Auflösung der Donauflottille für nicht dringend erklärte oder doch wenigstens nur die vorläufige Anferti- <pb/>288 Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 6. 1869 - Protokoll II gung von einem Schiffe mit 200 000 fl. wünschte, während Freiherr v. Kuhn, welchem auch der Reichskanzler GrafBeust, dann die Mini¬ ster Freiherr v. Becke, v. Lonyay und Graf Festetics zustimmten, mit Hindeutung auf die Existenz gleichartiger Schiffe an dem türkischen und walachischen Donauufer, dann auf die Notwendigkeit, unserem Einfluß in den untern Donaugegenden einen Rückhalt zu geben, die ungeschmälerte Einstellung dieses Betrages verteidigte. Graf Beust machte na¬ mentlich geltend, daß gerade unsere Friedenspolitik eine entsprechende Machtentfaltung auf der Donau ähnlich dem angenommenen hohen Wehrstande erfordere, und Finanzminister Lönyay bemerk¬ te, daß man den Delegationen, die jedenfalls auch Abstriche vornehmen würden, immerhin einige Streichobjekte übrig lassen solle. Schließlich wurde das Erfordernis für zwei Monitors im Betrage von 400 000 fl. mit Stimmenmehrheit angenommen und wünschte Finanzminister Brestei die protokollarische Erwähnung seiner abweichenden Meinung. Dasselbe war der Fall bei Post 5: Fortsetzung der Verlegung der Truppen in ihre Ergänzungsbezirke, wofür 200 000 fl. präliminiert erscheinen und wofür Finanzminister Brestei 100 000 fl. genügend hielt, während der Reichskriegsminister den Wunsch der Delegationen betonte, daß binnen zwei Jahren die Rückverlegung der Regimenter in ihre Ergänzungsbezirke oder in deren Nähe durchgeführt werden möge, welchem Wunsche er bei dem von Dr. Brestei gewünschten halben Abstrich nicht nachkommen kön¬ ne. Sektionschef v. Früh fügte ergänzend hinzu, daß die in Rede stehende Post diesmal ohnedies um 40 000 fl. geringer veranschlagt worden sei als im Vorjahre. Post 6: Übersiedlungskosten für mehrere Militärakademien und Schul¬ kompagnien mit 18 000 fl. wurde ins Ordinarium überwiesen, dagegen Post 7: Ergänzung des Pulvermateriales, welches zur Ergänzung des mehr verkauften Pulvers verwendet wurde, mit 58 000 fl. gänzlich gestrichen. Zu Post 8: Freskomalereien und Bildhauerarbeiten im Wiener Arsenal-Muse¬ um mit 65 820 fl. erklärte Finanzminister Brestei, nur deshalb keine Ein¬ wendung erheben zu wollen, weil er überzeugt sei, daß die Delegationen ohnehin die Streichung dieser Ausgabe vornehmen würden, wogegen Fi¬ nanzminister v. Lönyay in Würdigung der vom Reichskriegsminister gege¬ benen Aufklärung, daß hierüber schon zum Teil Verträge mit Künstlern ge¬ schlossen seien, wenigstens die Streichung als selbständiger Ausgabsposten und Übertragung in eine Subrubrik des Erfordernisses für Bauten beantrag¬ te, welcher Antrag von der Konferenz angenommen wurde. Post 9: Anschaffung von 100 Montigny-Mitrailleurs und von 50 Hinter¬ laderkanonen mit 755 540 fl., wofür Finanzminister Brestei nur 500 000 fl. eingestellt wissen wollte, wurde schließlich nach dem Anträge des Reichsfi¬ nanzministers Freiherm v. Becke auf die runde Summe 600 000 fl. reduziert. Bei Post 10: Neubauten von Festungswerken und Militärgebäuden, wo¬ für 1 885 300 fl. präliminiert wurden, befürwortete Finanzminister Brestei <pb/>Nr. 51 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 4. 6. 1869 - Protokoll II 289 eine Reduzierung auf rund 1 200 000 fl. Da sich der Reichskriegsminister gegen einen solchen allgemeinen Abstrich aussprach, so wurde der betref¬ fende Suberfordemis-Ausweis einer umständlichen Durchsicht unterzogen und sofort folgende Abstriche, nämlich: a) beim Baue des Fort Romagnano 150 000 fl., b) beim Ofner Spital 100 000 fl., c) beim Festungsbau in Ko- mom (Ikmand) 100 000 fl., d) beim Baue neuer Arrestlokalitäten 100 000 fl. beschlossen. Ebenso wurde vereinbart, a) die Kosten für Stallungen in Hrucsow mit 20 000 fl., b) jene eines Wasserreservoirs nach Angaben der Geniedirektion in Esseg mit 5000 fl., c) für Requisitenwagen der Genie¬ truppe mit 34 000 fl., endlich d) für Adaptierungen in den Kavallerie¬ ergänzungsdepots nach der neuen Organisierung mit 15 000 fl. in das Ordi- narium zu übertragen, wonach sich eine Entlastung des fraglichen Postens um 524 000 fl. ergab. Nach Übergehung der die Militärgrenzverwaltungs-Auslagen betreffen¬ den Ausgabsposten 11 bis 16 wurde sofort Post 17: Anschaffung von Trag¬ betten zum Transporte Verwundeter auf Eisenbahnen und Verbesserung der Feldspitalseinrichtungen mit 60 000 fl. und Post 18: Kosten für die Josefs- Akademie mit 158 500 fl. unverändert angenommen. Zu Post 19: Gebühren der Supernumerären mit Rücksicht auf die Ga¬ generhöhungen, welche in dem Ausweise mit 2 090 000 fl. angegeben er¬ scheinen, machte Sektionschef v. Früh im vorhinein die Bemerkung, daß es mit Zugrundelegung eines früheren als des ursprünglich angenomme¬ nen Abgangsperzentes möglich sei, diese Summe auf den runden Betrag von 1 800 000 fl. zu reduzieren, wonach obige Ziffer zu berichtigen wäre. Auf die seitens des Reichsfmanzministers gestellte Frage, wieviel hievon auf die Gagenerhöhung für die Supernumerären entfalle, gab Ritter v. Früh den Betrag von rund 200 000 fl. an, infolgedessen sich eine längere Diskus¬ sion darüber entspann, ob die Gagenerhöhung auch bei den Supemu- merären einzutreten hätte oder nicht, in welch letzterem Falle sich eine wei¬ tere Herabminderung des Bedarfes auf 1 600 000 fl. erzielen lassen würde. Ministerpräsident Graf Taaffe und mit ihm die Mi¬ nister Freiherr v. Becke und B r e s t e 1 vertraten den ne¬ gativen Standpunkt, indem sie einerseits auf die Schwierigkeit, die Gagen¬ erhöhung in die Delegationen durchzubringen, und auf die Möglichkeit, daß durch die fragliche Anforderung das ganze Projekt der Gagenerhöhung (na¬ mentlich vom Major aufwärts) gefährdet werden könnte, hindeuteten, anderseits sich auf den Vorgang bei der gleichfalls nur den systemmäßig unterbrachten Staatsdienem bewilligten Bezugserhöhung für einige Zivil¬ beamtenkategorien beriefen und den Umstand geltend machten, daß die Supernumerären schon dadurch genügend begünstigt seien, daß man sie anstatt für normalmäßig zu behandeln, überhaupt im Genüsse der Akti¬ vitätsbezüge belassen habe. Übrigens würden sie bei ihrer hoffentlich bald erfolgenden vollständigen Einbringung ohnehin bald in den erhöhten Gage¬ bezug eintreten. Diesen Ausführungen gegenüber wies Reichs- <pb/>290 Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. 6. 1869 kriegsminister Freiherr v. Kuhn auf die Rücksichten, die er der Armee schulde, und auf die Unbilligkeit hin, die darin liege, wenn man die Supemumerären, welche mit den übrigen Offizieren gleiche Dien¬ ste leisten, von einer diesen zugewendeten Existenzverbesserung ausneh¬ me. Es werde speziell gegen ihn Anlaß zu großer Verstimmung in der Ar¬ mee gegeben, wenn er diesen Ausgabsposten nicht zum mindesten im Ministerrate durchbringe. Wollten die Delegationen die Streichung der fraglichen 200 000 fl. vornehmen, so mögen sie immerhin das Odium eines solchen Abstreiches auf sich nehmen, wenigstens sei er dann gegenüber den Offizieren der Armee gedeckt. Der moralische Nachteil des Abstreiches stehe mit der Ersparung in keinem Verhältnisse. Schließlich einigte sich die Konferenz in der ungeschmälerten Einstel¬ lung des Erfordemisansatzes von 1 800 000 fl. für die Supernume- rären und wurde das Resultat der heutigen Besprechung dahin präzisiert, daß die vorgenommenen Abstriche und Überweisungen in das Ordina- rium eine Herabminderung des eingangs bezifferten Extraordinariums um 1 988 530 fl. repräsentieren, wonach sich als effektives Erfordernis der Be¬ trag von 4 761 620 fl. herausstelle, welcher Betrag dem mit 4 739 000 fl. genehmigten Extraordinarium des Vorjahres wenigstens annähernd gleich¬ komme. Womit die Sitzung geschlossen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 10. Juni 1869. Franz Joseph. Nr. 52 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 5. Juni 1869 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe, der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (9. 6.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics, k. k. Finanzminister Brestei, Vizeadmiral v. Tegetthoff.1 Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Marinebudget für das Jahr 1870. i Das ist der erste Ministerrat, an dem der Außenminister nicht teilnimmt und auch im Protokoll seine Abwesenheit nicht begründet wird. <pb/>