Gemeinsamer Ministerrat, 25. 5. 1869
I. Verfügung über die in den Händen der gemeinsamen Militärverwaltung befindlichen Immobilien
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262 Nr. 46 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 5. 1869 Stellvertreterfond entnommenen Vorschusses von 2 Yi Millionen nicht auf einmal, sondern sukzessive mittels Amortisation zu leisten, was auch von den übrigen Konferenzmitgliedern gebilligt wurde. Somit wurde die Sitzung geschlossen. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 30. Mai 1869. Franz Joseph. Nr. 46 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. Mai 1869 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn, der k. k. Ministerpräsident Graf Taaffe, der k. k. Finanzminister Brestei, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy, der kgl. ung. Finanzminister v. Lonyay, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics. Protokollführer: Sektionschef Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: Verfügung über die in den Händen der gemeinsamen Militärverwaltung befindlichen Immobilien. KZ. [fehlt] - RMRZ. 45 Protokoll des zu Wien am 25. Mai 1869 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬ fen Beust. Über Einladung des Reichskanzlers Grafen Beust wurde die, dem Reichskriegsminister in der gestrigen Sitzung übertragene dritte Formulierung der Grundzüge für die Behandlung des Immobilien¬ besitzes der gemeinsamen Militärverwaltung zur Verlesung gebracht, wel¬ che, sub a) beiliegend,1 sich dem gestern verlesenen Entwürfe des Reichs- finanzministers anschließt2 und nur in drei Punkten ein weitergehendes Amendement enthält. Hiernach soll nämlich 1. der Reichskriegsminister während der Dauer des Besitzes einer zur gemeinsamen Verteidigung oder zu sonstigen militä¬ rischen Zwecken erforderlichen oder dienlichen, der betreffenden Reichs¬ hälfte eigentümlichen Liegenschaft das Recht haben, hieran gleich einem Eigentümer alle jene Umgestaltungen und Veränderungen vorzunehmen, welche er für die angedeuteten Zwecke für dienlich hält. 2. Soll die Abtre¬ tung einer solchen Liegenschaft an die Zivilverwaltung nur unter der Be- Gedruckt als Beilage Nr. 46a. Entwurfdes Reichsfinanzministers: GMR. v. 24. 5. 1869, RMRZ. 45. <pb/>Nr. 46 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 5. 1869 263 dingung stattfmden können, daß der Reichskriegsminister dieselbe zur ge¬ meinsamen Verteidigung oder zu sonstigen militärischen Zwecken nicht mehr als notwendig erkennt. 3. Sollen von den gegenwärtigen Bestim¬ mungen jene Liegenschaften ausgenommen bleiben, über welche bereits rücksichtlich ihrer Abtretung bestimmte Bedingungen vereinbart oder be¬ sondere Anordnungen und Bestimmungen schon dermalen getroffen wor¬ den sind. Gegen den letzteren Zusatz erhob Finanzminister Brestei mit Berufung auf seinen in den früheren Sitzungen entwickelten Standpunkt entschiedene Einsprache.3 Es handle sich bei diesen Bestimmungen nicht um ein neues Gesetz, sondern nur um eine durch die dualistische Gestaltung des Reiches notwendig gewordene Interpretation der bisherigen Direktiven. Diese müsse allgemein gütig sein, und es gehe nicht an, daß, um den Wün¬ schen der Militärverwaltung bezüglich des Josefstädter Exerzierplatzes Geltung zu verschaffen, wie es in der Absicht des Kriegsministers zu liegen scheine - eine dem allgemeinen Prinzip zuwiderlaufende Klausel ad hoc eingeschaltet werde. Er wiederhole - was er während der ganzen Verhand¬ lung vertreten habe -, daß der Vorgang - wie immer die prinzipielle Rege¬ lung ausfallen möge - in beiden Reichsteilen und bezüglich aller Objekte ein gleichförmiger sein müsse. Auch was die Vergütung des Gebrauchswer¬ tes für von der Militärverwaltung abgetretene entbehrliche Immobilien be¬ treffe, müsse er auf seiner bisherigen Auffassung beharren, womach ein territorialer Grundwert für gemeinsame Auslagen nicht verwendet werden könne. Das Recht der Militärverwaltung im Falle solcher Immobilien¬ abtretungen erstrecke sich nur auf ein Surrogat, das heißt ein ihren Zwecken entsprechendes anderes Objekt, nicht aber aufjden Spekulationswert der nicht in der Benützung, sondern in äußeren Umständen liege. Ministerpräsident Graf Andrässy: Theoretisch sei diese Argumentation wohl richtig, werde sie aber auch auf den Exerzier¬ platz angewendet, so sei es schwer, den diesfalls bestehenden Wünschen Rechnung zu tragen, deshalb wäre es besser gewesen, diesen konkreten Fall, bei welchem absonderliche Verhältnisse obwalten, nicht gleichzeitig mit der Prinzipfrage, sondern vor derselben zur Austragung zu bringen. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Der praktische Gedanke bei der angestrebten Vereinbarung sei der, daß der Kriegsverwaltung eine gewisse Latitude gegönnt und die Möglichkeit gebo¬ ten werde, sich durch die entgeltliche Abtretung gewisser Liegenschaften die Bedeckung der Kosten für etwaige sonstige Militärzwecke zu sichern, wozu ihr bei der Entwicklung mancher größerer Städte in der Folge öfters Gelegenheit geboten werden dürfte. Die ganze Differenz rühre daher, daß 3 Den Standpunkt von Brestei siehe ebd. <pb/>264 Nr. 46 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 25. 5. 1869 der cisleithanische Finanzminister den Spekulationswert der fraglichen Im¬ mobilien für das betreffende Territorium beanspruche. Finanzminister v. Lonyay: Der diesseitige Finanzmi¬ nister habe auf die Gleichförmigkeit der Prinzipien Gewicht gelegt. Grund¬ sätzlich aber habe man sich bereits über die Anerkennung des Eigentumes des Territoriums und des Benützungsrechtes der Militärverwaltung geeinigt, welch letzteres unter Umständen gegen Vergütung an die Zivilverwaltung abgetreten werden könne. Werde nun noch weiter gegangen und ausgespro¬ chen, daß die Vergütung auch in Geld stattfinden könne, jedoch mit der Ver¬ pflichtung des Kriegsministers, dasselbe nur in dem betreffenden Territori¬ um und nur für Militärzwecke zu investieren, so werde dadurch der ge¬ wünschten Gleichförmigkeit Rechnung getragen, denn wie heute mit dem Exerzierplatz, so könne sich morgen mit ähnlichen Objekten in der jensei¬ tigen Reichshälfte, z. B. mit dem Neugebäude in Pest, der Fall ergeben, daß der Militärverwaltung für deren Überlassung eine Vergütung geleistet wer¬ den müsse, für welche sodann die gleiche Bestimmung maßgebend sein werde. Da eine Einigung nicht erzielt werden konnte, brachte Reichs¬ kanzler Graf Beust mit Hinweisung auf die Notwendigkeit, Seiner Majestät dem Kaiser in der morgigen Sitzung4 einen fertigen Ent¬ wurf vorzulegen, eine vierte nach seinen Angaben entworfene und zum Teil von Finanzminister v. Lonyay amendierte Formulierung nachstehenden In¬ haltes zur Verlesung beziehungsweise Abstimmung: § 1 Dem Kriegsminister steht die ungestörte Benützung der in Händen der Militärverwaltung befindlichen Liegenschaften für militärische Zwecke zu, das Eigentumsrecht über dieselben gebührt aber demjenigen Staats¬ gebiete, respektive demjenigen Finanzärar, in dessen Territorium die be¬ treffende Realität gelegen ist. § 2 Werden derlei Realitäten vom Kriegsminister als zu militärischen Zwecken nicht mehr verwendbar befunden, so werden sie ohne weitere Ab¬ rechnung dem betreffenden Finanzminister als Vertreter des Staats¬ eigentums zurückgestellt. § 3 Handelt es sich aber um eine zu militärischen Zwecken benützte und auch weiterhin benützbare Entität, bei welcher die Auflassung der militäri¬ schen Verwendung aus volkswirtschaftlichen oder Opportunitätsrücksich¬ ten gewünscht wird, so kann eine Überlassung derselben in den Zivilbesitz im Wege der Vereinbarung zwischen dem Kriegsminister und dem betref¬ fenden Finanzminister dadurch erfolgen, daß letzterer der Militärverwal¬ tung ein anderes, in demselben Territorium gelegenes gleichbewertetes Ob¬ jekt zur Verfügung stellt. GMR. v. 26. 5. 1869, RMRZ. 48. <pb/>Nr. 46a Grundzüge für die Behandlung des Immobilienbesitzes, o. O., o. D. 265 Würde statt eines Realitätenumtausches ein Äquivalent in Barem sti- puliert werden, so könnte dies nur unter der Bedingung geschehen, daß der Kriegsminister verpflichtet werde, den entfallenden Betrag zur Erwerbung anderer, im selben Territorium gelegener, militärischen Zwecken dienlicher Realitäten zu verwenden. Es ist selbstverständlich, daß in allen derlei Fällen der Substituierung einer Liegenschaft durch eine andere dem Kriegsminister hinsichtlich des neuen in die Militärverwaltung gelangenden Objektes ebenfalls nur das Recht der Benützung zu militärischen Zwecken, dem betreffenden Staats¬ ärar aber das Eigentumsrecht zukomme. § 4 Sollte eine Liegenschaft, welche seit 1. Jänner 1868 auf Grund von Delegationsbeschlüssen aus den Matrikularbeiträgen beider Teile zu Zwek- ken der gemeinschaftlichen Verteidigung erworben wurde, für militärische Zwecke nicht mehr benützt werden, so ist dieselbe der Veräußerung zuzu¬ führen und wird der Erlös nach dem Quotalverhältnisse zwischen beiden Teilen geteilt werden. Nach kurzer Diskussion einigten sich sämtliche Konferenzmitglieder in der Annahme des vorstehenden Entwurfes, bis auf den im § 3 am Schluß der ersten Alinea vorkommenden Ausdruck ,,gleichbewertetes Objekt", rück¬ sichtlich dessen sich eine unausgeglichene Meinungsdifferenz mit dem Fi¬ nanzminister Brestei ergab, indem letzterer die Worte ,,für militärische Zwecke gleich brauchbares Objekt" gesetzt wissen wollte. Nachdem noch Ministerpräsident Graf Taaffe daraufhingewiesen, wie das Wort ,,gleich brauchbar" eine größere Latitude für den Kriegsminister gewähre, wurde die endgültige Beschlußfassung der unter Ah. Vorsitze Sei¬ ner Majestät des Kaisers abzuhaltenden Konferenz Vorbehalten und die Sit¬ zung geschlossen. Beust [Ah. E. fehlt.] Nr. 46a Grundzüge für die Behandlung des Immobilienbesitzes der gemeinsamen Militärverwaltung, o. O., o. D. Beilage zum GMRProt. v. 25. 5. 1869, RMRZ. 46 § 1 Alle Liegenschaften, welche sich im Besitze der Militärverwaltung mit 1. Jänner 1868 befunden haben, werden in diesem ungestörten Besitze, ohne vorgängige Untersuchung der Besitztitel aufrecht erhalten, so lange dieselben als zur gemeinsamen Verteidigung oder zu sonstigen militäri¬ schen Zwecken erforderlich oder dienlich vom Reichskriegsminister er¬ kannt werden. <pb/>266 Nr. 46a Grundzüge für die Behandlung des Immobilienbesitzes, o. O., o. D. Während der Dauer dieses Besitzes soll der Reichskriegsminister das Recht haben, an diesen Liegenschaften gleich einem Eigentümer alle jene Umgestaltungen und Veränderungen vorzunehmen, welche er für die ange¬ deuteten Zwecke für dienlich erachtet. § 2 Wenn der Reichskriegsminister findet, daß eine zur gemeinsamen Verteidigung oder zu sonstigen militärischen Zwecken verwandte Liegen¬ schaft hiezu nicht mehr benötigt wird, so wird dieselbe vom Reichskriegs¬ minister dem Finanzministerium desjenigen Territoriums, in welchem die unbewegliche Sache liegt, als Staatseigentum des betreffenden Länder¬ gebietes ohne weitere Abrechnung oder Vergütungsleistung zur weiteren Verfügung übergeben. § 3 Handelt es sich aber um Liegenschaften, die in den Besitz der Mili¬ tärverwaltung vor dem 1. Jänner 1868 gelangt und an und für sich für ge¬ meinsame Verteidigung oder sonstige militärische Zwecke noch immer verwendbar sind, über welche aber die Zivilverwaltung des einen oder des anderen Teiles aus Gründen des allgemeinen Verkehrs oder der öffentlichen Wohlfahrt gegen ein entsprechendes Äquivalent zu verfügen wünscht, so hat in solchen Fällen allerdings auch der Grundsatz des Territorialeigen¬ tums der betreffenden Liegenschaft in Anwendung zu kommen. Doch hat jeder solcher Überlassung aus dem Militärbesitze in das terri¬ toriale Staatseigentum eine Vereinbarung über das Äquivalent zwischen dem Reichskriegsministerium und dem betreffenden Finanzminister voran¬ zugehen. Immer aber kann die Abtretung einer solchen Liegenschaft nur unter der Bedingung stattfinden, daß der Reichskriegsminister dieselbe zur gemein¬ samen Verteidigung oder zu sonstigen militärischen Zwecken nicht mehr als notwendig erkennt. Von dieser Bestimmung bleiben aber jene Liegenschaften ausgenommen, über welche bereits rücksichtlich ihre Abtretung bestimmte Bedingungen vereinbart oder besondere Anordnungen und Bestimmungen schon dermal getroffen worden sind. Das Äquivalent wird nach dem Gebrauchswerte, welchen das zu zedie¬ rende Objekt zur Zeit der Abtretung für die Militärverwaltung hatte, fest¬ gestellt. Diejenigen Beträge, welche als Äquivalent für ein solches der Zivilver¬ waltung überlassenes Objekt der Militärverwaltung zukommen, sind in den Voranschlag der gemeinsamen Militäreinnahmen einzustellen, wogegen für jede Mehrauslage, welche die Surrogierung des der Zivilverwaltung über¬ lassenen Objektes erforderlich macht, die verfassungsmäßige Ausgabsbe¬ deckung von den Delegationen einzuholen sein wird. <pb/>Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. 5. 1869 - Protokoll I 267 § 4 Diejenigen Liegenschaften, welche seit 1. Jänner 1868 auf Grund von Delegationsbeschlüssen aus den Matrikularbeiträgen beider Teile zur gemeinschaftlichen Verteidigung oder sonstigen militärischen Zwecken in dem einen oder dem anderen Territorium erworben worden sind, bleiben im Besitze der gemeinsamen Militärverwaltung, solange dieselbe für Militär¬ zwecke verwendet werden, sind aber als Simultaneigentum beider Teile zu betrachten, und wird im Falle ihrer Entbehrlichkeit (§ 2) der zur Zeit des Aufhörens der Militärbenützung verbleibende Eigentumswert nach den pragmatischen Quotenverhältnissen zwischen beiden Teilen unter Wahrung des Territorialgrundsatzes über das Eigentum geteilt. Nr. 47 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 26. Mai 1869 - Protokoll I RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke, der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy, der k. k. Ministerprä¬ sident Graf Taaffe, der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay, der kgl. ung. Minister am Ah. Hoflager Graf Festetics, k. k. Finanzminister Brestei. Protokollführer: Sektionsrat Freiherr v. Konradsheim. Gegenstand: I. Verfügung über die in den Händen der Militärverwaltung befindlichen Im¬ mobilien. II. Gagenerhöhung für die Offiziere der Armee. KZ. fehlt - RMRZ. 47 Protokoll des zu Wien am 26. Mai 1869 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Gra¬ fen Beust. I. Reichskanzler Graf v. Beust leitete die Beratung mit der Verlesung der neu entworfenen Punktationen einer Vereinbarung über die Behandlung des Immobilienbesitzes der gemeinsamen Militär¬ verwaltung, wie solche nach dem Ergebnisse der gestrigen Sitzung in dem diesfälligen Protokolle formuliert erschienen, ein.1 Nach Verlesung des Protokolles erhob Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn gegen den Schlußpassus desselben, worin das prinzipielle Einver¬ ständnis der Konferenzmitglieder über die Annahme der Punktationen als hergestellt bezeichnet wurde, mit dem Bemerken Einsprache, daß er seiner¬ seits die Zustimmung nicht unbedingt, sondern nur mit dem Vorbehalte er¬ teilt habe, daß die fragliche Vereinbarung auf den Exerzierplatz auf dem Siehe GMR. v. 25. 5. 1869, RMRZ. 46. <pb/>