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Gemeinsamer Ministerrat, 30. 6. 1868

I. Überschreitung der Militärdotation

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z18.pdf.

II. Verkauf der Waldungen in der Militärgrenze

Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z18.pdf#page=3.

Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 6. 1868                    91

   Nachdem Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn
erwähnt hatte, daß das Gesamterfordemis des Ofner Spitals sich auf eine
Million belaufe, erfolgte der Beschluß, daß Reichskanzler Freiherr v. Beust
sich bei der deutschen Delegation für Bewilligung verwenden möge. Es sei
dabei das Recht, grundsätzlich in bisheriger Weise vorzugehen, nicht in
Abrede zu ziehen, dagegen aber aus Opportunitätsgründen für Bewilligung
dieser Summe zu plädieren.

   Ad c) Gestütwesen bemerkte Graf Andrässy, er habe mit
Reichskriegsminister Freiherm v. Kuhn folgendes Auskunftsmittel verabre¬
det, welchem Seine Majestät auch die Ah. Genehmigung zu erteilen geruht
hätten. Hiernach wäre das Erfordernis bei den betreffenden Landesmi¬
nisterien zwar einzustellen, das Gestütwesen aber foro delegatiorio wie bis¬
her fortzuführen, bis geeignete Mittel gefunden wären, das Ausscheiden
dieser Post ohne volkswirtschaftliche Nachteile zu bewerkstelligen. Gegen
eine andere Behandlung ergeben sich von der ungarischen Seite gesetzliche
Schwierigkeiten, und würde die ungarische Delegation, da die Auslagen
nicht als pragmatische betrachtet werden, zu einer gemeinsamen Abstim¬
mung hierüber nicht zu bewegen sein.

   Es wurde beschlossen, daß Reichsfinanzminister Baron Becke die Ver¬
tretung der kaiserlichen Regierung im Sinne des eben bezeichneten Vor¬

schlages bei der deutschen Delegation zu übernehmen habe.
                                                                                         Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Ofen, 5. April 1868. Franz Joseph.

          Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. Juni 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (o. D.), der Reichskriegs¬
minister [FML.] Freiherr v. Kuhn (o. D.), Generalkriegskommissär Früh, (später) General¬
major Ritter v. Zastavnikovic.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: I. Überschreitung der Militärdotation. II. Verkauf der Waldungen in der
Militärgrenze.

   KZ. 2058-RMRZ. 18
   Protokoll des zu Wien am 30. Juni 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Frei¬
herm v. Beust.

   [I.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
machte der Konferenz Mitteilung der zwischen ihm und dem Reichskriegs-
<pb/>92 Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 6. 1868

ministerium aus Anlaß der in letzterem vorgekommenen Überschreitungen
der bewilligten Militärdotation gepflogenen Korrespondenz.1 Es war daraus
zu entnehmen, daß die bezügliche Dotationsanforderung in der Rubrik
,,Ordinarium&quot; gegen die siebenmonatliche Quote der Jahresdotation eine
Überschreitung 1 250 952 fl. 52 10/12 x begründe, und daß diese Über¬
schreitung als eine definitive durch Ersparung nicht mehr auszugleichende
vom Kriegsministerium ausdrücklich erklärt werde. Solcher Tatsache ge¬
genüber erläuterte Seine Exzellenz der Reichsfinanzminister die Motive,
welche es ihm als eine gebieterische Pflicht erscheinen ließen, eine energi¬
sche Einsprache rechtzeitig zu erheben und dadurch einer in der Gebahrung
einreißenden Zerrüttung vorzubeugen.

   Reichskanzler Freiherr v. Beust bemerkte, es
scheine ihm vor allem von hoher Wichtigkeit, diese allerdings sehr bekla¬
genswerte Lage der Dinge nicht eher zum Vorscheine kommen zu lassen,
bevor nicht das Wehrgesetz angenommen sei;2 im gegenteiligen Falle wür¬
den offenbar die bezüglichen Beratungen hiedurch in sehr nachteiliger Wei¬
se beeinflußt werden.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Für
den Augenblick sei er das Geld zu liefern imstande und er hätte dagegen
auch keine Bedenken, wenn dasselbe in den nächsten Monaten wieder her¬
eingebracht werden könnte. Nachdem dies aber als unmöglich erklärt wur¬
de, so wären nur folgende drei Modalitäten vorhanden, um aus der Schwie¬
rigkeit herauszukommen: 1. Weitere Reduktionen des Armeestandes, als
dies bisher beabsichtigt worden sei. 2. Verhandlung mit den Landesfi¬
nanzministern, um die Zustimmung derselben in der Richtung zu erlangen,
daß der für die Hinterlader bewilligte, dieses Jahr aber nicht zur Veraus¬
gabung gelangende Betrag für die erwähnten Dotationsüberschreitungen
verwendet werden dürfe, und 3. Beschluß des Ministerrates, wonach Vor¬
tragender zur Auszahlung beauftragt werde und, als infolge besonderer Ah.
Weisung handelnd, von seiner diesfälligen Verantwortung für entbunden zu
erklären sei.

    Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn erklär¬
te, daß alle Reduktionen bis zu jener Grenze gemacht worden seien, an wel-

        Vgl. Note des Reichsfinanzministers an den Reichskriegsminister v. 26. 6. 1868 über
        seine Vorstellungen betreffs der Deckung der Budgetüberschreitung. HHStA., PA. I,
        Karton 551, Nr. 744. Die weitere Diskussion der Frage: Kuhn an Beust v. 6. 7. 1868,
        FA., 4620-RFM. Pr./1868 (Fase. 1017) /Abschrift/; Beust an Becke v. 10. 7. 1868 ebd.;
        Becke an Beust v. 23. 7. 1868 ebd.; Beust an Kuhn v. 8. 8. 1868, KA., KM., Präs.
         16-24/1/1868.
         Über die Probleme der Annahme des Wehrgesetzes siehe das österreichische MRProt.
        v. 18. 6. 1868. HHStA., PA. XL, Karton 283. Das Protokoll des österreichischen
        Ministerrates ist einst wahrscheinlich deshalb zwischen die gemeinsamen Ministerrats¬
        protokolle geraten, weil an der Beratung auch ungarische Minister teilnahmen.
<pb/>Nr. 18 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 6. 1868  93

eher die Schlagfertigkeit der Armee als gefährdet erscheine, dennoch habe
er mit der bewilligten Summe das Auslangen nicht finden können. Er habe
dies übrigens in der siebenten Sitzung der Delegationen vorausgesagt und
einen Nachtragskredit in Aussicht gestellt.3

   Reichskanzler Freiherr v. Beust sprach sich gegen
den vom Freiherrn v. Becke sub 3. proponierten Modus aus. Ein Minister
könne von seinem Souverain auf diese Weise von der Verantwortlichkeit
nicht losgezählt werden. Da sei es fast noch besser, den Gegenstand intakt
vor die Delegation zu bringen und im letzten Augenblicke die Motive zu
rechtfertigen, welche einen Nachtragskredit als unabweislich erscheinen
ließen.

   Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Er
sei des Dafürhaltens, daß in solchem Falle der Vorwurf leichtsinniger Wirt¬
schaft von den Delegationen gegen ihn erhoben und der Kredit nicht bewil¬
ligt werden würde. Vortragender habe nichts dagegen, wenn das Budget des
Kriegsministeriums anderweitig als in zwölf gleichen Monatsraten zur Ab¬
fuhr käme, werde aber bezüglich der Abgänge nicht rechtzeitig Vorsorge
getroffen, so müsse eine heillose Verwirrung entstehen und er jede Verant¬
wortlichkeit hiefür schon jetzt auf das Bestimmteste ablehnen.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: Um
die fehlende Summe hereinzubringen, seien großartige Reduktionen not¬
wendig, hierin könne nicht er die Initiative ergreifen und müsse daher eine
Sitzung unter dem Ah. Vorsitze begehren, um die Angelegenheit weiter zur

Sprache zu bringen.
   Generalkriegskommissär Früh rechtfertigte die bis¬

herige Verfahrungsweise mit dem Ankauf von Viktualien und rekapitulierte
en detail alle Ersparungen, welche im Kriegsministerium bereits vorgenom¬
men oder für die Zukunft wenigstens angebahnt seien. Doch könnten sich
diesbezüglich die wohltätigen Folgen erst nach Ablauf eines bestimmten

Zeitraumes äußern.

   [II.] Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke
sprach sich für das System aus: der Bewilligung nicht allzu enge Grenzen
zu ziehen, dieselben aber dann in keinem Falle zu überschreiten. Man müs-

Vgl. Bela Ghyczy im Namen des gemeinsamen Kriegsministers am 14. 3. 1868, A közös
ügyek tArgyaläsAra a magyar orszäggyules ältal kiküldött 6s Öfelsege ältal 1868 januär
19-re B6csbe összehIvott bizottsAg naplöja, 178-179. In der VII. Sitzung der Reichs¬
ratsdelegation am 29. 2. 1868 spricht Kriegsminister Kuhn davon, daß wegen der Erhö¬
hung der Getreidepreise voraussichtlich ein Nachtragskredit erforderlich werde, und
dies geschah in ähnlichen Fällen auch in anderen Staaten. Siehe Neue Freie Presse

v. 1.3. 1868, Morgenblatt.
<pb/>94 Nr. J8 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 30. 6. 1868

se aber mit dem Gegebenen das Auslangen finden. Im vorliegenden Falle
könne man vielleicht durch eine Erhöhung der Einnahmen, z.B. Verkauf der
Waldungen in der Militärgrenze, Abhilfe treffen und sich hierauf jetzt
schon einen Vorschuß geben lassen.4 Bei der Unsicherheit, ob der gegen¬
wärtige Zustand in der Militärgrenze ein haltbarer sei, solle man aus diesem
Lande so viel als möglich Vorteile ziehen, doch müßte hierauf von Seiner
Exzellenz dem Herrn Reichskriegsminister direkter Einfluß genommen und
eine Kommission ad hoc zusammengesetzt werden. Würde in dieser Weise
ein Teil des Abganges durch Waldverkauf, ein anderer durch Reduktionen
hereingebracht, so könnte der verbleibende Rest vielleicht doch mit Erfolg
von den Delegationen beansprucht werden, zumal wenn Seine Exzellenz
der Herr Reichskanzler das Gewicht seines Einflusses persönlich in die
Waagschale werfen sollte.

   Generalkriegskommissär Früh machte darauf auf¬
merksam, daß eine Erhöhung der Einnahmen aus dem Grunde nichts nutze,
weil infolge eines Beschlusses der Delegation eine solche Erhöhung dem
nächsten Budgetjahre zugute kommen müßte. Dagegen müßte er in Anre¬
gung bringen, ob nicht eine finanzielle Operation mit dem Stellvertreter¬
fond gemacht werden könne, welche allenfalls im Wege eines Vorschusses
den vorhandenen Abgang zu decken vermöge.5 R e i c h s f i -
nanzminister Freiherr v. Becke: Jedenfalls sei hierin
eine Ressource mehr zu finden.

   General Zastavnikovic bemerkte, daß bezüglich der
Waldungen in der Militärgrenze bereits Angebote vorlägen. Ein gewisser
Schenk habe dieselbe soeben bereist, und man sehe nunmehr seinen Anträ¬
gen, hinter denen eigentlich der Pariser Credit foncier stehe, entgegen. Au¬
ßerdem habe ein gewisser Leo Martin aus Konjak eine Offerte auf 20 000
Stück Eichen gemacht.

   Der Reichskanzler hob hervor, daß die in Frage stehende An¬
gelegenheit - wie schon von Seiner Exzellenz dem Kriegsminister betont
worden sei - jedenfalls in einer Ministerratssitzung unter dem Vorsitze Sei¬
ner Majestät zu behandeln sei, in welcher Beziehung sich Vortragender
sonach die Ah. Befehle zu erbitten haben werde.

       Beckes Vorschlag, die Überschreitungen des Militärbudgets könnten durch Waldverkauf
       in der Militärgrenze gedeckt werden, tauchte nicht unvermittelt auf; darüber hatte es
       früher schon einen Briefwechsel zwischen Becke und Beust gegeben. Auf Empfehlung
       des Reichsfinanzministers kam es zu diesem Ministerrat: Becke an Beust v. 15. 5. 1868,
       HHStA., PA. I, Karton 551, Nr. 625; Becke an Beust v. 15. 6. 1868, ebd. Nr. 746.
       Stellvertreterfond: Seit 1849 konnte die Befreiung vom Militärdienst durch Abstattung
       einer Befreiungstaxe ausgelöst werden, aus deren Erträgen ein Fond zugunsten der
       Stellvertreter (freiwillig Längerdienenden) gebildet wurde. Wagner, Die k. (u.) k. Ar¬
       mee - Gliederung und Aufgabenstellung 242.
<pb/>Nr. 19 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. 7. 1868                    95

   Im übrigen müsse er erklären, daß er keineswegs im Prinzip gegen die
Inanspruchnahme eines Nachtragskredits sei, sondern daß er einen solchen
im vorliegenden Falle für kaum zu umgehen erachte. Es komme eben alles
auf die Gründe an, womit man eine solche Forderung zu unterstützen ver¬
möge. Werde ein Teil der Summe durch Verkauf von Waldungen in der
Militärgrenze gedeckt und fanden namentlich zur Erntezeit Beurlaubungen
im größeren Maßstabe statt, was nicht verfehlen könne, auf die öffentliche
Meinung einen sehr günstigen Eindruck hervorzubringen, so zweifle Vor¬
tragender keineswegs daran, daß ein sich nur auf den Restbetrag beziehen¬
der Nachtragskredit bei den Delegationen durchgebracht werden könne.

   Es wurde beschlossen, gegenwärtiges Protokoll Seiner Majestät dem
Kaiser mit der untertänigsten Bitte zu unterbreiten, über die darin berührten
Gegenstände unter Ah. Vorsitze Anfang kommender Woche eine Sitzung
abhalten zu lassen.6

                                                                                         Beust

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen.
Wien, 7. Juli 1868. Franz Joseph.

           Nr. 19 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 11. Juli 1868

    RS. (und RK.)
    Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v.
Becke (14. 7.), der Reichskriegsminister FML. Freiherr v. Kuhn (18. 7.), Generalkriegs¬
kommissär Früh.
    Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann.
    Gegenstand: Überschreitungen im Militärbudget.

   KZ. 2065 -RMRZ. 19
   Protokoll des zu Wien am 11. Juli 1868 abgehaltenen Ministerrates für
gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kai¬
sers.

   Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn be¬
merkte, daß es dringlich sei, eine Bedeckung für den Abgang zu finden,
welcher sich durch Überschreitung der Ziffer des Militärbudgets im ersten
Halbjahr 1868 ergebe.1

   Generalkriegskommissär Früh führte dann weiter
aus, daß es sich um eine Differenz von 3 700 000 fl. handle, worin ein

GMR. v. 11. 7. 1868, RMRZ. 19.
Darüber auch GMR. v. 30. 6. 1868, RMRZ. 18.
<pb/>